Samstag, 28. Mai 1927.

Volkswirtschaft.

Um den freien Samstagnachmittag der Arbeiterinnen.

geſtaltung von 1918 stellte die Angestelltenschaft unter den schwierigsten Verhältnissen vor organi­satorisch vollständig neue Aufgaben. Diese Ver­Die Fassung des§ 5. Abs. 1, des Gesezes änderungen, die geographisch ungünstige Lage bom 19. Dezember 1918, Sig. Nr. 91, über die unseres neuen Organisationsbereiches, die ver achtstündige Arbeitszeit hat es allen Reaktionären minderte Anzahl der Berufsangehörigen in den in diesem Lande schwer angetan. Es handelt sich verschiedenen Beschäftigungszweigen im neuen bier um die Bestimmung, daß die wöchentliche Wirkungsgebiete, erhöhte wirtschaftliche Schwie Ruhepause für in Fabriken beschäftigte Frauen rigkeiten im Existenzkampfe verstärkten noch mehr schon am Samstag, spätestens um 2 Uhr nach die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer größt mittags, zu beginnen hat. Da nun im allgemei möglichen Zusammenfassung der Angestellten nen die Reaktion wieder Trumpf ist und die Reak aller Berufskategorien in einer einheitlichen Or tionäre aller Schattierung gegen die sozialpoliti- ganisation. Diefer Aufgabe wurde ichen Errungenschaften Sturm laufen, soll jetzt schon in den auf die Verbändebildung bezüglichen

Bibliotheten

Bereine, Gemeinden, für Organisationen, Gewerkschaften, Schulen usw. werden zweckent. sprechend zusammenge ſtellt, sowie ergänzt,

von der Bollsbuchhandlung

auch die angeführte gefeßliche Beſtimmung durch- Beſchlüſſen der Landesgewerkschaftstonferenz füErnst Sattler,

löchert, wenn nicht gar beseitigt werden.

Daß den Reaktionären in diesem Lande schon so mancher Angriff gelungen ist, beweist zur Ge­tüge die furchtbare Anzahl von Ueberstun den, die jedes Jahr zu verzeichnen ist. Die staat­

Böhmen im Jahre 1919 in Turn Ausdruck gege ben und dort ausgesprochen, daß die Zusammen fassung aller Privatangestellten in einem Ver­bande anzustreben sei. am 1.

Karlsbad.  

lichen Aufsichtsämter ſcheinen derzeit webes An- faſſung des Gennalvereines der daußinamischen Frauenwelt

Eine Halbmonatsschrift. Jede Nummer Rd 2.-. Su beziehen durch die

iuchen von Unternehmern um Bewilligung von Angestellten und des Industrieangestelltenbundes leberstunden zu berücksichtigen, denn nur so ist zum Zentralverband der Angestellten in Indu die ungeheure Anzahl der bewilligten Ueberstun stric, Sandel und Verkehr" durchgeführt, dem sich den erklärlich. Nachdem nun der Achtstundentag auch der Deutsche Privatbeamtenverein in Aussig  für viele Hunderttausende Arbeiter durch Ueber anschloß. Die Schaffung der Einheitsorganisation Bolfsbuchhandlung stunden während einer großen Zeit des Jahres aller Angestellten blieb auch nach dieser Vereini de facto beseitigt ist, beginnt das verstärkte gung die Aufgabe unseres Verbandes, deren Er- Barlsbad, Kerag Palace Sturmlaufen gegen den freien füllung jederzeit angestrebt wurde. Im Rahmen Samstagnachmittag der Arbeiter der auf dem Gewerkschaftskongresse in Turn im

Ernst Sattler

innen. Bei den verschiedenen Zuſammenfünf Jahre 1920 gegründeten Bereinigung der Ange- Lachen links!

Das neue deutscheWigblatt erfcheint wöchentlich.

ten der Unternehmer ist schon seit längerem gegen stelltenorganisationen im Deutschen Gewerk­diefe Bestimmung des Gesetzes losgezogen wor- schaftsbunde" sind nach dieser Richtung unter der den, durch verschiedene Eingaben und selbstver- Mitarbeit der Zentralgewerkschaftskommission ständlich ganz engherzige Begründungen wurde praftische Verhandlungen durchgeführt worden, erreicht, daß das Ministerium für soziale Für die zwischen dem Industrieangestellten forge für verschiedene Betriebe und Branchen verbande und unserem Verbande zu be- Bolfsbuchhandlung

