Dienstag, 1. Mai 1928.
Barolen des 1. Mai.
Seite 3
Heraus zum Kampfe umbreterore Arbeiter, haft fch the tranfear wirft der ansichten, als fozialiſtiſche biefem 1. Mai in aller ihr innewohnenden Blut die Sozialversicherung! abspielen. Diesen elementaren Widerstand haben intereſſent dienſtlich waren. Bu diesem Vorwutfe erheben gegen die Lebensmittel- und Wohnungs
Man wirft der Arbeiterschaft vor, daß sie die Arbeiterschaft in mächtigen Rundgebungen an mittelbar vor ihr und von ihr wahrnehmbar Bollwerfe benützt hat, daß sie politischen Partei- und Leidenschaft nicht nur flammenden Protest
Der Aufruf der Internationale zum 1. Mai nicht erwartet. Sie haben damit gerechnet, daß tigt, das durch Jahrzehnte alle öffentlichen Stel- Demokratie, fie wird an diesem Weltfeiertag vor die Herren, die das Regierungsizepter schwingen, fühlen sich die Vertreter des Bürgertums berech verteuerer, Rüstungsfanatiker, Verfälscher der macht es uns zur Pflicht, uns heuer vornehmlich es ihnen gelingen wird, die Arbeiterfayaft vor len politisch besetzt, alle Institutionen partei- allem feierlich geloben, den Kampf zu führen gegen mit der Frage des Achtſtundentages, der Ab einer allzu feindseligen Haltung gegenüber den politisch ausgenützt hat, das noch heute gewiffe die Regierung und ihre Sintermänner, die es rüstung, dem Kampfe gegen die fascistische Reat- volksfeindlichen Maßnahmen dadurch tion zu beschäftigen. Wir werden diesem Auf- bringen, daß fie die materiellen Vorzüge, die sie gemeinheit die wesentlichsten Opfer bringt, auf rung in ideeller und materieller Beziehung herbei abzu öffentliche Institute, zu deren Erhaltung die All- wagen, eine Verschlechterung der Sozialversiche trage der Internationale freudigst nachkommen, durch Verbilligung der Prämien herbeiführen, Grund eines vollkommen veralteten Wahlrechtes zuführen. Diese Absicht der Regierung zuschanden in Hunderten von Versammlungen wird die Ar- herausstreichen. beiterschaft der Tschechoslowakei dem unerschü:- als ihre ausschließliche Domäne auffaßt, zu der zu machen, ist mit eine der vornehmsten Aufgaben, terlichen Willen Ausdruck geben, den Kampf net. Die Arbeiterschaft ohne Unterschied der po- weigern ist. Zu gleicher Zeit wird seitens des Die Regierung hat die Möglichkeit, ihre Absicht Sie haben sich in ihrer Kalfulation verrech- ber misera plebs für immer der Zutritt zu ver- vor die uns der 1. Mai des heurigen Jahres stellt. gegen die Weltreaktion, gegen die Rüstungs- litijchen Barteizugehörigkeit hat instinktiv gefühlt, Bürgertums das Berlangen gestellt, daß für jede zu verwirklichen, wenn fie die Zustimmung der fanatiker, gegen die Scheindemokratie mit allen daß es sich hier um einen wohlverbereiteten politische Partei die Errichtung neuer Kranken- Wähler hiezu erhält. Wohlan denn, schrei zu Gebote stehenden Mitteln zu führen. Generalangriff des Bürgertums auf die errunge- versicherungsanstalten ermöglicht wird. Dabei werden wir aber auch nicht an unsere nen Positionen der Arbeiterklasse handelt. Man bet Wahlen aus und stellt die geinnerpolitischen Probleme vergessen. wagt es in der Zeit wirtschaftlicher Konjunktur lichen, die Gewerbetreibenden ihr genossenschaft- Der Koalition auf! So verlangen die Agrarier ihre landwirtschaft- plante Novelle als Wahlprogramm Der Aufruf, den wir gemeinsam mi. unseren davon zu reden, daß die Volkswirtschaft die sozia- lichen und die Nationaldemokraten ihre Betriebsfichechischen Genossen erlassen haben, wird zuverlen Lasten nicht zu ertragen vermag, obwohl auf frankenversicherungsanstalten. Und die bösen Arfichtlich die Zustimmung aller arbeitenden und Grund amtlicher Daten festgestellt wird, daß die beiter wollen nicht einsehen, daß alle die Maßerwerbenden Menschen finden. Wir werden uns Belastung in allen anderen mit uns tonfurrie- nahmen in ihrem Interesse gelegen sind. mit den Missetaten der Bourgeoisie fast auf allen
Gebieten des öffentlichen Lebens, wir werden uns aber vor allem auch mit den unerhörten Angrif fen des Bürgertums auf eine der Errungenschaf ten der Nachkriegszeit die Sozialversicherung beschäftigen, wir werden abrechnen mit der Regierung, die daran geht, die Sozialversicherung in ihren Grundfesten zu erschüttern.
