Beite 2.

Genoffe Wilhelm Wagner,

Ein Erzbischof als Hausherr.

Der Salzburger Grzbischof wollte zwei Waisenkinder auf die Straße werfen.

Am 4. April erlitt die Bundesbahnassistentens wiiwe Therese Steurer in Salzburg durch einen Sturz über die Stiege eine schwere Verlegung. Bewußtlos wurde sie in das Spital überführt. Am 15. April erlag die achiundvierzigjährige Frau ihren schweren Verlebungen.

Der Gatte der Frau Steurer war drei Mo­nate frither gestorben. Ihre Kinder, ein neun zehnjähriges Mädchen und ein elfjähriger Stnabe, waren durch den schweren Unfall der Mutter blöß­lich Doppelwaffen geworden. Die alte Groß­mutter zog schon während der Krankheit der Muti fer zu den Waisen, um ihnen die Wirtschaft zu führen. Bevor noch die Frau in das Grab ge'enft worden war, erhielten die Kinder vom Haus­herrn die Botschaft, daß sie binnen zwei Monaten die Wohnung zu räumen haben.

Der Erzbischof lud den Fürsprecher der Waisen ein, am nächsten Tage noch einmal zu kommen; dann werde er Bescheid erhalten. Am folgenden Tage erklärte der Erzbischof, er habe die Angelegen heit seiner Wirtschafterin Marianne übergeben, denn er selbst tönne doch nicht einen Mietprozeß führen; vielleicht werde die Wirtschafterin einwilligen, daß die Kinder statt in wei Monaten erst in drei Monaten auszuziehen brauchen.

Die Wirtschafterin Marianne aber wollte dies nicht. Sie erklärte dem Onfel: Es gibt nichts mehr- inzwei Monaten muß die Woh nuna geräumt sein.

Als nun der Onkel meinte, man folle doch Mitleis mit den armen Waien baben, meinte die Wirtschafterin Marianne: Das Dirndl soll schauen,| daß es einen Posten bekommt; und der Bub foll halt ins Johanneum oder in eine andre Kinder­anstal; gehen. Der Erzbischof habe ihr den Auftrag den zwei Monaten. Die Wohnung sei bereits anderweitig vergeben.

Donnerstag, 28. April 1927.

Inland.

Klub der Abgeordneten der deutschen sozialdemo Sizung unseres Abgeordnetenklubs. Der kratischen Arbeiterpartei nahm in der am Diens tag, den 26. April, abgehaltenen Sißung seine Neukonstituierung vor. Hiebei wurden gewählt: Zum Vorsitzenden Genosse Dr. Czech, gewählt: Zum Vorsißenden Genosse Dr. Czech, zum ersten Vorsitzenden Stellvertreter Genosse Pohl, zum zweiten Vorsitzenden- Stellvertreter Genosse Taub, zum Kassier Genosse Schäfer, zu weiteren Mitgliedern des Klubvorstandes die Genossen Hadenberg, Grünzner, de Witte. Darauf beschäftigte sich der Klub in ein­gehenden Beratungen mit der Steuerreform und jetzte die Arbeitseinteilung für die Beratung im Plenum fest. Die Beschlußfassung über die end­gültige Formulierung der Abänderungsanträge tann erst nach Auflegung des Ausschußberichtes erfolgen. Der Klub beschloß, gegen die überhaftete

einer der Vorfämpfer aus den Anfangen der Arbeiterbewegung und Mitbegründer des Mauer des zum erzbischöflichen Palais gegeben, den Prozeß zu führen, und es bleibe bei Durchpeitschung der Plenarberatungen den ent­" Bolksfreund" in Brünn , wird heute

80 Jahre alt.

Ganz anders, viel konkreter, ficht das neue Strafrecht aus: dreißig Jahre Zuchthaus für Capello und Zaniboni. Wir sehen ganz ab von der Tragödie der Individuen und ihrer Ange hörigen. Gegen Capello lag fein Beweismaterial vor, außer dem Zeugnis eines Lodspitels; Zaniboni tonnte man nichts zur Last legen, als einen Versuch, für den nur auf 15 Jahre erfannt werden durfte. Der General ist alt und frank, Zaniboni hat eine Striegsverletzung der oberen Atmungswege, die ihm nicht erlaubt, der frischen Luft beraubt zu werden. Für beide bedeutet das Urteil ein Todesurteil. Aber größer als ihre Tragödie ist die der Nation, in deren Namen man ein solches Schandurteil fällt. In der Tat hört man faum ein Wort des Mitleids; nur den Ausdruck dumpfer, knirschender Entrüstung, als wäre jedem Einzelnen der Italiener ein Schimpf angetan worden. Wenn Ihr stark seid, fönnt Ihr edelmütig sein" hat der Verteidiger Zanibonis dem Gericht zugerufen. Das Gericht aber hat das Maß der Stärke und des Edelmuts des Regimes gegeben: dreißig Jahre Zuchthaus.

