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Novelle zur Sozialversicherung noch im Juli durchzupeitschen.

Das ist der Höhepunkt. Diefer Bürgerblod hat schon manche Gefeße am Gewissen, welche sich zum Unglück der Bevölkerung ausgewirft haben. Auch vor diesen Gesezen haben wir ge­warnt, auch gegen diese Gesetze haben die Arbei­ter Protest erhoben. Wir wollen nicht von allen reden. Die Zölle sind längst schon zu spüren, niemand kann heute mehr leugnen, daß Verwal tungsreform und Gemeindefinanzgesetz den Ruin der Selbstverwaltung bedeuten und jede Arbeit unserer Gemeinden und Bezirke er drosseln. In allen diesen Fällen sind zwar auch außerhalb der sozialistischen   Parteien Sritifer an dem Werk des Bürgerblodes aufgetreten, und es waren gerade die fähigsten und berufensten Män­ner, aber doch hat immer noch die Regierung

haben, diese Gesetze zu verteidigen.

Sonderbare Vorgänge bei der Brünner Voltsbildnertagung.

Hodža widerlegt den Margismus.- Die Deutschen   als Afchen­brödel. Bölkische Quertreibereien gegen den ,, Sonderausschuß. Die Kulturautonomie ein Blümchen Nührmichnichtan.

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Bonntag, 8. Juli 1928.

mit beauftragt gewesen, die damaligen Gegensätz zwischen Radikalen und Marinkovic- Demokraten auf der einen und den Davidovic- Demokraten auf der anderen Seite auszugleichen. In der jetzigen Lage allerdings würde seine Mission bedeutend schwerer sein, da er als Minister des Innern von den Kroaten besonders heftig angegriffen worden ist und sich insbesondere durch seine Haltung nach der Schießerei in der Stupschtina noch miß liebiger gemacht hat. Doch ist bis heute Abend die Betrauung Korosecs mit der Kabinetts bildung noch nicht erfolgt und man weiß auch nicht, ob sie erfolgen wird. Dagegen wurde der bisherige Außenminister Dr. Marinkovic In der ersten Sektion des Kongresses am Nachmittag vom König empfangen und hatte wir werden über die Verhandlungen in den Sef mit ihm eine lange Unterredung. Marinkovic er tionen noch berichten- wurde von völk scher klärte nachher den Journalisten, daß die Lösung Seite ein Angriff gegen den Sonderausschuß des der Krise heute nicht mehr erfolgen würde. Er Verbandes der Selbſtverwaltungskörper unter ist auch nicht mit der Kabinettsbildung betraut nommen, der allerdings kläglich zusammenbrach. worden. Es scheint, daß die Radikalen seine Den Herrschaften ist es unbequem, daß im Sonder Ministerpräsidentschaft nicht wünschen. ausfchuffe alle politischen Parteien, und natürlich auch die sozialdemokratische, vertreten sind, wes­halb sie durch einen Professor Kriesten aus Frei­Antisemitismus und Rowdytum waldau den Vorschlag machen liegen, eine eigene in der Sowjetunion  . Sentralorgan fation für fudetendeutsches Volks tum zu schaffen, die völlig in hakenkreuzlerischen ( RED.) Prawda" vom 14. Juni berichtet von Sünden gewesen wäre. Dieser Borstoß gegen den einem emfeßlichen Fall antisemitiſcher Ausſchreitung: Sonderausschuß, der natürlich nichts anderes be­In einer Hofwohnung in Moskau   lebte ein zweckte, als die Sozialdemokraten aus der öffent lichen Volksbildung zu verdrängen, bedeutet felbfalter Inde mit seiner Familie und noch einigen verständlich auch einen Angriff auf den Ver Personen. Der Alte wurde auf Schritt und Tritt band der deutschen   Selbstverwal- von den Nachbarn mit Schmährufen und der liebeng­barstellt, in der die Sudetendeutschen noch einen wir euch ab!" Als die Rowdys jahen, daß der Alte tungskörper, der die einzige Just tution würdigen Versprechung verfolgt: Bald schlachten Rest von Autonomie bewahrt haben. Wie schon nicht imstande war, ernsten Widerstand zu leisten, bemerkt, ist die konzentrische Hezze gegen den Son trieben sie ihr Spiel immer weiter. Sie erwischten ihn irgendwo, banden ihm mit Stricken die Hände berausschuß schließlich zusammengebrochen, an den Leib, warfen ihn zu Boden und rollten ihm mit rohem Gelächter, leere Tonnen über seinen Störper hin und her. So vergingen einige Wochen. Als die Rowdys sich davon überzeugten, daß sie ungestraft davonkamen, faßten fie neuen Mut und beschlossen, den Allten blutig zu verprügeln und seine Tochter zu vergewaltigen... In der Nacht hörten die Leute in den Nachbarhäusern herzzerreißende Silferufe: Hilfe, zu Hilfe, man mordet uns!" Die Rowdys hatten ihre Arbeit begonnen. Der junge Golowtin lauerte dem Alten bei dessen Heimkehr auf und warf ihn zu Boden. Der Alte begann zu weinen, erhob sich und wollte ins Haus hineingehen, der Rowdy warf ihm einen Stock zwischen die Beine, so daß der Alte wieder zu Boden stürzte. Als er sich wieder erhob und im Hause Zuflucht suchen wollte, warfen die Sterle Steine nach ihm. Schließ­lich banden sie einen Strick um ſeinen Hals und schleppten ihn auf diese Weise zum Haustor."

