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7. Jahrgang.
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Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.
Dienstag, 5. April 1927.
Der reformistische Agrar- mischen und sozialen Zuſammenhänge zavi Weisheit iſt?
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Nr. 80.
Der Verzweiflungskampf des Glasindustrieproletariats.
Ausnahmszustand für den Bezirt Tannwald und drei Gemeinden im Bezirke Gablonz .
Versuch einer marristischen Analyse der ökono- heißung und der Schlußzpunkt ihrer politischen unter der Landbevölkerung. Mit Phrajen und Parolen werden sie aber am Dorfe noch schen Industrie und Landwirtschaft, die flare In der freiwilligen Beschränkung der wil weniger ausrichten und so wird ihnen nichts Herausarbeitung unlöslicher Verknüpfung den Agrarbosschewifen auf fleine Graftions anderes übrig bleiben, als auf agrarpolitischem proletarischer Lohnfnech tichya ft machereien und Winkelzüge liegt ein Stück Gebiete ebenfalls den Zyklus der Irrtümer und bäuerlicher Schuldknechtschaft Selbsterkenntnis. Sie fühlen es wohl und Abweichungen" durchzulaufen, bis sie im Kapitalismus , wie es im Agrarprogramm selbst, daß sie noch für keine Aufgabe untaug eines Tages zu den Erkenntnissen der ewig | der deutschösterreichischen Sozialdemokratie so licher waren, als für die praktische Betätigung Gestrigen heimfinden. Die Fanfarenstöße der bolschewistischen Weltrevolution haben sich in eine gemütliche meisterhaft geschah. Von kleinen Teilforderun Drehorgelmelodie verwandelt. Ist es überhaupt gen zu großen klaren Perspektiven hat sich die noch wahr, daß vor fünf oder sechs Jahren die entwickelt. Die Kommunisten stehen erst am fozialistische Agrarpolitik in den letzten Jahren damaligen Zinken" mit fiebernden Stöpfen mädytelang mit uns geftritten haben, ob wir Beginn dieser Entwicklung. Sie haben bereits in der elften oder in der zwölften nicht einmal den Mut, sich ein Stunde vor der Machtergreifung des Proleta- revolutionäres Agrarprogramm riats stünden? Nein jo hieß es damals in 8u geben. hunderten stürmischen Versammlungen Aus der langen Rede Bolens ist nur " Rechtslern" solle es nicht gelingen, mit ihrer noch von Interesse, wie er sich die kommuniKleinarbeit, ihrer Bildungsarbeit, ihrer stische Organisationsarbeit auf dem Stimmzetielpolitik und ihrem sonstigen refor. miſtiſchen Krimskrams den revolutionären Drang der Massen zu bremsen. Samstag sei es geworden in der kapitalistischen Welt und morgen müsse der kommunistische Sonntag anbrechen. Troß euch, gegen euch wird die rote Fahne mit dem Hammer und der Sichel siegreich über dem Lande wehen, ihr Neformisten, ihr Verräter!
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. Als auf dem historischen Karlsbader Parteitage in leidenschaftlicher Debatte ausgekämpft wurde, ob die deutsche Arbeiterklasse ihr Schicksal weiter den„ ewig gestrigen" Sozialdemokraten oder den ewig jugendhaften kommunistischen Stürmern anvertrauen sollte, da wurde von unserer Seite auf die said. falsschwere Bedeutung des Agrar
Lande vorstellt. Nach einigen Selbstverständlichkeiten, wie die Schaffung von„ Dorfzellen", Förderung der Gewerkschaftsorganisation der Land- und Forstarbeiter( siehe die fommunistische Praxis!) empfahl der Referent fol gendes: Tannwald
, 4. April,( Eigenbericht.) Wir haben| bereits berichtet, daß Montag, den 28. März, in Tannwald und Morchenstern eine Demonstration der Glasarbeiter stattfand, wobei bei cinicen Firmen Schmirgelwaren zerschlagen wurden. Daraufhin wurde Mittwoch, den 30. März, um 4 Uhr
früh
das Mitglied des Gehilfenausschusses, Renner, verhaftet und seine Frau, welche sich im achten Monate der Schwangerschaft befindet, von einigen Gendarmen die Treppe herabgestoßen, so daß sie schwer frank darnieder liegt.
,, Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, infe Flügel und Oppositionen in den Par teien und Organisationen errichten und zu Festgestellt muß werden, daß Renner erst in unterstützen, welche die Massen der arbeitenden Morchenstern auf die Demonstranten traf und hier Landwirte vereinigen, namentlich in der Agrar die Menge zum ruhigen Auseinanderpartei, ferner im Bund der Landwirte gehen aufforderte. Als nun diese Verhaftung in der tschechischen und slowakischen Volkspartei Renners befannt wurde, rief dies eine große und schließlich Fraktionen in allen Tand- Empörung unter der Arbeiterschaft hervor, welche wirtschaftlichen Wirtschaftsorgantin nicht weniger als 70 Betrieben Betriebsversationen mit ständigen Statuten, in Geldinti fammlungen abbielt und eine Resolution annahm, tuten( Raiffeisenfaffen, landwirtschaftlichen Sparin welcher die fofortige reilaffung Renners faffen) und in Genossenschaftsorganisationen zu gefordert wurde. Eine Sigung des Gehilfenaus bilden." schuffes faßte den Beschluß, daß bei weiteren Ver haftungen die Arbeiterschaft in der Striſtall und lakonbranche in den Proteststreiftritt. Tat fächlich wurden Freitag in Josefsthal
problems im proletarischen Emanzipa- Auf diese linten Flügel" und Fraftiotionêkampfe hingewiesen. Es wurde eindring- nen in den agrarischen Parteien sind wir schon lich hervorgehoben, daß auf dem Boden Mit- sehr neugierig. Wie sich das der kleine Moris teleuropas die Bauernklasse eine ganz andere vorstellen mag? Die mechanische Uebertragung politische Rolle spiele als in Rußland , daß der Zellentatrik auf die Landorganisationen Surch die Gewinnung der proletarischen und muß schon an der wirtschaftlichen Abkleinbäuerlichen Landvolksschichten entschei- hängigkeit der kleinen Leute scheitern. dende Vorarbeit für den Sieg der sozialen Re- Glaubt ein Mensch außer Herrn Bolen daran, volution zu leisten sei. Streibich tot dieſe daß ein darlehensbedürftiger Säusler in der Einwände in seinem Schlußwort mit einer Generalversammlung der Reiffeisentasja gegen Sandbewegung ab, galt es doch die Blicke sei- die Großbauern so auftrumpfen kann, wie der ner Gefolgsleute von den objektiven fommunistische Gewerkschafter gegen seine Schwierigkeiten der proletarischen sozialdemokratischen Arbeitskollegen aufMachtergreifung abzulenfen und auf jeden trumpft? Und was dann, wenn die kommuFall eine subjektive Schuld der Sozial- nistischen Fraktionsmänner aus den Darledemokraten zu konstruieren. henskassen, Versicherungsvereinen, Molkereige
als
Nun, im Jahre 1927, find die Kommu- noffenschaften hinausgeworfen werden, was den nisten gerade dabei, die Auffassung der Sozial- Agrariern wahrlich nicht viel Mühe und Gedemokraten von 1920 auch in dieser Frage wissensbisse fostet? Dann entsteht die Frage. aufs neue zu entdecken". Auf ihrem letzten ob sich die Kleinbauern und Häusler eigene Parteitage haben sie sich endlich mit der Frage Wirtschaftsorganisationen der Landagitation und der Gewinnung Ausgangspositionen ihrer Selbständigkeitsbeder kleinbäuerlichen Schichten beschäftigt. So wegung ichaffen können. Dazu gehört aber wohl in dem Referate Bolens als auch viel Mühe und Arbeit, chrlicher und zäher in der anschließenden längeren Debatte wur- Wille.
neuerliche Verhaftungen
gen und gegen Ausschreitungen jedweder Art und Weise wird mit den allerschärften Mitteln der öffentlichen Macht rüdsichtslos vorgeschritten werden. Begangene Uebertretungen werden nach einschlägigen Vorschriften mit der größten Strenge geahndet. (§ 7 und 11 der Verordnung vom 20. April 1854 R.-Bl. Nr. 96, beziehungsweise die Gewerbeordnung.) Wer den Beamten oder der Wache, wenn diese die Menge auseinander gehen heißt, nicht Folge leistet, macht sich des Vergehens des Aufruhre nach§ 283 des Strafgesetzes schuldig. Die Bevölkerung wird nachdrücklichst aufgefordert, die Gesetze und Verordnungen der Behörden zu beobachten, unter allen Umständen Besonnenheit, Ruhe, Ordnung zu bewahren, da widrigenfalls die schlimmsten Maßnahmen, eventuell die Verhängung des Standrechtes in Anwendung gebracht werden müßte. Diese Kundgebung tritt sofort in Wirk jamkeit.