Der Familie Steurer war nämtlich im An forderunasives im Jahre 1919 eine Wohnung in einem Stödel ngewiesen worden, das an die schörigen Gartens angebaut ist. Auf seine Kosten hatte sich Steurer durch die Mauer eine Tür brechen lassen, um von der Gasse aus einen Zu­gang in die ihm zugewiesene Wohnung zu eröffnen.

Noch war die Beerdigung der verur fückten Frau nicht vollzogen, da rief schon die Köchin des Erzbischofs ein ihr bekanntes Mädchen. die Tochter des Onfels der beiden Waisen, aut sich und beauftragte sie, den Anachörigen der Toien zu sagen: Die Wohnung muß binnen zwei Mo naten geräumt fein.

Entsett ob dieser ihm unglaublich dünfenden Botschaft begab sich der Onkel, ein Bundesbahn­bediensteter, mit feiner Frau zum Er bischof uns bat, von einer Kündigung abzuschen. Ihm felbft fet es unmörlich, die Kinder zu sich zu nehmen, da seine gegenwärtige Wohnung nicht groß genug ist. Er werde jedoch trachten, eine größere Wohnung aufzutreiben, dann wolle er die Stinder zu sich nehmen.

Laffet die Kindlein zu mir kommen! fagte der Sereuzestönig Christus zu feinen Jüngern. Wer fen Sie die Kindlein aus der Woh= nung hinaus, sagt der Nachfolger Christi, der Er bischof Ignatius, zu seiner Wirtschafterin Marianne.

Freilich werden der Erzbischof Ignatius und feine Wirtschafterin Marianne den Hinauswurf der Waisenkinder nicht durchführen können. Es ist nämlich noch immer, was der Erzbischof Ignatius und die Wirtschafterin Marianne nicht zu wissen scheinen, das Mietengesetz in Kraft, und im Bara araphen 19, Bunft 11 die es österreichischen Mie­tengesetzes heißt es ausdrücklich, daß nach dem Tode des bisherigen Mieters die Wohnung mur dann gekündigt werden darf, wenn sie nicht mehr einem dringenden Wohnungsbedürfnis von Ber sonen diene, die schon bisher darin gewohnt haben.

Um die Rheinlandsräumung.