Brünn  , 7. Juli.  ( Eigenbericht.) Die erste| natürlich nicht als Vertreter der deut gesamtstaatliche Tagung der Volksbildner aus der schen Volksbildner angesehen werden Tschechoslowakei  , die vom 5. bis 7. Juli in Brünn   kann, herhalten. stattfand, endete mit einer großen Enttäuschung für alle deutschen Tagungsteilnehmer, von denen mehr als 250 an den Beratungen teilgenommen hatten. Bei der Eröffnungsfeier am Donnerstag hielt Leute gefunden, welche es auf sich genommen Unterrichtsminister Dr. Hodža eine Festrede über das Thema: Die Kultur in der Demokratie". Nicht so bei der Sozialversicherung. Die Dabei leistete er sich die unglaubliche Geschmack Arbeiterschaft steht wie ein Wann gegen den Ent- losigkeit, den Marxismus   widerlegen" zu wollen, wurf, die Fachinänner lehnen ihn ab, die In- obwohl von deutscher als auch von tschechischer Die christlichsozialen Arbeiter Seite eine große Zahl marxistisch orientierter De­rebellieren gegen die eigene Partei und verlan legierter anwesend waren. Er erzählte, daß der gen, daß sie die Verschlechterung verhütet. Die Zen- Mary smus die Psychologie der breiten Maffen traljozialversicherungsanstalt ist gegen die Novelle, nicht richtig eingeschäßt habe, daß er revidiert wer­die Begründung des Gefeßes ift ungenügend, der den niiffe, daß der Sozialismus konstruktiv sein Wortlaut des Entwurfes fonnte von der Koali- und dem Klassentampfgedanken entsagen müsse, tion im Ausschuß nicht mehr gehalten werden, denn der Klassenfampf sei ein Kampfmittel in der eine Einigung ist aber noch nicht zustandegetom Zeit des alten Regimes gewesen, das in die neue men. Der Ausschuß ist also mit der Beratung Beit der Demokratie nicht hineinpasse und die noch nicht fertig aber troßdem soll die Novelle Entwidiung nur bemme, denn in der Demokratie ins Plenum des Hauses kommen, auch ohne gäbe es keine Stlaffe, die die staatliche Erefutive Ausschußbericht und ohne Bericht für sich konfszeren will, was wir doch immer erstatter. Ohne das Gutachten der Zentral- von den agrarischen Stapitalisten, die Herr Hodža sozialversicherungsanstalt zu beachten und ohne die anführt, geglaubt haben. So wenig man den schriftliche Antwort der Opposition abzuwarten, Herrn Dr. Sodža ernst nehmen wird, so energisch soll soll die Novelle Gesetz werden und schon in muß man aber auch gegen seine Taft Einen besonders peinlichen Zwischenfall, der den nächsten 14 Tagen im Abgeordnetenhaus losigkeit protestieren, mit der er die so- besprochen