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7. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.
Jubiläum der Gewalt.
Sonntag, 6. November 1927.
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Nr. 260.
so deshalb, weil die furchtbare Fehde zwischen| Bolschewismus nichts vom Kapitalismus . Seine Sozialisten und Kommunisten die flare Stellung findischen Entstellungen des Marxismus, die des Sozialismus zur russischen Revolution immer barbarisch- plumpen Berstümmelungen seines Ein Jahrzehnt Bolschewismus.- Ein Halbjahrzehnt Fascismus. wieder verdunkelt. Wenn es heute zu heftigen wissenschaftlichen Geistes beweisen, wie wenig er Auseinandersetzungen immer wieder kommt, neben den praktischen Bedingungen die geistigen Phrasen und Tatsachen. In Pavia und Turin , in Wailand und Bowenn die Sozialisten gezwungen sind, das Tren Voraussetzungen des europäischen Klassenkampfes logna aber kommt es jetzt zu den ersten großen zu betonen, ihre Stritik an der russischen Aufbaupäischen Arbeiterfragen mitreden nende vom Bolschewismus mit äußerster Schärfe begreift. Seine Anmaßung, in curoDie Diktaturen feiern Geburtstag der Hungerkrawallen, eisern arbeiten Polizei und arbeit mit allem Nachdruck kundzutun, so liegt zu wollen, ja diftieren zu wollen, Bolschewismus in Włoskau und der Fascismus Benfur, und der Terror prügelt die Proleten auf das ausschließlich und allein am Bolschewismus ist die Quelle alles Uebels. In der in Rom. Zwei für die Arbeiterbewegung sind vorüber. Die Zwangsgewerkschaften der Arbas eben will der Bolschewismus nicht sein. nen Sozialisten irgendein Schwanken, irgenddie Stnie. Die Zeiten der idealistischen Phrase selbst. Was der Sozialismus an ihm anerkennt, Zurüdweisung dieser Anmaßung gibt es für feiEuropas verhängnisvolle Ereignisse begehen so beiter, organisatorisch verbunden mit den Unter eine entscheidende historische Leistung, den einen Vorbehalt. Wo der Bolschewismus über mit ihr Jubiläum und zwingen den Betrachter, nehmersyndikaten, diktieren die allgemeine Lohn Sturz des russischen Fendalismus, die Befreiung die ruffische Grenze tritt, wo er feinen Arm nach nach ihrer politischen Bilanz zu suchen. Das herabsetzung um 10 Prozent. A voi A voider Bauernschaft, stellt der Bolschewvismus selbst deno kostbaren Gut der europäischen Arbeiter. ist nicht leicht! Beide Diktaturen verstehen es, der fascistische Kampfruf flingt: Wir sind an der ins dunkle. In völliger Berkennung der Sach bewegung ausstreckt, da ist er ein Feind, so gut sich dem forschenden Blick zu entziehen, jie Reihe! Miserable Tölpel! Sie waren nicht an lage erklärt er seine Bauernrevolution wie jeder andere. Dann muß er angegriffen haben ihre eigenen und teilweise sehr originellen der Reihe und sind nicht an der Reihe an der( die er mit Hilfe proletarischer Stoßtrupps durch und geschlagen werden. - Methoden gefunden, sich in Masken und Wol- Reihe ist nur das Kapital. Das Kapital führte) für eine proletarische Revolu hat sich revolutionär maskiert, es hat die liberalition, ja mehr noch, für die maßgebende und
Der Bolschewismus.
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europäische Arbeiterbewegung.
