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7. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.
Das lädierte Hakenkreuz.
An zweiter Stelle in der Reihe der Trauernden nach den Gemeindewahlen stehen hinter den Christlichsozialen die deutschen Nationalsozialisten. Sie haben allen Anstrengungen zum Trop in einer ganzen Reihe von Gemeinden sehr schmerzliche VerIuste erlitten, in manchen sich behauptet oder geringe Zunahmen an Stimmen erfahren, ni r gends aber einen größeren Erfolg erzielt und das Gesamt- Wahlbild zeigt die beginnende Pleite des hakenfreuzlerischen Humbugs. Jedenfalls stehen die nationalsozialistischen Voraussagen über den Wahlausfall und das wirkliche Wahlergebnis in einem schroffen Gegensatz zueinander. Mit der Zuversicht, die eine dreiste Stirn verleiht, rechneten sie damit, daß der in der Bevölkerung wachsende Unmut gegen die deutschen Regierungsparteien ihnen zu einem Sieg verhelfen werde, und sie bauten darauf, die Wähler würden sich nicht daran erinnern, daß die Nationalsozialisten diesen selben Regierungsparteien bis zu dem Tage die Mauer machten, da diese ihnen den Stuhl vor die Türe stellien. In ihrem leßten Wahlaufruf am Tage vor der Wahl brachten sie eine bildliche Darstellung: ein dahinjagendes Hakenkreuz, das immer größere Dimensionen annimmt, und darunter die Aufmunterung:" So wächst von Wahl zu Wahl die nationalsozialistische Bewegung." Die Schlappe, welche sie sich diesmal geholt haben, wird sie gewiß davon abhalten, bei der nächsten Wahl wieder diese bildliche Darstellung hervorzuholen. Und diese Schlappe hätte sich ohne Švehla, Spina und Mayr- arting zu einer eklatanten Niederlage auswachsen. fönnen, deren unselige Politik für sie der Nährboden war, so daß sie sich wenigstens auf den zittrigen Beinen erhalten konnten. Die Gelblinge sind hart an der Konkursanmeldung vorbeigekommen, aber auch so muß ihnen übel zumute sein, denn bei selbständigem Vorgehen fehlt nicht viel, daß sie bei den nächsten Parlamentswahlen in feinem Wahlkreis die notwendige Wahlzahl erreichen, und dann zerbirst die ganze Hakenkreuzblaje mit Strach und Geſtant.
Freitag, 21. Dltober 1927.
Vertrauensleute! Genoffinnen und Genossen!
Die Gemeindetvahlen am 16. Oktober haben unserer Partei einen stolzen Erfolg ge= bracht. Viele tausend neue Bekenner wurden um die Fahne der Sozialdemokratie gesammelt, in die Mauern des Indifferentismus wurden neue Breschen geschlagen. In vielen Orten, in denen bisher noch nie eine sozialdemokratische Liste den bürgerlichen Listen gegenüberstand, wurden zum erstenmale Sozialdemokraten gewählt.
Nicht nur erfreulicher Beweis des sieghasten Vordringens des sozialistischen Gedankens in der judetendeutschen Bevölkerung ist dieses Wahlergebnis, sondern auch schwere Niederlage der Politik der deutschen aktivistischen Parteien.
Wohl wirbt für unsere Partei die uner schütterliche Grundsaßtreue, wohl sprachen und zeugten die Taten der Regierungsparteien geg en Christlichsoziale, Landbündler und Gewerbepartei aber es erforderte doch unendliche Mühe, hingebungsvolle Arbeit, unermüdliche Beharrlichkeit vieler tausend Vertrauensleute unserer Partei, um in den Volkstlassen Aufklärung über die Ergebnisse der aktivist.schen Politik zu verbreiten und werbend für die sozialdemokratische Partei zu wirken.
Für die Treue und für den Eifer, sür die Bege'sterung und für die grenzenlose Selbstlosigkeit, mit der Ihr Genossen und Genossinnen diese Arbeit gele stet habt, dankt Euch, Vera trauensleuten, im Namen der Partei die Parteivertretung der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei.
