Samstag 8. Oktober 1927.
Arbeiterinnen. Wahltag ist zahltag!
ZILT REEKO
"... drinnen in der Stadt fann man an jeder Straßenecke die Leute mit dem Fuße umstoßen, weil die neuen Einrichtungen es speziell den Damen wunderschön geschaffen haben. Entweder macht man gar nichts, oder läßt sich von den Eltern durchschleppen, oder geht man bis 5 Uhr in die Fabrik und dann geht man auf den Strich."
Der deutsche Agrarier Franz Heller in einer Parlamenterede.
Plößlich, während des Verlesens der Protofolle, tritt Gajda in den Verhandlungssaal. Die im Auditorium zahlreich vertretenen Fase: sten und Fascistinnen grüßen Gajda nach Faje stenart.
Nun werden ein paar Entlastungszeus gen angeführt und auch einvernommen, die er weisen sollen, daß Hettes nicht in Sazawa gewe ſen ſein konnte, da er angeblich in Mähren war, als der Ueberfall stattfand.
Der Zeuge Trhovec aus Proẞniz gibt an, daß Hettes an einem Montag im Auguſt in Proßnitz weilte, aber er weiß nicht welcher Montag es war, der Zeuge Stoviček gibi an, daß Hettes einmal Montag bei ihm übernachtete, doch weiß er gleichfalls nicht, welcher Montag das war,
Interessant ist die Zeugenaussage des Prof. Dr. Svozil, des Fascistenfunktionärs. Er be hauptet, daß Hettes vom 21. bis 28. August bei ihm in Proẞniß weilte, während aus einem Brünner Protokoll des Onfels des Hettes, namens Melichar, hervorgeht. daß Settes am 26. August angeblich bei ihm in Brünn war!
Settes überhaupt nicht in Sazawa gewesen sein fonnte, dürfte auf der Post ein Fräulein durch Spielen mit dem Poststempel abgeändert haben, das den Angeklagten bela stete, die Zeugen hätten alle die Unwahrheit geprochen und würden in Deutschland " wegen falscher Zeugenausfage belangt werden. Der dritte Berteidiger sprach davon, daß es sich überhaupt um fein öffentliches Interesse bei der Verurteilung handeln kann; wer könne an der Verurteilung ein Interesse haben?
Nach etwa drei Viertel Stunden Beratung verkündet der Senat
das Urteil: Josef Keller, Karl Hettes werden zu sechs Monaten schweren Kerkers verurteilt, die Untersuchungshaft seit August wird eingerechnet, Franz Chyba zu vier Monaten, der Fascistensekretär Zitny, der am Tatorte verhaftet wurde, wird freigesprochen! Die Angeklagten haben nicht aus nie
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Geier in der Stadtvertretung, die Löhne der Gemeindearbeiter auf die Niedrigkeit der Löhne der Waßlawitarbeiter also von 20 auf 16 Stronen im Tagherabzusehen.
Dieser Antrag wurde in der Stadtvertretung mit den Stimmen der Hafenfreugler und der Bürgerlichen auch angenommen. Es haben also nationalsozialistische Arbeitervertreter" in Berg reichenstein diesen ungeheuerlichen Lohnabbau au armen Gemeindearbeitern begangen und nun besigen sie noch die Frechheit, die Sozialdemokraten ihres eigenen Verbrechens zu verdächtigen.
Wie wahrheitsliebend der Hakenkreuzberichterstatter in Bergreichenstein ist, sei noch an einem Beispiel dargetan. Am 7. Juli 1926 brachte der Tag" einen Bericht aus Bergreichen stein, wo behauptet wurde, ein sozialdemokrati scher Gewerkschafter hätte in der Gemeindevertretung für die Agrarzölle gestimmt. Darauf zeg der„ Volkswille" an Ort und Stelle Erkundigun gen ein ud erhielt den Bescheid, daß der sozial Demokratische Gewerkschafter" in Wahrheit- Gemeindevertreter des Bundes der Landwirte ist and in dieser Eigenschaft für die Zölle gestimmt hat. Wenn der„ Tag" also nichts besseres gegen die Sozialdemokraten zu bringen weiß, als die Fabeln seines durchgefallenen Parlaments fandidaten für den Böhmerwald , dann sollte er lieber schweigen. Von Bergreichenstein ist soust nichts zu berichten, als die Schande feiner eigenen Varteigenossen.
