Bette 2
Untersuchung der italienfeindlichen Demonstrationen.
Inland.
Mittwoch, den 22. Mugaft 1928.
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Revolutionäre.
Eine englisch - französische Intervention? Sofia , 20. August.( Eigenbericht.) Im Zu sammenhang mit den jüngsten politischen Mor den in Sofia und in den mazedonischen Grenz bezirfen hat das Innenministerium einen Be fehl an die Polizei gerichtet, demzufolge sämtliche Personen zwangsweise zu stellen sind, die ohne Erlaubnis im Besive von Waffen angetroffen werden. Die Waffen sollen beschlagnahmt und die Träger strafrechtlich verfolgt werden. Personen, die sich in Sofia herumtreiben und nicht nachweisen können, daß sie dort ihren Wohnjizz haben, werden interniert. Wie eine Berlant barung der Stadtkommandantur von Sofia mitteilt, sind bei den Polizeistreifen der letzten Tage bereits zahlreiche Leute verhaftet und in Internierungslager abgeschoben worden.
wird, ist kaum anzunehmen. Er hat es allmählich haben vergessen, daß nur das Parlament bas gelernt, auf internationale Bindungen Rücksicht Recht hat, die Verfassung zu ändern, aber mant zu nehmen, so daß er sich nun kaum entschließen wird sich darüber nicht fäuschen können, daß die Belgrad , 21, August.( Avala.) Auf Grund dürfte, feine Legionäre zu bitten, ihm Kowno als Legionäre und das Wiilitär unter den gegebenen Ostergeschenk darzubringen, wie er es einst in politischen Zuständen in Polen tatsächlich die oer von der italienischen Gesandtschaft in Belgrad Th. L., Warschau , Mitte August. Bezug auf Wilna getan hat. Dabei muß man, Macht besitzen, jede von Pilsudski gewünschte Verdem Außenministerium übergebenen Note über Man hat jetzt in Warschau gut reden, daß ohne auf die juristische Seite dieser Frage einzu- faffungsänderung durchzuführen, wenn sie vom die italienfeindlichen Manifestationen in Sebe die Befürchtungen, die im Ausland an das Da- gehen, feststellen, daß Pilsudski mit dem Ausruf Parlament abgelehnt werden sollte.„ Mit Dir auf nico hat das genannte Ministerium eine strenge tum des 12. August die Wilnaer Legionär- Wilna ist polnisch", den er unter nichtendenwol- Leben und Tod, Kommandant" das war der Untersuchung der ganzen Sache angeordnet. So- tagung gefnüpft wurden, sich als falsch, und lendem unerhört begeisterten Beifall der Legio- dominierende Ruf auf der Wilnaer Legionär bald die Untersuchung beendet sein wird, wird insbesondere die Vorstellungen deutscher Reichs- näre vorbrachte, durchaus Recht hat. Man fehe tagung, und er bleibt auch für die nächste Zu stellen bei der Berliner polnischen Vertretung als von der Tradition Wilnas in der polnischen Ge- funft charakteristisch für die politische Lage in das Außenministerium der italienischen Regie- übertrieben und deplaziert erwiesen haben. Tat- schichte ab, obwohl man Beweise dafür auf Schritt Polen . rung seine Antwort auf die Note zukommen lassen. fächlich wußte man noch am Vormittag jenes und Tritt in den Straßen Wilnas begegnet. Aber Tages nicht, was der Nachmittag, an dem Pil- entscheidend ist die Tatsache der überiviegenden judski zu seinen alten Legionären sprechen sollte, polnischen Bevölkerungsmehrheit dieser Stadt, die bringen wird. Im Gegenteil: der Verlauf einer von Woldemaras erst fürzlich zur litauischen LanDie Lohnverhandlungen im Ostrau- Kari Feier, die noch um die Mittagsstunde im Wilnaer deshauptstadt erhoben worden ist. Soll die Natio= Stadthause stattgefunden