Sie dankt den Tausenden, die in den leßten Wochen beispiellofe Arbeit geleistet haben,
den Männern und Frauen, die in den Betrieben und ihren Wohnorten, in den Versamm lungen und in den Wohnstuben der Arbeiter für die Pastei geworben haben, sie dankt den Alten, sie dankt freudig bewegt unserer tapfer en, lampsbegeisterten sozialistischen Jugend und den Sport- und Kulturorganisationen und sie dankt für jede Art der Wahlarbeit.
Genossinnen und Genossen! Wir danken allen Vertrauenslenten der Partei und wissen uns damit eines Sines mit der gesamten Mitgliedschaft der Partei. Wir wissen aber auch, daß unsere Bertrauensicute schönsten Lohn im Erfolg ihrer Arbeit sehen- darin, daß es gelang, unsere Fahnen ein Stück vor wärts zu tragen!
Aber nur eine Station auf dem Wege zum Ziel ist der Erfolg vom 16. Oktober! Nun dürfen wir uns erst recht nicht der Ruhe, dem Nichtstun hingeben. Nun muß ge= worben werden für die Partei und für die sozialdemokratischen 3eitungen. Nur dann, wenn wir diese neu vor uns auftauchenden Pflichten erfüllen, wird der Erfolg des 16. Oktober ein dauernder sein!
Wir danken Euch also, Genossen, in dem wir Euch zu neuer Arbeit rufen und Euch neue Kampfziele zeigen. Aber Arbeit und Kampf für den Sozialismus sind das Glück unseres Lebens was fönnte uns, was fönnte die ar beitserprobten, fampsgewöhnten Vertrauenslente der sozialdemokratischen Partei mehr beglüden, als im Augenblicke des Sieges sich zulunftsfroh neuen verheißungsvollen Aufgaben zuzuwenden!
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Wir rufen mit Euch, Genoffinnen und Genossen, in der Pause zwischen den Schlechten, beglückt über den Erfolg des letzten Kampfes, siegesgewiß zu neuen Kämpfen rüstend, unseren alten Kampfruf:
Es lebe die Sozialdemo[ ratic!
Die Parteivertretung
der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik.
Bezugs Bebingungen:
"
Bel Zustellung ins Haus oder
bei Bezug durch die Post:
monatlich... Ke 16.
vierteljährlich
halbjährig
ganzjährig
48.
96.
192.
Rüdfleung von Manustripten erfolgt nur bei Einfendung der Retourmarlen.
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich rüb
Nr. 247.
Prag, 20. Oftober. Die Partelvertretung
der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei hielt heute unter dem Vorsiße des Genossen Sremser eine Sißung ab, in der Genosse Taub über das Wahlergebnis und die Aufgaben der neu gewählten Gemeindevertreter berichtete. Na chreger Debatte, an der sich nahezu sämtliche Mitglieder beteiligten, wurden einmütig die ents sprechenden Richtlinien beschlossen. Die Parteivertretung beschloß ferner eine Dantjagung an die Parteigenossen, die wir an anderer Stelle veröffentlichen.
und der Fascismus.
Wie steht es mit den Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem italien schen Fascismus? Das ist die Frage, die einer unserer italienischen Freunde jemandem gestellt hat, der über das, was im Vatikan und in seiner Umgebung vorgeht, wohl orientiert ist. Seine sehr ausführliche Antwort fann wie folgt zusammengefaßt werden:
In der ersten Periode lebten Vatikan und Fascismus in einer Harmonie, die täglich vollständiger wurde. Immer freigebiger ließ der Va tifan Don Sturzo und seine Volkspartei fallen, nahm bei jeder Gelegenheit die Vorsehung für den Fascismus und den Duce in Anspruch. beschränfte feine Proteste auf die allerärgsten Fälle von Kir chenraub oder Gewalttaten und hüllte sich über alle anderen Verbrechen in Schweigen. Der Fa fe'smus seinerseits stellte jene alte Bestimmung der Verfassung wieder her, die bis dahin nur ein leeres Wort gewesen war: der italienische Staat anerkennt nur eine einzige Religion, die fatho lifche. Alle Schulen verlangten die Wiederauf nahme des offiziellen Religionsunterrichtes, alle offiziellen Feierlichkeiten hatten ihre Fatholische Weihe, die Stongregationen richteten sich in allen italienischen Städten, besonders in Rome, zu ihrem Wohlbehagen ein. Die fasciftenfreundliche Rich tung im Vatikan siegte über die Vorbehalte und das Mißtrauen des Staatssekretärs S. E. Gasparri. Der Jesuitengeneral fetzte die kampflaftigen und politischen" Leitfäve feines Ordens deich. Fast gelang eine völlige Verständigung über me allgemeine Reform der italienischen Kirchengejet gebung, die Jialien in die Zeit vor Joseph II. zu ridgeworfen hätte. Ein Rückschritt um eineinhalb Jahrhunderte!
