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7. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.
Dienstag, 7. Juni 1927.
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Nr. 131.
Sozialdemokratie und Religion. Bergangenheit am vollſtändigſten emanzipier- lichen ein Spiegelbild ihrer jozialen Lebensbe- Proletarier, die an ihrer religiöſen Tradition
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| ten Schichten der industriellen Arbeiterschaft dingungen sind; daß die religiösen Anschau- hangen, mit denjenigen Proletariermassen, die zusammengesetzt, so müssen wir jetzt zu den ungen breiter Massen des Proletariats nicht sich von aller Religion emanzipiert haben, zum In der soeben erschienenen Broschüre arbeitern die Land- und Forstarbeiter, die fönnen, sondern erst überwunden werden durch müssen, um die Bourgeoisie zu stürzen, die Arbeitern die Arbeiterfrauen, zu den Industrie durch bloße Propaganda überwunden werden gemeinsamen Stampfe zusammenschließen ,, Sozialdemokratie, Religion und Kirche". erörtert Genosse Otto Bauer in der ihm Keuschler, die Kleinbauern gewinnen. Damit die Umwälzung ihrer sozialen Lebensbedin Stapitalsherrschaft zu brechen. eigenen flaren Weise das Problem der Stel- aber vereinigen sich in unseren Reihen mit den gungen. Sie lehrt uns also, daß breite prole- Der Grundjazz, die Religion als Privatiung der Sozialdemokratie zur Religion. Freidenfern in immer größerer Zahl Proletarische Wassen im Banne der traditionellen jache zu behandeln, ist also eine notwendige Wir bringen aus dieser Broschüre die nach- tarier, die an ihren religiösen Traditionen Religion bleiben werden, solange der Kapita- Stonsequenz aus der Tatsache, daß wir nicht stehende Stelle: hangen. Wir müssen diese religiös fühlenden lismus besteht. eine bloße Propagandagesellschaft zur VerbreiIn der Entstehungszeit der Sozialdemo- Proletarier gewinnen; denn nur, wenn das Die zweite der beiden Grundanschauungen, tung bestimmter Anschauungen über religiöse tratie haben sich in ihr diejenigen Schichten der ganze Proletariat vereint ist, kann es die Macht auf die sich dieser Teil unseres Programms Fragen sind, sondern eine Klassenpartei, eine industriellen Arbeiterschaft zusammengeschlossen, in der demokratischen Republik erobern. Wir stüßt, ist die Erkenntnis, daß wir unser Ziel Partei des Klassenkampfes, die nur siegen kann, deren gesellschaftliches Dasein die erschütterndste können diese religiös fühlenden Proletarier nur erreichen können, wenn wir die Wehrheit wenn sie die ganze Slasse zum gemeinsamen Umwälzung erfahren hatte, deren Denfen am nur gewinnen, wenn wir jeden als gleichberech des Volkes für uns gewinnen; daß wir daher Stlassenkampf vereinigt. vollständigsten revolutioniert worden war, die tigten, vollwertigen Kampfgenossen willkommen nur siegen fönnen, wenn wir nicht nur die Darum müssen die Tore unjerer Parte: sich, wie von allen ihren anderen Traditionen, heißen, der mit uns den Kampf um unsere ir geistig vorgeschrittensten Schichten der Arbeiter jedem offen stehen, der mit uns gegen die Kaauch von der traditionellen Religion losgerissen dischen Ziele, den Kampf um die Ueberwindung klasse, sondern alle ihre Schichten zum ge- pitalsherrschaft fämpfen will, mag er gläubig hatten. Sozialdemokratie und Freidenfertum der fapitalistischen, um die Aufrichtung der someinsamen Kampf vereinigen. oder mag er Freidenfer sein. Darum müssen waren damals eins. zialistischen Gesellschaftsordnung führen will. Aus diesen beiden Grundanschauungen des wir jeden, der unseren Befreiungskampf mit Aber wenn die Entwicklung des Kapita- wie immer er über den Himmel denkt. Sozialismus zieht unser Programm seinen uns kämpfen will, als gleichberechtigten Gelismus einen Teil der Arbeiterklasse von der Unser Linzer Programm stellt fest, daß Schluß. Wissen wir, daß breite Schichten des nossen willkommen heißen, was immer er im Religion