hat, stärkte die allge- nalitätenfrage in Betracht gezogen werden, dann ner Revier. Am 13. ds. ersuchten die Bergarbet meine Ansicht, Pilsudeti werde in seiner Rede müßten eher als die Litauer, die kaum zwei Proterorganisationen des Ostrau- Sarwiner Reviers, die den kollektiven Lohnvertrag unterzeichnet inner- und außenpolitisch Entscheidendes sagen. zent der Bevölkerung betragen und in der Stadt die den kollektiven Lohnvertrag unterzeichnet Diese Feier erschien geradezu als ein von geschick- felbst garnicht zum Vorschein kommen, schon die haben, der Svaz horniku und die Union der ter Regie gestellter Auftakt zu den Ereignissen Juden befragt werden, zu wem sie gehören wol Bergarbeiter, das Arbeitenministerium um verdes Nachmittags. Der General Ryd; Smigly for- len. Wir taten es- und erfuhren, daß sie Polen mittlung in den Lohnverhandlun berte hier, von minutenlangem Beifall umbraust, mit feiner westlichen Orientierung immer noch gen. Nach Informationen der PTTA. hat das die Legionäre auf, ihren Marsch, den sie bei der diktatorischen Herrschaft Woldemaras vorzie Arbeitenministerium dieser Tage eine Unterju- Striegsausbruch zur Befreiung Bolens begonnen hen. Man hat in polnischen Linkskreisen den Gechung der wirklichen Arbeits- und Lohnverhält haben, jetzt zu vollenden. Saben die Legionäre danfen einer Autonomie für Wilua erwogen nisse im Ostrau Karwiner Revier eingeleitet, um diese Worte anders auffassen können, als die An- man wird ihn als einen Versuch billigen, den verläßliches Material zu eventuellen Verhandlun fage eines Marsches auf Kowno ? Und wünschten polnisch litauischen Konflikt, für dessen friedliche gen der Angestellten mit den Vertretern der sie nicht selber, als sie in der gleichen Feier den Beilegung keine Möglichkeit besteht, zu überbrüt Direttorenkonferenz zu erhalten. Diese Beratung Schwur ablegten, den Marschall bei der Einfüh- fen und damit die Gefahr einer Eriegerischen Lö wird vom Arbeitenministerium im Laufe des rung einer neuen Staatsordnung mit allen Mit fung zu bannen. Rein fachlich genommen besteht Septembers nach Prag einberufen werden. Von teln zu unterstüßen, eine entsprechende Einleitung aber für eine Autonomie taum eine Voraus den Ergebnissen der Untersuchung wird auch die für die erwarteten innerpolitischen Anfündigunt feßung. Antwort des Ministeriums auf das schriftliche gen Pilsudskis zu schaffen? Die gänzlich unpoli- Pilsudski wird mit der Ausarbeitung eines Gesuch der Arbeiterverbände um Einberufung sche Rede Pilsudstis hat sie daher und mit Feldzugplanes gegen Litauen wohl nicht beschäfber gemeinsamen Beratung abhängen. ihnen die Piljudskikreise im ganzen Landstarktigt sein- schon deshalb nicht, weil es zur BeBerhandlungen über die Spiritusverwer- enttäuscht. Sie waren, faft 10.000 Mann start, feßung Litauens solcher ſtrategiſcher Vorbereituntungsgesellschaft im Finanzministerium. Wie die nach Wilna gecilt, um die Befehle ihres Mar- gen erst garnicht bedarf. Man wird diesmal die PTTA. erfährt, fanden gestern im Finanzmini- schalls entgegenzunehmen, bereit, ihnen sofort vernünftige Haltung des Warschauer Außenministerium unter dem Vorsize des Ministerialrates blind zu gehorchen und wurden statt dessen steriums, das unter gänzlicher Beiseitelassung Hat Beratungen zwischen Vertretern des Finanz- über die tiefere Bedeutung des Wortes lieb" irgendwelcher Preſtigerücksichten auf die verschie ministeriums und der