Das war die Zeit des größten Wohlergehens und der weitestgespannten Träume Mussolinis: Staatsstreich, Staiscrtum und selbstver ständlich donkordat. Mussolini icäumte als rechter Komödiant der Politik und ber Geschichte ernstlich davon, Napoleon I. u spielen! Aber eben dieser Komödiantengedante verdarb es ihm beint Vatikan . Man begriff, daß sein Spiel nicht selbst los war. Viele Mitglieder der höchsten tirchlichen Sierarchie, die bisher fascistenfreundlich gewesen waren, fo' der Stardinal Tocci, der beim when Stonflave unter anderen fast Bapst geworden wäre, ſtellten fid) auf ſe ten von Gasparri, des listigen Staatssekretärs, dessen Stellung dadurch außerordentlich gefräftigt wurde.
Der Hakenkreuzlerische Nationalsozialismus ist der Zwillingsbruder des Bolschewismus; wie dieser, lebt auch er von der Verwirrung. Bis zum Umsturz wucherte er als gelbes Untraut von bescheidener Größe. In der Nachfriegsrecht, da die Menschen, gepeinigt von wirtschaftlicher Not und nationalem Unrecht, und befangen vom Glauben an die Allmacht der Gewalt, nach dem Retter Ausschau hielten, der 00000000000000 000000000088BROJONAQUBON0000000000000000000000000s die aus den Fugen geratene Welt mit einem ber staunenden Mitwelt den anderen in schauer-|„ Difiator" Hitler, andererseits geben sie vor, Herkuleshieb einrenten werde, liesen sie allerlei licher Nadtheit. Die Hoffnung auf die Be- gegen die Berderber der tschechoslowakischen falschen Propheten nach, und so blühte auch der freiung Deutschlands durch das Hakenkreuz Demokratie zu kämpfen. Sind sie& reunde Weizen der deutschen Nationalsozialisten. In endete im Schmuß seiner Führer. oder Geguer der deutsch bürgerDie Ereignisse vom November 1926, in München verhieß der Tapezierergehilfe Hit Mit dem Zusammenbruch des national lichen Attiviſten? Sie sagen: Gegner, deren Verlauf an zahlreichen Orten weder die Ier als Apostel des Hakenkreuzes, das deutsche sozialistischen Schwindels in Deutschland und aber sie harrien so lange bei ihnen aus, bis stlöster noch die Priester auf den Ahären( in Volf ohne jede Verzögerung nach Nieder- dem Verlust Hitlers ging unseren Hakenkreuz- diese sie selber aus dem deutschparlamentarischen Norditalien , besonders in Vicenza ) gefchont wur ringung der Juden und Marristen in den deut- fern eine Hauptattraktion verloren. Er agiert Tempel hinauswarfen, und Herr Jeſſer macht den, kamen eben zurecht. In einer denkwürdigen schen sozialen Zukunftsstaat hineinzuführen, ießt wohl, nach seiner Entlassung aus der auch jetzt noch aus seinem aktivistischen Herzen Ansprache erflärte der Papst mit aller Schärfe am und unsere Nationalsozialisten wandelten in Festungshaft, in München wieder herum, aber feine Mördergrube. Bald verhimmelten sie trop 20. Dezember 1926, daß die Stirche niemals etwas, jeinen Spuren. Man wird es später einmal er ist nur mehr der Schatten seiner selbst, und Südtirol Mussolini, bald wieder jagten sie sich was der Beherrschung durch den Fascismus auch nur ähneln würde, angenommen hätte. unbegreiflich finden, aber damals war es doch wie ließe sich noch mit ihm Staat machen, jeit- von ihm los. Heute geben sie vor, eine na- Der Vatikan fah die Strife fommen, die sich so: für viele aus dem Geleise Geworfene, Un- dem erwiesen ist, daß Stapitalisten der ver- tionale Bewegung zu sein, morgen verfünzufriedene, Verbitterte und Deflajsierte war schiedensten Länder seine striegskasse mit Geld den sie die