Ein verkrachter kommunistischer Wahlschlager. Der Reichenberger Vorwärts" brachte Freitag in größter Aufmachung eine Meldung, daß in Lautsch nei bei Gablon; die deutschent Sozialdemokraten auf einer Lifte mit der deut schen Wahlgemeinschaft, mit der deutschen Nationalpartei, der christlichsozialen Partei und der deutschen Gewerbepartei fandidieren. Dies zeige, schrieb der Vorwärts" unter anderem, wie tief die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei bereits gesunken ist". Zu diesem Geblödel wird uns vom Streissefretariat Reichenberg folgendes gemeldet: Unsere Partei besitzt in Lautschnei ( Bezirk Gablonz ) weder eine Parteiorganisation noch wohnen in die sem Orte sozialdemokratisch orga= nisierte Parteimitglieder. Es fönnen deshalb ,, Sozialdemokraten " auch auf feiner gemeinsamen Liste stehen. Die sozialdemokratische Partei hat jedenfalls mit einer solchen Liste nichts zu tun und müßte, falls sie eingebracht worden wäre, fie auf das Entschiedenste ablehnen. Wir erhielten in diesem Orte bei den Wahlen in das Abgeordnetenhaus im November 1925 13 Stim men. Schon daran ist ersichtlich, daß wir vor
drigen Motiven gehandelt und verlieren läufig dort nicht kandidieren können. daher nicht das Wahlrecht!
Telegramme.
Man erinnert sich unwillkürlich der Urteile im Kommunistenspionageprozeß, wo beispielsweise der Student Kratunoff, bei dem man einen unangemeldeten Radioapparat fand, zu einer Neue Attentate in Südjerbien. mehrjährigen Kerferstrafe verurteilt wurde, und wo die Indizien ein bißchen schwächer waren als Belgrad , 7. Oktober. ( Avala.) Aus Südgegen den Fascistensekretär Zimny und an die übri- serbien laufen Meldungen über neue Attentate gen Urteile im selben Prozesse, wo die Angeklag ein. Nach heute vormittag im Innenministerium ten wegen Aneignung einiger Militärbefehle eingetroffenen Meldungen haben gestern nachts schwere Sterkerstrafen im Ausmaße von ein paar einige Komitatschibanden einen Bombenangriff Jahren erhielten. Sier wurden Dofu auf das Grenzdorf Klisura unternommen. Gegen mente auf Abbruzzenräuberart gezwanzig Bomben wurden auf die Gebäude der stohlen, indem einem Beamten Revol ver vor die Brust geseßt wurde und die Angeklagten werden mit Einrechnung der bedin gungsweisen Entlassung und Untersuchungshaft in sechs Wochen auf freiem Fuße sein!
Und so will man dem fascistischen Gewalt treiben ein Ende setzen?
Post, der Zollbehörde und der Gendarmerie ge= worfen. Die Gebäude wurden beschädigt. Die Gendarmerie hat mit Hilfe der Bevölkerung eine Abwehrorganisation geschaffen und erwartet Verstärtungen. In der Nähe von Stocivir an der füdslawisch- bulgarischen Grenze stieß eine südslawische Patrouille auf eine starte Somitatschiabteilung, doch gelang es der Patrouille, die Komitatschis auseinanderzujagen. Aus Uestüb wurden sofort in
das bedrohte Gebiet Verstärkungen geschickt.