Spiritusverwertungsgesell- belehrt, das im Munde des rauhen Striegers be- denen litanischen Noten und Vorschläge eingeht, schaft statt. Es handelte sich darum, auf welcher sonders eigenartig klang. Aber das charakterisiert um so cher mit den persönlichen Ansichten PilGrundlage die Spiritusverwertungsgesellschaft ja Pilsudski , der in keinem westlichen Lande und fudstis identifizieren dürfen, als bekannt ist, daß weiter die Spirituswirtschaft fortseyen soll. Die nur in Polen mit seiner zum Legendären und fast er im Sinne seiner Ankündigung, die AußenVertreter der Gesellschaft präzisierten ihren Mythologischen neigenden Mentalität als Führer politik werde in seiner Hand ruhen", lebhaften Standpunkt zu den einzelnen Fragen, die im denkbar ist, daß er noch als Feldherr und Dif- Anteil an der Politik des Außenministeriums Laufe der Wirksamkeit der Gesellschaft neu auf- tator in der Romantit stedt, ein Gefühlsmensch Litauen gegenüber nimmt. Polen überläßt die getaucht sind, indem sie von den veränderten ist. Das mag rein menschlich noch so interessant Entscheidung dem Bölkerbund und int das ruhigen Verhältnissen ausgingen, die im Laufe von fünf fein in politischer Beziehung wird man aber Herzens, denn alle Chancen liegen auf der pol Jahren in der Spirituserzeugung und dem gan die Gefahr nicht übersehen dürfen, daß sein Genischen Seite. Versagt jedoch der Völkerbund - zen Spiritushandel eingetreten sind, wobei sie fühl das keinerlei Kontrolle unterliegt, eines Ta- dann ist Ueberraschungen, die angesichts der unauch auf die besondere Situation in der begin- ges mit ihm durchgehen könnte. Man erinnert sicheren politischen Lage in Polen immerhin nicht nenden stampagne hinwiesen. Die Delegierten ich noch, wie er erst vor wenigen Wochen drohte, ganz ausgeschlossen sind, das Tor geöffnet. Anders steht es mit den innerpolitischen das Dirnemparlament" wie einen„ Dreckigen der Gesellschaft machten auch auf technische und Wurm" zu zertreten! Damals machten seine Fragen. Hier wird es schon keine Ueberraschung formelle Aenderungen des Charafters aufmerksam den der ständige Vertrag mit der Gesellschaft Worte den Eindruck eines schwerkranken, geistig mehr sein, wenn Pilsudski zu Beginn der Herbsterhalten muß. In den einzelnen Forderungen vollkommen ruhig, sie waren von einer wehmütig- vorlegen wird. Worin sie bestehen soll, ist heute überanstrengten Mannes- diesmal wirkten ſie ſeſſion dem Parlament feine Verfassungsreform ging die Debatte auseinander, in der die Vertreging die Debatte auseinander, in der die Vertre- derben Note durchsetzt, die man in der Ansprache schon in großen Zügen bekannt: Erweiterung der des Finanzministeriums einerseits den Standpunkt des Miniſteriums präzisierten, an- cines alten Soldaten, der zehn Jahre nach dem Macht des Staatspräsidenten, auf welchen Poſten Striege mit seinen ehemaligen Waffengefährten Pilsudski felbst zu reflektieren scheint( an Stelle dererseits sich hinsichtlich der meritorischen Rege- Erinnerungen austauscht, wohl begreiflich. Die der bisherigen Wählbarkeit des Staatsoberhaupts lung der hergebrachten Umstände die Entschei letzten Wochen scheinen Pilsudski gut bekommen durch das Parlament soll die Wählbarkeit durch dung des Finanzministers Dr. Englis vorbehiel zu haben- er ist, nach äußeren Anzeichen zu das Bolt treten) und Pilsudski hat sich erst fürzten. Die ganze Frage der Spiritusbewirtschaftung schließen, wieder auf der Höhe. Wer gesehen hat, lich