Sonntag, 1. Jänner 1928.

Liebling des Bolfs zu sein...

Von Hans Vauer.

Wenn den Redakteuren, der vaterländischen Schmockpresse schon gar nichts Besseres mehr ein­fällt, dann veranstalten sie hurtig eine Rundfrage. Natürlich muß sie originell sein. Da ergeht also an die Modelönigin, den Portier des Meisterbogers, die Filmdiva, den Refordhungerer, den Stallburschen des Championjockeys und ähnliche imposante Per­sönlichkeiten die Gewissensfrage, ob sie schon einmal die Kolik gehabt haben, ob sie den Pudding dem Flammerie vorziehen, ob sie Früh oder Spätauf­teher find. Die Modeköniginnen und Filmdiven find dann sehr erbaut darüber, daß der Mitwelt nicht nur ihre Existenz schlechthi grenzenlos be­deutungsvoll ist, sondern daß es ihr auch auf die Einzelheiten ihrer Lebensführung ankommt, und sie feben, furchtbar wichtig, furchtbar geltungsbewußt, euseinander, wie das mit der Kolik ist, und wie sie das mit dem Pudding und dem Frühaufstehen halten.

Jetzt hat der Berliner Lokalanzeiger" nun gar bei Bühnen- und Filmlenten angefragt, woran Herr x und Fräulein 9 es zuerst gemerkt hätten, daß fie populär seien. Ein paar und gerade die Sympathi schesten der Befragten behandelten diese Frage als últ und lassen sich nicht ernsthaft auf eine Antwort ein. Aber die große Mehrzahl....: Wie bläht sich das! Wie tut sich das! Wie stolzieren da die Eitelkeiten! Der Schauspieler Rt. hat mal Telegraphenformulare am Postschalter verlangen wollen und sich schon dar. über geärgert, daß er in der Reihe weit hinten stand. Aber der Beamte erkannte ihn rechtzeitig und mit einem Bitte, Herr K." ließ er ihm eine bevor gugte Abfertigung angedeihen...( deretwegen ihm die anderen Wartenden merkwürdigerweise nicht ein­mal die Bude in Klump geschlagen zu haben schei­nen). Der Ruhm der Filmschauspielerin R. ist gar schon bis nach Ceylon gedrungen. Einem engli­schen Zollbeamten ist es nicht entgangen, wen er vor sich hatte, und er hat die Berühmte, sozusagen im Namen der Gesamtbevölkerung Vorderindiens, mit einem herzlichen: We are vary glad to see you here in Ceylon"( Wir freuen uns sehr, Sie hier in Ceylon zu sehen") begrüßt. Eine andere Film­schauspielerin fann sich weder am Lido noch in Partenkirchen vor dem Photographen retten, und jemand, der gut genug dazu ist, von ihr als Kronzeuge ihrer Berühmtheit zitiert zu werden, aber dennoch in den Spalten der Zeitung mit souveräner Geringschätzung als Kleinbürger" abgetan wird, hat ihr in Innsbrud auf offener Straße nachge­rufen: Jessas, das is ja die Försterchrist!!" Wieder eine andere Diva ist auf der Autosuche, von einem Chauffeur, der sie erkannte, flehentlich gebeten wor­den, doch seinen Wagen und feinen anderen zu nehmen. Und was soll man zu dem Sänger T. jagen, der davon berichtet, wie ein im Dienst befind­licher Berliner Verkehrsschutzmann die Hand zum Gruß an die Mütze legte und ihm, dem Sänger, zu Ehren ein paar Takte aus einer seiner Rollen jang! Man muß das lesen, wie diese Leute das zum Besten geben. So mit fatter Befriedigung. So mit fettem Behagen. So mit schmunzelnder Leutseligkeit und dem vergnüglichen Unterton: Doch hübsch von diesem gemeinen Volk der Postbeamten, Stleinbürger und Verkehrsschutzleute, daß es seine deutschen Meister ehrt!

