etttex Wonne« hervor, bcr auf dir Jrraflc: warum von den mehr al« 5000 Arbeitern des Werkes in Jena (ohne Glaswerk) nur 18<H» frcigeiverksck-aft- uch organisiert sind, antwortete:Die Arbeiter glauben, cs sei nicht mehr iiolweudig!" Daß aber auch in einem solche»» Betrieb die Organisation notwendig ist, könnte man an vielen Beispielen der Handhabung des S'ttftnngSstatutcS erweisen. Die Arbeiterbewegung. Thüringen ist seit der Spaltung der Arbeiter» bewegitng das Land der vielen Parteien. In säst allen stabten, die wir besuchten, gab eS nach den erste»» allgemeinen Gemeindeivahlen eine sozial­demokratische Mehrheit. Henle besteht in den eineinhalb Tntzend Städten, die wir lvsnchten, eine rote Äe»«e«nde»iehrl»cii nur in Sonneberg , eine sogenannte Linksmehrheit in Erfurt , Grn; rmd Zella-Mehlis . In den andern Städten mit Ausnahme von Mühlhansen, Naumburg , Coburg , Pößnek, Gotha und Oberhof ist die ReckitSmehr- hcit nicht stark. Zum Beispiel seht sich in W e i- m a r die Gemeindevertretung zusammen aus 7 Sozialdemokraten, 2 Kommunisten, 11 Frei« Bereinigung, 3 Sparer, t Nationalsozialist, 1 Ar­beitnehmer und l Mieivertrctcr. Apolda : 9 Sozialdcinokraten, 1!) Bürgerliche; Jena : 16 Sozialdemokraten, 6 Koniinnnislcn, 19 Bürger­liche: Saatfeld: 9 Sozialdemokraten, 2 Ko»n- munisten, 12 Bürgerliche; Greiz : 14 Sozial­demokraten, 3 Kominunisten, 16 Bürgerliche, 2 Unpolitische Bereinigung: Coburg : 8 So­zialdemokraten, 13 Bürgerliche; Sonneberg : 8 Sozialdcnlokratci», 3 Kommunisten, 10 Bürger­liche; Mühlhausen : 8 Sozialdemokraten, 6 Kommunisten, 21 verschiedene bürgerliche Par­teien(bis 1921>var das Verhältnis umgekehrt). Unsere Geiwsscu sind überall voll Zuversicht und hoffen bei den im kommenden Jahr stattfindcndcn Äenicindetvahlcn in einigen Städten die RechtS- mehrheiten zu beseitigen. Gegenwärtig sind in den Gemeinden Thilringens tätig*): als Ge- meiitdcvcrtrcter 1559, Stadlräte 127(davon be­soldete 34, unbesoldete 93), Bürgermeister 116, Bürgcrmeistcrstellvertrercr 86. In» Staatsparla­ment sitzen unter 56 Abgeordnete»» 18 Sozial- de»»»okro»rn u»»d 8 Kommunisten. Tie sozialdemo­kratischeArbcitcrtvohlfahrl" hat 56 Ortsaus­schüsse mit Kleinkinderfürsorge. Jiigcndgcrichts- Hilfe, Weihnachtsbeschermig, Bcrattings- und Rcchtsbilfsstellen. Tie 124 Konsumgenossenschaften zählen über 160.000 Mitglieder»lnd beschäftige»» 2348 Per­sonen. Ter Jahresumsatz beträgt OI Millionen Ncichsmark. Bon den Parteiorganisationen»nar, schiert Gera mit 860t> Mitgliedern an erster Stelle; dann folgen Jena mit 5100, Erfurt mit 3600, Eisenach mit 1650 usw. Parteiblätter er­scheinen in Erfurt (Tribüne"), Jena (TaS Volk"), Sonneberg (Volksfrcnnd"), Gera (Ost­thüringer Tribüne"), Apolda (Apoldaer Volks­zeitung"), Eisenach (Eisenacher Volkszeitung"), Saalfeld (Bolksblatt"), Greiz (Rcnßische Volks­zeitung") nnd Coburg (Coburger Volksblatt"). Tic Anslagczissern schtvanken zwischen sechs- und vierzehn Tausend, lieber die Stärke derFreien Gewerkschaften" konnten genauere Ziffern nicht in Erfahrung gebracht werben. Die sozialdemo­kratische Arbeiterbewegung ist nach den schweren Rückfchlägen im Jahre 1925»vieder gefestigt, daS Vertrauen der Arbeilerschaft zn ihrer Parte» wächst und das ist die sichere Gewähr für die künftigen Erfolge. Tie allge»neine Lage der Ar­beiterschaft in Thüringen erfordert den ertvartcten Ruck nach links. *) Nach den Angaben des Genossen Hermann Müller