als den populärsten Mann in Polen bezeich durch die Gesellschaft muß längstens in einer wie er sich an jenem Sonntag in Wilna zu benet, ferner die Abschaffung der Verantwortung Kellogg fährt nicht nach London . Woche erledigt sein, damit ab 1. September der herrschen verstand, der wird an seiner Nerven- der Regierung dem Parlament gegenüber, und, Zuschlag von 8 K für einen Liter trintbaren tärte nicht weifeln können. New York , 21. Auguft. Nach einem Teles was sich daraus ergibt, die Einschränkung der Alkohol für die Staatstaffa durch die Gesellschaft Pilsudski hat seinen Legionären nichts von parlamentarischen Rechte auf ein Mindestmaß. gramm, das die New York Times von Bord der eingehoben werden kann, widvigenfalls die feinen Plänen verraten- Sesto intensiver wird Das demokratische Lager wird im parlamen- Ile de France" erhalten hat, hat Staatssekretär Staatsfinanzen durch weiteren Verschub einen er sie im stillen vorbereiten. Das gilt wohl weni tarischen Stampfe gegen diese Pläne einen schweren Stellogg beschlossen, von einem Besuch in Lon Entgang erleiden würden. ger in außen- als in innerpolitischer Beziehung. Stand haben. Davon zeugt jener Wilnaer Schwur don angesichts seiner Paviser und Dubliner VerDas Präsidium des Abgeordnetenhauses Denn in welches Stadium der Konflikt mit der Legionäre, daß sie ihren Marschall mit allen don angesichts seiner Paviser und Dubliner Verwird Freitag, den 24. August um 15 Uhr eine Litauen auch fommen mag daß Pilsudski in Sträften bei der Schaffung einer neuen Verfas- pflichtungen abzusehen. Kellogg beabsichtigt, drei absehbarer Zeit den Marsch auf Kowno befehlen jung unterstüßen werden. Die Leute um Pilsudski Tage in Irland zu verweilen.
Sibung abhalten.
( Nachdrud verboten.)
Tal Eden.
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Erzählung von Anna Mosegaard. Aber mit den Zwillingen war auch Schluß zugleich. Stolz war Ruth auf ihre blühende Stin derschar, aber da nun die Großmutter nicht mehr regierte unter der lärmenden Schar, mußte es schon genug sein. Und der Herrgott holte feinen von den Fünfen zu sich, er teilte nicht mit den Eltern nach dem Sprichwort, das die Dorfbewohner immer bereit hatten, wenn von ihren Kindern die Hälfte bald wieder starben.
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nie irgendwelche Anlage zur Träumerei. Daheim| Anrede las. Es gab nur einen Menschen, der sie faßie er wader zu, ging den Eltern zur Hand, Meine liebe fleine Ruth" nannte, und dieser wo es nötig war, auf dem Feld, im Haushalt mußte ihr fremd bleiben. und, wenn es sein mußte, in der Gastwirtschaft, Ruth wang sich zur Ruhe und las den da auch Tante Nieke, die immerhin einen Teil Brief bis zu Ende. der schwersten Arbeit auf ihre Schultern geladen hatte, der Mutter bald nachgefolgt war. Satten die Eltern einen besonders heißen" Tag, dann bemutterte der zehnjährige schlanke Snabe seine
einen Geschwister, denn die kaum dreijährigen wädels waren mit ihrer zappelnden Lebendig feit so recht der Mutter Quälgeister. Lisbeth und Ruth waren schwarzlockig und braunäugig, ganz der Mutter Ebenbilder, nur viel froher und ausgelassener. Meine„ Mohrenköpfchen", nannte der Vater sie.
Mit Sing und Sang war der Frühling ins Land gezogen. In Tal Eden gab es alle Hände voll zu tun, Frau Ruth hatte das Reinemache fieber", wie May Rosenbusch behauptete: Das Unterste hätte sie zu oberst gefehrt, nun fehle bloß noch, daß sie den Hof schenere.