Ausnahmen gestattete. Doch den Unternehmern stimmten Ergebnissen führten. fommt beim Essen erst der Appetit. Nachdem diese Die heutige Hauptversammlung nimmt den Ausnahmen bekannt geworden sind, wird nun ein ihr über diese Verhandlungen erstatteten Bericht direktor Vorstoß unternommen, um die Bestim zustimmend zur Kenntnis und erflärt, daß sie in mung des§ 5, Abs. 1, überhaupt zu beseitigen. Sem Zusammenschlusse des Industrieangestellten-! Der sozialpolitische Ausschuß des Wirt- verbandes und des Zentralverbandes der Auge­schaftsbeirates hatte sich in seiner Sigung stellten einen bedeutenden Schritt zur Verwirk am 5. Mai mit einem Referat des Dr. Zivan lichung der alten Forderung nach Schaffung der sty zu beschäftigen, in dem der Genannte des einheitlichen Kampforganisation der Angestellten langen und breiten auseinandersetzt, wie notwen- aller Berufszweige erblickt, die um so dringender dig noch weitere Ausnahmen von den gesetzlichen nötig ist, als sich vor unseren Augen eine immer Bestimmungen in dieser Hinsicht sind. Aus dem straffer werdende Konzentration des Referat des Dr. Zivausfy geht hervor, daß durch tapitalistischen Unternehmertums die Beseitigung der Bestimmungen des§ 5, aller Nationen zu immer mächtigeren und umfaß Abs. 1. oder durch weitere Ausnahmen es für senderen Gebilden vollzieht, denen eine zersplitterte viele Industrien und Betriebe möglich gemacht Angestelltenschaft ohnmächtig und wehrlos gegen werden soll, eine zweite Schicht einzuführen. Daß übersteht. die Argumente des Berichterstatters in feiner Sin ficht stichhältig sind, sei nur so nebenbei angeführt, hervorgehoben soll aber werden, daß die Begrün dung dem Referenten nicht weh tut und infolge dessen auch nicht schwer fällt.

Ganz anders liegen die Dinge freilich für die Arbeiterinnen. Diese sind erst durch die gesetzliche Bestimmung über den freien Samstagnachmittag in den Genuß einer teilweisen Sonntagsruhe ge­fommen, weil sie an dem freien Samstagnachmit tag einen großen Teil jener haushälterischen Ar­beiten erledigen können, deren Besorgung und Erledigung früher ausschließlich dem Sonntag vorbehalten waren. Dies gilt aber durchaus nicht nur für verheiratete Arbeiterinnen, sondern trifft auch in einem hohen Prozentsatze auf ledige Ar­beiterinnen zu, soweit sie au der Führung eines Arbeiterhaushaltes beteilig sind. Diese haushal terischen Arbeiten lassen sich besonderer Umstände wegen eben zu einer anderen Zeit nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten besorgen und wenn nun dafür nicht der freie Samstagnachmittag zur Verfügung steht, müssen und können sie nur am Sonntag erledigt werden.

In Erfüllung unseres alten freigewert schaftlichen Programmes, in flarer Erkenntnis und im Bewußtsein der gewerkschaftlichen Not wendigkeiten und der Erfordernisse des Kampfes um die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Angestellten, die gebieterisch die Zusammen­jaffung der Kräfte verlangen, soll diese einheit liche und geschlossene Organisation als ein unüberwindlicher Wall gegen jede rückschrittliche Gestaltung der Lebensbedingungen der Ange­stellten geschaffen werden.

Der Verbandstag beauftragt den Verbands vorstand, die Vereinigungsverhand ungen auf der bisherigen Grundlage weiter zuführen und die Vereinigung zu verwirklichen, wobei selbstverständlich die freigewerkschaftlichen Grundsätze der Organisation grundlegend bleiben,

Jede Nummer A 1.10. Su beziehen burch die

Ernst Sattler

Karlsbad  , neran Balace

Genossen!

Achret nur bei jenen Wirten ein, welche ben

Sozialdemokrat

abonniert und in ihren Lokalen aufliegen haben.

Vitello

Delikatess

MPN

Onkel Boby

bekämpft nach wie vor das immer noch herrschende unbegründete Vorurteil gegen Margarine. Jeder Hausfrau empfiehlt er an Stelle der teueren Teebutter zum Kochen, Braten und Backen nur

VI TEL­

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Delikateß- Margarine

zu verwenden. Vitello hat densel­ben Geschmack, dasselbe Aroma und, die gleiche Ausgiebigkeit wie Teebutter und ist dabei auch noch billiger. Darum fort mit ihrem un­begründeten Vorurteil!

