Mittwoch, 17. Oktober 1928.

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..Jeden Tag jedem Kind ein.Hawe'- Bückling".

Starke Fröste im Vogtland  . In der Nacht auf gestevn wurden im Plauener Gebirgsland-7 Grad 2:& fefestellt. Der Froj. hat an den Kartof feln, die zum Teil noch in der Erde sind, großen Schaden angerichtet.

Mein Herkit

Von Hans Kohn   Turnovsky. In meiner Stube zog der Herbst ein. Jest fühle Von einem Ochsen getötet wurde dieser Tage ich mich wohler hier, weil ich den Herbst liebe. der 60jährige Gutsbefizer Böhme in Wehrsdorf   Meine Mutter kam und stellte in die Vasen Sträuße bei Baugen. Beim Viehfüttern im Stalle wurde er von einem Ochsen unvermutet derart an die Wand von Blumen und Blättern; darau erkenne ich, daß gedrückt, daß er infolge schwerer innerer Verlegunes Herbst wurde. gen verstarb.

Französische volkstümliche Kurse. Das Institut Francais  " in Prag   II., Ostrovní 6, veranstaltet eine Reihe von populären Universitätstursen, die eine Anzahl französischer Professoren abhalten. Das Infti. tut hat im heu.igen Jahre einen eigenen Sturs zur Vervollkommnung in der französischen   Sprache für Dentiche eingerichtet, außerdem werden cine Reihe sozialer Borträge stattfinden, darunter ein Kurs Prof. Beuve- Mérys über Die Frau im fran­zöfifchen Rechte", Die Organisation und das Recht der Arbeit in Frankreich  ", ferner ein Kurs: Die Entwidlung des Sozialismus in Frankreich  , der Tschechoslowakei  , Großbritannien  , Deutschland   und den Bereinigten Staaten". Nebst diesen Stursen wer den die Professoren 2. Brun, J. Pasquier, A. Fichelle, Bl. Janfélévitsch. Virlogeug lesen. Das Honorar zur Teilnahme für alle Rurie beträgt 30 K, für Studenten fogar die Hälfte. Außerdem steht den Instribierten eine Bibliothet von 8000 Bänden zur freien Verfügung. Das Institut legt Wert darauf zu betonen, daß seine ausschließliche Aufgabe in der Verbreitung französischer Kultur und Bekannt­machung mit den französischen   Institutionen besteht und daß eine Instription für Hochschüler und Pro­fessoren öffentlicher Anstalten eine Bahnermäßigung von 50 Prozent bis zu 150 Silometer von Prag   er­möglicht. Die Inffription hat bereits begonnen.

Nietzsche  - Worte.

Eine eigenartige Jahreszeit. Im Frühjahr. wenn alle Natur ein neues Leben beginnt, da bin ich traurig, von einer tiefen Melancholie erfüllt. Aber jetzt, jetzt rührt sich da unten in mir etwas, was hinaus möchte, mir fehlt die Bezeichnung für dieses seltsame Gefühl. Jetzt erst nenne ich die Natur reif, sie ist begehrenswert und ich möchte alles in mich aufnehmen, was da draußen ist. Ich fann aber nicht weg von hier, es ist so schön da, feyzt, sett der Herbst bei mir ist. Was freut mich, was rührt mich? Ich weiß es nicht, aber ich empfinde, daß ich weinen möchte, Tränen der Rührung und Freude.

Ich setze mich vor die Blumen und bewundere sie. Wieine Mutter verstand es, sie so schön und majestätisch anzuordnen. Vorne stehen Blüten und Früchte, dahinter breiten fid), wie zu deren Schuy, in Fächerform große Blätter aus.

Kleine, zarte, rote Blüten und darüber winzige Beeren, tieffchwarz und glänzend. Es ist wie ein jungfräulicher Leib mit giftigen Perlen.

Und die Farben der Blätter: grüne, gelbe, braune, rote und violette, eines schöner als das andere, so echte und reine Farben, daß fein Namen sie so schildern kann.