Altenburg gurüek zur häuslichen Arbeit. Wer mehrere Tage Thüringen durchwandert, Land und Volk kcunci« lernt, dem fällt der Ab­schied nicht leicht. Es ist vielfach geheiligter Bo­den, den mau betritt. Eriiinerungcn an große Menschen, an mntigc Vorkämpfer des Geistes, der Wissenschaft, der Klasse drängen sich in rascher Reihenfolge auf. Eindrücke wechseln nnd die Uit- bcdcnlcndhcit des eigenen IchS kommt einen» so recht InS Bewußtsein. Doch es gibt für Eisenach am letzten Tage nur tvenig Zeit, die durch Früh- anfstchcn verlängert werden muß. Eisennach ist eine Kongreß- nnd Frcnidcnstadt. Hnndertsechzig Hotels schaffen für 15.000 Besucher Platz. Die inmitten bewaldeter Berge liegende Stadt ist trcibhauSähnlich gewachsen. Die Einwohnerzahl ist von 9340 in» Jahre 1840 auf 18.627 im Jahre 1880 gestiegen nnd beträgt jetzt 43.568. DaS Wahrzeichen ver Stadt ist die Wartburg . An der Villa vorcbi, in der Fritz Reuter seine letzten Tage verlebte, geht cS aus schönen» Wege de»» betvaldetci» i -Hang empor zur Burg, die Richard Wagners Sängerkrieg " beriih»»»t machte. Z»vei Tage fpä-1 ter war der Festsaal von den Teilnehnter« der Tagung des Vereines für Konnnunalwirtschaft und Kon»»iitnalpolitik gefüllt und der Gruß Elisa- bethS an dieteure.Halle" ertönte i»» Hellen» So­pra»«. Es ließ sich schon lvohucn dort oben! Und selbst in der Kammer, in der Martin Luther zehn Monate als JunkerJörg" lebte, hat man es nicht nötig, das Tintenfaß nach den» Teufel zu werfen. Eisennach ist die GcburtSstadt Ernst AbbcS und der berühmte Botaniker Dietrich schrieb dort seinen 26bandigcn Lexikon über Gärtnerei nnd Botanik. Die Straßen grüßt manches alte Ge­mäuer, darunter das Geburtshaus Scbastia»» Bach's, jetzt ein sehenswertes Muse»«»»; doch wir müsten fort. Vorher treffe»»>o,r noch einen alte», Bekannten, den Genossen Dr. Braun. Mit Ab­geordneten Herniann Müller u»«d den» neuen Parleivorstandsniitglied des S. P. D. Genossen Vogel. Wir gehen gemeinsam zur B.ilm D r Zug fährt in die Halle; einige AbschiedSwortc. Fort gehts über Gotha , Weimar , Leipzig , Dres­ den in die Heimat zur Arbeit, die uns in: Geiste eint mit alle» Freunden auf der andern Seite des Erzgebirges. Freitag, 29. Juli 1927. tScindpunkt zu begrüßen wäre, daß sich eine ernste eimlischc Stimme einmal gegen das ge­heiligte Prinzip der Unverletzbarkeit der Fric- denSverträge erhebt, so mißtrauisch muß nian den Aeußerungen des Lords Rothermerc gegenüber sein. Der Lord ist einer der extremsten Konservativen und trägt alle Merkmale anSgehrcigter Fascisten- f r c»»n d l i ch k c^i t. Seine Sympathien gelten einem der reaktionärsten System«; von den übri­gen Minderheiten, die durch die Friedensverträgc einem Frcmdstaat angcschlossen wurden und dort vielfach noch viel größeres Unrecht z»« leiden haben als die in der Tschechoslowakei lebenden Ungarn , weiß der Lord nichts. Sein ganzes Interesse konzentriert sich auf die Großgrund- besitze in der Slowakei , die ehemals dem ungari­sche»« Hochadel angchörten und die von der tsche­chischen Regierung angeblich verschleudert wnr- dcn. Wer de» Skandal der Bodenreform in der Tschechoslowakei kennt, mag dem Lord darin unbesehen recht geben. Aber das ist nicht die Hauptsache; diese Details»nag sich Herr BeneS mit dein Lord auSkochen. Uns interessiert vor allen» die Frage, ob voi« dem Eingreifen des Lords eine Aufrollung des Minoritäten pröble niS auf interna­tionaler Basis zu