losgerissen hat, so erhält doch gerade das Ziel unseres Stampfes die sozialistische Ge- Proletariats unter dem Einfluß der traditio- übrigen über Gott, über die Unsterblichkeit der der Zustand des Elends, der ständigen Unsicher- sellschaftsordnung ist, die erst jeden einzelnen nellen Religion stehen werden, solange der Sta- Seele. über die Vibel denkt. heit der Eriſtenz, der Unwissenheit, in dem befähigen wird, seine Weltanschauung in pitalismus bestehen wird, und wissen wir, daß Die Arbeiterklasse wird desto fvither und das Proletariat in der kapitalistischen Gesell- voller Freiheit in Einklang zu bringen mit den wir den Stapitalismus nur bezwingen können, desto vollkommener ſiegen, je vollkommener sie schaft lebt, breite proletarische Massen unter Ergebnissen der Wissenschaft und mit der sitt wenn wir alle Schichten des Proletariats in die ganze Praris unseres Parteilebens nach dem Einfluß der traditionellen Religion. lichen Würde eines freien Volfes". Aber um unseren Reihen zu vereinigen vermögen, dann diesem Grundjaß unseres Linzer Programms Die Sozialdemokratic fann die Herrschaft dieses Ziel zu erreichen, müssen wir, wie unser ist es ein zwingender Schluß, daß wir die gestalten wird. der Bourgeoisie in der demokratischen Republik Programın jagt, die gesamte Arbeiterklasje nur stürzen, wenn sie die Mehrheit des Volkes- die Arbeiter in Gewerbe und Industrie, unter ihren Fahnen vereinigt. Sie kann zur Handel und Verkehrswesen mit den Arbeitern Mehrheit des Volkes nicht werden, so lange der Land- und Forstwirtschaft, die manuellen nur die von der religiösen Tradition befreiten Arbeiter mit den Angestellten und Beamten Schichten der Arbeiterklasse in ihren Reihen vereinigen und organisieren", müssen wir dar stehen. Sie kann die Mehrheit nur erobern. über hinaus der Arbeiterklasse die ihr nahe wenn es ihr gelingt, die ganze Arbeiterklasse stehenden Schichten der Kleinbauernschaft, des und, unter der Führung der Arbeiterklasse, die ihr nahestehenden Schichten des Kleinbürgertums, der Kleinbauernschaft, der Intelligenz zu vereinigen. Sie muß daher die religiös fühlenden Proletarier aus der Gefalshaft der bürgerlichen Parteien loszureißen und an sich zu zichen streben.
Zu diesem Zweck muß die Soziasdemofratie die religiöse Hülle zerreißen, hinter der die Bourgeoisie den Klassenkampf zu bergen sucht. So spricht die Sozialdemokratie zu den religiös fühlenden Arbeitern, die noch den bürgerlichen Parteien Gefolgschaft leisten:
Die bürgerlichen Parteien verteidigen nicht die Grundsäße des Christentums; sie verteidigen die kapitalistische Gesellschaftsordnung!
Die bürgerlichen Parteien verteidigen nicht die Religion; sie verteidigen die Herrschaft der Bourgeoisie!
Die bürgerlichen Parteien verteigen nicht euer Seelenheil; sie verteidigen die Profite der Sapitalisten und die Rente der Grundherren!
Der Kampf unserer Zeit ist nicht ein Religionskrieg zwischen Christen und Gottesleugnern; er ist ein Stlassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat.
Nicht gegen den Herrn m Himmel, sondern gegen die Herren auf Erden führen wir unjeren Kampf!
Kleinbürgertums, der Intelligenz als Bundesgenossen gewinnen", um auf diese Weise zur Mehrheit im Volfe zu werden und die Macht im Staate zu erobern, um die Staatsmacht dann zur Ueberwindung der kapitalistischen, zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu gebrauchen. Unser Programm fährt fort:
Zu diesem Zwede muß die Sozialdemokratie alle von Kapital und Großgrundbesip Ausgebeuteten vereinigen, wie immer ihre religiösen Anschauungen beschaffen, wie immer ihre Anschauungen von dem Zustand des Elends und der Unwissenheit, in dem sie der Rapitalismus erhält, beeinflußt sein mögen.
Die Sozialdemokratie vereinigt also alle, die an dem Klassenkampf der Arbeiterklasse und der um sie gescharten Boltstlassen teilnehmen wollen, ohne Unterschieb ihrer religiösen
Ueberzeugung.