Turnen und Sport.

Bom Arbeiter Turn- und Sportverband' Bundeswintersportfest in Eichwald

am 21. und 22. Jänner 1928. Nach den bisherigen Informationen dürfte diese Veranstaltung sportlich auf bedeutender Höhe stehen. Sowohl die Langläufe, deren Start beim Mücken­türmchen bei der Morbachhütte ist und die in Ober­Eichwald ihr Ziel haben, als auch die Gemischten und Sprungläufe, werden von unseren besten Win­tersportlern bestritten.

Das Hauptspringen am Sonntag nachmittag wird zeigen, daß unsere Wintersportler seit Dessen. dorf weitere Fortschritte gemacht haben. Sportlerschaft aufmerksam, sich diesen Sonntag frei­Wir machen jetzt schon alle Freunde der roten

zuhalten.

Genossen von auswärts können Quartier in Eichwald erhalten.

Die Beteiligung aus dem Ausland wird eben­falls aut sein.

Also, am 21. und 22. Jänner nach dem schönen Eichwald zu unseren Wintersportlern.

Bereinsvorstände Achtung!

Der Vorturner" Nr. 12 konnte der Jänner­langt. Die Hauptmeldelisten sind auf alle Fälle bis Zeitung nicht beigepackt werden, da noch nicht einge­zum 20. beim Bezirk abzugeben und auch die' Unfall­Bergeßt nicht, die statistischen Fragebogen bis späte­marken für sämtliche Mitglieder sofort zu begleichen. stens 20. Jänner beim Bezirk abzugeben.

Bezirksleitungen!

Drängt darauf, daß alle Vereine die statistischen Fragebogen schon vor dem bestimmten Termin ab. geben, ansonsten eine Durcharbeitung des statistischen Materials bis zum Bundesturntag und die Drud­legung unmöglich ist.

Aenderungen

im Turnerkalender 1928 vornehmen:

Maiwanderung am 20. Mai. Schülertreffen am 1. Mai. Schülerausflüge, Waldfeier am 7. Juni Fronleichnam). Allgemeiner Kindertag am 30. Juni. Bundes, Sport und Spieltag in Aussig , beginnt bereits am 19. Juni. Adreſſenänderungen: Bun­desturnausschußmitglied Ernst hicbsch wohnt nun Bodenbach , Stadtpark, Haus Seliger". Bezirksturn­wart des 1. Bezirkes, 1. Kreis: Johann Volzer, Sternberg( Mähren ), Römerstädterstraße Nr. 4. Streisturnwart des 2. Kreises: Franz Cerny, Brünn ( Mähren ), Feldgasse Nr. 6. Bezirksturnwart des 2. Bezirkes, 5. Streis: Martin Böllmann, Kosten bei Teplis. Bezirksturnwart des 7. Bezirkes, 5. Kreis: Josef Fleischer, Hostomitz a. B.

Die Zukunft des Arbeitersports.

Von Julius Deutsch ( Wien ).

Als sich der Arbeitersport vom bürgerlichen Sport loszulösen begann, war nicht selten auch in in der neuen Bewegung der Sport gegenüber der unseren Kreisen die Befürchtung zu vernehmen, daß politif zu kurz fommen fönnte. Nun liegen einige Jahre Erfahrung hinter uns, die es wohl ermög lichen, die Entwicklungstendenzen richtig abzuschätzen. Tatsache ist, daß der Arbeitersport nicht nur als Sportbetrieb geführt wird und von uns ja auch nie rein als solcher gedacht war. Immer wieder haben die Arbeitersportler erklärt, daß sie nicht nur Sportler, sondern