crivartcn ist, ob die Depeschen des Lords an Benes den Auftakt wenigstens zu einer theoretischen Diskussion über die Un­haltbarkeit so vieler Bcstimntiingen der Frie- denSvcrträge geben werden. Leider muß man diese Frage von vorn herein verneinen. Von dem sclbstbewlißtei» Eingreifen Lord Rother- mceres»nag sich vielleicht der ungarische Adel etwas für seine beschlagnahmten Guter erwarten; für die unterdrückten Minderheiten bei»mS und in den andere«« Nachfolgestaaten de« alten Oester­reich ist daranS nichts zu hoffen., Der Lord hat nicht die Minoritäten im Sinn, sondern nur ein paar ungarische Großgrundbesitzer. Und danin« kommt dem ganzen Depcschenwcchscl trotz seiner Aufbauschung auch d»«rch die internationale Presse nur eine untergeordnete Bedeutung z»», so»»an­genehm anch nnscrem Außenministerium die Aufrollung slowakischer Bvdenreformgeschichtcn vor einem internationalen Forum vielleicht auch sein mag. Zentrum und Reichsbanner. Berlin , 28. Juli. Ueber die heutige Reichs- bannerkonferenz des Zentrums wurde folgendes Kommuniqnä auSgrgcbcn: Die Zentrumsmitglieder in« Reichsbanner, die zu einer Aussprache über die durch den Aufruf HörsingS an den republikanische»» Schutzbund in Oesterreich und den darauf erfolgten Austritt des Reichskanzlers Marx aus dem Reichsbanner ge­schaffene Lage z»isamn»c»«gekon»mcn waren, spräche»«, ihr Bedauern darüber a»«S, daß Reichskanzler Marx sich zum Ausscheide»« aus dem Reichs-: banncr veranlaßt gesehen hat. Einmütig wurde der Meinung Ausdruck verliefen, daß sich ans die­ser bedauerlichen Tatsache für die anderen Wit* glicdcr des Zentrums im Reichsbanner nicht die F o l g c r u n g ergebe, gleichfalls das Re 1 chS- banner zu verlassen. Ebenso einmütig »vnrde allerdings auch die Erlvartung ausgespro­chen, daß künftig politische Entgle»sun» gen Von der Art deS IchntzbundaufrufeS u>« t c r bleiben>»nd weiterhin Sicher»«i«gen für strikteste Ucbcrparteilichkeit und außenpoli­tisch e N e««t r a l i t ä t des Reichsbanners ge- schasscn werden. Die Konferenz bedauerte, daß die endgültige Stellungnahme des Bundesvorstandes zu der von de«« Zentrumsniltgliedern des ReichS- oauners am Dienstag in Magdebn« abgegebenen Erklärung noch nicht vorliege u»«d behielt sich ihr abschließendes Urteil über die Vorgänge der letz­te»» Zeit cbenfallS noch vor." Der Feldzug des Lord Rothermere . Sin Liebesdienst für Hotthys Kumpane. Keine Hoffnung für die Minoritäten Der euglische Lord R o t h e r in c e r e hat kürzlich entdeckt, daß der FriedenSvertrag voi» Trianon dem heutige»» Ungarn ein großes Un­recht zugefügt habe. Weil er ein Engländer»»nd obendrein ein Lord ist, hat er ganz einfach an den tschechoslowakischen Außenminister Dr. Benes ei»»cn viel besprochene»» offene»» Brief gerichtet, in dem er sich in unzweideuti­gen Redewendungen und fast drohend für die Re­vision des FricdcnsvcrtrageS zugunsten Un­ garns anSspricht. Hunderte von Protesten, nicht nur gegen de»» Vertrag von Trianon, sondern überhaupt gegen dieses ganze Systcn» von Fricdcnsverträ- gen, wurden von den berufenster« Vertretern der unterdrückten Minderheiten, von Korporationen und Einzelpersonen an den verschiedensten Stel­len zur Kenntnis gebracht, aber kein einziger fand noch diese Beachtung wie die Stimme des englischen Lord . Herr Dr. BeneS, der sonst Anfragen par­lamentarischer Vertreter, die an ihn gerichtet sind, nicht gerade sehr zuvorkoimnenh zu behandeln