schiedensten Proteſt einzulegen. Ferner beschloß der Klub die Einbringung einer Reihe von Inter­pellationen und erledigte schließlich einige interne Slubangelegenheiten. Zum Parteitage in Teplitz wurden die Genossen Abg. Grünzner, Frei Kirpal, Katz und Sekretär Dr. Wiener delegiert. Die Diskussion über die Präsidentenwahl geht in der tschechischen Presse weiter. Die Frage des Präsidentschaftskandidaten, die vor furzem in Poděbrad zwischen Svebla, Kramar, Sramef und Hodač diskutiert wurde, soll allerdings erst in der nächsten Woche Gegenstand von offiziellen Ver handlungen in der politischen Osmičla fein; fie tönnen sich wohl faum in einer anderen Richtung als der Wiederwahl Masaryks bewegen. Nur die Slowaten, bzw. ihr Organ Slovak " heben unbekümmert und ohne Rücksicht auf ihre Stellung als Regierungspertei gegen Masaryk . So beklagt sich der Slovat" in einem Aufruf an die flowakische Deffentlichkeit, daß seine ganze Auflage wegen eines Artikels über die Präsidentenwahl beschlagnahmt wurde. Wir haben", so erklärt das Blatt, hundert Ursachen, zu sagen, daß der Erst nach Ausbau der französischen Ostfestungen? Präsidentschaftskandidat Masaryk uns nicht gefällt Aber, um das Urteil vom 22. April in seiner und daß namentlich nach dem, was die uns feinds ganzen Verruchtheit zu ermessen, muß man es Paris , 27. April. Die von der deutschen heute über einen großen Vorrat an Devisen zur liche sozialistische Bresse mit ihm treibt, es Pflicht neben eine andere Gerichtsentscheidung stellen: Presse in der letzten Zeit erneut und mit großer Stüßung seiner Währung verfügt. Daher be- jedes katholischen Abgeordneten und Senators aus den Wahrspruch im Projek Matteotti . Da war Leidenschaft erörterte Frage der Rheinland - trachtet die französische Regierung die Räumungs- der Slowakei ist. nicht für Masaryk zu stimmen. ein Mord geschehen, nicht versucht; wohlräumung wird von der französischen Deffent frage fait ausschließlich vom Sicherheits. Die staatlichen Organe verstopfen uns den Mund hatte auch damals die Polizei Schritt für Schrittlichkeit und den amtlichen Streifen mit verstärk- st and punkt aus und wird diesen als wich- und machen dadurch aus der Demokratie, welche die Vorbereitungen des Verbrechens verfolgt, aber ter Aufmerksamkeit verfolgt, da man im allge- tigst en in den Vordergrund stellen, falls Masaryk so oft bis zur Geschmacklosigkeit verkün wahrlich nicht, um das Opfer im letzten Augen meinen der Anschauung ist, daß die Reichs- Deutschland die Frage der Rheinlandsräumung dete, eine Diktatur der Burg. Wir pro­blick zu warnen und zu retten. Damals waren regierung hinter den Veröffentlichungen steht, anschneiden sollte. Solange nicht der Verteidis testieren dagegen und fagen von neuem und nach­die Geldquellen reichlich geflossen; nicht ein alter In unterrichteten französischen Kreisen wird gungsgürtel an der Ostgrenze ge- drücklich dem Kandidaten Masaryk den Kampf an. General hatte einem geldbedürftigen Freunde 300 versichert, daß die französische Regie- schaffen worden ist, ist Frankreich nach Auf- Wenn er gewählt werden will, muß er sich Lire geschickt, sondern der Sekretär der fascistischen rung ihre Stellungnahme zur fassung der französischen Regierung nicht aus- ändern und so regieren, wie wir Katholiken es Partei G. Marinelli hatte 300.000 Lire heraus- Rheinlandräumung nicht geändert reichend geschüßt. wollen, deren es im Staate über zehn Millionen gerückt, damit alles klappte. Alles hat dann ge­Es liege auch keinerlei Veranlassung zu Die Vermutung liegt nahe, daß die frau- gibt." Wahrscheinlich wird es wohl gerügen, flappt, es war feine weggeworfene Ausgabe, und der Frage vor, daß sie sie in einer näheren oder zöfifche Regierung einer Räumung sich so lange wenn Svehla den wieder einmal wild gewordenen die Geschworenen von Chieti haben flar erkannt, weiteren Zukunft ändern werde. Sie ist nach wie widersehen werde, bis sie sich ausreichend ge- Slowafen einige( finanz-) politische Stonzeffionen daß den Herren Angeklagten nichts ferner gelegen vor der Anschauung, daß die Frage der Rhein - jichert fühlt. In welchem Umfang daher die fran- macht, um sie zum Einfenfen zu bewegen. Vor­batte, als die Absicht. Matteotti zu töten, daß er landsräumung nur im Einverständnis zöfifche Regierung die Räumung des Rheinlandes gekommen find solche Dinge ja schon zu oft, als unter den liebenswürdigen Geleit der Dumini mit den anderen Alliierten gemein- von einem Ost- Locarno- Balt abhängig machen daß man die slowakischen Drohungen allzu ernst und Genoffen nie und nimmer gestorben wäre, fam gelöst werden könne und vor allem der will, dafür gehen die Ansichten in sonst gut unternehmen müßte. hätte er nicht jene Dispositionen zu Lungenblutun Sicherheit Frankreichs an seinen Ostrichteten Streijen weit auseinander. Tschechischer Kleinbauernkongreß. Am 4. und gen gehabt, ohne die ihm ein Dolchstoß durch die grenzen untergeordnet werden müsse. Die Frage Demgegenüber muß immer wieder betont 5. Juni wird in Prag der Kongreß des Zentral­Lunge vorzüglich bekommen wäre! der Mobilisierung der Eisenbahn werden, daß Deutschland das einwand- verbandes der tschechischen Steinbauern und Säus­Aber das fascistische Italien hat mehr Moral, obligationen oder anderer finanzieller Ge- freie Recht hat, die Räumung des Rhein- ler stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen als es unterbringen kann. Es verwendet sie nur genleistungen spielt heute keine Rolle landes zu fordern, und daß französische Fühler außer Berichten Referate über Bodenparzellies für die Fascistisierung der Beziehungen von Arbeit mehr, da sich die französischen Finanzen in über wegen irgendwelcher deutscher Gegenleistungen rung, Wald und Bodenreform, Organisation und und Stapital; da bleibt fürs Strafrecht nichts übrig. raschender Weise erholt haben und Frankreich daher überflüssig sind. weiteres Vorgehen.