Namen! Haben sie nicht alle, wie sie hier stehen,

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Namen? Jedes Blatt und jede Blüte. jede Blume| steht gegen das belgische Volt benommen und jede Frucht. Wozu? Sind sie nicht auch herrlich, haben. Man begreift nach den Wandischen Be wenn man niwt weiß, wie sie heißen, wenn man richten, daß ein Major von Köckriz, eine der leine Bezeichnung für sie erfunden hätte? Warum wenigen Ausnahmen im Offizierstorps Wil­nennt sie der Mensch? Ihr Namen kann ja doch helms, über die deutsche Besepung Belgiens   das nichts sagen, nicht ein Hundertſtel von dem, was Urteil fällte: Wir haben uns in Belgien   wie wohltuend auf das Auge und ihr Anblick schmeichelt griffen der Zivilbevölkerung auf die Truppen für man empfindet, wenn man sie sieht. Sie wirken die Schweine aufgeführt". Was es mit den An­der Seele. ein Bewenden hatte. beweist ein charakteristisches Beispiel. Als die Deutschen   vor Gent   ſtanden, fandien sie eine Patrouille von zwei Mann im Auto in die Stadt. Den Deutschen   begegne'e ein belgischer Offizier, der von der andern Seite als Batrouille im Auto in die Stadt gekommen war. Der Belgier   schoß. der eine Deutsche wurde ver­wundet. General Böhn war entschlossen, Gen zu bombardieren und nur der Einspruch des ameri fanischen Koninis, der die Szene gesehen baite und persönlich bei dem deutschen Kommandeur erschien, verhinderte eine Wiederholung des Fal­les Löwen.

Eigentlich hätte man sie nicht pflücken sollen Es ist wie eine erfolglose Operation: ein Schnitt, Was er auf die Wunde, aber sterben müssen sie doch. Doch. wären sie nicht auch gestorben, hätte man fre nicht operiert, geschnitten? Sie wären es auch, un­gefehen und unbeachtet. So aber haben sie einem Menschen Freude bereitet. Mir.-

Durch die Scheiben meiner Fenster dringt wie Gold der letzte Strahl der sinkenden Sonne und wenn ich die Scheiben bewege, da wechselt er seine Richtung. Langsam kriecht er an der Vaje aufwärts, bricht sich tauſenmal und verbreitet feuriges Picht in der abendlichen Stube. Dann tastet er behutsam, als füffe er sie zum Abschied, über die Blumen und verschwindet. Er geht zurück zur Sonne, sie hat ihn zur Ruhe gerufen.

Im Zimmer vibriert ein heiliger, purpurner Schein. Langsam rücken die Gegenstände von mir ab, die Konturen verschwinden, es wird düster und ich size da und grüble, size und schaue, bis es ganz dunkel wird. Dann reißt mich der Mond aus met­nen Gedanken, frech grinsend fivelt er mich und ich bemerke, daß ich stundenlang saß und in die Finster­nis starrte. Wer weiß, woran ich dachte... Das ist mein Herbst.

Der Pfarrer von Spontin ist nach eidlichen belgischen Beugenaussagen sehr übel behandelt worden. Er wurde aus dem Pfarrhause nach einer Wiese beim Bahnhof weggeführt. Unterwegs er­hielt er einen Stolbenstoß unter das Stinn. so daß er aus dem Munde blutete, dann drei Bajonett sti che in den Hals. Dann wurde er an Ort und Stelle an Händen und Füßen ge­bunden, an den Haaren in die Höhe ge­hoben und schließlich erschossen."

Die blutige Militärd ftatur mußte die Bel­gier um so mehr mit Haß und Verachung er­füllen, als sie Zeugen der schändlichen Etap penwirtschaft waren. Wandt schildert an der Hand von Dokumenten und mit Nennung aller Namen ungeheuerliche Dinge. Korrup­1on, Völlerei, Amis mißbrauch, einen Soldaten gehörten zum Sittenbild bee Miz handlung der Einwohner und der ge­Etappe Gent. Die Prostitution blühte, die Geschlechtskrankheiten nahmen erschreckende Aus­breitung an. Das Spital, das für 800 Prosti tuler'e Platz batte, genügte den Ansprüchen nicht, wel meist zu gleicher Zeit 1200 krank gemeldet waren. Die Liebesverhältnisse der Soldaten und Offiziere, die nebenher gingen, führten zu Mor den, zu wirklicher Spionage, zu Eifersuchiszenen und Diebstählen. In anderen Etappen ging es nicht besser zu. Die Abenteuer des Kronprin zen waren ein Armeegeheimnis. Er feierte Ge­lage und fetierte feine Wätressen, während seine Armee in der Hölle von Versailles   Hunderttau­sende verlor. Ludendorffs Behauptung Das Offizierstorps hat den Krieg an seiner Ehre rein überstanden" brauchte von Wandi gar nicht fom mentiert zu werden. Als Motto vor dieses Buch gestell, würde es für sich selbst sprechen!