Pflegt, besmc sich ganz»«»«gewöhnlich, seiner Lord- schaft seine Antwort zi« depeschieren. Ablehnend natürlich, aber immerhin viel höflicher, als cs der arrogante Ton des Lord einem Außenmi­nister gegenüber verdient hätte. Der Lord ist nicht zufrieden und depeschiert zurück, nicht ohne direkte D r o h u>« g e n, der Tschechoslowakei finanzielle Schwierigkeiten auf den ausländischen Gclditiärkteu zu bereiten, wenn man sc«»«ci« For­derungen nicht gleich nachkonimt: Meine Absicht war, der tschechoslowakischen Regierung bcizustehcn. Bezüglich der Beschlag­nahme und des Verkaufes dortigen ungarischen Eigentums sind ernste Beschuldigungen erhoben Wörden. Meine Nachforschungen haben mich auf die Spur der diesbezüglichen Verdächtigungen geführt. Falls Dokumente vorhanden wären, bitte ich un« Einsen­dung eines ExcmplarcS, das den Umfang der ver­kauften Güter, den Name»» des Käufers,» den Kaufpreis und den damaligen Marktpreis enthält. Angesichts dieser Beschuldigungen werden Eure Exzellenz zugeben, daß in diesem Falle der a u S- ländische Geldmarkt an den Verrech­nungen. unmittelbar interessiert »vor. Eure Exzellenz bieten mir ferner Auf ­klärung betreffend die Behandlung der Minder­heiten in der Tfchcchoslotvakei und in Ungarn in der Gegenwart und in der Vergangenheit an. Da­gegen sei betont, daß die aus den Vorkriegszeiten stammenden Klagen Ihres Volkes außerhalb meiner Untersuchung fallen. Der Krieg ist zur Abhilfe von Ungerechtigkeit geführt worden. Man kann daher auf die Beschuldigung, daß Ungarn in der Tscl)echoslowakei unterdrückt und mißhandelt werden, nicht damit antworten, daß Ihr Volk vor dem Krieg ebenfalls unterdrückt worden sei. DaS gute Verhältnis zwischen Ungarn und der Tschecho­ slowakei hängt davon ab, ob Ihre Regierung die Beschuldigung der Ungarnverfolgung und de» Verschleuderung ungarischen Eigentums mit Osfeuhcit beantworte«. In England weiß man kaum etwas davon, daß cS in der Tschechoslowakei ein n e n e S E l s a ß- L o t h r i n g c n mit vorwiegend unga­rischer Bevölkerung gibt. Diese Entdeckung»vürde viele Freunde Ihres Landes entsetzen. In der Erwartung, daß E««re Exzellenz mich über die Antwort der Tschechoslowakei auf diese Beschuldigungen ausklären werden, wiederhole ich mein früheres Ersuchen u n d 1 e g» Ihrer Regierung nahe, diese Frage sofort mit st a a t s m ä n n i s ch e r Klug­heit nnd offenem Sin«r zu beant­worte n." Also ein richtiggehendes Ultiinatum, daS noch obendrein von BeneS die EntfaltungstaatS- niännischcr Klugheit" ausdrücklich verlangt; so­zusagen ein« Warnü ng, die Tschechoslo- wakische Republik möge sich mit dem Lord nicht sehr spielen, sonst könne sie was erleben. Einen derartigen Ton der Regierung eines selbständigen Landes gegenüber auch eine englische Kolonse»vürde sich diesen Ton vo»»l eng­lischen Foreign Office kann« gefallen lassen können nur ganz unheilbare Idealisten oder Nar­ren anschlagen. Was ist also Lord Rothermere ? Keines von beiden. Er ist der Bruder dcS berüch­tigten Lord Northcliffe , der im Krieg die skrupel­loseste, aber wirkungsvolle Propaganda gegen die Mittelmächte entfesselte, Besitzer der mächtigsten englisch )««» Presieunternehmungen, die er nach feinem Bruder geerbt hat. Aufs höchste verdächtig ist, daß sich der Lord ausgerechnet für das fascistische Ungarn so leb­haft einsetzt. So sehr cs auch vom sozialistischen ° Frau Eiselas Ehe. Roinan voi» Carl Otto Windecker. Z»vci