-
Die Wahlniederlage des Jahres 1925, in welcher der Rüdgang der Sozialdemokratie, zum Großteil herbeigeführt durch die unheilvolle Spaltung der Arbeiterklasse, gegenüber den vorangehenden Wahlen des Jahres 1920 in Erschetnung getreten ist, hat auch schon dem Entwurfe der Regierung über die Versicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, der Invalidität und des Alters den Stempel aufgedrückt. Dieser Wahlausgang hat sich dann ganz beson ders unheilvoll auf die Beratung der Sozialversicherungsvorlage ausgewirkt. Die in der damaligen Regierung vertretenen sozialistischen Parteien mußten Kompromisse eingehen, die sie sonst zweifellos nicht eingegangen wären. Und so ist ein Gesetz geworden, das auch nicht an nähernd den Anforderungen zu entsprechen vermag, welche die Arbeiterklasse erhoben hat.
Unser Gesetz wurde auch geschaffen in einer Zeit wirtschaftlicher Depression; dem Einfluß der Industriellen ist deshalb gelungen, nicht nur die Prämien durch die Annahme einer höheren Verzinsung des Kapitals innerhalb der ersten zehn Jahre entgegen dem ursprünglichen Entwurfe herabzusetzen, sondern auch die Leistungen im allgemeinen auf ein Maß herabzudrücken, das nicht mehr unterboten werden kann. Aber nicht nur int materiellen, sondern auch im organisatorischen Teile weist das Gesetz alle Spuren der verinin derten Stoßkraft der Arbeiterklasse dar. Jm alten Desterreich war den Arbeitern in den damaligen, wohl nur mit der Durchführung der Krankenversicherung betrauten Instituten die Selbstverwaltung eingeräumt, in dem nunmehrigen Geseze mußten die Versicherten bei Einführung des Verhältniswahlrechtes eine derartige Vertretung der Arbeitgeber bei gleichzeitiger Ausdehnung des Wirkungskreises, des Ueberwachungsausschusjes mit in Rauf nehmen, sie mußten überdies eine außerordentliche Einschränkung der Autonomie bei der Bestellung der Beamten überhaupt und der leitenden Beamten in besonderen über sich ergehen lassen, daß von einer Selbstverwal tung bei Durchführung der auf die Wahl bezughabenden gefeglichen Bestimmungen, nach der wir vergeblich gerufen haben, auch nicht im entferntesten hätte gesprochen werden können.
Das gegenwärtige Gesetz trägt also alle Merkmale, daß es geschaffen wurde in einer Zeit
1.MAI
periode des geschwächten Einflusses der Arbeiter- renden Staaten viel größer ist, man unternimmal
TRAPP
Siegfried Ta ut b.
Hände weg
vom Achtstundentag!
Seitdem die Arbeiterschaft aller Länder den ersten Mai feiert, ist dieser internationale Feiertag eng verknüpft mit der Forderung nach dem Achtstundentag. Als die Arbeiterschaft am 1. Mai 1890 zum erstenmale in allen Ländern der Welt für diese Forderung auf die Straße ging, hielt die bürgerliche Welt den Achtstundentag für eine Utopie. War doch gerade in den ersten Jahrzehn ten des Bestandes der kapitalistischen Industrie der Arbeitstag fast ins unbeschränkte ausgedehnt worden. Auch bei uns betrug die Arbeitszeit 14, 16 bis 18 Stunden täglich, nicht einmal Rin der im zartesten Alter verschonte man mit einer überlangen Arbeitszeit, die heute auch die Erwachsenen nicht mehr leisten. Als in den Achtzigerjahren in Desterreich der elfstündige Normalarbeitstag Gesetz wurde, da betrachtete man dies als einen großen Erfolg und jahrzehntelang fonnte die Arbeiterschaft eine gesetzliche Ver fürzung des Arbeitstages nicht erreichen. In schweren Kämpfen setzen es die Gewerkschaf ten durch, daß in jenen Branchen, in denen die Arbeiter über starke Organisationen verfügten, Jahrfünft um Jahrfünft die tägliche Arbeitszeit um eine Viertelstunde nach der anderen herabgesetzt wurde.
