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7. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Vor zehn Jahren.

Von Johann Polach .

Freitag, 16. September 1927.

Gesetzgebung und Verwaltung sanktioniert und allen noch bevorstehenden Kämpfen um die Gleichberechtigung der Völker dieses Staates moralischen Hindernisse bereiten. schon heute die allerschwersten politischen und

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Nr. 217.

Die Schulschande und die mitverantwortlichen

Regierungsdeutschen.

Protestresolution der sozialdemokratischen Gemeindevertreter.

noch

Heute fand in Prag eine Konfe trop steigender Schülerzahl no ch renz sozialdemokratischer Ge- immer Schulklassen aufgelassen oder meindevertreter start, welche sich zusammengelegt werden. Die Konferenz macht mit der Frage der Stellungnahme der Par die deutschen Regierungsparteien tei zur Verfassung der Gemeindevor für diese Schande, die ihre ganze Ohnmacht anschläge unter der Geltung des neuen aufdeckt, voll verantwortlich und fordert Gemeindefinanzgesetzes befaßte und entspre die Bevölkerung auf, bei den bevorstehen chende Richtlinien für die der Partei den Gemeindewahlen mit diesen angehörenden Gemeindevertreter beschloß. Parteien abzurechnen.

Der 16. September ist ein für die deutsche Sozialdemokratie der Tschechoslowakei bemer fenswerter Gedenktag. Vor zehn Jahren, am derselben Orte statt, an welchem 18 Jahre Die judetendeutsche Parteikonferenz fand an 10. September 1917, fand in Brünn eine früher die gesamtösterreichische Sozialdemokra konferenzderSudetenländer statt, tie das Programm der nationalen Autonomie eine Konferenz von Vertrauensmännern aus geschaffen hatte. Unter den vier Referenten, jenen altöſterreichischen Ländern, die schon ein bie über die Stellung der Deutschen in den Jahr später die Tschechoslowakische Republik, Sudetenländern sprachen, war der erste, unser as Gebiet unserer Schidjalskämpfe bilden foll- unvergeßliche Iosef Seliger. Wie lebendig ten. An die Wahrscheinlichkeit dieser durch den flingt noch heute jedes seiner Worte, wie zwin­Ariegsausgang bewirkten neuſtaatlichen Kon- gend jedes seiner Argumente. Er wies in seiner zeption fonnte man damals, noch inmitten des Rede die Herrschafts- und Machtansprüche der Arieges, kaum denken, da die Pläne des tsche- Bourgeoisie aller Nationen zurück, forderte De bischen Nationalismus im allgemeinen über die mofratie als einzig gerechte Lösungsmöglichkeit Realisierung des böhmischen Staatsrechtes im des großen Problems. Den Weg der völligen Im Hinblick auf die jetzt neuerlich ein­Rahmen von Gesamtösterreich nicht hinaus Gleichheit aller Nationsgenossen innerhalb der setzenden Schuldrosselungen beschloß die gingen. Die deutsche Sozialdemokratie, an dem Nation, wie das Selbstbestimmungsrecht Konferenz nachstehende Resolution: Programm der nationalen Autonomie, als dem aller Nationen innerhalb des Staates", Die Konferenz sozialdemokratischer Gemeinde­allein vernünftigen und ehrlichen Rezept für verlange er. Es war die Forderung des vertreter gibt ihrer Empörung darüber Aus­den schwer franken Organismus des altöster- guten Sozialdemokraten, der er Ausdruck druck, daß noch immer, trotz der bereits erfolgten reichischen Staates festhaltend, erhob zum letz- gab, der nationalen Rechtsanschauung und der Dezimierung des deutschen Schulwesens und tenmale vor dem Zusammenbruch ihre Stimme, internationalen Gesinnung unserer Partei in um zu politischer Einkehr und Vernunft zu gleicher Weise gerecht wurde. Denn auch dar­mahnen. Es war später, da sich das Schicksal über verbreiteten seine Ausführungen volle des Krieges erfüllte, nicht schwer zu erkennen, Sarheit, daß der Gedanke der nationalen daß zur Zeit der Brünner Tagung nach der Autonomie Werbekraft und Sieghaftigkeit aus Entwicklung der Dinge für alle Gesundungs- dem gemeinsamen Willen der Proletarier aller pläne schon zu spät war, daß das alte Dester- Nationen schöpfen müsse. reich zum Steuben reif geworden war. Da dieses Entwicklungsstadium noch nicht erkannt, noch nicht zu allgemeinem Bewußtsein gelom­men war, bleibt die moralischpolitische Be­lastung derer bestehen, die in frechem Ueber­mut die von der Sozialdemokratie erhobene Stimme überschrien, welche nach nationaler Ge­rechtigkeit rief, die eine Verewigung ihres Herr­haftswillens zum Range einer Staatsraison mporlogen.