wurde, gab es noch bei der Schlußz durchgepeitscht werden. zialdemokratischen Tagungsteilnehmer behandelte, fitung heute vormittag. Die deutsche Abteilung und die um so schärfer zu verurteilen ist, als im der Sektion 1 hatte an die Spitze der von ihr Für alles das hat der Bürgerblock keine Er- Rahmen einer Festveranstaltung feine Möglichkeit beschlossenen und dem gesamten Stongreß vorzu flärung mehr. Aus bloßen Prestigegrün- bestand, dem neuesten Marxistentöter entgegenzulegenden Resolution die Forderung nach den, nur damit die Arbeiterschaft nicht sagen treten und seine Unwissenheit vor demsel- kultureller Autonomie gestellt, die na kann, der Bürgerblock jei vor ihr zurüdgetreten, ben Forum, vor dem er mit seinen Phrasen ge- türlich für die Volfsbildungsarbeit von großer will er uns die Schandnovelle aufzivingen. Er prunft hatte, nachzuweisen, Wicht gkeit ist. Sente früh wurde nun mitgeteilt, weiß, daß er die Mehrheit hat, und daß er daher Bezeichnend ist auch folgende Episode. Nach daß dieser Passus nicht einmal zur beschließen kann, was er will. Wir aber wissen: Sodžas Rede wurden einge Begrüßungsanspra Berlesung gebracht werden dürfe, da diese Der Bürgerblod fann die Sozialversicherung erchen gehalten, darunter von Slowaken, Starpatho- Frage nicht auf der Tagesordnung gestanden sei. schlagen, wie er die Selbstverwaltung erschlagen ruffen, ia sogar von einem russischen Emigranten, Das ist natürlich nur eine Ausflucht, denn in der hat, er wird sie aber nicht lange überaber von feinem Deutschen  . Endlich ergriff als Sektion ist die Forderung nach fultureller Auto die eine in leben. neunter und letzter Redner Dr. W ou cha in deut- nomie als prinz pielle Forderung einstimmig auf scher Sprache das Wort. Wie man erfuhr, hatte gestellt und somit auch behandelt worden. Die Wieder ein Flugzeugunglück die Kongreßleitung, um keinen Standal her- völlige Unterdrückung dieser Stelle durch den Vor­fich aufzubeschwören, in der letzten Minute au deutsche figenden, der ja die Resolution wenigstens hätte Funktionäre mit der Bitte um ein paar Begrü- zur Abstimmung bringen lassen fönnen, rief den Bungsworte gewandt, angesichts der Mißachtung lebhaftesten Unmut der Teilnehmer hervor, die der deutschen Delegierten aber natürlich überall auch verärgert die Tagung- die fich auch im Abweisungen erfahren. So mußte denn schlich übrigen durch eine geradezu einzig dastehende Des­lich der Minister albeamte Dr. Mowcha, der organisation auszeichnete