Die grinsende Fraze.

Roman von Victor Hugo . 37 Aus dem Französischen übersetzt von Eva Schumann.

Ein alter Steinweg, halb Felsen, halb Mauer­werf, lief unten an der Effroc Mauer hin und er­leichterte das Festmachen der Schiffe.

Oberhalb vom Effroc- Stone, an einer Bie­gung des Fluffes, fast genau gegenüber dem St.­James- Palast, lag ein ausgedehntes grasbewach­senes Gelände; es hieß das Tarrinzeau- Feld, weil es früher den Baronen Saftings gehört hatte, welche auch Barone von Tarrinzeau und Manch line sind.

Das Tarrinzeau- Feld war eine Art ständi­ger Jahrmarktsplay, voll von Taschenspielern, Gautlern, Mufifanten und 3irfnsfünstlern.

habe.

Stangen und Riegeln versehen und blieb stets ge-| großes Volf. Ihr seid dasjenige Volf, das die an schlossen. bern auffrißt ein herrliches Amt.

Um in den Hof zu gelangen, mußte man durch die Schenkstube gehen.

Im Tadcaster- Hof gab es einen Wirt und einen Laufjungen. Der Wirt hieß Meister Nicleß, der Junge hieß Govicum. Meister Nicleß war ein geiziger, ängstlicher Witwer, der in steter Furcht hor den Gefeßen lebte. Der vierzehnjährige Junge, welcher das Bier ausschenfte und auf den Namen Govicum hörte, war ein derber, lustiger Kert mit einer Schürze; er war glatt geschoren- ein 3ei­chen seines dienenden Standes.

Er schlief im Erdgeschoß, in einem Verschlag, wo früher ein Sund untergebracht gewesen var. Dieser Verschlag hatte als Fenster ein fleines Suckloch, das auf den Jahrmarktsplatz hinaus ging.

Eines Abends- es war sehr windig und ziemlich falt und die Leute hatten allen Grund, Mehrere Schenken, welche den Schanstellun- eilig heimzustreben schlenderie ein Mann über das Tarrinzeau- Feld; vor dem Tadcaster- Sof blieb gen Bublifum zuführten und entzogen, waren an dieser festlichen Stätte das ganze Jahr geöffnet er plötzlich stehen. Es war in den letzten Monaten und machten gute Geschäfte. Die meisten waren des Winters von 1704 auf 1705. Der Mann, einfache Buden, die nur tagsüber bewohnt waren; dessen Anzug den Matrofen verriet, hatte ein abends steckte der Wirt den Schlüssel in die Tasche wohlgebildetes Gesicht und eine schöne Gestalt, und ging nach Hause. Nur eine einzige dieser wie es den Lenten bei Hof abverlangt wird und Schenken war ein richtiges Haus; das war der den Leuten aus dem Volke nicht verboten ist. Tadcaster- Sof", so genannt nach dem Namen Warum war er stehengeblieben? Um zu lauschen. der früheren Landbefizer, mehr eine Serberge als Worauf lauschte er? Auf eine Stimme, die offen­eine Schenfe, mehr ein Gasthof als eine Herberge. bar in conem Soj redete in einem Hof. der binter Ein Torweg führte von dem Blatz vor dem Hause dem Gasthaus lag; es war eine etwas greisen­nach dem ziemlich geräumigen of; neben dem hafte Stimme, immerhin so laut, daß sie bis zu Torweg war noch eine kleinere Tür, die als aus den Vorübergehenden auf die Straße dring. Zu schließlicher Zugang zu der eigentlichen Schenk- gleich hörte man aus dem umfriedeien Ranm, wo stube benutzt wurde, einem großen, verräucherten die Stimme ihre Reden hielt, die Geräusche einer Raum, der mit Tischen und Bäufen ausgestattet Voltsmenge. Die Stimme sagte: war. Ueber der Tür im ersten Stock befand sich ein Männer und Frauen von London , da bin Fenster, an dessen eifernen Beschlägen das Wiris- ich nun. Ich beglückwünsche euch von Herzen zu bausschild befestigt war. Das große Tor war mit der Tatsache, daß ihr Engländer seid. Ihr seid ein