In Tal Eden wuchsen alle Fünf heran, zu der Eltern Glück und Freude. Friß, der nun in dem fidelen Onkel einen herzensguten Vater gefunden hatte, wußte nicht, daß er nicht mit dem felben Rechte Vater sagen durfte wie feine Geschwister. In Tal Eden gab es keine verhätschelten Lieblinge und keine Stieffinder. Die gleiche Liebe Ruth lachte und ließ sich nicht stören in ihrer und Strenge, wo sie angebracht waren, verteilten Arbeit. Frit lag mit den Kleinen im Grafe und sich gleichmäßig auf alle Fünf. Das war es ge- verabreichte ihnen ihr Vesperbrot; da kam der rade, das Ruth den Mann und Vater ihrer Min- Postbote der immer mehr schätzen und lieben lernte. Sie Postbote den Wiesenpfad entlang, der nach Tal hat ihre Ghe nie bereut. Eden führte. Fritz, geh' dem Postboten enige
Ruths Knaben waren alle blondhaarig und gen!" gebot die Mutter von der Schenkstube aus, blauäugig; trotzdem der Friß Hans Sagen sehr wo sie mit Fensterpußen beschäftigt war. Fritz ähnelte, fonnte man ihn ebenso gut für den ältesten gehorchte, kam aber mit leeren Händen zurück; der Rosenbusch halten. Nur das Mutterauge entdeckte Bote hätte ihm den Brief nicht geben fönnen, einige kleine Abweichungen. So war Frizzens weil es ein eingeschriebener Brief sei. Blondhaar mehr weich und lockig, und in dem An Fräulein Ruth Gründler in Tal Eden Glanz der Blauaugen lag ein stilles Leuchten im war das Schreiben adressiert. Ruth befab es lang Gegensatz zu den Flachstöpfen, denen immer der hin und her. Dann öffnete sie es; vier lange Schalk in den Augen blißie. Anfangs war Ruth Seiten voll. Da schenkte sie dem Boten einen immer in Angst gegangen, der Fris möchte auch frischen Trunk und verließ die Schenkstube. Den im Wesen auf den Vater schlagen, vielleicht würde Brief nahm sie mit. In der Küche hatte es start einmal die Stunde kommen, wo ihm Tal Eden geraucht, darum nahm sie ihn mit hinauf in ihr zu eng würde, aber mit den Jahren verlor Schlafzimmer, um das Schreiben dort in Ruhe sich das Angstgefühl. Denn obwohl Frizz in der 6 lesen.
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Schule ein gescheiter Stopf war, bemerkte Ruth Der Brief zitterte in ihrer Hand, als sie die
Meine liebe kleine Ruth!
Eigentlich hab' ich gar kein Recht mehr, Dich so zu nennen, da ich das Kleinod, das ich einst besessen, so leichten Staufes hergegeben habe! Verzeihe mir, liebe Ruth! Nein, ich habe nicht schön an Dir gehandelt, aber noch einmal: verzeihe mir! Meine Zeit, die ich noch zu leben habe, ist furz, sehr kurz bemessen. Ich sive hier in meinem Atelier in zehn Decken und fünf Sissen gepackt und schreibe auf meinen Knien diesen Brief. Leidend war ich schon immer und habe in sträflichem Leichtsinn nichts getan, der anschleichenden Krankheit entgegenzutreten. Gewüstet habe ich mit meiner Gesundheit. Dann kam die Neue! Der Gram, die Sehnsucht nach Dir, Ruth! Die nahm den letzten Rest von meiner Lebenskraft. Und bald ist's zu Ende. Doch ich muß weit zurückgreifen, um Dir alles verständlich zu machen. Ruth! liebe Ruth, wärst Du nie von mir gegangen! Freilich konn test Du mit Deinem feinen Gefühl nicht anders handeln. Und doch wie oft hab' ich gewünscht, Du hättest nicht so still und bescheiden der Andern Plat gemacht. Du hättest den Kampf mit ihr aufnehmen sollen, Du wärst ganz gewiß als Siegerin hervorgegangen, das weiß ich heute. Aber
es hat eben nicht sein sollen. Für Dich ist's vielleicht besser gewesen, für mich war's der Ausang vom Ende. Das Ende des Künstlers, es schritt dem Menschen Hans Hagen um Jahre voraus. Gva wurde mein Weib. O, sie hat mich verhätschelt, solange sie mit mir glänzen konnte. Als dann das Elend kam und meine Krankheit dazu, da mar auch ihre Liebe weg. Nur den Künstler hat sie lieb gehabt, den Menschen nicht. Ja, liebe Ruth, die Büßerin" hat nich berühmt gemacht, alles, was ich nach ihr schuf, blieb unbeachtet. Wieviele Modelle hab' ich nach Dir gehabt! Weiß Gott ,
Diese Aktion der bulgarischen Regierung gegen die mazedonischen Terroristen wird nach den Informationen einiger Blätter auf die englisch - französische Demarche zu rückgeführt, über deren Verlauf die bulgarische Regierung nach wie vor schweigt. Die Behaup tungen der Presse, daß der englisch - französische Schritt die Regierung in eine schwierige Lage ge bracht habe, da die Zurückweisung der von eng lisch- französischer Seite ausgesprochenen Wünsche hinsichtlich der Auflösung der Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation das Schei tern der Anleihe und andere Komplikationen zur Folge haben könnte, bezeichnen die offiziellen Stellen als unzutreffend. Der Ministerpräsident erklärte: Alles ist ,, Wind".