Hier ist der Punkt, wo der Sozialismus mit jeder nur möglichen Schärfe den Anspruch
Es liegt am Bolschewismus selbst, und nur
fen zu verhüllen. Der Kritifer ist gezwungen, stische Phrase verworfen, die es groß gemacht hat; entscheidende proletarische Revolution der Weft bei ihm, wie sich das Verhältnis zwischen ihm diesen Masken und Wolken mehr Arbeit zu es hat die Freiheit erstickt, das Recht zerfecten. Er verlangt, daß die riesigen Armeen des euro- und dem Sozialismus in Zukunft geſtalten soll. widmen, als den Tatsachen und Sachverhalten. Das Kapital hat den italienischen Staat erobert, päischen Profetariats, die in den Hochburgen des Trotz tausendfacher Unterschiede in politischer Es ist nicht seine Schuld, wenn beim Zer- es hat seine eigene Polizei und Zuchttruppe gestapitalismus um ihre Befreiung ringen, sich sei Ideologie und Praris kann und will der Soschlagen der Prunkfassaden und Glanzkulissen schaffen, es prügelt, es mordet, es diftiert. Wie nent Kommando unterstellen. Er verlangt den zialismus das positiv Historische der russischen ein wichtiger Inhalt mit verletzt werden muß. fagte doch Karl Marx?„ Aus allen Boren Oberbefehl, die diftatorische Gewalt über die Revolution anerkennen. Er hat es nicht nötig, Blut und Schmit triefend!" Der Fascismus. durch sogenannte Musterleistungen sich von der Güte, durch Fehlschläge und Mißerfolge sich von der Mangelhaftigkeit des Bolschewismus des Bolschewismus zurückweisen muß. überzeugen zu lassen. Das alles sind StreitBleibt der Bolschewismus innerhalb der fragen untergeordneter Art. Der Sozialismus russischen Grenzen, fann man mit ihm verhan erkennt an, trotzdem der Bolschewisdeln, fann man über ihn reden. Tritt er mit m us in Europa ein fürchterliches feinen asiatischen Methoden auf dem europäischen Trümmerfeld angerichtet hat, daß Schauplatz auf, so ist er ein Störenfried, in Rußland der Zarismus tot und der Bauer ein Berderber, ja ein Feind. Da seine frei ist. Wird der Bolschewismus anerkennen, Revolution teine proletarische RevoIution ist, versteht der Bolschewismus nichts daß die Führung in europäischen Arbeitervon Proletariat und den Bedingungen seines fragen unbedingt und vorbehaltlos dem SoStampfes. Da seine Revolution teine aurt dismus zukommt? Von der Beantwortung fapitalistische Revolution ist( wo war dieser Frage wird vieles in der Welt der Zuder Kapitalismus in Rußland ?), versteht der kunft abhängen.
Was den Fascismus angeht, so ist allerdings die Zeit vorbei, da er sich den staunenden Völkern Wie der Fascismus, so hat auch der Bolsche als eine neue, nie dagewesene Form von Revo wismus seine Rebel und Wolfen, seine Bapplution präsentieren konnte. Zugegeben, daß or fassaden und Lumpenkulissen; wie der Fascismuss zu Beginn seiner Aera einen beispiellofen ideolo hat auch der Bolschewismus sein egienes Ritual, gischen Erfolg hatte. Er verſtand es, zu faszinie- sein virinoses Systemt der Massenregie, eine frijo ren, er verstand es wahrhaftig von Grund aus. aus dem Boden gestampfte Ideologie, wie der Den alten, ja überalterten Formen revolutionä Fascismus den gleichen Anspruch, dem greifen rer Massenregie stellte er, ein widerwilliger, aber haften Liberalismus Europas ein furchtbares gelehriger Schüler des Katholizismus, ein neues Ende bereiten zu können. In der Verurteilung Ritual gegenüber, das durch seine sinnliche der Demokratie( jeder Demokratic) als bürgerlich, Schlagkraft und verblüffende Rhetorik seines im Bekentnis zur Diktatur, im Glauben an gleichen suchte. War der Fascismus eine 9 Revo- fie als neues, leistungsfähiges, politisches Print lution? Er versicherte es ja noch mehr: er sip, sind Fascismus und Bolschewismus verzwei war so behauptete er nicht nur eine Revo- felt einig. In Rom wie in Mostau interpretiert lution, irgendeine beliebige Revolution, er war man die Hegelsche Lehre von der„ Ohnmacht des laut dröhnte es seine Propaganda durch bloßen sittlichen Befehls" und von der VerEuropa, die" Revolution des 20. Jahrhun- nunft" der Tatsachen und Machtverhältnisse auf derts, die leberrevolution. Was der die gleiche Weise, verhöhnt man die politische Fafcismus ankündigte, war großartig genug: Freiheit, den Rechtsgedanken. Das Bajonett als Prinzip der Politik wird von Bucharin und Mussolini gemeinja m gefeiert. Der politischen Methodit im Innern entspricht gleicherweise die Methodik im Aeußern, jedoch mit einem wichtigen Unterschied: der Imperialismus Italiens ist klar und offen programmatisch unterbaut, ideologisch mit einem bunten Teppich von Floskeln von Hegel bis Nietzsche geschmückt-
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der Imperialismus Rußlands versteckt sich, wie weiland der Bonapartismus, hinter cinem riesigen Wall revolutionärer Phraseologic.