Internationale des Sakentät mit dem Fascismus, die er während dessen der Nationalsozialismus eine Hoffnung, die gespickt haben! Seither irren die National- kreuzes und schließen ungarische, rumänische Nationalsozialisten hatten auch bei uns Zulauf. sozialisten wie die Herde ohne Hammel umher und italienische Fascisten an ihr Herz. zu lassen. Aber eine solche Schwenkung ist leichter Das war die Zeit der geschwollenen Phrasen, und wissen nicht, ob sie Fisch oder Fleisch sind. Kein Programm, feine Weltanschauung als zu wünschen als durchzuführen, wenn man wäh bitiger gaben sie es nicht von Sind sie eine St lajien parte i" oder eine Leitstern, schwanken sie bald links, bald rechts. rend einiger Jahre die herzlichsten Beziehungen der" Sendung", der„ Mission" des„ nationalen allgemeine Volksbewegung? Auf die Dauer kann eine solche verlogene, zwischen den lokalen Repräsentanten der Kirche Sozialismus" redeten und an ihrem Wesen das Darüber haben sie sich noch selber nicht ent- chrliche, irrlichternde Politik nicht anders als und der faszistischen Organisation der Gemeinen, der Bezirke und Distrikte Italiens bestehen ließ. deutsche Volk zu genesen versprachen. Der faule schieden. Sollen sie mit oder ohne die Bürger- mit dem Abwirtschaften enden. Bei den Ge- Die oben beabsichtigte Schwenkung wird von unZauber hielt nicht lange vor. Nach dem Wün- lichen gehen? Das hängt davon ab, auf welchem meindewahlen haben die Nationalsozialisten ten her nicht verhindert. Sie und da wurden chener Novemberputsch, der die Hohlheit und Wege leichter Mandate zu ergattern sind. Sind den ersten Schlag erhalten. Noch hält sie die zweckdienliche Vereinbarungen abgeschlossen und Aruseligkeit dieser von einigen Großmäufern sie bürgerlich oder proletarisch"? Dummheit und Unfähigkeit der bürgerlichen Vertreter der Stirche haben in den Schulen, int aufgeplusterten Bewegung envies, begann in Eine Zeitlang hingen sie sich an das Schlagwort Parteien, bei der Arbeiterschaft aber haben sie, Gemeindeleben usw. wichtige Stellungen erhalten. Deutschland ihr rasend schneller Abstieg. Der der Kommunisten von der„ Einheitsfront" und die gleichzeitig die Arbeiter einfangen und einem es gut geht, der läßt sich nicht gerne stören", sagt ein italienisches Sprichwort. So
feither verschärft hat, und versuchte, die SolidariAufstiegs befundet hatte, in Bergessenhe geraten
und um die armselige Konkursmajje rauften die weigerten, auf den Betrug hineinzufallen. Zur spielt. Bald wird man den Hund mit der Italien , denen es bei den Fascisten gut geht und nationalsozialistische Laden machte Bankerott, warfen uns Schlappheit" vor, weil wir uns Sturmtrupp der Reaktion jein wollten, ausgedenken auch die unteren firchlichen Beamten ist Führer, daß die Haare flogen. Einer plauderte selben Zeit aber standen sie in wirklicher Ein- Laterne suchen müſſen, der geneigt ist, von Sie die Schwenkung von oben nicht verstehen. Um über den anderen Dinge aus, welche die Zug- heitsfront mit den bürgerlichen Parteien. Sind ihnen einen Biſſen Brot zu nehmen. Sie wer- so weniger, als man nicht glauben darf, daß auch kraft dieser Träger arisch- germanischer Welt- sie für die Diktatur oder Demokratie? den und müssen an ihrer Zwiespältigkeit zu- oven alle gehorchen. Die Führer der Gesellschaft sehen die Voerteile ihrer Herrschaft über die fascianschauung erheblich abschwächten, einer zeigte Einerseits schwärmen sie heute noch für den grunde gehen.