Stunden noch!" dachte er nur immer »vieder und rechnete an jeder Uhr, die er sah, die Minuten ab, die er nun schon gegangen»var. An einem Kino blieb er stehen und betrachtete sich die ausgestellten Photographien eines amerikanischen Films. Aber wenige Schritte»veiter evimiert« er sich dieser Bilder nicht mehr. Vor dem Lesesaal des VolksbildungsheimS machte er endlich Halt. Jetzt erst, als er die im Warmen sitzenden Menschen goivahrtc, fühlte er, »vie schwer sein Mantel von Rässe»var, wie jeder Schritt das Wasser aus den Rissen der Schuhe drückte. Eil'g öffnete er die Tür und trat ein. Er griff nach einer Zeitung, die ein zu ord- nuilgslicbender Vorgänger auf dem Tische hatte liegen lasten. Ohne viel Interesse übersah er den politische»» Teil, blätterte»veiter, sah kurz in di« vielen Annoncen, nm gleich daraus»vieder die Zeitung zur Seite zn legen. Mit unendlicher Sorgfalt»»ahn« er das durch das Arbeiten zerknit­terte Manuskripthcft ans der Tasche nnd legte es vor sich hin. Und bald darauf war er»vieder in seine Ar­beit versunken. Ten Bleistif« in der.Hand, korri­gierte er immer wieder, setzte neue Worte ein, stvich, um erst wieder aufzuschancn, als der Zei­ger der Uhr im angrenzenden Schreibsaal wenige Minuten nach zehn zeigte. Der Redakteur»var bereits in seinem Ar- beitSzimmer, als Hanns Brunner sich z»«n« zwei- tenmal melden ließ und zu seiner Freude auch gleich vorgelassen wurde. Fröhlich lachend ging chm der Freund entgegen i«»«d reichte ihm die Hand. HannS Brunner»var vertvirrt, erst als er a»«f dem a»«gebotc»«cn Stuhl Platz nahm, bemerkte er, daß Hendrich Solnis nicht alleine»var."Aber der feiste, freundlich lächelnde Herr am Fauteuil nickte begütigend mit dem Kops, als er verlegen aussprang und sich verbeugte. Gestatten die Herren," mischte sich der lie­benswürdige Wiener helfend ein,Herr Dr. Brunner, ein ausgehender Stern an« Himmel, der schönen Künste Herr Geheimrat Wolff!" Einen Augenblick lang fühlte Hanns Brunner eine weiche, warme fleischige Hand in der seinen, ehe er sich»vieder setzte. Unter einem verbindlichen Lächeln versuchte er das»mbchagliche Gefühl z»« verbergen, das ihn beschlich, als er sich des Zwecks seines Komn«e»«S erinnerte. Vergeblich bedeutete er de»n Freund mit ge­heimnisvollen Geste»«, ihn während der Anwcscn- hcit des Fremden nicht nach dein Manuskript z»« fragen. Soln«s übersah cs lächelnd und nach einigen erklärenden Worten z>« dem gutmütig nik- kenden Geheimrat wandte er sich an den Freund: Und nun, Dichterling, dein Werk" Der Pathos dieser Worte reizte selbst Hanns Brunner zum Lachen, als er umständlich»«nd, wie er glaubte, in gutgespicltcr Gleichgültigkeit das Dtanuskript ans der Tasche nahm»«nd auf bett Tisch des Redakteurs legte. »In und der Titel?" frug dieser er­staunt, nachdem er flüchtig in den ersten Seiten geblättert hatte. Ich fand keinen" stockte Hanns und lächelte in törichter Verlegenheit. Sehr gut ausgezeichnet!" lachte nun der Geheimrat laut ans seiner Ecke heraus. Er schlug sich auf die Knie, sein Gesicht verzog sich in hun­dert kleine zuckende Fältchen. Auch Solms lä­chelte, von dieser unverntittelten Heiterkeit ange­steckt, ungläubig zum Freunde hinüber. Ja aber einen Namen müßte die Geschichte doch wohl habe» irgend einen zug­kräftigen Titel" Pardon" hustete der Geheimrat, noch immer belustigt,sind Sie bitte nicht böse aber nicht»vah«^-»venu ich heute einen neuen Hosenspanner lanciere, dann