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8. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Sonntag, 26. August 1928.

Aechtung des Krieges? Katastrophe auf der New- Yorker Unter­

Am Montag wird die Welt um ein paar Seltjomfeiten reicher werden: um eine Ber­fammlung europäischer und überjeeischer Außen­minister, um eine goldene Feder, die bald zu den gesuchtesten, vom Neid aller Sammler um gierten Raritäten der Erde gehören wird, und um den Kriegsächtungspakt, der mit dieser Feder unterzeichnet werden wird.

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Aechtung des Krieges! Ja, wenn dieser internationale Paft, dessen Vater der ameri fanische Staatssekretär Kellogg ist, der in der Verbindung mit diesem Paft reif für den Nobel- Friedenspreis und für die Unsterblich­feit wird, dem Krieg ein Ende machen würde feine Feder schiene den Völkern kostbarer als die und wäre sie auch nur aus schlichtem Stahl, mit der der Krieg aus den Aften der Diplomaten und dem Denken der Militärs und der Politiker gestrichen würde. Aber die gol­dene Feder, mit der die Herren Kellogg . Strejemann, Benesch und noch ein paar ihrer Kollegen den berühmt- berüchtigten Kellogg­Paft unterzeichnen werden, dient nur der Unterfertigung eines Schriftstückes, das an der feineswegs idyllischen, feineswegs friedlichen Wirklichkeit auch nur das geringste ändert. Eine Verbeugung vor der Friedensidee nichts weiter.

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grundbahn.

22 Zote bei einer Zugsentgleisung.- Schredensszenen im finstern Zunnel. New Yorf, 25. August. Gestern abends entgleiste ein Zug der New Yorker Untergrundbahn, wobei 22 Personen getötet wurden. Die Zahl der Verletzten beträgt über hundert. Der aus neun Wagen bestehende Zug war voll besetzt von Büroangestellten, die nach Hause fuhren. Fünf Wagen des Zuges waren bereits durch die Weiche hindurchgefahren, als diese sich umstelite. Der sechste und der siebente Wagen wurden gegen die Tunnelwand gedrückt und zertrümmert, die zwei letzten Wagen start beschädigt.

Es entstand eine furchtbare Panik; die Menge suchte sich in wilder Flucht zu retten und in ihre Schreie mischten sich die Wchflagen der Verletzten und der Sterbenden.

Die furchtbare Panif wurde noch dadurch ins Schreckliche gesteigert, daß ein nachfolgender Zug ebenfalls in großer Schnelligkeit in die Station einjuhr und erst im letzten Moment in faum zwei Meter Abstand von dem entgleisten Zug zum Salten gebracht werden konnte. Die nach der starken, weithin ver nehmbaren Explosion gehegte Befürchtung, daß Feuer ausgebrochen sei, cine Befürchtung, die noch stärfer wurde, als in die von Menschen überfüllte Station „ Times Square " Rauch und dichter Staub cindrang, bewahrheitete sich glücklicherweise nicht.

Es dauerte etwa eine Stunde, bis die Aerzte ihre aufreibende Tätigkeit in dem Gewirr von zerrissenen Drähten und Wagentrümmern beendet haiten, Schreie und Stöhnen verstummt und die Toten und Schwerverletzten Tageslicht gebracht waren. Viele Tote sind so furchtbar entstellt, daß ihre Verson noch nicht festgestellt werden konnte. Erst acht Stunden nach der schreck­lichen Ratastrophe war die Strede wiederum betriebsfähig.

Das Unglück ist eines der furchtbarsten, die je auf der New Yorker Untergrundbahn vorgekommen sind.

Menschenmassenfämpfe im finstern

Zunnel um ihr Leben...

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Nr. 203.

Deutsche Fahnen in Paris. Paris

, 25. August.( Tsch. P. B.) Sämt liche staatlichen und zahlreiche Privatgebäude, besonders auf dem Place de l'Opéra, in den großen Boulevards und in den belebtesten Straßen des Stadtinnern haben beflaggt. Sie und da erblickt man unter der Flut der Fahnen auch deutsche Fahnen. Es ist dies seit dem Jahre 1870 das erste Mal, daß dents iche Fahnen auf Varifer Baltonen wehen. Diesmal find es natürlich die Farben der deutschen Republif. Die Bevölkerung be­trachtet die Fahnen mit Interesse und tommen. tiert diesen Umstand fast durchwegs sympathisch.

