Donnerstag, 8. Dezember 1927.
Gerichtssaal.
Das Urteil im Kriegsanleihe- Betrugsprozeß.
Ein Teil der Angeklagten freigesprochen, der Reft zu sehr milden Freiheitsstrafen verurteilt.
Brag, 7. Dezember Heute vormittags wurde( achtzehn Monate Zusagstraje, dann ist die Befürch rom Straffenate des Landesgerichtes Prag durch den tung gerechtfertigt, daß solche große Betrugsaffären Vorfizenden OLGR. Hladik das Urteil in dem in der Oeffentlichkeit kaum jene abschreckende Wirseit 21. November dauernden Riesenprozeß gegen die kung hrvorrufen werden, wie es notwendig wäre, Striegsanleihebetrüger verkündet: um derartige Affären für alle Zukunft zu vermeiden.
Es wurden schuldig erkannt:
Franz Groh, der bereits eine dreieinhalbjährige Strofe abzufigen hat. Der Angeklagte erhielt eine Zusatzstvafe von achtzehn Monaten;
Rudolf Novák, chentals Direktor der„ Kotva", berurteilt zu einer mehrjährigen Sterkerstrafe, jetzt Schriftsteller im Kriminal und Verfasser des Buches In den Fesseln der Millionen." Der Angeklagte erhielt eine Zusatzstrafe von fünf Monaten;
Viktor Dost a I, Direktor der Kotva", bereits zu einer mehrjährigen Sterkerstrafe verurteilt, er hielt eine Zusatzstrafe von drei Monaten;
Anton Matušek, Beamter der tschechischen Staatsbahnen, erhielt eine Strafe von fünf Mona ten bedingt auf drei Jahre(!);
Josef Uherek, Schuldirektor in M.- Ostrau, erhielt eine Strafe von drei Monaten bedingt auf drei Jahre(!).
Der Staatsanwalt meldete gegen dieses Urteil sowie gegen den Freispruch der übrigen sechs Angeklagten Vaněl, Salda, Koželuh , Sole, Simek und Sladky die Berufung an.
§ 144.
Prag, 7. Dezember. Die Barbara J. aus Neu- Joachimsthal, 24 Jahre alt, Gattin eines Hei zers, hatte sich wegen des bekannten Abtreibungsparagraphen vor dem hiesigen Straffenate zu verantworten. Die Angeklagte gibt zu, sich am 20. April, als sie eine Uebelkeit überfiel, auf der Straße unter einem Baum einer Manipulation durch eine ihr nicht bekannte Frau unterzogen zu haben, die einen späteren Abortus im Krankenhause zur Folge hatte. Die Angeklagte wurde zu drei Monaten schweren Kerkers bedingt verurteilt.
Wieviel politische Gefangene haben wir in der Tschechoslowakei .
Wir sind doch wirklich ein benetbenswerter befindet sich fein einziger politischer Häftling! Staat: unter unseven vielen Tausend Sträflingen und wie kommt das? Ist die Politik der Tschechoflowakei, find die inneren Verhältnisse so ideale, daß bei uns keine solchen Sträffinge möglich sind? Der Damit wurde also über die Mäzenen meinen Grund ist ein anderer: Jede anstößige" Rede, jedes Teil der exponierten Personen der tschechischen natio- Wort, das auf einer Versammlung gesprochen wird, nalsozialistischen Partei der Stab gebrochen. Das werden meist mit dem bekannten Schutzgesetze geUrteil ist nach jeder Richtung hin sehr milde. Beklagt. Dieses läßt eine Stategorie politischer" Gedenkt man, daß unlängst ein Dienstbote wegen des fangener nicht zu, daher kommt es, daß jeder PoliDiebstahles von ein paar Kleidern und sonstigen tiker, der sich eine Stvitik erlaubt, die auf Grund Fezzen drei Jahre schweren Kerkers erhielt und Groh des Schutzgesetzes flagbar wäre, im Falle einer Verfür einen Betrug in der Höhe von 23 Millionen im urteilung mit Räubern und Einbrechern zusammen ersten Prozesse nur dre'cinhalb Jahre erhielt, für seine Strafe absißen muß. weil eine bedingte Vereinen Betrug in der Höhe von 37 Millionen nur urteilung auch nicht zulässig ist.
Volkswirtschaft.
Betriebsausschußwahlen in der Zegtilindustrie.