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und wieder in Olmüh. Olmüb, 7. Juli. Am 7. ds. gegen 6 Uhr früh startete das Flugzeug A 11-19 mit dein Feldpiloten Zugsführer Josef Vojačel und dem Flugzeugwärter Zugsführer Augustin Nejdat. Nach dem Start glitt das Flugzeug bei der zweiten

verließen.

Drehung ab, gelangte in ein Luftloch und drang Die Außenpolitik der neuen Reichs-| Korošec, der kommende

in die Erde ein. Die beiden Flieger wurden hievei verleßt und starben während der Ueberführung in das Divisions- Krankenhaus Nr. 7. Das Flugzeug ist zertrümmert. Die Unglüdsstätte befindet sich zivischen dem Flugplaße und Neretein.

regierung.

Korošec, der kommende Mann?

Die Nachbarn begannen auf die Rowdys zit schimpfen und sie ließen den Alten auf einen Augen blick los. Dieser mußte die Gelegenheit aus, stürzie ins Haus und schloß die Wohnung ab. Die Row­dys machten daraufhin Anstalten, die Wohnung zit stürmen. Die Familie des Betreffenden rief um

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Silfe und alarmierte sämtliche Nachbarn. Es war das Bild eines richtigen Progroms" fügt die Belgrad  , 7. Juli. Auch der beutige Tag hat Prawda" hinzu. Erst um 4 Uhr morgens, als Berlin  , 7. Juli. Das Reichskabinett wird eine Lösung der Regierungskrise gebracht. Aller bereits das ganze Haus alarmiert war, stellten die laut Bossischer Zeitang" seine nächste Sigung dings haben die Mehrheitsparteien eine bemer- Rowdys ihren Angriff ein. Montag nachmittag abhalten. Zur Beratung lenswerte Anregung beschlossen; sie haben nämlich ,, Am anderen Tage erschienen beim Alten givet stehen fast ausschließlich Fragen der auswärtigen beantragt, daß der Führer der Slowenischen Vertreter der Banditen, die ihm klipp und klar er Bulletin über das Befinden des Minister- Politik, der deutsch  - polnische Handelsvertrag und katholischen Volkspartei Dr. Korosee damit klärten: Wenn du gegen uns Anzeige erstatten präsidenten Dr. A. Svebla, ausgegeben von der Kelloggsche Vorschlag eines Antifriegspaftes. beauftragt werde, aus der alten Soalition wirst, so schlagen wir dich ohne weiters tot." Der den behandelnden Aerzten am 7. Juli: Die Am Dienstag soll der auswärtige Ausschuß des eine neue Regierung zu bilden. Korofec Aite war so überzeugt von der Allmacht der Row­Bauchbeschwerden dauern noch an. Herztätigkeit neuen Reichstages sich zum erstenmal verfam soll versuchen, die Spannung zwischen Serben und dys, daß er es in der Tat nicht wagte, sie zu ver­regelmäßig. Keine Beschwerden auf der Brust. meln. Reichstanzler Müller- Franken, der wäh- Stroaten zu flären und vor allem den offenen lagen." Im Urin ist weder Eiweiß noch Zucker. Schwel- rend Dr. Stresemanns Urlaub das auswärtige Sonflikt ivegen des Revolverattentates in der Nur dank den Erzählungen der Nachbarn Tant lungen gibt es überhaupt nicht. Der Blutdruck ist Amt leitet, wird über die aktuellen Angelegen Stupſchtina auszugleichen. Korosec, der im letzten normal. Gezeichnet Prof. Dr. Pelnař, Dozent heiten der Außenpolitik vertrauliche Erklärun- Stabinett das Ministerium des Innern verival­Dr. Vanyset. gen abgeben. tete, ist auch bei der vorigen Kabinettsbildung da­

( Rachbrnd verboten.) gekämpft worden sei... irgendwoher, von der Borstadt la Boca wohl hört man das Bellen eines Sif, Maschinengewehrs... der Hafenoffizier, der die das Weib, das den Mord beging.äffe kontrolliert, ist jetzt bei den Passagieren der zweiten Klasse angelangt...

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Von Red- Malleegewen. Copyright by Dreimashen- Verlag, München  . ,, Satan, Feigling.. Und nun hat sie wirklich, eine kleine, etwas tomische Lucrezia, den mitgebrachten albernen Dolch gezogen... nein, es ist gut so, daß der ein­tretende Russe allen weiteren Möglichkeiten ein Ende macht.