die Liquidation des bürgerlichen Zeitalters. Die schmählichen Phrasen des Liberalismus, die fläglichen Redensarten der Manchesterleute, die Frieden und Freiheit predigten und Stapital und Profit meinten wie stoben sie doch in Sturm des fascistischen Pathos auseinander! Die Nachkriegsereignisse hatten große Teile des euro päischen Proletariats entmutigt und enttäuscht hörte man jetzt nicht im fascistischen Donner die erzene Stimme Lassalles? Selangen nicht in neuer Form und im neuen Zusammenhang die Fanfarentöne des Kommunistischen Manifestes? Man muß es verstehen, wenn erhebliche Teile des Stein Wunder, daß in ihren letzten Auswirkungen Proletariats in einer Stunde der Verzagtheit die alte Fahne von sich warfen war es nicht die Fascismus und Bolschewismus sich so oft die Revolution, mit dem Schwarzhemd angetan und dem feet Säppi, die in neuer, nie gehörter TonAber mit diesen, an sich bitter notwendigen art, die Massen zum Befreiungskampf rief? Mit Feststellungen, ist das letzte Wort über den Bolschewismus noch nicht gesprochen. Im Gegensatz diesen, ach so leicht getäuschten Teilen des Prole tariats marschierte ein großer Zug der intellet- um Fascismus ist der Bolschewismus eine echte Revolution: Er hat im Gegensatz zum Fascismus tuellen Jugend, in Strieg und Umsturs geistig eine historische Leistung allerersten Ranges aufratlos und politisch führerlos gewordene Jugend, die hinter der Gestalt Mussolinis das Wetter zuweisen: den Sturz des zaristischen Feudalis die hinter der Gestalt Mussolinis das Wetter mus und die Befreiung von fast hundert Millioleuchten der großen Prophetic Nietzsches zucken zu nen Bauern aus jahrhundertelanger schrecklicher sehen vermeinte.
Die revolutionäre Maske des Fascismus, mit Virtuosität getragen, solange fie neu war, das war der große Trid des Fascismus:
ein Millionenbluff!
vand reichen.
Senechtschaft.
Er hat gleichzeitig die allerdings zahlen mäßig nur geringfügige Arbeiterschaft vom Druck des fendal- zaristischen Systems befreit; er hat die in Entwicklung begriffene fapitalistische Bourgeoisie zusammen mit dem Feudalismus, in dessen Die Zeiten sind vorbei, in denen man damit Schoß sie heranwuchs, vernichtet und den ernstpolitische und auch andere Geschäfte machen haften Versuch unternommen, für die nengekonnte. Gründlich vorbei! Was aussah wie ein schaffene Lage, in ihrer Art beispiellos in der revolutionärer Vorstoß gegen den alternden Li- Geschichte, ein ebenso beispielloses, neuartiges und beralismus, das war nichts anderes als die einzigartiges Regierungssystem zu schaffen. So lezte und furchtbarste Häutung des weit, so gut! Diese Leistung des Bolschewismus Kapitalismus, der in sein Endstadium verdient auf jeden Fall Achtung und Anerken hineinwächst und die zerschliffene liberale Haut nicht mehr gebrauchen kann. Was aussah, wie ung, auch dann noch, wenn man die Einzelhei ten des bolschewvistischen Vorgehens in Rußland jonnengebräuntes, jugendliches Römertum, iſt mißbilligen mag. Unter diefen Gesichtspunkten ist heute abgefallen wie schlechte Schminke, die auf die Stellungnahme des Sozialismus zum Boldem greifenheten Antlig des Kapitals nicht mehr schewismus einfach: hält. Es gibt wohl niemand mehr, der den Fascismus noch für revolutionär hält er selber hat es aufgegeben. Wozu noch weiterlügen, die Würfel sind gefallen! Zu feinem fünfjährigen Geburtstag hat der Fascismus die Kinkerlitzchen von ehedem hinter den Spiegel gesteckt, und wenn seine schwarzen Scha ren heute durch die Straßen. ziehen, so ist es die offene und erklärte Soldateska des Kapitals, die Sklavenhaltertrupp: des Unternehmertums. Elendes, gekauftes Gesindel!
er bejaht die bolschewistische Revolution, die die Bauern befreit und den Zarismus gestürzt hat. Er betont das Recht der russischen Revolution, die Verhältnisse in Rußland nach ihrem Plan und Willen zu gestatten. Er widerseßt sich allen Versuchen, die russische Revolution durch irgendwelche Machenschaf=
ten von außen her zu stören. Es sollte eigentlich nicht notwendig sein, dies alles noch einmal zu sagen, da es oft genug gesagt worden ist. Wenn wir es trotzdem wiederholen,
Die Situation auf den Bahnen.