In ähnlichem Sinne bewegten sich die Reden der anderen Referenten, der Genossen Nießner, Jokl, Ezech. Von gleichem Geiste war die Debatte erfüllt, an der sich Seiß, Renner, Sillebrand, Polach, Hanusch und Schäfer beteiligten.

Die Konferenz fordert die Parteigenojien auf, alle ihnen bekannt werdenden Fälle von Schul­drosselungen dem Parteisekretariate mit­zuteilen, damit dem Parteivorstand und der par­lamentarischen Vertretung die zur Einlei tung von Abwehrmaßnahmen notwen digen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

Sie wollen das Ergebnis der Gemeinde­

wahlen verfälschen!

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aus dem Wahlkampf, diesem im Sinne Hil genreiners den Charakter fleinstädti­cher Balgereien um ein Mandat in der Gemeindestube geben. Man will ferner die poli­tische Atmosphäre des Wahlkampfes überhaupt zerstreuen, will den Kampf verzetteln und

oließlich das Ergebnis verfälschen. Es soll am Abend des Wahltages keine Uebersicht möglich, es sollen die Resultate der großen Städte aus­ständig sein, damit niemand behaupten fönne, die Regierung sei geschlagen..

Keine Wahlen in den Städten mit eigenem Statut.- Möglichst teine ,, allgemeinen" Wahlen. Die Niederlage soll verschleiert werden. Die Prager Presse" brachte gestern Daß die Städte mit eigenem Statut, also eine aus den Streisen des Innenministeriums" die großen Städte, nicht wählen sollen, das be Genosse Czech sprach über den mährischen herrührende Meldung über den voraussichtlichen statigt nur das oben Gesagte. Mögen auch ge­Pakt von 1905 und 1914, den eine fritikloje, Umfang der Gemeindewahlen. Des langen und rade in einem so start agrarischen Staat, wie bis zum heutigen Tage nicht aufgegebene Le- gen und einer tüpfelreiterischen Pedanterie, die strie vielfach auf dem Lande ihren Sit hat, die breiten wird wird mit verschiedenen Motivierun wir es sind, in einem Staat, in dem die Indu gende als Erempel angewendeter nationaler sonst unserer Regierung in Verfassungsfragen Wahlergebnisse in den großen Städten nicht aus­Gewiß, das in jeder Hinsicht zum Unter- Autonomie, als Vorbild bei Lösung nationaler fremd ist, um die Tatsache herumgeredet, daß schlaggebend sein, sie sind es doch, die vor allem gange reife Oesterreich hätte damals auch durch Probleme bezeichnete, während er in Wahrheit, man auf keinen Fall allgemeine Wahlen machenn die Augen fallen. Prag, Brünn , Reichen­die Annahme unseres auf eine Erneuerung was Czech deutlich aufzeigte, nur als eine wi.. Höchstens 70 Prozent der Gemeinden berg , Pilsen , Troppan, Ostrau, Preßburg Desterreichs bedachten Programms nicht mehr die Autonomie- Idee verfälschende bürgerlichpo- sollen wählen, man will also einem Drit das sind die Namen, die natürlich im Ausland gerettet werden können. Der Prozeß des Zer- litische Intrigue gewertet werden kann. Durch tel der Bevölkerung die Gelegenheit, sein Ur besser bekannt sind als Celakowitz und Piset. salles, der unaufhaltsam zum Untergang des Schaffung eines nationalen Stabasters ohne Ver- teil über die Politik der Zoll, Kongrua- und Man will nun verhindern, daß den Gemeindewah­unmöglich gewordenen Staates führte, war leihung des Rechtes auf nationale Selbstver- Ruſtungsfondsregierung, über die Verwallen überhaupt eine große Bedeutung beigemessen Selbſtver- tungs- und Steuerreform abzugeben, wird, man will durch die Ausschaltung des groß­schon zu sehr fortgeschritten, mochten auch die waltung, durch Aufpfropfung des autononen nicht bieten, man will verhindern, daß die Ge- städtischen Proletariats( Industriezentren"!) Wirren