Wecken Sie ihn auf!" herrscht sie den Die­ner an. Dann speit sie aus vor dem Schlafenden und verläßt den Raum.-

dieser Fall ans Tageslicht.

lunken Baraccas, und da steht sie nun schon, lichen Gestank halbierter Ochsentadaver, uvalten schreckhaft hervorspringend aus einen knallgelben Rotes, unreiner brüllender, schnatternder Men albendhimmel, die Silhouette des murrenden Unschen. Ein paar Bettler mit Gesichtern, die eine geheners, das bis hierher seinen Duft von exotis abgründige Strankheit zerfreffen hat, Niggerwei­schen Odeurs und Unrat und Verwesung und Weiberfleisch und Begehren herüberschickt.

Herr Nickert, in Sachen der Telefunken- Ge­sellschaft von Hamburg   kommend... Rabbiner Der Oberst Miramon erzählt von seinem Doktor Vogelsang, weiter reisend über Mindoza Bejizztum am unteren Strom... ein Juwel, Ma nach Santiago Senjor Sorolla aus Bahig dame, ein Rejugium für kleine weibliche Raskol­nebst Gattin und Baby... donde esta Senor Soniloffs... man wird, wenn man heute die zer­rolla? schossene Stadt besichtigt hat, ein paar Tage dort verbringen. Und dann erzählt er ihr, während sie anlegten an den Landungstreppen, von der meri fanischen Revolution, wo man die Minister von Maultieren durch die Straßen habe schleifen lassen ... aus der Deputiertenkammer geholt, im Frack und mit dem Großorden des Guadelupe- Ordens, Madame...

Eben als der die Namen aufrufende Offizier bei ihr angelangt ist, sieht sie den Oberst Mira­mon, wie er rasiert, korrekt gekleidet, in guter Form, kraft einer neuen Morphiumspriße wohl, die Treppe der zweiten Klasse herauskommt. Und nun, während der Offizier ihren Paß in den Hän­den hält, ist sie doch blaß geworden. Gleichviel, besser den argentinischen Behörden als diesem Menschen da in die Hände geraten...

Nein, nicht doch: der Offizier nimmt zwar nicht sonderlich Notiz von einer so erlauchten Persönlichkeit, wie es der Oberst Miramon doch zu sein scheint... er flappt aber zufrieden den Baß zu, salutiert, die Formalität ist erledigt. Nach einer weiteren Viertelstunde klettert sie, während der kleine Telegraphist ihr mit einer sorgfältig studierten Abschiedsrede einen Beilchenstrauß überreicht, während sie das Geländer als ein letz tes Stüd Heimat liebfost, die Fallreeptreppe hinunter in das wartende Boot.

Mag er seine Radamontaden erzählen: er hat keine Macht mehr über die kleine Sif.

Und dann steigt man die morschen Holzstu­sen hinauf, sieht einen Trupp von gestern gefan­genen Desperados, der mit Stolbenstößen wie eine Sammelherde wie auf einen Leichter getrieben wird und seine Flüche hinüberschickt zu den höh nenden Dandys auf dem Kai. Und dann die Flut des nach Geld und Liebe brüllenden brutalen Le­bens: Niggerelegants mit grellroten Strawatten, die halblegitimen Agenten des Frauenhandels, Zeitungsverkäufer, zehnjährige fünftige Hochfi nanziers, die unter Ausnüßung der Stonjunktur mit Kugeln und anderen Kampfandenken von gestern bandeln... der Oberst Miramon endlich, ber sich den Weg bahnt durch dieses Gewühl, mit