Im Gegensatz zum Kleritalismus, der die Religion zur Parteisache macht, um die ArbeiterKlasse zu spalten und breite proletarische Volls. massen in der Gefolgschaft der Bourgeoisie zu er halten, betrachtet die Sozialdemokratie die Religion als Privatsache des einzelnen.
Die Kleritalen sagen: Glaubt den SozialWer ein ausgebeuteter Proletarier, wer demokraten nicht! Sie sind Gottesleugner; sie ein kapitalshöriger Handwerker oder ein armer wollen euch die Religion rauben. Nur um Kleinbauer ist, der geselle sich zu unseren Wähler zu fangen, gebärden sie sich, als wollten Kampfreihen gegen die irdischen Herren, mag sie die Religion als Privatsache des einzelnen er nun an den Herrn im Himmel glauben oder behandeln.
nicht!
Zwei Notlandungen kurz vor dem Ziel.
Erst Benzinmangel, dann Propellerbruch.
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erst heute nachmittags.
, 6. Juni. Die„ Columbia" ist heute gegen 5 Uhr früh in Helfta bei Eisleben notgelandet. Wie das Wolfische Telegraphen- Bureau weiter erfährt, erfolgte die Notlandung der Columbia" zwei Kilometer von Helfta infolge Benzinmangels. Das Flugzeug war bei der Notlandung 43 Stunden unterwegs. Die Mannschaft ist gesund und munter. Das Benzin wurde mittels Gespanns von einem nnahegelegenen Orte herbeigeschafft, worauf die Weiterfahrt um 9 Uhr 35 Minuten nach Berlin erfolgte.
Auf Veranlassung der Reichsregierung hatte die Lufthansa Fluggeschwader von Berlin, Dortmund und Effen ausgesendet, um Cham berlain zu suchen und ihm nötigenfalls jede Unterstützung angedeihen zu lassen; sie kehrten aber um 7 Uhr 25 ergebnislos zurüd.
Als auf dem Berliner Flugplatz endlich die Meldung eintraj, daß Chamberlain bei Eis leben gelandet und nach Auffüllung seines Ben ziutants um 9 Uhr 35 wieder aufgestiegen sei, flogen ihm aus Berlin drei und aus Dresden ein Flugzeug entgegen, um ihn in den Berliner Flughafen zu begleiten, doch fonnten sie ihn nirgendsentdeden. Da er bei normalem Flug gegen halb elf Uhr in Berlin hätte landen müssen, wuchs die Besorgnis um ihn und seinen Begleiter, bis endlich um 12 Uhr 30 auf dem Tempelhofer Felde die Nachricht eintras, daß die Columbia infolge Propellerbruches auf jumpfigem Gelände bei Klinge, etwa 15 Kilometer von Rottbus entfernt, zum zweitenmale niedergehen mußte.
Daraufhin stieg um 13 Uhr 20 cin Flugzeug der Deutschen Lufthansa mit dem amerika nischen Botschaftsrat Pool und dem General direktor Brandenburg sowie einer Anzahl von Monteuren vom Tempelhofer Flugplatz mit der Richtung Kottbus auf, um die amerikanischen Flieger nach Berlin zu holen.
Es ist aber noch fraglich, ob Chamberlain so bald mit der„ Columbia" aufsteigen und seinen Flug wird sortsetzen können. * Berlin
, 6. Juni .( Wolff.) Von zuständiger Stelle wird mitgeteilt: Von Ministerialrat Brandenburg, dem Leiter des deutschen Luftfahrdienstes und Pool als Vertreter des amerikanischen Botschafters in Kottbus besucht, sprachen der amerikanische Flieger Chamberlain und sein Begleiter Levine den Wunsch aus, auf ihrer eigenen Maschine„ Miß Columbia" morgen nach Berlin zu fliegen. Die Ausbesserung des Propellers wird mit Hilfe der deutschen Lufthansa voraussichtlich bis dahin durchgeführt werden können. Mit dem Eintreffen der Flieger dürfte daher morgen im Laufe des Nachmittags zu rechnen sein.
Die Nacht auf dem Flugfeld.
Während der Nacht waren die Beleuchtungsanlagen und die Scheinwerfer in Tätigkeit. Üm 5 Uhr früh langte die Nachricht ein, das Chamberlin über Dortmund gesichtet wurde. Die Nachricht wurde von den Massen mit großer Begeisteruna aufgenommen, die nun freudig der Ankunft des Fliegers entgegensahen.