Settes behauptet, die Ansichtskartean Frisch drauf los tonfisziert! immer schwarz- gelben Mitregierung auch in der Konfiefationspraris rücverösterreichert, so fann Dr. Bouček in der Nacht in Proßnitz in einer Es ist alles beim Alten geblieben nein, das diese Abrechnung nur noch gründlicher ge- Der Grenzverkehr eingestellt. Weinstube geschrieben zu haben, so daß sie also es wird täglich schlechter! Wie auf allen anderen ftalten. erst am 23. August befördert worden sein fonnte. Gebieten so auch auf dem der Justiz. Und man Belgrad , 7. Oftober. Ueber Anordnung Der Staatsanwalt stellt aus einer Zuschrift des müßte fich ja eigentlich auch wundern, wenn ein Eine jämmerliche Lüge des„ Lag". Bulgarien eingestellt. Es verfchren nur mehr der Regierung wurde heute der Grenzverkehr nach Postamies Proßnitz fest, daß die Karte a in 22. deutsch - christlich soziales Justiz mivormittag in Proßnitz aufgegeben wordennisterium sich nicht alle Mühe gabe, die Ar- Nicht die Sozialdemokraten, sondern die Natio- die fonventionellen Züge, so daß der Transitverist und Hettes also bequem am nächsten Morgen beiterfeindlichkeit, der politischen Justiz noch über nalsozialisten von Bergreichenstein haben sehr feine Unterbrechung erfährt. in Sazawa sein fonnte. tas bisherige Maß zu erhöhen. In der letzten für die Herabseßung der Arbeiterföhne gestimmt. Aus dem heutigen Verhöre der Angeklagten Zeit regnet es geaen die deutsche Sozialdemokratie geht auch hervor, daß alle Mitglieder der Stonfiskationen. Vor ein paar Tagen wurde unDas Aussiger Hafenkreuzblatt, das sich inPrager tschechischen Schübenorga sere Komotaner„ Volkszeitung" tonfisziert, folge fataſtrophalen Mangels an Argumenten nisation sind. Die Verhandlung wird nach am selben Tage auch wieder wegen eines an- gegen die Sozialdemokratie in höchſter VerlegenDie Verhandlung wird nach am felken Tage auch wieder wegen eines anheit befindet, begibt sich auf das Gebiet der Er- mitteilt, wird der französische Botschafter in MosParis, 7. Oktober. Wie die Agentur Havas mittags um 4 Uhr fortgesetz. deren Verbrechens" der Startsbader„ Voltsheit In der Nachmittagsverhandlung fanden die wille", in einer ganzen Reihe von Städten und findungen um seiner gewohnten Rolle als tau, Herbette, heute dem Volkskommissär TschiPlädoyers des Staatsanwalts und der Ver- Bezirken sind unsere Wahlplakate be- Wahlhelferin des Bürgertums nicht untreu zu ticherin die Note der französischen Regierung überteidiger statt. In einer großangelegten, von ern schlagnahmt worden. Gestern nun wurde uns werden. So verbreitete am Donnerstag der„ Tag" stem Pathos getragenen Rede wies der Staats- De Sternberg gemeldet, daß dort Be- in fetten Leitern die Behauptung, daß in Berg geben, in der die Abberujung Rakowskis gefordert anwalt Dr. Hraba daraufhin, daß, wer sein sirtefauptmannschaft die zweite Nummer der(!) der sozialdemokratische Vertreter für die Lohnreichenstein in einer Elektrizitätskommission Volf liebt, nicht zu verbrecherischen Methoden Wahlzeitung unserer Genossen in Nordmäh-() der sozialdemokratische Vertreter für die Lohngreifen dürfe, die mit dem Strafgesen: geahndet ren befchlagnahm te, weil Davin Artifel en
werden müssen.
wird.