Erst der Machtanstieg der Arbeiterklasse nach dem Kriege hat die Forderung nach dem Achtstundentag in einzelnen Ländern ihrer Erfüllung näher gebracht. Auf der ersten internationalen sozialistischen Konferenz, die nach dem Striege stattgefunden hat und die in Bern im Frühjahr 1919 abgehalten wurde, wurde die Forderung er hoben, den Achtſtundentag in dem abzuschließenden Friedensvertrag festzulegen. Tatsächlich wurde denn auch im Artikel 427 des Versailler Friedensvertrages die Annahme des Achtstundentages und der 48stündigen Arbeitswoche als zu erstrebendes Ziel" angeführt. Im Herbst 1919 fand dann die erste internationale Arbeitskonfe renz in Washington statt, in der mit 83 gegen 2 Stintmen von 27 Staaten allen der internationalen Arbeitsorganisation angeschlossenen Ländern die Ratifizierung empfohlen wurde.
Seit 1920 ist allerdings auf diesem Gebiete infolge des Anwachsens der internationalen Re attion ein gewisser Rückschritt zu verzeichnen. Schon die internationale gefeßlich Regelung der Arbeitszeit in der Landwirtschaft und in der Seeschiffahrt gelangten auf den späteren internatio nalen Arbeitskonferenzen nicht mehr zu Durchführung und selbst das Washingtoner Abkommen
In der Tschechoslowakischen Republik wurde.
flasse einerseits und in einem Zeitabschnitte wirt- den tindischen Versuch, dieses Argument ins cine eiskalte Dusche gewirkt, als ihr die ersten Staaten, darunter auch von der Tschechoslowakei , schaftlicher Depression andererseits, in welcher Treffen zu führen, jetzt, wo nachweisbar die Mitteilungen über die Stundgebungen der Arbei- ratifiziert, während Deutschland und Frankreic auf die Tragfähigkeit unserer Volkswirtschaft größten Gewinne bei den zur öffentlichen Rechterklasse gegen das Attentat auf die Sozialver- nur bedingt der Einführung des Achtstundentages mehr als notwendig Bedacht genommen wurde. nungslegung verpflichteten Unternehmungen fest- sicherung zugegangen sind. Die Aufklärungszustimmten. Im Feber 1928 unternahm schließ Wir können feststellen, daß die Sozialversi- gestellt werden müssen. Der Arbeiter stellt sich arbeit, die durch diese Stundgebungen geleistet lich in Genf der englische Delegierte einen offe cherung anderer Staaten unsere Gesetzgebung auf aber nicht nur die Frage, in welcher Zeitperiode wurde, kann heute in ihrer gesamten Auswirkung nen Borstoß gegen das Washingtoner Abkommen, diesem Gebiete in den Schatten stellt. Wir fön- diese Verbilligung herbeigeführt, sondern er stellt noch nicht abgeschätzt werden. Die Arbeiterschaft der nichts anderes zum Ziele hat, als den internen auch allgemein wahrnehmen, daß fast über sich auch die Frage, wie sie erzielt werden soll. ist politisch viel zu reif, als daß sie den offiziellen nationalen Achtstundentag wieder zu beseitigen. all die Tendenz obwaltet, die bestehenden Gejezze Die Antwort, die er sich geben muß, ist die, daß und halboffiziellen Kommuniqués, die von der in einem für die Versicherten günstigen Sinne er die Verbilligung erkaufen soll durch eine Osmičfa ausgegeben werden und die glauben der Achtstundentag schon vor dem Washingtoner abzuändern. In Staate der Sicherung die der Welt hat man eine Verschlech- der fünftigen Anwartschaften die bisher durch Wirkung auf die Machthaber ausüben würden, Abkommen durch das Gesetz von 1918 emgeführt. terung der Sozialversicherungs - den soliden versicherungsmathematischen Aufbau irgendwelche Bedeutung beilegen würde. Nebenbei Der herrschende Bürgerblock hat es vorläufig gesetzgebung durchgeführt. Das des Gesetzes gegeben war, und andererseits durch bemerkt sind das nette Demokraten, denen die nicht gewagt, auch diese