Hier seht ihr unsre Künstlergesellschaft. Wir sind unsrer vier. A lupo principium. Ich fange an mit meinem Freunde hier, der ein Wolf ist. Er sucht es nicht zu verbergen. Seht ihn an. Er ist ge­bildet, weise und flug. Ich füge noch hinzu, daß er ohne Vorurteile und feineswegs adelsstolz ist. Er plaudert gelegentlich mit einer Sündin, obgleich ihm doch eine Wölfin zufäme. Ich füge noch hinzu, daß er sehr bescheiden ist; er ist hilfreich und barmherzig, und feine linke Pfote weiß nicht, was die rechte tut; so ist er reich an guten Eigenschaften Von diesem hier, meinem andern Freund, sage ich nur eins: er ist ein Ungeheuer.. Ihr werdet ihn höchlichst bewundern; in seiner Kindheit wurde er von Verbrechern am Ufer des wilden Meeres ausgesetzt. Dies hier' st eine Blinde. Ist sie eine Ausnahme unter den Menschen? Nein. Wir sind alle blind. Der Geizige ist blind: er sicht das Gold, und sieht nicht den Reichtum. Der Ver­schwender ist blind: er sicht den Anfang und sieht nicht das Ende. Die Solette ist blind: sie sieht nicht die Falten in ihrem Gesicht. Der ehrliche Mensch ist blind: er sicht nicht den Schurken. Der Schurke ist blind: er sicht Gott nicht. Gott ist blind: als er die Welt schuf, hat er nicht bemerkt, daß der Teufel seine Hand im Spiele hatte. Ich bin ein Blinder, denn ich spreche zu euch und sehe nicht, daß ihr taub seid. Diese unfre blinde Ge­fährtin ist eine geheimnisvolle Priester; Vesta hätte ihr das ewige Feuer ihres Tembels anver traut. Ich glaube, ohne es behaupten zu wollen, daß sie ein Königsfind ist. Lobenswertes Miß trauen ist ein Charakterzug des Weisen. Was mich betrifft, ich verstehe mich aufs Denken und Doktern. Chirurgus sum. Ich heile Fieber, Miasma und Best. Fast jede Entzündung und fast jede Krankheit ist die Ausscheidung schlechter Stoffe, die uns richtig behandelt, von schlimmeren Uebeln befreit. Ich bin kein ungebildeter Bauer;

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ich ehre die Beredtsamkeit und die Poesie, und ich lebe mit diesen Göttinnen in unschuldiger Vertrau lichkeit. Ich schließe mit einem guten Rat. Meine Serren und Damen, pflegt in euch Tugend und Bescheidenheit, Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit und Liebe. Jeder Mensch fann auf diese Art seinen Blumentopf am Fenster haben. Ich habe gespro­chen, meine Herrschaften. Das Schaufviel wird sogleich beginnen."

Der Mann in Matrosenkleidung. der von draußen zugehört hatte, trat in die niedere Wirts stube, bezahlte das verlangte Eintritsgeld und ging in den menschenerfüllten Hof hinein. Im Sintergrund bemerkte er eine weit offene Bude auf Rädern und auf dieser Bühne einen alten Mann in einer Bärenhaut, einen jungen Mann, der mastiert zu sein schien, ein blindes Mädchen und einen Wolf.

,, Bei Gott !" rief er, das sind prächtige Leute."

Die Green- Bor war in London angekommen und hatte sich in Southwark etabliert. Das Tar­rizeau- Feld, wo der Jahrmark: selbst nicht im Winter aufhört, hatte Ursus angelockt.

Der geräumige Hof des ,, Tadcaster- Hof" hatte ihn vollends zu seiner Wahl bestimmt. Dieser Sof war wie geschaffen für die Green- Bor. Auf drei Seiten von Gebäuden umgeben, wurde er auf der vierten Seite von einer Mauer abgeschlossen. An dieser Mauer stand die Green- Box, die dank dem großen Torweg hatte einfahren können. Ein höl zerner überdachter Balkon, von Balken . gestützt, fief im Innern des Hofes an den Zimmern des ersten Stockes entlang, die Fenster des Erdgeschosses waren Logen, der gepflasterte Hof selbst war das Parkett, und der Balkon war der erste Rang. Die Green- Box an der Mauer hatte diesen Zuschauer­raum vor sich.

( Fortsetzung folgt.)