Politische Bezirksverwaltung Gablonz a. d. N. Bube m. p.
Die für Montag angesagte Protestversammlung der Glasarbeiter gegen die Verhaftung der Arbeiter Emil Augsten, Bertha Beschorner und vorgenommen. Der Gehilfenausschuß rief daher Berthold Jäger, sämtliche aus Josefsthal, st bedie Glasfchleifer und Schleiferinnen zu
cintägigem Proteststreit am 4. April
auf. Am 3. April wurde von der politischen sirf verwaltung Gablonz der Ausnahmezustand burch folrende Kundmachung proffamiert:
hördlich verboten worden.
Monat nachmittags fand im Rathaus in Morchenstern eine Sigung statt, weicher auch
Be- Sectionschef Benda vont Sande.sministerium beiwohnte. Einstimmig wurde ein Antrag angenommen, in welchem ein Erzeugungsverbot der Schmirgesware für die Kristall- und Flatonbranche verlangt wird.
In den letzten Tagen war ein Teil der hiesigen Bezirke Schauplatz von beachtenswerten Ausschreitungen, wobei die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört, sowie auch die Sicherheit der Person und des Eigentums gefährdet wurde. Infolge dieser Ereignisse finde ich mich bestimmt, für die Gerichtsbezirke Tannwald , sowie für die Gemein den Wiesenthal, Josefethal und Unter- Mardorf des Gerichtsbezirkes Gablonz an der Neiße auf Grund des§ 22 und 35. Abschnitt A der Ministerialverordnung vom 19. Jänner 1853, Regie rungsblatt Nr. 10, folgende außerordentliche Maß nahmen zu treffen.
So also will der Bürgerblod joziale Brobleme lösen! Monatelang gehen schon die Stlagen der Glasarbeiter des abfonz- Tannwalder Gebietes, daß die Erzeugung von Schmirgelware eine Gefahr für die Existenz der Glasarbeiter und den Bestand dieses Industriezweiges ist. Die Unternehmer des dortigen Gebietes sehen nichts anderes als ihren unmittelbaren Profit, sie wollen in den nächsten Monaten oder Jahren, da die Gablonzer Industrie bei den heutigen Erzeu 1. Menschenansanımlungen und Zusammen gungsmethoden florieren fann, reich werden, rottungen an öffentlichen Erten und was dann später fommt, ist ihnen gleichgültig. Plägen werden strengstens untersagt. Und die Regierung, statt sich um das Schicksal 2. Nach 9 Uhr abends darf sich niemand auf dieser wichtigen Exportindustrie zu fümmern, an der Straße aufhalten. Die Haushaltungs- der tausende Arbeiterexistenzen hängen, statt die vorstände und Dienstgeber haben im Sinne Lage dieser Industrie ernstlich zu untersuchen und des§ 281 Str.-G. Sorge zu tragen, daß die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Damit niemand von den Hausgenossen nach 9 Uhr die Gablonger Industrie gesunde, damit sie ihren abends das Haus ohne dringende Notwen- Weltruf nicht verliere, staft dies Selbstverständ digkeit verläßt. Für Kinder und Jugendliche zu tun, verhängt sie Ausnahmsverfügungen liche bis zu 16 Jahren ist auch während und droht mit dem Standrecht! Statt wirtschaftsder Tagesstunden der Aufenthalt auf den politischer Vorkehrungen der Polizeifäbel, Straßen ohne zwingende Gründe unstatt das scheint die Parole der Bürgerblodregierung zu sein, die sich den Stonkordatsminister Bach nicht nur in der Frage der Verwaltungsreformi zunt Vorbild genommen hat. Gegen die profitlüfternen Unternehmer, welche die Induſtrie runieren wird nichts getan, aber wenn die Arbeiter ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben, dann läßt der Staat gegen sie feine Polizisten los!