Teilweise Einstellung des Güterverkehrs von und nach Prag. Prag, 5. November. Das amtliche Preßbüro teilt mit: Mit Zustimmung des Eisenbahnministerium wird mit Gültigkeit vom 10. November gemäß Paragraph 63-1 bis auf Widerruf eingestellt:
1. in der Station Prag- Masarykbahnhof die Annahme von Frachgutsendungen in die Stationen Bubna- Unterer Bahnhof, Bodenbach, Aussig a. E., Komotau . sowie Frachtgutsendungen, die über diese Strede gehen. Ebenso wird die Annahme von Frachtgut aus den unter 1) genannten Stationen sowie von Frachtgutsendungen auf dieser Strecke in die Station Prag- Majarytbahnhof eingestellt. Sendungen in und von den unter 1) genannten Stationen fönnen in der Station Bubna- Unterer Bahnhof aufgegeben oder in die Station adressiert werden, keineswegs aber in der Station oder nach der Station Bubna- Unterer Bahnhof.
2) Weiter wird in der Station Prag- Masarykbahnhof die Annahme von Frachtgutsendungen in die Stationen Bubna- Oberer Bahnhof, Komotau, Karlsbad, Eger, sowie von Frachtgutsendungen in Stationen, die über diese Strede gehen, eingestellt. Ebenso wird die Annahme von Frachtgut aus den unter 2) aufgezählten Stationen sowie von Frachtgutsendungen über diese Strede nach der Station Prag- Maj.- Bahnh. eingestellt. Sendungen in und aus den unter 2) ges nannten Stationen können nur in der Station Bubna- Oberer Bahnhof aufgegeben oder nach dieser Station adressiert werden, feineswegs in der Station oder in die Station Bubna- Oberer Bahnhof. Nohlen-, Tabal- und Mineralölfendungen, sowie mit direktem internationalen Frachtbrief ausgegebene Frachtgutsendungen sind von der Beschränkung ausgenommen und fönnen auch weiterhin nach und aus dem Auslande in der Station Prag- Masarykbahnhof. zum Transporte aufgegeben oder in diese Station adressiert werden.
Die amtliche Meldung begründet diese Maßnahmen durch dic ,, beengten Verhältnisse in der Station Prag- Masarykbahnhof", was wir hiemit bereitwilligst zur Kenntnis der Oeffentlichkeit bringen.
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Heute wichtige Beratungen der Erekutive.
Prag, 5. November Um den Rotstift des Zensors nicht vielleicht unnüß zu ſtrapezieren, halten wir uns in der Berichterstattung über die Lage im Lohnkonflikt der Eisenbahner an den Situationsbericht, den die offiziöse Prager Presse" in ihrer ersten Sonntagsausgabe unkonfisziert veröffentlicht. Darin heißt es:
Die Erekutive der vereinigten Eisenbahnerorganisationen hielt heute( Samstag) darüber Beratungen ab, ob sie das Vermittlungsanbot des Ministerpräsidenten atzeptieren soll, welches den parlamentarischen Vertretern der Eisenbahnerorganisationen ge= stellt wurde und in Zugeständnissen finanzieller Natur besteht. Im Laufe dieser Beratungen der Exekutive wurde festgestellt, daß dieses Vermitt mittlungsanbot nur an die parlamentarischen Vertreter der sozialistischen Parteien ergangen ist, daß aber die Exelutive dieses Anbot nur in dem Fall zur Verhandlungsgrundlage nehmen könnte, wenn es ihr in schriftlicher Form durch das Eisenbahnministerium über
stellt werden würde. Erst in diesem Falle, sollte das schriftliche Vermittlungsanbot vom. Eisenbahnministerium bei der Erefutive cins langen, würde sie Maßnahmen zur Einstellung der Aktion treffen, die auf den Eisenbahnen, besonders in den großen Verkehrszentren, im Gange ist und dem Wesen nach keineswegs passive Resistenz darstellt, sondern ein streng vorschriftsmäßiges Vorgehen be= deutet. Im Sinne ihres Wortlautes werden nor allem jene Dienstvorschriften streng gehandhabt, die zur Sicherung des Materiales dienen und Verkehrsunfällen vorbeugen sollen. Keinesfalls liegt daher passive Resistenz auf den Bahnen vor, sondern höchstens eine Verlang= samung des technischen Dienstes.
Montag oder Dienstag wollen die Gewerks schaftsabgeordneten der Eisenbahnerorganisationen an die Eisenbahnangestellten eine Proflamation erlassen, in welcher, sollten bis dahin die schriftlichen Vora schläge des Eisenbahnministe