Sie hat es übersehen in diesen letzten zehn Minuten, daß die Manchouria inzwischen vor An­ter gegangen ist. Unten im Zwischended mustert bereits der an Bord gekommene Hafenkommissar die in Reih und Glieb angetretenen Einwanderer mit einem Blicke, vor dem ein überhißter Dampf­tessel zu einem Eisblocke erstarren tönnte. Und da drüben unter einer senkrecht, in der stillen, heißen Luft aufsteigenden Rauchwolfe liegt nun das Un­geheuer, das auf sie wartet: rechts der Palermo  Park, die Kuppeln der Kathedrale, bei der man gestern gekämpft hat, die Dockinsel, links das Ver­brecherviertel Baraccas... der kleine Telegra phist, der die letzten Minuten zu einem harmlosen Flirt benüßt, erklärt ihr eifrig die Topographic Und dann schiebt der La Plata   feinen unbei der gewaltigen Stadt. ligen Lehmfluten vorüber mit Bananenschalen Und Zollbeamte find an Bord gekommen mit und aufgetriebenen Tierkadavern, den Unrativol den neuesten Nachrichten von dem Putsch: drei- ken der Stadt und den kleinen schwimmenden et- der Stiefelspitze einen sich sonnenden, rändigen hundert Tote, standrechtlich erschossen auf dem zen sumpfiger Erde, die mit Dornbüschen und klei- Röter fortstößt, seinen hierher bestellten Chauffeur Blaza del Mayo... Russen darunter, geborener, wie ein Bordellbesitzer aussehender Industriemag­nat mit Brillantengeschwüren an den dicken Fin­gern eifert für Freiheit und Fortschritt gegen den von Europa   eingeschmuggelten Bolschewismus... Herr Juan Carlos Möller will wiffen, ob an der Calle Rivadavia, in der Nähe seines Schuhladens

nen grünen Giftschlangen abgerissen sind oben in der fernen Waldheimat des Stromes. Schlepper schießen vorüber mit dachsbeinigen braunen Ar­beitern, die nun schon zur Nachtschicht hinüber­fahren nach den großen Weizendampfern, ein wei­Ber Kreuzer der Staatsmarine zeigt mit soliden Behnzentimeterkanonen hinüber nach den Spe­

ber in entseßlichen blauroten Kostümen, Stokotten aus Galizien  , Sokotten aus Sachsen  , an der Ecke ein mit den Pockennarben frischer Kugelspuren übersätes Haus, die blutroten Plakate des Stand­rechts, eine Wache mit einem Maschinengewehr, um das zwei monokelbehaftete Offiziere herum­pendeln.

Und dann eingebogen in die Calle da Riva davia, die die ganze Stadt zerschneidet mit ihrem geraden Messerschnitt... tiefer hinein in den großen Bratenrost des eben zum Korso erivachten Buenos Aires  !

Hamburger Kommis sind da, die von den Weizenpreisen sprechen und argentinische Fleisch­barone, in Cabs und Tandems paradierend, be­sichtigen mit ihren Damen die Kampsspuren des gestrigen Tages. Franziskanerpriester ziehen vor­über auf elenden sleppern, und fette eingeborene Weiber, von der Tageshitze, dem Hängematten­dasein erlöst, schmiegen sich in die Polster lack­strahlender Viktorias; und unter der Wagendecke benäißt, was sie übrigens nicht beachtet, der ihr gegenübersißende Diener Theodorowitsch die Ge legenheit, um sein Senie an das ihre zu pressen.

Unzweideutige Bemerkungen schwirrten von Mund zu Mund, und Parfüme sind da. die beinahe schon einen flandrischen Gasangriff be­deuten, und alles... Männerblicke und Lachen und der Duft des Weiberfleisches und das Knic der Kreatur da mit dem Hundehalsband des Oberst Miramon; alles staut sich in der heißen stillen Luft zwischen der gotischen, barocken, mau­instruiert, mit der Reitgerte einem kleinen Halb- rischen Barbarenarchitektur dieser Häuser zu einer gott, der auf dem Trittbrett des Wagens noch sein Wolfe von Wollust und Sündhaftigkeit, saugt sich Orchideensträußchen loswerden will, einen Jagd- fest an dem Fleisch des schönen blonden Geschöp­hieb über das Gesicht zicht: Motor angeworfen, fes, das davongefahren wird als die Beute eines eingekuppelt, die Fahrt ins Ungewisse beginnt. gierigen Revenants und eines geilen Senechtes.

Die kleinen Gassen des Hafens zuerst mit den fliegenumjummten Fleischgewölben, dem entsetz­

( Fortjegung folgt.)