VITELLO

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die erworbenen Rechte der Mitglieder gewahrt, einführte. Ein Streit des tschechischen Theaterorche sie in ihren Konzerten stets nicht minder gehuldigt sowie die Einrichtungen der Organisation zweck- sters im Jahre 1901 hatte schließlich die Gründung wie der eigenen tschechischen. Durch Gastdirigenten dienlichst ausgebaut werden müssen. Tetschen  , 21./22. Mai 1927.

Prager   Produktenbörse.( Offizieller Be Es ist klar, daß gegen die reaktionären Bericht vom 27. Mai.) Die heutige Produttenbörse strebungen in dieser Hinsicht die Arbeiterschaft, zeigte bei schwachem Besuche ein ruhiges Gepräge. allen voran aber die Arbeiterinnen, entschieden Am Getreidemarkte zeigte sich nur für Prima Hafer Stellung nehmen werden. Sie werden nicht zu Intereffe. Die Preise blieben jedoch gegenüber den geben, daß ihnen der freie Samstagnachmittag dienstägigen Schlußnotierungen auf allen Markt­genommen wird und daß ihnen damit die Sonn- gebieten unverändert nominell in Geltung. lagsruhe verloren geht. Gerade auf sozialpoliti schem Gebiete sind den Unternehmern in diesem Lande in den letzten Jahren so große Konzessio nen auf Kosten der Arbeiter gemacht worden, daß damit endlich einmal aufgehört werden muß.

Die Arbeiterinnen mögen daraus erkennen, was die Unternehmer gegen sie beabsichtigen und sie mögen sich daher freigewerkschaftlich organi­sieren und mit helfen, daß die freien Gewerkschaf­ten so stark werden, damit das beabsichtigte Atten tai auf den freien Samstagnachmittag abgewehrt

werden kann.

Die Bereinheitlichung

Gewerkschaftsbund.

des selbständigen symphonischen Orchesters der von Weltrus, darunter sogar überwiegend deutsche, Tschechischen Philharmonic" zur Folge. hat sie sich bisher auch immer bestrebt, ihrem Publi Das Sonsortium, welches für die Bereitstellung der lum Besonderes zu bieten. Die Zahl der von der finanziellen Mittel zur Erhaltung dieses Orchesters tschechischen Philharmonie bewirkten Erst- und Ur­zu sorgen hatte, wirfte erfolgreich bis zum Aus- aufführungen schließlich geht in die Hunderte. An bruche des Weltkrieges im Jahre 1914. Der erste regelmäßigen Stonzerten bietet die tschechische Phil ständige Dirigent der tschechischen Philharmonie harmonie gegenwärtig in der Saison: 20 Abonne­war Dr. Wilhelm 3emanet, der als eigent mentfonzerte, 30 populäre und ebensoviele außer licher Begründer der fünstlerischen Größe dieses ordentliche Stonzerte; im Sommer konzertiert das Symphonieorchesters anzusehen ist und in den langen Orchester entweder auf der slawischen Insel oder in Jahren seiner Tätigkeit durch die Menge und Güte tschechischen Badeorten. der von ihm geleisteten künstlerischen Arbeit wesent Die Feier des 25jährigen Bestandes der tschechi  lich dazu beitrug, das Anschen seines Orchesters zu schen Bhilharmonie, die unter dem Protektorate festigen und seinen Ruhm nicht nur in Prag  , sondern des Präsidenten Masaryf vor sich ging, umfaßte auch auswärts durchzusetzen und zu mehren. Nach einen Syffus von vier großen Festfonzerten Zemanek, der infolge einer tückischen Augenkrankheit unter der musikalischen Leitung Wenzel Talichs. gezwungen war, sein Dirigentenamt niederzulegen, Es ist bezeichnend und bekundet am besten den inter­übernahm 2. V. Čelansky vorübergehend die nationalen Musiksinn des jubilierenden Orchester­fünstlerische Führung der tschechischen Philharmonic förpers, daß den Abschluß der musikalischen Feier­Die Prager tschechische Philharmonic,( 1918). Im Jahre 1921 wurde unter Beteiligung lichkeiten das geniale symphonische Werk eines dent die einzige selbständige sypmhonische Orchesterver- der bisherigen tschechischen Philharmonie, die bereits ichen, noch dazu eines judetendeutschen Tondichters einigung Prags  , beging im Monate Wai das über ein ſtattliches Archiv symphonischer Muſik ver- bildete: Gustav Mahlers Fünfte Sym­Jubelfest ihres 25jährigen Bestandes. fügte, und unter Mithilfe tschechischer Geldinstitute phonie". Eigentlich hätte dieses künstlerische Ereignis schon nach dem Muster der Organisation der großen sym­

Kunst und Willen.