haft. 3. Die Polizeistunde für Gast- und Schank gewerbe wird mit 9 Uhr abends festgefeßt. Nach Ablauf dieser Stunde dürfen in den betreffenden Lokalitäten leine Gäste verweilen. Gegen diejenigen, die dieses Verbot außeracht laffen, wird behördlich vorgegan
den die verschiedenen Seiten des Agrarpro- Vorläufig scheint bei den Kommunisten blems nur unter dem Gesichtspunkte des un nicht viel Lust zu bestehen, diese Bürde auf mittelbaren Agitationsbedürf sich zu nehmen und dem kleinen Landvolk nisses der kommunistischen Partei behan Samit praktische Hilfe zu bieten. In delt. Wer gehofft hat, daraus etwas zu erfah- der Debatte wurde lebhaft darüber Stlage geren, wie die Methoden des russischen Agrarführt, daß ein von Kommunisten gegründeter bolichewismus auf die Tschechoslowakei über ilowatischer Kleinbauernverband von der Partragen, wie sie unser spezielles Agrarproblem teileitung schmählich im Stiche gelassen wurde. lösen, den schnellen Sieg der Arbeiter- und Bolen meinte in seiner Rede: Bauernrevolution garantieren sollen, wer , daß durch die Errichtung fommunistischer darüber Aufschluß gesucht hat, wird die vielen Verbände nicht die Aufgaben erreicht werden wür. Zeitungsseiten des Berichtes mit schwerer Entden, die wir in den ländlichen Gebieten haben." fäuschung aus der Hand legen. Mit feiner Lieber sollen die Kommunisten in den Silbe wurde uns verraten, worin sich die revoTutionäre Agrarpolitik der Kommunisten von oppositionellen Kleinbauernverbänden Frafder erbärmlichen reformistischen Tattit" der tionen gründen und so auf die Kreis- und Sozialdemokraten gerade auf diesem Gebiete Verbandsleitungen Einfluß nehmen. Das unterscheidet. Dagegen sind in Punkto La heißt nicht mehr und nicht weniger, als daß Neue Säuberungsaftionen in der K.B .D.| Reichstagsabgeordnete und acht Landtagsabgeord. gesforderungen" manche gute Stücke unseres sich die Kommunisten gar nicht getrauen, mit Rüstzeuges ohne Scheu und Befragen entlehnt offenem Visier unter den Steinbauern und Weitere drei Reichstags- und Landtagsabgeordnete worden. Alles was die leßthin stattgefundene Säuslern zu werben. Diese zur weisen Taftit Reichstagung des fleinen Land- erhobene Feigheit und Seleinmütigkeit einer volkes" in den Vordergrund des ländlichen Partei tönnte sich für Eintrittsgeld sehen Alassenkampfes gerüdt hat: Revision der unge- lassen! Wenn die Kommunisten nicht einmal rechten Bodenzureilung, Pächterschuß, Jagd- den Mut haben eigene Landvolksorganisatio- preußische Landtagsabgeordnete aufgefordert, die gejes, Steuererleichterungen für die kleinen nen zu schaffen und damit den Kampf gegen Mandate niederzulegen. Da sie der Aufforderung hen, damit sie wieder in Gnaden aufgenommen Grundbesitzer alles das finden wir unter das Agrarfapital aufzunehmen, wie wollen sie nicht nachtamen, sind sie jetzt aus der kommunisti werden können. Vorläufig ist noch nich abzufe. den neuen Postulaten der St. P. C. wieder. dann die berühmte Arbeiter- und Bauernregie- schen Partei ausgeschlossen worden. Weit hen, welche der beiden Strömungen Erfolg ha Dafür aber vermissen wir jeden eingehenderen rung zustande bringen, die ihre tägliche Ver- ihnen haben sich drei andere kommunistische ben wird.
, 4. April .( Eigenbericht.) Die Zen irale der kommunistischen Partei hatte nach ihrem fürzlich in Effen abgehaltenen Parteitag den Reichs' agsabgeordneten Schlecht und zwei
nete solidarisch erflärt. Die ausgefchloffe in nen Abgeordneten werden im Reichstag jest bald die Stärte einer Frattion haben. Es sind unter den Ausgeschlossenen Bestrebungen im Gange, eine neue Partei zu gründen, die sich Unabhängige tom munistische Partei nennen soll. Auf der anderen Seite versucht die Zentrale der K. P. D., die Ausgeschloffenen zu bewegen, ihre Sünden einzugeste