Sonntag, 9. Oktober 1927.

Nationalpartei und deutschen Nationalsoziali-| sten, eingebracht unter dem Titel Wahl= gemeinschaft". Die Liste wurde in der Pfar­rei in Anwesenheit der Kandidaten auf­gestellt. Die Listen sowie die Er klärung der Kandidaten hat der Pfar­rer eigenhändig geschrieben. Der Pfarrer steht auf der Liste. Petersdorf ist eine rein deutsche Gemeinde.

3. Katharein: Gemeinsame Liste der Landbünd­ler und Deutschen Nationalpartei.

4. Tschechisch- Teschen: Gemeinsame Liste der Christlichsozialen, Nationalpartei und Natio nalsozialisten.

5. Schönbrunn : Gemeinsame Liste der Christ lichsozialen, Nationalpartei und National sozialisten.

6. Hoschiallowiß: Das gleiche.

7. Lobenstein : Gemeinsame Liste der Landbünd ler und Deutschen Nationalpartei. 8. Buchbergsthal: Gemeinsamte Lifte der drei deutschen Regierungsparteien mit der Deut schen Nationalpartei und den deutschen ! Nationalsozialisten.

9. Blauendorf: Gemeinsame Liste der Christ­lichsozialen und Deutschen Nationalpartei. 10. Hausdorf : Gemeinsame Lifte der Christlich­jozialen, Deutschen Nationalpartei und Natio­nalsozialisten.

So sieht der Kampf der Deutschen National­partei und deutschen Nationalsozialisten in der Praxis aus.

Wähler! Wählerinnen! Am 16. Oktober Leine Stimme den deutschen Regierungsparteien, aber auch keine Stimme deren Zutreibern, den Nationalparteilern und Nationalsozialisten!

Alle Stimmen der Deutschen sozialdemo­fratischen Arbeiterpartei!

Das Zuckerfartell perfekt. Wie die bürger­lichen Blätter melden, ist es nun nach längeren Beratungen endlich gelungen, die Zuckerfabrikan­ten unter einen Sut zu bringen und ein Kartell auf zehn Jahre abzuschließen. Damit ist eines der mächtigsten Startelle entstanden, die es in der Tschechoslowakei gibt, und die Herren Zuderfabri fanten werden zweifellos ihre Macht auch aus zunüßen versuchen. Die Leidtragenden dabei wer den die Zuckerkonsumenten sein, die schon bisher für ein Silogramm Zucker sechs Kronen zahien müssen. Pflicht der Regierung wäre es, über cint für die Wirtschaft und die Konsumenten so be deutendes Kartell die Kontrolle auszuüben. Von der jetzigen bürgerlichen Regierung ist dies natur­gemäß nicht zu erwarten. Der Stampf gegen das Zuckerfartell bedeutet daher den Kampf gegen die Bürgeregierung, den die Bevölkerung am wiri samsten am 16. Oktober wird führen können.

Neuerliche Wiße der Ertappten. Der Reichen­berger Vorwärts" hat sich von den Angriffen, die der ehemalige Kommunist Gorovsky gegen die kommunistische Partei gerichtet hat, noch im mer nicht erholt und schlägt weiter die Taktik des Wigelus ein, damit er um die Tatsachen leichter herumfomme. Er erzählt unter anderem von Ent­hüllungen des„ Sozialdemokrat" über eine Expe dition auf den Marser traut sich also nicht mehr auf der Erde zu bleiben, geschweige denn von der Tschechoslowakei zu reden. Das ist über haupt so die Taktik, welche sich die Kommunisten in diesem Wahlkampf zurechtlegen. Sie sind auf feinen Fall dazu zu bringen, etwas über ihre Tätigkeit in der Tschechoslowakei zu erzählen, so­wie über die positiven Leistungen, die sie in diesem Lande vollbracht haben. Sie reden über

Eine Frage zum 16. Oktober.

Tile Rethin

,, Die Sozialversicherung ist ein Gejeß zum Schuße der Arbeitsscheuen und Lumpen." ( Der landbündlerische Abgeordnete Wagner in Nifolsburg.)

Soll dieser Schimpf ungefühnt bleiben?

Sowjetrußland, weil es eben nicht sehr rühmlich ist, für sie davon zu reden, daß ihre Politik in der Tschechoslowakei vollkommen versagt hat, daß sie alle Streifs verlieren, daß sie sich von der Polizei alle Demonstrationen verbieten laffen, furz, daß ihre Politit nur das cine positive Er gebiris gehabt hat, die Arbeiterbewegung zu spal ten. Den Reichenberger Vorwärts" gebührt auch darin das Primat, daß er auch nicht mehr von Sowjetrußland spricht, sondern vom Mars.