Weitere 47 Staaten zum Beitritt

eingeladen. London

, 25. Auguft.( Reuter.) 48 Stunden nach der Unterzeichnung des Antifriegspaftes durch 15 Staaten werden 47 andere Staaten ein­geladen werden, sich der Unterzeichnung des Paf­tes anzuschließen. Die amerikanischen Diploma­ten übergeben Kopien des Paftes jenen Mächten, bei denen sie affreditiert sind und welche nicht zu den Signatarmächten gehören, mit der Auf­forderung, dem Pafte beizutreten. Da die Ver einigten Staaten feine diplomatische Beziehungen mit Rußland unterhalten, wird Rußland durch Bermittlung Frankreichs zum Beitritte zu dem Pafte aufgefordert werden.

Nun soll die Friedensidce feineswegs unterschäßt, noch gar belächelt werden. Es ist mannschaften, sowie die verfügbaren Aranfen eine der wenigen erfreulichen Erscheinungen wagen zur Stelle waren, gelang es der Polizei der Nachkriegsentwicklung, daß auch weite und nur mit größter Mühe, die aus allen Straßen ans große nichtproletarische Schichten in allen Völ New ort, 25. Auguft. Die einen halben drängenden Majsen zurückzuhalten. Bicle Perso­fern den Krieg ablehnen und verabscheuen, daß Square", die mit Wienschen voll gefüllt war, anderer Fahrzeuge, so daß diese infolge der Kilometer fange Untergrundbahnſtation Times nen stiegen auf die Verdecke der Omnibusse und Das internationale Finanztanital der Krieg im Denken der Menschen nicht mehr wurde infolge der Abstellung des Stromes nach Ueberfüllung auf die ringsherum flutende Menge stürzt sich auf China . jene gefährliche Rolle der Selbstverständlichkeit dem furchtbaren Unglück zum größten Teile in umzustürzen drohten. Die Menschen mußten von spielt, wie vor Neuzehnhundertvierzehn. Duntel gehüllt. Während die unter dem der Polizei gewaltsam herabgetrieben werden, London , 25. August. Daily Expreß " mef­sehr sich die Sozialisten dessen bewußt sein Alirren der Eisenteile und der berstenden Fenster- aber die Schreie, die aus der Tiefe her- det, ein großes Syndikat mit einem Gesamtfapital müssen und es auch sind daß jener Pazi- scheiben um ihr Leben fämpfende Menschenmaffe vordraugen, stachelten die nach 10.000 von über 15 Millionen Pfund Sterling sei so­fismus, der mit den Waffen der Moral den sich aus dem dunklen Tunnel und aus dem jüd- zählende Menge in ihrer Neugier eben gebildet worden, das die Absicht habe, die Arieg bekämpfen will, es im Ernstfalle erleben lich der Station feſtgefahrenen Zug zu befreien an, immer wieder ungestüm vorzu- durch den Bürgerkrieg verwüsteten Gebietsteile müßte, daß diese Waffe zerbrechen würde an luchte, während die Feuerwehren mit Sauerstoff- drängen. Inzwischen machten sich die Ret Chinas wiederherzustellen. Es gehören ihm meh den Tanks und Riesengeschützen und an der gebläse die Wände der Waggons aufihnitten, tungsmannschaften daran, in dem herrschenden rere Schiffahrtslinien und Tertilfirmen an. Ein militärischen Organisation, als Bundes- nahmen sich die Aerzte der aus den Wagen Chaos Ordnung zu schaffen. Da das Unglück zur Zeit des höchsten Ver- weiteres Syndifat, das von einer hervorragenden genossen, der in nichtproletarischen, der sozia complizierte Brüche und schwere innere Ver- fehrs des ganzen Tages zwischen 5 und 6 Uhr Maschinenbaufirma gestützt wurde, stehe in Ver­listischen Agitation unzugänglichen Schichten leßungen erlitten hatten. abends, wo Hunderttausende vom Nordende New handlungen mit den chinesischen Nationalisten, gegen den Strieg wirkt, werden sie diesen Pazi­Yorfs nach Brooklyn und umgekehrt fahren, ge­fismus werten. Daß er immerhin schon eine Ganz New- York in Aufregung. chah, machten jich die Folgen in wenigen Minuten um Wege und Eisenbahnen in den chinesischen geistige Macht ist, zeigt der Kellogg - Paft, der über die ganze Stadt hin bemerkbar. Auf allen Provinzen Tschefiang und Stiangfu zu bauen. New Yort, 25. August. Auf der Station größeren Stationen entstanden ungeheure Ver­unter so viel feierlichem Getue, unter Mitwir­fung von Radio und Kinooperateuren, beim Times Square der Untergrundbahn, wo schon an kehrsstockungen und die Polizei hatte größte Mühe, Schwere Erkrankung Daszynskis. Läuten der Kirchenglocken, am Montag unter- gewöhnlichen Tagen unmögliche Zustände herr die vorwärts- und zurüdflutenden Wassen nach schen, da sich dort drei Linien treuzen, entstand, Verkehrsmöglichkeiten hinzuleiten und eine Panit Warschau , 25. August.( Tsch. V. B.) Der in zeichnet werden wird. als das Unglück geschah, ein wahres Chaos. zu verhindern. Der Eindruck von dem Unglück ist dem Kurorte Truskawiec zur Kur weilende Sejm­Obwohl faum eine Viertelstunde. nachdem in der Stadt so gewaltig, daß selbst die Pariser donnerudes Krachen, weithin vernehmbar, das Nachrichten über das Eintreffen Kellogas und die marschall Daszynski ist an einer schweren Unheil verkündet hatte, sämtliche Polizeireserven Wahlnachrichten in den Morgenblättern hinter Grippe erfrauft. Die Temperatur des Kran­fen erreichte heute 39 Grad. Manhattans, die Feuerwehren und andere Hilfs den Schilderungen des Unglüdes zurücktreten.