Organisationsgebiet Zwittau : Die Union der Textilarbeiter erobert 75 Prozent aller Mandate.
Jm Gaugebiete Zwittan fanden im Laufe des Jahres wieder Betriebsausschußwahlen statt. Dieselben hatten für die Union der Textilarbeiter folgendes Ergebnis:
Bon 7759 Arbeitern. haben gewählt. Von den abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf die: Union . 4508 Stimmen= 75% Brünner Verband 112 Christlichen ... 1103 Kommunisten
•
Oftböhmen: Die foalierten Verbände befeßen 86 Prozent aller Mandate.
Die Union der Textilarbeiter führte in die sem Jahre in 43 Tertilgroßbetrieben die B.- A.nis: Zu besetzen waren 257 Mandate, davon Wahlen durch. Diese zeitigten folgendes Ergeb erhielten:
Die Union der Textilarbeiter
mit d. Brünner Verbande 220 Mandate ( 86 Prozent, im Vorjahre
80 Prozent)
=
2% 19%
die Deutschnationalen
die Christlichsozialen
"
269
die Nationalsozialisten
= 4% Aus der obigen Aufstellung ist ersichtlich, daß die Union der Tertilarbeiter in dem Gaugebiete Zivittau 75 Prozent der abgegebenen Stimmen
die Kommunisten
und die Tschechischnationalen
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Gehaltsbewegung der Bergbauangestellten.
die Spaltung und durch die kommunistische Preffe fornvährend versucht würde, die Arbeiterschaft irvezuführen und das Vertrauen zur OrganisaSiemit erhielten alle Gegner zusammen nur iion zu untergraben. Wenn trotzdem in Östböh Die Bergbauangestellten haben angesichts der auf ihre Liste vereinigt hat. Der Brünner Ver- 14 Prozent der Mandate. In vielen Betrieben men die Organisationsverhältnisse günstiger als steigenden Tenerung und der Konjunktur im band kommit in diefent, meist deutsche Arbeiter lag überhaupt nur eine Kandidatenliste auf, so wo anders sind und die Spaltpilze wenig Glüc umfassenden Gaugebiete wenig in Betracht.) Diese daß sämtliche Mandate auf die Union entfielen. hatten, so ist es der Einsicht der Vertrauensleute Kohlenbergbau Forderungen nach GehaltsTatsache beweist, daß die erdrückende Mehrheit Die Arbeiter in Ostböhmen wissen, welche Ge- und Mitglieder zu danken. Die Arbeiterklasse erhöhung aufgestellt, die aber von den Unterder Textilarbeiter des Zwittauer Gaugebietes wertschaft für sie arbeitet und handeln davnach. wird nur wieder richtig zur Geltung fommen, nehmern abgelehnt worden sind. Damit ist die hinter der Union steht und in ihr jene Gewerk. Dieses Resultat beweist aber auch, welche unge- wenn sie mit den vielen Parteien aufräumt und Lohnbewegung der Bergbauangestellten freilid) schaft erblickt, die die Intereffen ihrer Mitglieder heure Kraft die Arbeiterklasse dem gemeinsamen sich in der freigewerkschaftlichen Massenorganisa- nicht abgeschlossen. am energischesten und erfolgreichsten vertritt. Gegner gegenüberstellen könnte, wenn nicht durch tion zusammenschließt.
Räuberromane.
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gar nicht fertig sind, gar nicht mehr der mo-| woher sollten die Ausgestoßenen, die Verachteten, oernste! Da ist in den letzten Jahren von jenseits die Gehetzten diese Sittlichkeit nehmen? des Ozeans einer zu uns herüber gekommen, der Traven spricht nirgends diese oder eine sich die Herzen der Arbeiter und nicht nur jungen vielleich noch rascher erobern wird: B. Traven, der Verfasser des Totenschiff", jener ganz einzigartigen Erzählung, die den Leser mit dem Atem eines Orfans anweht ihn mit furcht baren und dabei durchaus realistischen Abenteuern erschüttert, die Sprache des Arbeiters spricht und ihn bei allen Erlebnissen fühlen läßt: ja, auch in unserer Zeit gibts noch so etwas wie Romantik; aber die sieht so aus, daß ihr vor Grauen und Empörung die Hände zu Fäusten ballen müßt, auch wenn ihr nur als Leser dabei seid!
