Sonntag, 3. Juli 1927.

De Räuber Graps.

von einer Polizei gab: in dem Polizeistaat des Staisers Franz!

Lag doch, wie bereits erwähnt, die Gerichts­pflege in den Händen der adeligen Grundherr­schaften, die sie von einem Justiziär", der außer dem meist ein vielbeschäftigter Güterbeamter war, besorgen ließen und der als Amtsorgan die feinen Gerichtsdiener hatte, welche wieder fast stets Ver­brecher gewesen sind. Mit einem Wort, ein ge­radezu phantastisch verkommenes Staatswesen, dieses alte Desterreich, in dem der junge Grasel, der in seiner Art ein begabter Mensch gewesen ist, im Handumdrehen zum Rinaldo Rinaldini Nie­ derösterreichs   wurde und es fast zehn Jahre lang

Refels, Salerin und Annamierln, die ihm viele Kinder geschenkt haben.

Um das Jahr 1814 und zur Zeit des Wiener Kongresses ist Grafel bereits zu einer wahren Landplage geworden, der man durch Aufgebot von Militärmassen vergeblich Herr zu werden suchte, bis endlich die verzweifelten Landrichter des Kor. neuburger Kreises der obersten Polizei- Hofstelle die Idee einflößten, auf Grafel einen Preis von 4000 Gulden zu setzen; für damals und das Milieu, in dem Grasel lebte, ein ungeheures Ver­mögen. Aber trotzdem hat sich unter seinen Ge­treuen feiner gefunden, der ihn ans Messer ge­liefert hätte. Er sollte erst einer der raffiniertesten Polizeifomödien erliegen, die in Desterreich je mals aufgeführt worden sind.

Der Vertraute" David Mayer nahm das große Wert auf sich und entwarf einen hinter listigen Plan. Zufälligerweise war eine von Grasels Geliebten in dieser Zeit verhaftet worden und faß im Drosendorfer Arrest. Mit Bewilli

Seite 19.

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des berühmten Räubers erfolgen solle. Was nun folgte, war eine echt österreichische Komödie, bei der nichts klappen wollte. Vor allemt wirkte das Gift nicht, das Mayer Grafel in den Kaffee ge­schüttet, und der Vertraute bekam es gräßlich mit der Angst, als der schwer bewaffnete Räuber neben ihm keine Miene machte, schläfrig zu wer­den. So fuhren sie denn durch die schweigende, mondüberglänzte Nacht, und als der Wagen sich Mörtersdorf   näherte, hielt Mayer auf der Straße und begab sich unter dem Vorwand, erst im Dorf nachzusehen, ob feine Gefahr vorhanden, in dic Ortschaft, um nach der versteckten Polizei zu suchen. Er fand sie nicht. Der Angstschweiß trat dem unglücklichen Vertrauten auf die Stirn.

Grafel und seine Bande, das war die Kehre feite der Medaille, das wahre Gesicht dessen, was man die gute alte Beit" nennt. Der Sohn eines Schinders und Enkel eines Gerichtsdieners! Damit ausgestoßen aus der Gemeinschaft ehr- bleiben konnte. samer Bürger, denn der Schinder war ebenso Sein Ruhm ist legendär geworden und unehrlich" wie der Gerichtsdiener, den derselbe generationenlang rankte sich um sein Andenken ein Haß traf wie den Henker: mußte doch der Gerichts- Strang merkwürdigster Legenden. Ja sogar bis diener bei den zweihundert Halsgerichten, die es heute ist sein Andenken nicht vollkommen verblaßt. bamals in Niederösterreich   gab( heute gibt es Dabei ist Grasel fein Straßenräuber gewesen, nie­dort nur achtzig Bezirksgerichte), nur zu oft Hen mals hat er am Wege jemanden beraubt, er brach feredienste versehen, da dem hochadeligen Grund- immer nur in Häuser ein und hat bei dieser Ge­herrn, der die Gerichtsbarkeit über seine inter- legenheit nur einmal eine Frau ermordet. War tanen" besaß, die Verschreibung eines Scharf- er aber betrunken, so konnte er Menschen ab­richters oft zu teuer war. stechen wie Kälber. Seine Bande umfaßte im Aufs Betteln und aufs Stehlen war die bei man fich unter Bande" aber feine feste Orga Laufe der Zeit mehrere hundert Personen, wo­Wirtschaft der Eltern des Hans Jörgel Grafel nisation vorstellen darf, sondern vielmehr an gegründet, als deren erstes Kind er am 20. April einen ausgedehnten Streis von Geschäftsfreunden 1790 geboren ist. Existenzen, wie die feiner denken muß, von denen etwa ein halbes Dugend gung der Behörde arrangierte Mayer, der sich für Alles schlief schon. Ab und zu bellte ein Sund, Eltern, sind heutigen Menschen unbegreiflich, zu feine Paladine gewesen sind. Da fand man in einen Gauner ausgab, ihre Flucht und fam so in und erst nach vielem Serumirren sah er in einem mal wenn man sich auf der einen Seite Wien  , buntem Durcheinander Deserteure, fleine Bauern, den Kreis Grafels, dem bisher noch kein Polizei- Fenster Licht. Er trat näher. Es war ein Wirts diefes hohe Kulturzentrum, die Stadt Beethovens Schullehrer, Weber, Juden und auch, was ein mensch nahegekommen. Grafel fühlte sich damals haus, in dem Bauern mit zwei Kanonieren Kar und Haydns, und auf der anderen Seite die grelles Licht auf den sauberen Staat wirft, einen bereits unsicher und wollte nach Schlesien  , wohin ten spielten. Er Klopfte an das Fenster. Alles Straßen Niederösterreichs  , geradezu bevölkert von einarmigen Invaliden von der Schlacht bei ihn zu führen Wayer sich anbot, der vorgab, von fuhr auf. Mayer aber sagte schnell:" Ich bin solchen entsetzlichen Wesen, wie es die Eltern solchen entsetzlichen Wesen, wie es die Eltern Wagram  , der nichts zu essen hatte. Selbstver- dort zu ſtammen. Am 19. November 1815 sollte ein Vertrauter von der Brünner Polizei und ständlich durfte in diesem seltsamen Gemälde nie- Grafel mit Mayer in einem Steirerwager!" die habe draußen Grasel auf meinem Wagen. Wenn Der Knabe wuchs zwischen Einbrüchen, derösterreichischer Bauernromantik die Frau nicht Fahrt antreten, und es war ausgemacht, daß des ich mit ihm im Wirtshaus bin, müßt's ihr mir Messerstechereien, grauenhaften Leidenschafts- fehlen, und in Dußenden von niederösterreichischen Nachts bei der Durchfahrt durch das Dorf Wiör helfen, ihn zu binden, sonst kommt's alle auf den Dörfern besaß Grasel einen ganzen Harem von iersdorf( in der Horner Gegend) die Berhaftung Spielberg".