des Krieges eine flare Erkenntnis dieser Prinzips auf das Privilegienwahlrecht, durch mendewahlen ein deutliches Bild der veränder­Tatsache erschweren. Den Beratungen und Be- Verweigerung jeder positiven nationalen Siche- ten Sträfteverhältnisse im Staate geben. schlüssen der judetendeutschen Tagung war die rung eines akademischen Zugeständnisses wurde gewünschte praktische Wirkung versagt. Was die Vernunft zum Unsinn, die Wohltat zur aber auch heute noch beim Lesen der damals Plage gemacht. Die Väter dieser Pa­gehaltenen Reden, bei Nachprüfung der damals rodie einer Autonomie waren die vorgebrachten Argumente nicht abgesprochen deutschbürgerlichen Kompazis werden kann, ist ihre noch immer geltende Rich- zenten des mährischen Paktes, die tigkeit, ihre noch heute einleuchtende Aktualität. würdigen Vorläufer der heutigen Denn die Beratung, die nach dem Willen der Aktivisten, denen sie gleichen in der Be­Geschichte zu einem Finalgesang für das alte veitwilligkeit, ein angeborenes Recht für ein Desterreich wurde, ist zugleich zu einer Ouver Linsengericht zu verkaufen. tire des neuen Staates geworden, der durch Die Erinnerung an die vor zehn Jahren die Mentalität, jeiner Gründer und Träger zu stattgefundene Konferenz, bei der zum leẞien­cinem neuen Desterreich geworden, zu einem male im alten Oesterreich die deutsche Sozial­Staate, der durch die Einsichtslosigkeit und Un- demokratie ihre Stimme für eine vernünftige belehrsamkeit seiner bürgerlichen Klassen mit Lösung der nationalen Schwierigkeiten erhob, den schweren organisatorischen Gebrechen, mit erweist sich als eine lebendige politische Not­der unausgeheilten organischen Erkrankung sei- wendigkeit in unseren gegenwärtigen Stämpfen, nes Vorgängers behaftet ist. Nach einem Worte für unsere gegenwärtigen Aufgaben. Was sich von Starl Mary wiederholen sich große geschicht in der damaligen, durch den blutigen Kvieg so liche Ereignisse in parodistischer Form: Un- düsteren Zeit als politischer Wille der judeten­ter den Faktoren, die der Schaf-ländischen deutschen Sozialdemokratie kundgab, fung einer vernünftigen Ord das ist Gegenstand unserer Bestre= nung in der Tschechoslowakischen bungen auch unter den heutigen Republikim Wege stehen, befindet Verhältnissen. Die Argumente für die sich wieder das deutsche Bürger- Notwendigkeit dessen, was die Redner unserer tum. Während sein Vorgänger, die deutsche Partei auf der Brünner Konferenz als Ziel Bourgeoisie im alten Oesterreich, gegen die von unserer politischen Bemühungen aussprachen, der Sozialdemokratie erhobene Forderung nach haben von ihrer Richtigkeit nichts eingebüßt. Gerechtigkeit für alle Nationen des Staates mit Die Dringlichkeit der damals ausgesprochenen offener Brutalität kämpfte, muß sich angesichts Forderungen ist noch größer geworden, und die Der feigen und heuchlerischen Methoden der Erfahrungen, welche das Proletariat mit seinen heute herrschenden" deutschbürgerlichen Klassen bürgerlichen Gegnern in diesem Staate gema st zu den Gefühlen unseres politischen Gegensatzes hat auch das tschechische Proletariat mit das Gefühl der Geringschäßung gesellen, gegen- feinen tschechischen Klassengegnern lassen die über der Lüge eines Aftivismus, der für die Hoffnung zu, daß die noch ungelöfte, auz Aft­Kleinlichen erbärmlichen Vorteile habsüchtiger österreich überkommene Aufgabe, als eine solche den Stampf für das gleiche Recht der Nationen kannt und durch die Anstrengungen des gesam­preisgibt, das Unrecht der nationalstaatlichen ten Proletariats der Lösung zugeführt werden

wird.