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wiederspiegelt, liegen gut ein halbes Jahrtausend zurück. Zeit und Ort scheinen also gar feine Mög lichkeit eines Vergleichs zwischen diesem und dem Hier soll keine Verdammnis, im Gegenteil: andere ähnliche Tendenz aus. Keine Reflegion, vorher behandelten Buche zuzulassen. Dennoch hier soll eine Empfehlung ausgesprochen werden. feine ökonomische, politische Erwägung hält den haben sie beide den einen großen Grundzug ges Das wird auf den ersten Blick vielleicht etwas Fluß der Erzählung auf. Du wirst den Autor mein: Auflehnung gegen die Versklavung des sonderbar wirken. Ein sozialdemokratisches Blatt, nirgends gewahr und doch spürst dit das Gesicht Menschen unter den Menschen; Geldgier auf der das für Räuberromane Propaganda treibt? Nun, der Zeit. Fürchterlich tritt es dir entgegen in einen, Not und Elend auf der andern Seite wer die beiden Romane. Die wir hier zumindest einem der Schilderung des beispiellos grausamen leber den auch hier als die Hauptwurzen aller Grities Teil unserer Leserschaft ans Herz legen wollen, falls der Banditen auf den merikanischen Eisen- drigung und Gemeinheit, alles Kampjes der berdienen ganz außerordentliche Fürsprache. Und bahnzug, jenes entfeßlichen Ereignisses aus der Menschen gegen einander bloßgelegt. Aus der wir leisten diese umso lieber, als wir durchaus jüngsten Zeit, das dem Roman völlig organisch Familie eines armen, hungergepeinigten Chinesen nicht auf dem Standpunkt stehen, daß für Abeneingefügt ist. Sier wie überall, wo der Autor erhebt sich ein Sprosse voll märchenhafter Straft, teurerliteratur bei fulturstrebigen Lesern und Schreckliches beim wahren Namen zu nennen der zum furchtbaren Rächer der bösen Gewalt insbesondere in der Arbeiterbibliothek und am weiß, mit Sarkasmus die Dinge, die eben da sind, und des mordenden Unrechts wird, Symbol des schmalen Bücherherd des Arbeiters daheim fem Vor uns liegt ein zweites Buch Travens und vor dich hinstellt, lernst Du tief blicken, bis auf blindwütigen Aufstandes der Unterdrüdten gegen Blaz wäre. Ganz besonders unsere, wie jede von diesem zweiten wollten wir eigentlich reben. den Urgrund, lernst verstehen und verfluchen. Die Unterdrüder, reiner Sittlichkeit gegen alles Jugend, die nach Erlebnis drängt und es ja Er führt so gut oder schlecht wie irgendein ande- und mit den halb freiwilligen, zur größeren Unfittliche. Gewalt steht gegen Gewalt. Der Held, so oft nicht finden kann, sucht einen Ersay dafür rer Abenteurerroman den Titel„ Der Schatz Hälfte aber unfreiwilligen Abenteurern möchtest Näuber und Soldat, watet bis zum Hals in Blut, im Buche. Und ob es uns nun recht wäre oder der Sierra Madre"). Der Kern der Er du dich vor dem schenfäligen Antlitz diefer weißen grausam wirft er sich zum brutalen Richter auf. nich:: das Bedürfnis ist da, wird wohl' mmer da zählung ist eine merikanische Goldgräbergeschichte. Stulturwelt hinüberretten zu den Indianern, die bis er im Wahn und in der Angst vor sich selbst sein, keine Macht der Welt wird an dem Recht Abenteuer, Banditentum, Goldiagd, Entbehrun- doch bessere Menschen sind, wenn du nicht eben zu erstiden droht. Man vermag freilich der My und an dem Verlangen der Jugend nach Roman- gen, blutige Kämpfe das alles hat in diesem wieder hinter allem Grauen eine beffere Zeit ftif, in die sich dieses Leben schließlich verwebt, tit etwas ändern können. Bleibt uns also nur die Räuberroman so gut Plan vie in allen seinen fommen sähest, auch, wie Traven es erkennen nicht ganz zu folgen; irgendwo bat da den DichAufgabe, den Abenteuerhunger der Jungen, der Vorfahren. Und doch hat es mit ihnen nichts ge- läßt, in Mexiko , wo der Ungeist des Räubertums