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Die Friedensidee ist eine das Denken gio­ßer Massen beherrschende Macht geworden. Stein Staatsmann außerhalb Mussolinis dürfte heute Moltkes Worte wiederholen, daß der ewige Friede nur ein Traum jei und nicht ein mal ein schöner. Die Staatsmänner von heute Angriffstrieg und Verteidigungskrieg. Nur der und am Gießen neuer Sanonen nicht behindert.] kämpfen. Aber auch dazu ist ernstlich nur die müssen vom Frieden reden, wenn sie militärisch Angriffsfrica wird geächtet, der Verteidi Fast am Vorabend der Feierlichkeiten zur Arbeiterklasse fähig. Sie mag hie und da rürſten. Und je schwärmerischer, mit je vergungsfiicg bleibt auch moralisch erlaubt. Unterzeichnung des Kellogg - Paftes haben sich Bundesgenossen unter nichtsozialistischen Bazi­züdteren Worten sie den Weltfrieden zu preisen Wer hat im Jahre neunzehnhundertvier England und Frankreich in einem Geheimverfisten finden, den Stompf wird sie führen wissen, umso leichter wird es ihnen, die zehn angegriffen? Das deutsche Volk war über- trag über die beiderseitigen Flotten und müssen! Nur wenn das Proletariat entschlos stungen zum Schuße des Friedens" durchzu- zeugt, daß es von Rußland und von dem mit Seeresrüstungen verſtändigt. über die beisen ist, den Weg zu gehen, den ihm der Brüsse­feßen. Warum nicht durch eine scheinbare Lat dem Zarenstaate verbündeten Frankreich ange- derseitige Abrüstung! ler Songreß gezeigt mit der revolutionären der Friedensschnsucht der Völker entsprechen, griffen wurde. Die Franzosen waren nicht Seine Illusionen über die Wirkungen des Erhebung zu antworten auf Striegsgelüfte der wenn sie nichts, gar nichts ändert, wenn man minder davon überzeugt, daß sie die Angegrif- Kellogg - Baftes! Ach, es wird wohl feinen jozia Regierungen, und nur dann, wenn hinter der troß Friedenspakt genau so Krieg führen kann fenen waren. Wird es bei einem tünftigen liſtiſchen Arbeiter geben, der sich Illusionen hin- Resolution von Brüssel der eherne Wille der Kriege anders sein? Immer wird sich, so wie gibt, der etwa davon iräumt, daß mit der Un- Massen steht, ein so unbeugsamer Wille, daß Denn die paar dem Krieg vielleicht wirk in der Vergangenheit, alles diplomatische Ge- terzeichnung dieſes Schriftstückes die Aera ses die Regierungen mit ihr rechnen müffen-- lich gefährlichen Zähne, die der Kellogg Patt triebe so verschleiern lassen, daß jede Regie- ewigen Friedens anbricht. Gerade weil das nur dann wird die Arbeiterklasse Striege zu hatte, wurden ihm sorgfältig ausgerissen in rung mühelos ihrem Volte wird juggerieren Proletariat die Erhaltung des Friedens will, verhindern vermögen! vicle Monate währender Operation. Ziele können, daß der andere angefangen hat", und weil die gesamte Arbeiterklasse leidenschaftlich Die Friedensidee ist lebendig geworden in Monate wurde verhandelt, vor allem zwischen wär es ein noch so fleines Starnifel. den Krieg haßt, weil sie mehr als alle anderen vielen Köpfen. Sie ist so starf geworden, daß;