Dann berichtet das Regierungsblatt weiter: Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß die meisten Städte mit eigenem Staut nicht mitwählen werden. Eine Ausnahme bildet eigent­lich nur die Hauptstadt Prag . In Reichenberg schließt die Wahlperiode erst im Dezember. In Mähren wird sich keine einzige Stadt mit eigenem Statut an den Gemeindewahlen beteiligen. In Betracht kommen die Landeshauptstadt Brünn , dann Olmü ß, Iglau , 3naim, Kroměříž und Uherské Hradiště . Ebenso nehmen die statutarischen Städte Troppau und Friedef nicht an den Wahlen teil. Die Ursache ist meisten teils wieder darin zu suchen, daß von diesen Städ­ten gegen das letzte Wahlergebnis refurriert wurde, so daß sich der Termin, an dem der Gemeinderat rechtsgültig wurde, nicht mit jenem der meisten Gemeinden deckt. Außerdem, wählt nicht die Stadt Pilsen und M.- Ost rau, ein Umstand, der damit zusammenhängt, daß hier mehrere Nach­bargenteinden zusammengeschlossen wurden, so daß die Wahlperiode dieser Städte ebenfalls nicht mit jener anderer Gemeinden zusammenfällt. Daraus gcht hervor, daß an den Wahlen der Wehrzahl nach nur Landgemeinden und mittlere Provinzstädte teilnehmen werden, nicht aber Städte, die als Industriezentren an zusprechen sind.

Gegen diese Verfälschung des Wahl­fampfes, gegen den Versuch, das Reju l- tat des Kampfes zu verdunkeln, müssen wir uns zu: Wehr setzen. Wir wollen politische Gemeindewahlen, wir wollen allgemeine Wah­ien, wir wollen eine Voltsabstimmung über die Schandpolitik des Bürgerblods! Es ist ja über­haupt unerhört, wie umständlich bei uns ein so einfaches Problem wie die Gemeindewahlen angefas, wird. Ein Jahr beschäftigt sich die Re­gierung mit einer Frage, die außer aller De­batte zu stehen hätte, ein Jahr studieren die weisen Köpfe, die uns regieren, wie man das Gesetz beugen könnte und doch den Schein des Gesetzes bewahrte.

Das Spiel soll ihnen nicht gelingen! Der Gemeindewahlkampf muß auf der ganzen Front cntbrennen und, raubt man einem Drittel des Volkes die Stimme zum Brotest, so sollen die anderen zwei Drittel um so lauter und deutli­cher sprechen. Wir werden doch sehen, ob die Regierung, die feine regierungsfähige Mehr heit hat, nicht durch das Botum des Vones aus dem Sattel gehoben werden kann!

In der Slowakei und Karpathorußland haben die ersten Gemeindewahlen erst am 16. Oktober 1923 stattgefunden. Die diesjährigen Wahler: sind mithin für diese Länder erst die zweiten, so daß die Wahlperioden noch nicht so divergieren wie in den böhmischen Ländern. Infolgedessen nehmen an den Wahlen in der Slowakei und Karpatho- Die in den tschechischen Blättern enthalte vußland an 30 Prozent aller Gemeinden teil, doch nen Angaben über den Termin der Gemeinde­wiederholt sich auch hier die Tatsache, daß die wahlen gehen stark auseinander. Man spricht größten Städte, mit eigenem Statut, Bravon wahlen in der zweiten Oktober­tislava und Košice nicht wählen. Darüber, hälfte, andere Blätter nennen den 9. Otto­Prager läßt die Möglichkeit

ob auch U zhorod an den Wahlen teilnehmen beinausschiebung bis in den No=

wird, wo die Gemeinde von einer Regierungs- einer

tommission geleitet wird, ist noch keine Entschei- vember offen. dung gefallen."