Ratowslis Abberujung. Offiziell gefordert.
herabsetzung bei den Turbinenwärtern gestimmt Schwere Kämpfe vor Beting. haben soll. Dabei vergißt der Berichterstatter, herabseßung gar nicht zuständig wäre, weil dies daß die Elektrizitätskommiſſion für die LohnSache der Gemeindevertretung ist.
halten sind, die angeblich gegen das Gesetz zum Nach ihm ergriff der Verteidiger Stellers und Schuße der Republik verstoßzen. Natürlich haben Zitnys das Wort. Es ist dies der ehemalige fich diefe Artikel in erster Linie gegen die deutsch OLEN . Erhart der noch vor etiva drei Mo- bürgerlichen Regierung- parteien gerichtet. Nun naten über Arbeiter zu Gerichte saß und jetzt fol- also da fage einer now daß diese Parteien nichts In der Vergreichensteiner Gemeindevertregendes ausführte: Keller habe sich aus Liebe erreicht hätten! Was kann das deutsche arbeitende tung aber haben erst vor furzer Zeit nicht die zur Person des Generals Gaida z Volk mehr verlangen als daß die deutschen Sozialdemokraten, sondern die Hakenkreuzler für der Ta hinreißen lassen, Gaidas eines Mannes Agrarier und Christlichsozialen einen empfindlichen Lohnabbau bei den Gemeindeden der Glorienschein des Helden und unter den Schuß des Zensors genom arbeitern gestimmt. der Heiligenschein des Märtyrers men werden?! Wozu kat man einen christlich- Die Stadt Bergreichenstein mit ihren umsiert. Es handle fich um eine politische Tat, el sozialen Justizminister, wenn nicht dazu. daß er sangreichen Waldbesitz ist nämlich die größte ler sei ein Epilektiker der die Saft nicht aushalten die christlichsoziale und die deutschagrarische Par- Arbeitgeberin in dem Gebiete und sie bezahlte werde( mit einem Worte auch ein Mär'yrer), er fei gegen die Meinung des Volfes schüßt?! Aber ihren Arbeitern den fürstlichen" Lohn von 20 bitte um bedingte Verurteilung Kellers, um einen es kommt wirklich nicht darauf an, ob die Arbei. Stronen im Tag. Unweit davon ist die Holzwaren Freispruch Zitnys. ter etwas mehr oder etwas weniger über die fabrik Waßlawit, deren Besitzer, ein strammer Schandtaten diefer Regierungsdeutschen erfahren. Hakenkreuzler, seinen Arbeitern uur 16 Stronen Wir glauben, daß das, was die Arbeiter darüber im Tag bezahlt. bereits wiffen, hinreicht zu einer gründlichen Abrechnung. Und wenn sie nun erfahren. daß die Tschechoslowakei sich dank einer im Herzen noch
Der zweite Verteidiger, ein Herr JUDr. Pospisil aus irgend einer Provinzstadt. lei ste'e sich folgende Redeblüten: Er warne den Senat vor einem Justizmord! Das Datum auf der Karte, welche nachweisen soll, das
Damit der Gesinnungsgenosse Fabrikant Wahlawit die Löhne nicht erhöhen braucht, bean tragte der nationalsozialistische Vizebürgermeister
Die Nordarmee weicht zurüd. Shanghai , 7. Oktober. ( Reuter.) 40.000 Mann der Shanghai - Armee seßen den Kampf gegen die Nord- Armee in heftigen Angriffen fort. Dieser sollen nur 6000 Mann zur Verfügung stehen. Die Schlachtfront zieht sich längs der Eiſen= bahnstrede Kintschau- Peling- Hankau. Der Kampf wurde noch nicht entschieden, doch sind Gerüchte im Umlauf, daß der Generalstab der NordArmee von Paotinju nach Kaopcjajen verlegt wurde, das 30 Meilen nordwärts liegt.
Weitere Hinrichtungen in Merito.
Megito, 7. Oktober. In Morelos wurden der General Gonzales, ein Kommandant und dreizehn Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung wegen Teilnahme an dem Aufstand hingerichtet.