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Ultimatum an Bulgarien . Maßnahmen gegen die mazedonischen Banden gefordert.

Sofia , 8. Oftober. Die südslawische Regie­rung forderte die bulgarische Regierung auf, ihr in der kürzesten Zeit Antwort zu erteilen, durch welche Maßnahmen sie die Tätigkeit der mazedo nischen Organisationen zu verhindern beabsichtige. Der Ministerrat hat noch feine endgültige Ente scheidung bezüglich der Antwort getroffen und wird heute seine Beratungen fortsetzen. Man glaubt, daß er energische Maßnahmen zu treffen beav­jidhtige.

Umschwung vor Beting.

Die Norbarmee hat die Angreifer zurückgeschlagen und rückt vor.

Pefing, 8. Oktober. ( Reuter.) Amtlich wird gemeldet, daß die Nordtruppen unter Führung des Generals Fengtien nach ziveitägigem Kampfe die Streitkräfte des Gouverneurs der Provinz Schansi in die Flucht geschlagen, die Stadt Suanwafu wie derum beseßt und fünf Bataillone entwaffnet und gefangen genommen haben. Außerdem wurde eine große Menge Munition erbeutet.

Ferner haben die Nordtruppen die Streit­fräfte des Gouverneurs der Provinz Schansi bei der an der Eisenbahnstrecke südwärts von Peking gelegenen Stadt Paotinju geschlagen, die sich gegen 20 Meilen von dieser Stadt zurüdziehen mußten. Die Nordarmee beabsichtigt, morgen auf der Bahn­strecke Peking - Hanfan einen Generalangriff zu er öffnen.

General Tschansuntscha, der Gouverneur der Provinz Schantung , hat sich angeboten, mit seinen 60.000 Mann gegen die Truppen des Gouver­neurs der Provinz Schansi einen Flantenangriff zu unternehmen.

Vor einem Riefenkampf in den mitteldeutschen Brauntohlenrebieren. Berlin , 8. Oktober. ( Eigenbericht.) Im mitteldeutschen Brauntohlenrevier hat hente der weitaus größte Teil der Belegschaft die St indi­gung eingereicht. Wenn die Unternehmer nicht ihren ablehnenden Standpunkt aufgeben, so beginnt in einer Woche der Riesenkampf im mit­teldeutschen Braunkohlenrevier. Die Unternehmer versuchen, dadurch die Einigkeit unter den Berg­leuten zu stören, daß sie Listen zur Unterschrift auflegen, in denen die Bergarbeiter zur Zurid­nahme der Kündigung veranlaßt werden sollen. Damit dürften sie allerdings faum einen Erfolg erzielen.

Unterredung Chamberlain- Briand.

Paris . 8. Oftober. Die geftriae Unterredung zwischen Chamberlain und Briand über die beide Länder interessierenden Fragen ergab volle Uebereinstimmung zwischen den beiden Staatsmännern. Nach der Agence Havas soll es xxxxxx jich hauptsächlich um die Tanger - Frage und die Beziehungen zu Rußland gehandelt haben.

Der Fall Rakowiti.

| Abgeordneter Dr. Hanreich wegen Ver­brechens des Betruges verfolgt? Wie die Land­post" meldet, hat die Staatsanwaltschaft Leit­meriß beim Präsidium des Abgeordnetenhauses Paris , 8. Oftober. In dem heute nachmittag die Auslieferung des Abgeordneten Dr. Hanreich abgehaltenen Ministerrat verlas, Briand die wegen Verbrechens des Betruges, begangen durch zwischen der französischen nud der russischen Re falsche Zeugenaussage verlangt. Mit dieser Angierung über den Fall Rakowski gewechselten No­gelegenheit wird sich der Immunitätsausschuß ien. Der Ministerrat beschloß, daß die Minister nach Zusammtritt des Abgeordnetenhauses be bis zum 14. Oktober davon absehen, sich aus schäftigen. Paris zu entfernen.