ter die Kraft verlassen, in dieser zweifellos künst= nach Befriedigung lechzt, so stillen zu helfen, daß mein. Denn hier erzähl einer, der es selber immer deutlicher dem Geiſt der Revolution zu ihnen daraus kein Schaden erwächst, daß sie nich erlebt haben muß, vom Daseinskampf jener, die weichen beginnt. Was einst der junge Schiller irregeleitet. nicht verführt, nicht verroht werden. die kapitalistische Walze ganz zu unterst oder ganz seinen„ Räubern" zum Motto hinschrieb, es Und es ist eine der erfreulichsten Erscheinungen abseits des Proletariats geschleudert hat, die um könnte auch, nur in einem umfassenderen, neuen des jüngeren Schrifttums, daß es einen diese den Biffen Brot und die tröstende Zigarette vor Sinne auf diesem Buche stehen:„ In tirannos!" Aufgabe viel leich'er macht als dies noch in der keinem Grauen zurückschrecken, die, skrupellos ge- Gin Räuberbuch ganz anderer Art und doch Zeit unmittelbar vor dem Krieg der Fall war, worden, mir nichts dir nichts ihr Leben in die auch eines, das ebenso gelesen zu werden verdient, wo ein dem modernen Empfinden gemäßer und Schanze schlagen und das des Nächsten nicht be soll hier noch Erwähnung finden. Der Titel riecht dabei literarisch wertvoller, sittlich einwandfreier sonders hochschäßen, da sie ja sehen, wie diese geradezu nach Kolportage:„ Räuber und Abenteurerroman noch zu den allergröß'en Sel Welt mit ihrem, mit dem Leben der Millionen Soldaten) und doch steht aller Schundtenheiten gehörte. umspringt. Das Buch zeigt in einem grandiosen literatur nichts ferner als diese wunderbare Nach Donnerwetter, was haben doch die jungen Film, wie der Einzelne, der die Jagd nach dem dichtung aus dem Chinesischen von Albert Genossen erva zwischen fünfzehn und zwanzig Golde verdammt, der selber ihr elendstes Opfer Ehrenstein. Einiges in diesem Buche läßt es Jahren vor uns voraus, die wir uns' n diefem geworden ist, selbst zum Goldjäger( hier in des zwar rätlich erscheinen, daß die Erwachsenen, die Alter an Sarl May berausch'en, während sie sich Wortes ursprünglichster Bedeutung) geworden, es mit Genuß und voll Spannung lesen werden, an Jad London begeistern können! Wer de in der schrecklichsten Weise sofort den Fluch des es dann nur einer durchaus reifen Jugend in die Abenteuer des Schienenstrangs" in die Band Goldes auf sich zu nehmen gezwungen ist, wenn Sand geben mögen. Die chinesische Dichtung, die diesem Werte bekommt der kann leicht auf gefährliche Verlo ihn nicht eherne Sittlichkeit davor bewahrt. Und genhetten verzichten, und dabei ist Jack London . zugrunde liegt, und das Leben, das sie künstlerisch den wir in Eurora erst vor ein paar Jahren ent *) Erschienen im Verlag der Vüchergilde Gu *) Im Verlag Ulfstein, Berlin . deckten und mit dessen Entdeckung wir heute noch tenberg, Berlin , 1927.
lerisch beabsichtigten Wirrnis doch den Leser sicher zu führen. Aber ganz zum Schlusse bricht die Idee des Buches doch eindeutig und überzeugend durch: Blut ist Blut: man kann es auch um der Gerechtigkeit willen nicht vergießen, ohne dabei selber Unrecht zu tun. Andere Wege müssen eingeschlagen werden, um das tausendfach nur dem Unrecht geopferte Blut zu fühnen.
Nicht jeder greift zum Zarten und Feinen, um sich vom Zwange dieser Welt in der Kunst, beim Buche, zu entspannen. Und es hat etwas für sich, daß die Kunst dieser Zeit hart sein foll wie sie selbst. Wenn nun in solchen Büchern, wie hier zwei besonders genannt wurden, hinter Härte und Wildheit, hinter Abenteuer und Brutalität doch immer wieder das nach Freiheit lechzende, nach Gutem, und Schönem dürstende Menschena autlit zu fühlen ist, dann ist damit mehr getan als mit so manchem kraftlos füßen, wohldufenden Gebräu. L. G.