muß er doch einen Namen habe«», Frauenlob oder Heureka, oder so kurz, ein Aushängeschild, ein Anreiz und das ist doch hier die gleiche Geschichte ", er lachte wieder, herzlicher noch, bis er das verstörte Gesicht seines Gegenüber bemertte. Bitte, nehmen Sie cs mir nicht übel. Heute ist doch alles Geschäft, nicht»vahr, Solnis? und diese Ungewandtheit ist wirklich nein haha naja, von was handelt der Roman eigent­lich?" Hanns Bruuucr blieb ernst, obgleich er fest­stellen mußte, daß er dem dicken, rosigen, immer noch lachenden Menschen ob seines HeitcrkcitS- ausbruchs nicht böse fein konnte.Von zwei Menschen, die Herzensnot zusannnentrieb, aber äußere Not»vieder auseinanderreißt, zwei schwache Menschen!".Er sprach nicht weiter in seiner Erklärung, als er die immerfort ver- fchmitzt blinkenden Augen des Geheinirates sah. Nun, laß' ich werde mir die Sache ein­mal überlegen!" bemerkte Solnis, den« dies Zu­sammentreffen sichtlich unangenehm war. Er hatte während des Gesprächs mit den« Geheimrat weiter in den engbeschriebenen Seiten des Manu­skripts geblättert und reichte»tun Hanns Brunner von» Arbeitstisch her die Hand.Wir werden schon sehen, was daraus z»i machen ist, nicht wahr, Dichterling?" Hanns Brunner lächelte dankbar nnd bediente sich, zufrieden und froh gestimmt, aus dem wohl­gefüllten Zigarrenetui des Geheimrates. Man Plauderte. Ich,»neine Herren," sagte der Geheinrrat, habe alle Achtung von den fnngen Leuten, die, als die Börsenspekulationen ins Wasser fielen, die Fraulgefchichte fehlfchlug und Margarineschie- bungen unrentabel wurden, sichumstellten, va banque spielten, wenn Sie so sagen wollen, und mit den letzte»« Devisen, oder ans gut Glück »nit Akzepten Motorradfabrikanten oder Automo­bil- oder Gummireifenvertreter wurden, und heute noch sind. Das sind ebe»i Menschen, dir die Nüchternheit hatten, des Lebens Endzivcck zu erkennen: Geld, Geld und nochinals Geld. Nicht arbeiten, um derMenschheit zu dienen!" nicht sich eine unmögliche Aufgabe stellen, in Utopien sich verlieren/hier! mit beiden Füßen auf den feste»» Boden der Tatsachen gestellt! Zugepackt! Sich nicht der schmutzigen Lappen geschämt, das Einzigste, das uns dies bittere Leben noch ange- nehm machen kann. Geld verdienen! Und sei eS durch Verkauf von Schnürriemen! Geld, meine Herren!Neue Sachlichkeit" Hanns Brunner antwortete nicht sogleich. Er fiihlte, daß sich hier zwei Welten trafen, dir nichts miteinander gemein hatten. Nüchternheit mit klarem Egoismus verbunden, Sentiments und europäische Tradition auf der andern Seite. Eine Brücke gab es da nicht. Und, mußte er sich nicht eingestehen, daß er Neid empfand mit diesen Menschen, die die Wirklichkeit verstanden? Dennoch regte sich in ihm die Opposition. Aber vielleicht gibt cs doch Menschen,,die das nicht können? Nicht auS eingebildetem Stolz, nicht a«S Glauben an einehöhere Miffion", die ans der blauen Luft gegriffen wäre, sondern aus faktischer psychischer Unmöglichkeit heraus? Be­lastet durch die Tradition langer Generationen, Menschen also, denen eine gewisse, weltfremde, wirklichkeitsfremde Romantik, sozusagen: im Blute liegt...?" Gewiß gibt es solche!" unterbrach ihn Ge­heimrat Wolff,Tausende sogar, Millionen. Unnütze Menschen, die, indem sie glauben, der Menschheit zu dienen, der menschlichen Gesell­schaft durch ihreromantische Veranlagung" oder höhere Mission", wie Sie sagen, nur schaden. (Fortsetzung folgt.).