Alles stand da wie vom Donner gerührt. Noch wurde rasch ein Stichwort vereinbart, auf das die Bauern aus dem Nebenzimmer heraus­zustürzen hätten, und gleich darauf war Mayer wieder fort. Nach einer Viertelstunde betrat er mit Grafel die Stube. Nur der Wirt und ein Kanonier saßen darin. Es war ein Uhr nachts.

tragödien, wild und ungepflegt wie eine Blume des Feldes heran. Niemand lehrte ihn lesen und schreiben, aber das Romvälsch der Jauner" sprach er schon als Kind fließend. Er hatte kein Heim. Der Vater, auf dem Spielberg verurteilt, war entsprungen, und sie zogen unter falschen Namen fortwährend von einer Wasenmeisterei zur anderen, denn alle Schinder im Lande waren irgendwie miteinander verschwägert, waren doch Henker, Gerichtsdiener und Abdecker, eine Men­schenfaste, die nur untereinander heiraten fonnte und deshalb sozusagen eine große Familie aus­machte.

Einige Zeit hatte Grasels Vater ruhig' auf der Wasenmeisterei in Veszprim   in Ungarn   ge­lebt, die er sich aus dem Erträgnis seiner Ein­brüche gekauft hatte, aber lange ließ ihn sein un ruhiges Blut nicht sitzen, er nahm seinen Buben und zog wieder in die Welt hinaus.

Sechzehn Jahre war Hans Jörgel alt, als er seinen ersten Einbruch verübt hatte. Die Zahl der Verbrechen, welche er in seinem achtund vanzigjährigen Leben begangen, beträgt mehr als zweihundert. Daraus ermesse man hast und Biel   feines Dafeins.

Man muß sich außerdem hier erinnern, daß. die große Zeit des Grafel gerade in die Jahre der Franzosentriege fällt. In verhältnismäßig geringen Zwischenräumen waren die fremden Heere durch Niederösterreich   gezogen mit allem ihren Gefolge von Marodeuren, Dirnen und Ge­findel jeglicher Art. In den zahlreichen militä­rischen Katastrophen, die das t. u. t. Heer be= troffen, hatten sich unzählige Truppenförper auf­gelöst, alles war voll von Deserteuren, deren es bei der damaligen vierzehnjährigen Dienstzeit schon immer viel gegeben, dazu kamen die Inva Tiden, welche der Staat buchstäblich dem Verhun­gern preisgab, und der Umstand, daß es auf dem flachen Bande unglaublicherweise nicht die Spur.

Die Rückkehr zur Natur!

Die heutige Sportbewegung bildet bereits eine Erkenntnis dafür, daß die uns ins Leben mitgegebene, also natürliche Grundlage zur Kraft­entfaltung von Jugend auf erhalten und weiter entwickelt werden muß und daß viel Bewegung in frischer Luft, draußen in der Natur, unerläßlich ist. Was aber hierbei ebenso wichtig ist und leider noch immer zu wenig Beachtung findet, ist eine vernünftige Ernährung und die regelmäßige Auf­frischung des Körpers, nicht durch künstliche oder sogenannte Wunder­mittel, sondern durch dafür geeignete Naturprodukte! Ein solches stellt

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Mayer fragte nach einem Zimmer, das Stichwort fiel. Nichts rührte sich, so sehr war der Schveden vor Grasel allen im Gebein. Mayer wurde vor Aufregung ganz schwindlig, endlich faßte er sich) und sprang mit einem Riesensaß dem ihm gerade den Rücken zuwendenden Grasel aufs Genid. Der stürzte polternd zu Boden, und auf einmal war der Bann gebrochen. Alle Bauern lagen auf ihm und banden ihn wie ein Kalb. Mayer hatte seine viertaufend Gulden! So fein operierte die t. f. Polizei zu allen Zeiten.

Grasel ist mehr als zwei Jahre lang zu Wien   in der Untersuchunshaft gesessen. Lange Zeit an die Mauer geschmiedet. Wurde er zum Berhör geführt, rasselte seine Rettenlast so laut, daß man es im ganzen alten Schrannengebäude ami Hohen Markt hören konnte: eine Behandlung, die uns heute mehr als barbarisch erscheint, mußte doch Grasel wissen, daß ihm nur das Todesurteil blühen konnte.

So fand denn auch am Samstag, dem 31. Jänner 1818, am Glacis vor dem Neutor, dort, wo heute die Roßauer Staserne steht, die Hinrichtung statt. Zwei seiner nächsten Spieß­