Errungenschaft der Rea blieb der Tschechoslowakei vor be- die Preisgabe der der Sozialversicherung bedürf- Stimme des Volkes so gleichgültig ist. Den ihnen volution anzutasten, denn zu fehr ist vorläufig halten. Die Verschlechterung der Sozialversi- tigsten Klaſſengenossen. abgehenden Führer Svehla glauben sie dadurch zu noch mit der Ideologie der tschechischen Revolu cherung wird bei uns durchgeführt in Zeiten der Der denkende Arbeiter hat sich aber nicht nur ersetzen, daß sie die von ihm so oft gerne, wenn tion der Achtstundentag verknüpft. Das aber entErstarkung der Arbeiterklasse, die bei allen seit mit diesen Fragen beschäftigt. Er hat aus dem auch damals nicht zeitgemäße und selten zutref hebt uns durchaus nicht dessen, auf der Waht zu dem Jahre 1927 durchgeführten Wahlen in Er- Entwurfe der Regierung zu erkennen vermocht, fende Behauptung von der„ festen und einigen fein. Wenn auch die bürgerlichen Parteten eine scheinung tritt, in einer Zeit, in der wir von daß es sich um eine politische Demi- Roalition" bei jeder möglichen Gelegenheit ge- Novellierung des Achtstundentaggesetzes noch nicht einer wirtschaftlichen Prosperität sprechen fön- tigung der Arbeiterklasse handelt. brauchen. Und so wollen sie auch jest ungerecht- wagen, so wird doch in der Praxis das Geset nen, wie wir sie schon seit Jahren nicht zu ver- Vor allem soll der Arbeiterschaft klar und deutlich fertigter als jemals vorher den Eindruck der umgangen, ohne daß von den Behörden entspres zeichnen hatten. Man geht daran, die Sozialver- aufgezeigt werden, wer der Herr in der Tschecho- einigen Stoalition vortäuschen. In Wirklichkeit chend eingeschritten wird. Massenhaft übertreten sicherung zu unterhöhlen trop der vorangeführ- slowakei ist. Die ausschließlich für die Arbeiter- haben die Sundgebungen gegen die Novellierung wird die achtstündige Arbeitszeit im Streingeten Begleitumstände und trok der Erklärung der klasse bestimmten und ihrem Interesse dienenden ihren Zwed vollauf erfüllt. werbe, aber daß auch in den Fabriken mehr als Regierung, die sie bei ihrem Antritte abgegeben Institute sollen dem Bürgertumt ausgeliefert wer- Die einzelnen Bestandteile der Koalition acht Stunden gearbeitet wird, bezeugen die Bei hat, das Programm ihrer Vorgängerin, die den. Mit einem derartigen Ansinnen kommt man mußten dem Drucke der öffentlichen Meinung fol- spiele, die wir an anderer Stelle bringen und Durchführung des Sozialversicherungsgesetzes in 40 Jahre nach dem Inkrafttreten des Kranken- gend, entgegen ihrer ursprünglisten positiven Ein- die den Bericht der Gewerbeinspektoren entnom ihrem sonst fargen Arbeitsprogramm vorgesehen versicherungsgesetzes im alten Desterreich, wo es stellung zum ganzen Novellierungsvorschlage Ab- men sind. Es zeigt sich eben auch da, daß die hat, zu übernehmen. die privilegierten Schichten, die ausschließlich ihre änderungen beantragen. Dieser Prozeß ist noch Durchführung iedes sozialpoliti.
Deshalb die Empörung und Erregung der Vertreter ins Abgeordnetenhaus und Herrenhaus nicht beendet. Jest heißt es, den Kampf ichen Gesezes abhängig ist von der Arbeiterklasse. Die Abmachungen innerhalb der entsenden konnten, als selbstverständlich angesehen zu steigern, der Oeffentlichkeit aufzuzeigen, daß Macht der Arbeiterklasse und daß die allnationalen Stoalition spielen bei dieser Be- haben, die Verwaltung dieser Institute den Ar- die Arbeiterklasse weiß, um welch hohen Einsatz Behörden des bürgerlichen Staates nur dan trachtung der Arbeiterklasse eine vollkommen beitern zu übertragen." es in dieser Frage geht. Und deshalb wird die Achtung vor den sozialpolitischen Gesetzen haben,