Aber das alles ist ja Selbstbetrug, und es geht daraus hervor, daß von all diesen Drittels- und Viertelsberühmtheiten auch nicht ein einziger ein Zehntel so populär ist, wie er sich einbildet. Ich habe es vor einigen Monaten unternommen, eine Liste von 28 häufig genannten Zeitgenossen aufzu stellen, und habe sie 43 Personen der verschiedensten Stände vorgelegt, damit diese mir ihre Kenntnis zugleich auch klassenbewußte Arbeiter über meine Berühmtheiten mitteilten.( Diese Liste sein wollen. Dabei wird es bleiben! Denn die Dop­ist allerdings verkürzt, in Nummer 36 der Literari- pelbetätigung als Arbeiter und Sportler ha: sich in schen Welt" erschienen, und wer sich für die Details jeder Hinsicht glänzend bewährt interessiert, mag dort alles nawiefen). Es hat sich herausgestellt, daß beispielsweise der Name Thomas Mann nur jedem zweiten, der Name Frih Kreisler nur jedem zehnten, der Name Max Liebermann nur jedem ſechſten geläufig iſt geschweige denn, daß ein irgendwie in Betracht kom­mender Prozentsatz das Porträt dieser Prominenten gekannt hat oder gar ihre Eigenart hätte definieren können. Dabei sind das doch nun wirklich namhafte Leute!

Das sportliche Ziel der Arbeitersport­bewgung ist nicht die Aufstellung von Rekorden Der Rekordwahnsinn blieb dem Bürgertum über­lassen, das ihn offenbar als Nerventiyel brauchte und weiterhin brauchen wird Dem bürgerlichen

Sport fommt es weit weniger auf die Waſſen­ertüchtigung an als darauf, daß einzelne mit Glanz. leistungen brillieren. Dagegen strebt freilich auch der Arbeitersport gute und hervorragende Einzelleistun gen an, aber er ist der Meinung, daß sie auf dem Boden des Massensports von selbst er­

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Prosil Neujahr!

M

9

Hast du im alten Jahr dich sehr Geplagt mit Rumpeln und mit Reiben, Im Neuen tu' das nimmermehr, Laß Müh' und Sorgen dir vertreiben. Nimm' RADION, das wäscht allein, Und du wirst froh und glücklich sein!

arten erscheinen zu lassen. Möge es das Bürgertum halten wie es ihm beliebt.

RADION

RAD ON

Wäsch

allein!

19400 190

Pflanzen können nur in Tiefen bis zu 600 Metern unter der Fläche des Meeres existieren. Dahingeren hat man Tiere bis zu Setiefen von 7000 Metern fest­gestellt.