Unser Arbeiter- Jahrbuch 1928. detendeutſchen Arbeiterbewegung ist das foeben detenländer. Zum gleichen Kapitel iſt eine Arbeit um fommen in einer Offerſchilderung von Edgar

Ein Bolument der judetendeutschen Arbeiter=

belegung.

der großen Achtundvierzigerrevolution zu zählen. Barieigeschichtlich wertvoll ist ein Aufsatz Wil beim Ellenbogens über Viftor Adler und Bernerstorfer, der dieses unvergleichliche Freun­des und Kämpferpaar in gewohnt meisterhafter Weise würdigt.

weisdokument für das hohe geistige Niveau der ergebnisse über die soziale Vorgeschichte der Su| Heimische Landschaft und heimisches Volks. im Verlage des Parteivorstandes erschienene Ar- Hofbauers aus Anlaß der achzigsten Jährung beiter Jahrbuch für 1928. Wer dieses stattliche Buch mit seiner redaktionell künstlerisch und drucktechnisch gleich gediegenen Ausstattung durchblättert, fann den gewaltigen Fortschritt er messen, den unsere Arbeiterbewegung feit den Neunzigerjahren zurückgelegt hat, da auf judeten deutschem Boden nur einige armselige Wochen blätter dieses intelligente und regsame Arbeiter volt geistig repräsentierten.

Es ist eine schwere Aufgabe, den reichen In­halt dieses neuesten Jahrbuches aufzuzählen. Denn so reichhaltig als das soziale, politische, wissenschaftliche und kulturelle Streben des Pro­letariats ist, soll auch der Jahresspiegel dieses Strebens sein. Beginnen wir mit einer diene­rung, die gleich nach dem Aufschlagen des Buches sympathisch in Erscheinung tritt. Das Ralen darium enthält auf allen seinen Monatsseiten Bilder von Vorfämpfern der Arbeiterbefreiung, denen auch eine kurze Lebensbeschreibung beige fügt ist. Die Vorläufer, die wissenschaftlichen Be­gründer und die politischen Bahnbrecher werden so dem Leser und-- was sehr notwendig ist der jüngeren Generation nähergebracht. Zu dem bunten Reigen der weiteren Beiträge kommen ausländische und inländische Arbeiterdichter zu Worte, so May Barthei, Bruno Schön laut Arno Holz mit einem typographisch gut wiedergegebenen Erstdruck, Sedwig Ernst und dann unsere engeren Landsleute Hans heiser, Josef Hofbauer, Erna Saber zettel und Hubert Leins mer.

Waren die Jahre der Spaltung und des Bruderkampfes verlorene Jahre für die Arbeiter bewegung? Oft befiel uns dieser Gedanke, als wir manches stolze Werf profetarischer Organi sationsarbeit unter den Arthieben blinder Zer­störungswut wanfen und splittern saben. Hat uns nicht die Vorherrschaft des Nationalismus in der Gründungsperiode der Republik um ein halbes Jahrzehnt sozialer Vorwärtsentwicklung gebracht? Manchmal drückte uns diese Furcht nieder, in den Zeiten, da nur von Tschechisierung und nationaler Einheitsfront die Rede war. Judes die glüd licheren Brüder jenseits der Grenzen schöpferische sozialistische Aufbauarbeit leisteten, wähnten wir zum Stillstand, zu aufgezwungener Beharrung auf dem alten Fleck verurteilt zu sein. Es ist wahr, wir haben als Opfer eines un­gewöhnlichen Mißgeschicks vieles versäumt und manches verloren und können doch rückschauend sagen: die Jahre der Prüfungen und Enttäu schungen find für uns nicht unfruchtbar geblieben. Einen Stillstand in der Arbeiterbewegung den gibt es zum Glück nicht! Denn die gewaltige Ur­fraft einer aufsteigenden Stlasse kann durch kein politisches Hindernis gebrochen werden. Findet sie ihr politisches und soziales Laufbett durch Dämme zeitwveilig gesperrt, so strömt sie in nene Stanäle und befruchtet neue Felder auf denen die Ernte der Zukunft reift. Die Jahre, in denen die dent sche Arbeiterbewegung dieses Landes um ihre or- Den historisch- politischen Teil bestreiten Dr. ganisatorische und politische Selbstbehauptung Emil Franzl und Dr. Emil Stran ß. Franz rang, waren zugleich Jahre der fulturellen Ent liefert unter dem Titel Zehn Jahre Republik" faltung und der geistigen Vertiefung. Mit diesen eine feffelnd geschriebene marriſtiſche Darstellung Arbeiten sind wir ein gewaltiges Stück vorwärtseer erſten Periode tschechoslowakischer Politik von gekommen. Das beweist nicht nur das Wachstum Der Kulturorganisationen, das Aufblühen der Ar beiterbildung, es kommt auch in ihren literari­schen Dokumenten zum Ausdruck. Ein solches Be­