Der Flug Paris- Tschita mißglüdt. Ungünstiges Wetter die Ursache. Moskau , 6. Juni .( Taß.) Die französischen
In Erwartung des Fliegers. Berlin , 6. Juni. Die Ungewißheit, ob der Und ganz ähnlich meinen auch manche Flieger Chamberlin überhaupt nach Berlin fom Muß die Bourgeoisie den Klassenfampf Freidenfer in unseren eigenen Reihen! Es ist men oder vielleicht Rom oder eine andere Stadt zu maskieren suchen, so muß die Sozialdemo- nur ein taktisches Manöver! In Wirklichkeit ist als Ziel wählen dürfte, hatte verursacht, daß die fratie ihn enthüllen, um die Proletarier, die nur der Atheist ein wahrer, echter Sozial- Berliner nicht in so großen Scharen zum Flugdie religiöse Masfierung des Kampfes in der demokrat. play hinausströmten, wie man evvartet hatte. Gefolgschaft der Bourgeoisie erhält, in die Beide, der Klerikale und der Freidenfer. Von der Polizei waren die strengsten AbsperrungsKampfreihen des Proletariats herüberzuziehen. haben unrecht. Was sagt unser Programm? maßnahmen getroffen worden, um zu verhüten, daß eventuell dem Flugzeug Chamberlins das Muß die Bourgeoisie die weltlichen Fragen Die Parteizugehörigkeit ist unabhängig von Schicksal widerfahre, das Lindbergh in Paris zu Flieger Costes und Rignot, die einen Langstreckenin theologische" verwandeln, so muß die So- den religiösen Anschauungen des einzelnen. erleiden hatte. In der Umgebung des Flugplatzes flug Paris- Tichita unternahmen, mußten wegen zialdemokratie die theologischen Fragen rück- Wer sich zu den Zielen unseres Programms waren etiva 5000 bis 6000 Menschen erschienen, eines Sturmes ihren Flug unterbrechen und verwandeln in weltliche. Muß die Bourgeoisie bekennt, ist uns als Parteigenoffe willkommen; von denen etwa 3000 die Geduld hatten, die ganze Samstag um 5.30 Uhr vier Sdilometer von Tapil die Religion zur Parteisache machen, um breite was er daneben über religiöse Fragen denkt, Nacht durchzuharren. Da die Antunft des Fliegers int Uvalgebirge nach 29.5 Stunden ununterbrocheProletariermassen in der Gefolgschaft der Bour- ist seine Privatsache. Ist diese Auffassung ein gegen halb 7 Uhr früh zu erwarten war, wurde nen Fluges landen, nachdem sie 5000 Stilometer geoispartei zu erhalten, so muß die Sozial- tattisches Manöver?" Nein, sie ist eine not- die Geduld der versammelten Wassen auf eine zurückgelegt hatten. Die Flieger beabsichtigten demokratie die Religion als Privatsache be- wendige Konsequenz aus zwei Grundanschau- havte Probe gestellt. Um 5 Uhr erschien der ameri- heute nach Paris zurückzukehren. Die letzten 15 fawische Botschafter Schurmann, um seinen Lands Stunden legten die Flieger in Nebel, Wolfen oder handeln, um das ganze Proletariat zum ge- ungen der Sozialdemokratie. mann bei der Landung zu begrüßen. Reichswirt- im Regen zurück. Schließlich waren sie gezwungen, meinsamen Klassenkampf zu vereinigen. Die erste dieser beiden Grundanschauungen schaftsminister Dr. Curtius ist ebenfalls zugegen. den weiteren Fluya aufzugeben, worauf sie drei War die Sozialdemokratie in ihren An- ist die von Marr und Engels begründete ma- Für die Vertreter der Presse und die Ehrengäste Stunden vergeblich einen zur Landung geeigneten fängen ausschließlich aus den vorgeschrittensten, terialiſtiſche Geschichtsauffaſſung". Sie lehrt war auf dem Flugplaße ein günstiger Raum vefer- Blay suchten, bis sie schließlich ein kleines Feld revolutionärsten, von allen Traditionen der uns, daß die religiösen Anschauungen der Men- viert.
"
hiefür fanden.