wie vorher? Amerika

und Frankreich , che der Stellogg- Baft Der Kellogg Paft läßt also alle inter- Schichten der Völker interessiert ist an der Erdie Staatsmänner sie nicht mehr unbeachte! so bedeutungslos, so wenig ein Mittel zur Ber- und Seitenrüren offen, durch die der Krieg ich haltung des Friedens, muß sie sich darüber lassen fönnen. Eine Verbeugung, wenn auch hinderung des Krieges wurde, daß auch die wieder auf die Völker stürzen kann, durch die klar sein, daß man dem Striege mit schönen nicht mehr, vor der Friedensidee ist der rüstungsfreudigsten Staatsmänner ihn be- ihn die friedliebenden Regierungen auf ihre und Gesten, auch wenn sie ein Chor von Staats- Stellogg- Paft. Wohlan, so sorgen wir Soziol denkenlos unterzeichnen können. So fleine die Untertanen der Nachbarn loslassen können. männern höchst feierlich übt, dem Kriege nicht demokraten dafür, daß die Idee Gestalt be­„ interne" Angelegenheiten, wie die Einnistung Und über die Rüstungen jagt der Kellogg Baft beizukommen ist. Wer ernstlich den Krieg be- kommt, daß der Idee kämpfer erstehen, day; der Vereinigten Staaten in Nikaragua , die überhaupt nichts, über das Abrüstungsproblem fämpfen will, muß seine Ursache, muß den um unsere Fahnen und in unseren Reihen sich Knebelung Wegyptens und Indiens durch Eng geht er mit beredtem Schweigen hinweg. Alle Dell aller Kriegsgefahren bekämpfen, den Ka- alles sammelt, was den Frieden ernstlich will land, wurden im vorhinein ausgeschaltet. Die Unterzeichner des Produktes amerikanischer pitalismus. Nun wissen wir wohl, daß bis Sorgen wir vor allem dafür, daß alle Profe bestehenden Verträge zwischen den Staaten und Geschäftspolitik, die mit der Friedensidee gezum Siege des Sozialismus noch mancher tarier zu Sozialisten und damit zu Friedens die aus ihnen sich ergebenden Bündnisverpflich- nau so gefchickt zu falkulieven versteht wie mit Strieg die Welt verheeren könnte und daß jeder fäurpfern werden! Dann wird der Kellogg tungen werden durch den Pakt nicht berührt. Kriegsanleihen, alle die fünfzig Staaten. die dieser Striege, Wirtschaftsverwüster und Kultur Baft mehr werden, als ein mit allmählich ver­Er„ ächtet" bloß den Krieg als ein Mittel der nach und nach, im Gefolge der Großen", den zerstörer, den Sieg des Sozialismus in vei- bleichenden Unterschriften bedecktes Stüd Ba Austragung von Meinungsverschiedenheiten Baft unterzeichnen werden, werden durch diese tere Fernen schieben würde, daß es also gift, pier dann wird der Krieg nicht nur mora zwischen den Völkern, als ein Mittel der Poli- schöne Geſte an der Vermehrung der Rekinten auch die durch den Kapitalismus und im Kapiliſch geächtet, sondern durch den Willen der tif, und da wird genau unterschieden zwischen kontingente und am Bau nouer Kriegsschiffe talismus drohende Kriegsgefahr zu be- Arbeiter unmöglich gemacht werden.

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