Sahnewald, einer Beschreibung der aften Stadt Elbogen von Else Schwarzbach, und in der Böhmerwaldgeschichte Bech beim Fen­sterlu" zur Geltung. In die Werkstatt des Pro­letariats wird der Leser durch eine Uebersicht An­ton Schäfers über 30 Jahre Gewerkschaftsbe wegung und durch ein mit vielen Originalbildern Neben Politik und Geschichte ist auch beste verlebendigten Sammelaufsatz über die indelen­moderne Belletristik im Jahrbuch daheim. Der deutsche Arbeiterbewegung geführt. Jüngste Ge­beste Romanheld Jack Londons spielt sein verfchichte des Klassenkampfes behandelt schließlic wegenes Spiel mit den Raubrittern der Börse. ein ebenfalls mit Originalaufnahmen ausgestatte Daneben finden wir einen Beitrag von Ander- ter Bericht über die blutigen Sturmtage von sen Nex ö, einen Abschnitt aus B. Travens Wien . proletarischem Abenteurerbuch, eine Erzählung May Barthels aus seiner Wanderzeit. Mit einem Abschnitt aus dem Buche vom braven Sol­daten Schweif, in einer launigen Geschichte von Vojtěch Ratous und in kleineren Beiträgen fommt auch der Humor zu seinem Rechte.

Im belehrenden Teil ist Altmeister Stauts ty mit einem Abschnitt seines neuesten Werkes über die materialistische Geschichtsauffassung ver treten. Ein trifflich illustrierter Beitrag beschäf figt sich mit Arbeitsunfällen und ihrer Verhütung. Dem regen naturwissenschaftlichen Interesse des Arbeiters gibt eine grundlegende Arbeit von Dr. Hugo Iltis über Rassentheorien und Rassenfragen, ferner eine vollstümliche Er­läuterung des Berliner Aſtronomen Felix inte über Wetterfunde. Literaturhistorische Kenntnisse onvermittelt Dr. Alfred Kleinberg mit einer Würdigung der drei Großzen: Rouseau, Tolstoi , Ibsen . In das Reich der Musik führt eine Ab handlung Leopold Goldschmieds zum hun dertſten Todestage Schuberts. Dr. Theodor ruschka zieht mit dem Rüstzeug der Wissen schaft und reicher praktischer Erfahrung gegen das barmlose Gläschen“ zu Felde, das den Teuſel Alkohol mastiert. Aktuellen technischen Problemen wendet sich Otto Dittmar zu, indem er die Entwicklung des Flugweſens von Ilarus bis Lindberg zeichnet.

dem Oktoberumsturz 1918 bis zum Regierungs eintritt der Deutschbürgerlichen. Strauß bietet mu einem Aufsatz Bauernaufſtände in Böhmen " einen ergreifenden Einblick in seine Forschungs

Nach dieser flüchtigen Aufzählung des In­haltes des Arbeiter- Jahrbuches, aber noch mehr beim Lesen, wird verständlich, daß man es ohne Ueberheblichkeit als ein wertvolles literarisches Dokument unserer Bewegung bezeichnen lann. Hervorgehoben muß werden, daß fast alle Bei­träge von dem ausgezeichneten sozialistischen stünstler Viktor Th. Slama durch scopfleisten und Illustrationen geschmückt wurden. Der gleiche Maler hat auch ein Aquarell Friedliche Land­schaft" beigesteuert, das im Dreifarbendrud präch­tig wiedergegeben ist. Einige hübsche Zeichnungen hat der junge heimische Künstler Georg Trapp beigesteuert.

Alles in allem lann gefagt werden, daß die vielen Schwierigkeiten der Zusammenstellung eines Arbeiter- Jahrbuches die sein Redakteur Genosse Ernst Paul mit Recht in einem Nach­wort hervorhebt, mit Glück und Geschick über­wunden wurden. Das Jahrbuch wird zusammen mit einem Taschenkalender, der instruktive sozial- und steuerpolitische Beiträge von Dr. Ro­bert Wiener und Karl se ritsch enthält, junt Preise von zehn Kronen abgegeben. Es ist nur zu wünschen, daß dieſes ſozialistische Erbauungs­buch, das an Inhalt, Qualität und Ausstattung die bürgerlichen Kalendererzeugnisse turboch überragt, seinen Weg in alle Arbeiterwohnungen finde. W. J.