In Sofia felbst lächelt man über den Regierungsbefehl, die mazedonischen Komitadschis zu entwaffnen. Er dürfte in den Grenzfreifen Petritsch und Küstendil niemals durchgeführt werden, weil dort faktisch der Bandeführer wan Michail off herrscht. Der Polizeiminister Liaptscheff dürfte es selbst angesichts der Gefahr eines Scheiterns der Völkerbundanleihe nicht wagen, energisch gegen die Mazedonier vortend mit dem Ausbruch eines Bürgerkrieges oder zugehen, denn das wäre praktisch gleichbedenmit dem Sturz der Regierung. Seer und Polizei, in denen der mazedonische Einfluß vorherrschend ist, ständen in dem gleichen Momente gegen die Regierung.
von wo ich sie mir alle herholte! Aber Du warst es nicht. Ruhm wollte ich! Ruhm! Und sant doch bald ganz ins Vergessen! Von den Halbheiten, die jeder Stümper fertigbringt, wollte ich nichts wissen und brachte doch kein Kunstwert mehr zutage. Ja, wenn Du bei mir geblieben wärst, liebe Ruth!
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wie oft habe ich Dich im Geiste als junge Mutter gesehen. Wie habe ich mich gesehnt nach Dir! Gesehnt nach Glück, nach Liebe und nach der alten Schaffenstraft! Oft habe ich Dich rufen wollen! Aber ich wußte es, Du würdest nicht kommen. Ich war zu stolz, mir einen Korb zu holen; Du standest ja in Deinem Rechte. Seit Jahren schon ist meine Ehe getvennt. Warum ich es nicht zur gesetzlichen Scheidung kommen ließ, ich weiß es selbst nicht. Unsere Ehe war kinderlos. Kinderlos und lieblos.
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Aber wohin schweifen meine Gedanken; ich muß ja eilen, die Sanduhr ist bald abgelaufen. Warum ich Dir nun heute schreibe? Weil ich Dich noch einmal sehen muß, ehe ich von hinnen gehe! Mein Kind, Ruth, ich möchte es so gerne kennen lernen. Ich sehne, sehne mich so, sehne mich so unbeschreiblich nach Tal Eden! Der Arzt meint, daß ich die Reise noch machen kann. Sollte ich irgendwo noch genesen können, dann müßte es Tal Eden sein. Und muß ich scheiden von dieser Welt, dann will ich dem Tode offen ins Auge schauen. Nuth, liebe kleine Ruth! Bitte die Groß mutter recht herzlich von mir, daß sie mich in Tal Eden aufnimmt als Sommergast. Ein junger Herr" bin ich ja nun längst nicht mehr. Und meine Pflegerin, die gute alte Frau Wachtelmann, bringe ich mir selber mit. Bitte gib mir recht bald Antwort, ob ich kommen darf.
Mit tausend Grüßen Hans Hagen.
NB. Sei nicht böse, liebe Ruth, und schreibe mir ob es bei Euch immer noch Wanzen gibt, ich fürchte die Tiere so sehr, noch dazu, wo ich jetzt so leidend bin. D. D.
Fortsetzung folgt.)