mütig zu ihren Zielen, indes das sporttreibende Bür­Imerhin soll zugestanden werden, daß der Bei der Hochzeitsfeier unter den alten Angel­Mimentoller in manchen Badfiſch- Bünglings­gertum es liebt, die Eigenart seiner sportlichen Besachsen gab der Brautvater dem Bräutigam einen herzen noch grassiert, daß das Geschlecht jener Ro- Die Grundlage unseres Sportbetriebes ist die Masse. tätigung im falschen Zwielicht unpolitischer Redens- Schuh der Braut. Daraufhin berührte der Bräuti­mantiker noch nicht ausgestorben ist, die in früheren Ihre guten Durchschnittsleistungen sind der gam den Kopf seiner Angetrauten mit dem Schuh Jahren ihre Sexualwünsche dadurch abreagierten, Ausgangspunkt weiterer sportlicher Entwicklung. zum Beweis, daß er der Herr in der Ehe sei. daß sie dem Tenor oder der Opernsängerin die Der verschiedenen Wertung der Reforde liegt Die Arbeitersportler entscheiden sich für Offenheit und Klarheit. Pferde ausspannten und sich selbst anschirrten. Heute eine Verschiedenheit der Absichten zugrunde. Tas Ließe man eine Lokomotivpfeife lesen sie( und manchmal schreiben sie sie auch) die Bürgertum licht im Sport das Spielerische, Abwech- Sie erblicken im Sport ein Mittel der Ertüchti ununterbrochen eine Stunde lang er­Lokal- und Generalanze gerpresse, und was für flungsreiche, mit einem Wort ein Mittelding gung und damit des Aufstieges der arbei- tönen, dann würde sie in dieser Zeit vier Ton­manch einen Unverbesserlichen jene nedischen Anek- zwischen Varieté und Gesundheits- tenden Menschheit. Sie wollen im großen nen Wasser und enva 10 Zentner Kohlen dötchen über Fridericus Ner bedeuten, der nicht pflege Anders die Arbeiterschaft. Sie liebt im Ringen der Stlassen, das unsere Zeit erfüllt und verbrauchen. wußte, daß Mittwoch nachmittags die Stinder feine Sport, die kraftvolle Betätigung der ihr seinen ehernen Stempel anförüdt, nicht tatenlos Schule haben, und über den Alien Kaiser", der Masse und ihre Ertüchtigung zum abseits stehen Im scheinbaren Spiel der sportlichen am Heiligen Abend" einem Bettler einen harten Kampfe für große gesellschaftliche Betätigung sehen sie die Quellen einer Straft, die Taler schenkte, das sind für sie die Geschichtchen, die Biele. Daher ist der Sport des Bürgertums dem Freiheitstampf der Arbeiterklasse neue und sich um Cilly und Milly, um Harry und Conny ebenso notwendigerweise individualistisch wie große Impulse zu geben vermag Deshalb bleibt ranken. Jede Gesellschaftsschicht hat ihr spezifisches der der Arbeiterschaft kollektivistisch eingestellt. es auch für die Zukunft bei dem, was uns in der heroisches Ideal. Es gibt Menschen, die den Vor- Die Zukunft des Arbeitersports muß sich des- jüngsten Vergangenheit die prachtvolle Entwicklung Sturm des eingeengten und bedrückten Arbeiterstan- halb von der Mefordhascherei des bürgerlichen Sports des Arbeitersports beschert hat. bei der engsten des zu Freiheit und Licht ersehnen Manche anderen ganz von selbst immer weiter entfernen. Man Verbindung massenertüchtigenden Leute träumen davon, daß auch sie später einmal glaube nicht, daß es nur Aeußerlichkeiten Sports mit dem weltumspannenden eine Kirche 20 Meter breit, 30 Meter lang die von dem sie erkennenden Schalterbeamten unter find, die diefe beiden Sportarten voneinander Ringen für eine Aufwärtsentwid- 400 Besucher faßt. Der Bau ist. abgeseh n von dem Glas der Fenster, ganz und gar aus dem Holz Nennung des Namens bevorzugt abgefertigt werden trennen und ihre Zusammenarbeit hindern Das lung der arbeitenden lassen. einer einzigen Riesenfichte gebaut, von Wollen mal sehen, wer auf die Dauer das Bürgertum tann gar nicht jenen Sportbetrieb Rennen macht. deren Holz sogar nur zwei Drittel benötigt wurden. entwickeln, den die Arbeiterklasse braucht Beide Tatsachen. Klassen verfolgen ob bewußt oder unbewußt, ist Eine englische Banknote foftet in der Herstel­00008 nicht entscheidend- auch im Sport ihre Klasse ulung einen Penny und hat eine Lebensdauer von Ein Pfau kann keine Farben unter­dung der beiden Bewegungen kommen müſſen Banknoten gorudt werden, beſteht aus einer Mi Tage fliegen, alles in einem bell n Crange o er­ziele. Deshalb hat eines Tages die reinliche Schen, nur 10 Wochen. Die Druckerſchwärze, mit der die ich e i den. Es wird behauptet, bak Bögel die am Æraget bei jeder Gelegenheit Euer und deshalb wird auch in der Zukunft jede ihren schung, deren Hauptb standteil Holzfohle ist, die ausblicken, während nachts fliegende Vögel alles Blau dem Holz deutscher Weinstöde herge- und Violett sehen. Parteiabzeiches! en Weg gehen Die Arbeitersportler bekennen sich stolz und frei- stellt wird.

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Genoffen!

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In dem Ort Santa Rosa , Californien , steht