Fünfundzwanzig Jahre Prager Zschechische Philharmonie.

E. J.

im Herbste des Vorjahres gefeiert werden sollen, phonischen Orchesterverbände anderer Großstädte die Siegfried", der dritte Abend der Wag da der 15. Oktober 1901 als Gründungsschechoslowakische Philharmonische ner'schen Nibelungen- Tetralogie, die der Angestelltenbewegung im Deutschentag der tschechischen Philharmonie anzusehen ist; Gesellschaft" gegründet, die seither die admini- gegenwärtig am Deutschen Theater zur mai. administrative und künstlerische Schwierigkeiten verstrativen und finanziellen Angelegenheiten des Orche festspielmäßigen zyklischen Aufführung ge­schuldeten die Verlegung der Bestandesfestlichkeiten in sterverbandes führt. An die Spize des Symphonie langt, diente am Donnerstag zwei Sängergastspielen. In der letzten Sonntag stattgefundenen den Frühling des heurigen Jahres. orchesters wurde Wenzel Talich als artistischer Frit& larmüller aus Dresden   sang aushilfs­Stonferenz des Zentralverbandes der An- Die Gründung der Prager   tschechischen Phil- Leiter berufen, der diese Stellung in hervorragender weise den Siegfried, May Roller den Mime als gestellten, über die wir bereits berichtet harmonie ist das Ergebnis jahrzehntelanger emjiger Weise auch heute noch einnimmt. Neben Talich wirft Gast auf Anstellung. Sel armüllers Fähigkeiten haben, wurde zur Frage der Vereinheit- und ausdauernder Bestrebungen der Prager   tiche als stellvertretender Dirigent des 80 fennt man schon von seinem seinerzeitigen Anstel  chischen Musikschule. Die Ursprungsidee zur Grün- Stünstler zählenden Orchesters der tschechischen Phil- lungsgastiipel an unserem Theater; sie entsprechen lichung der Angestelltenbewegung folgende Sung eines Prager   tschechischen philharmonischen harmonie Franz Sinpfa. der verwendbaren Durchschnittstenor Type. Immer­Entschließung angenommen: Orchesters geht bis auf Friedrich Smetana   zurüd, Die tschechische Philharmonie, die seit jeher ihre hin muß festgestellt werden, daß die damals aus. Seit der Gründung unseres Verbandes bil- der schon im Jahre 1862 und späterhin mit unter interationale Sendung in der Muſik betonte, nesprochen ſyrische Stimme dieſes ſympathischen det die Zuſammenfassung der Privat- ſtüvung des tschechischen Stunstvereines( Umelecká hat in den 25 Jahren ihres künstlerischen Wirkens Sängers ſeither an straft und heldiſcher Färbung angestellten aller Berufszweige in Beſeda) bemüht war, ständige philharmonische eine Unſumme künstlerischer Arbeit geleistet. Staum bedeutend zugenommen hat, so daß Klarmüller hente eine einheitliche, geschlossene freigewerkschaftliche Abonnementkonzerte in Prag   einzuführen. Aber erst ein bedeutendes Werk der flaſſiſchen und modernen auch bereits den Siegfried mit ausgesprochenem Er­Organisation einen wichtigen Teil der Aufgaben in den neunziger Jahren wurden die regelmäßigen symphoniſchen Literatur wird zu finden ſein, das die folge zu fingen vermag; störend wirkte wie feinerzeit unferes Verbandes. Schon auf dem heißen Brager tschechischen philharmonischen Konzerte Wirk- tschechische Philharmonie nicht in ihr Programm auf die mangelhafte Wortdentlichkeit des Sängers In Kampsboden im alten Desterreich erkannten die lichkeit, als das Drchester des tschechischen genommen hätte, der modernen und modernsten dieser Hinsich: wieder war Max Roller. der Vorläufer unserer Organisation die gewerkschaft Nationaltheaters, in ähnlicher Weise wie das Musit hat sie sich ebenso bereitwillig zur Verfügung zweite Gast des Abends, der den Weime als Gast liche Notwendigkeit einer umfassenden Kampforga heute noch seitens des Prager   deutschen Theaterorde gestellt wie sie die klassische vorbildlich pflegte, der auf Anstellung sang, ein ganz ungewöhnlicher Aus­nisation für die Angestellten. Die politische Umsters geschicht, vier symphonische Abonnementkonzerte deutschen, romanischen und slawischen Tonkunst hat nahmsjali, denn seine Wortdentlichkeit und Gesangs­