Gittenbilder aus der großen Best". Jm Agis Verlag( Wien  - Berlin  ) erschy en| neralgouverneur über andere Hinrichtungen von Auf dem politischen Krankenbette verjüngt ein eben ein neues Buch des tapferen Verfassers der Priestern; als Grund der Hinrichtung wird bei Bolt gewöhnlich sich selbst und findet ſeinen Geist Etappe Gent", des von der deutschen Klaffen einem angegeben, er habe verdächtige Notizen wieder, den es im Suchen und Behaupten der Macht juftis tief gehaßten und erbittert verfolg en Hen über die Vorgänge in Löwen" bei sich getragen! allmählich verlor. Die Kultur verbankt das Aller- rich Wandt. Es nennt sich Erotik und Oder Herr von Bissing schildert selbst: höchste den politisch geschwächten Zeiten. Spionage in der Etappe Gent  ", richtet aber mit seiner Sachlichkeit und der bissig trode nen Fronie des Verfassers die verlogene Roman Viele große innere Erfahrungen haben und auf fit und erlogene Stahlbad Ethik des Strieges über­Die Lektüre des Wandtschen Buches- dem und über ihnen mit einem geistigen Auge ruhenhaupt. Wandt erzählt und schon das einmal literarische Qualitäten natürlich so wenig wie den das macht die Menschen der Kultur, welche ihrem zu hören, ist dem deutschen   Publikum überaus früheren Schriften des Verfassers zuzusprechen Volle den Rang geben. In Frankreich   und Italien   nüßlich wie ahnungslos Belg   en am Vorabend sind ist im Interesse der" pazifistischen und tat daß der Adel, in Deutschland  , wo der Adel bis des Krieges die feberhaften Rüstungen feiner republikanischen Tendenz überaus wünschenswert. her im Ganzen zu den Armen im Geifte gehörte Nachbarn verfolgte, wie wenig das Bolk einer Freilich darf man dabei ne vergessen, daß Fran ( vielleicht auf nicht mehr lange). taten es Priester, Beteiligung am Striege gewärtig, wie wirklich zosen und Engländer auf deutschem Gebiet wahr Lehrer und deren Nachkommen. neutral es in dem deutsch  - französischen Streit Aehnliche Dokumente und glaubwürdige scheinlich genau so übel gehaust'ten wie die war( womit über eventuelle Sympathien der( immer mit vollen Namensnennungen gebrach.e) Preußen in Belgien  . Die Lanne des Kriegsglüds Regierung ja nichts gejagt ist). Umso furchtbarer Erzählungen Wandis berichten von zahllosen entschied, daß gerade der deutsche Militarismus mußte die Enttäuschung sein, als deutsche Trup- inrichtungen wegen Spionage" und " Spionage" und zum Schulbeispiel für die Unmenschlichkeit und pen in Belgien   einbrachen und den begreiflicher Verrat", denen zum großen Teil auch Verworfenheit des Syſtems werden mußte, das weise wenig erfreulichen Empfang. den ihnen die Frauen zum Opfer fielen. Die Verbrechen die man nicht in einer feiner nationalen Erschei Bevölkerung bereitete, mit dem furchtbarsten Ter- ungerechterweise als Spionage und Verrat erklärt nungsformen, sondern radikal, auf jeden Fall, in ror gegen Zivilisten beantworteten. wurden, bestanden vielfach nur darin, daß die jeder Gestalt befämpfen muß. Belgier   Landsleute beherbergt und ihnen zur Flucht verholfen hatten. Wandt schildert auch den graujigen Vorgang be: den Hinrichtungen, die meist von freiwilligen Pelestons vorgenommen wurden. Die apferen" Strieger, die sich zu die­ser Henfersarbeit meldeten und die Offiziere, die Sie leiteten, drückten sich auf solche Weise vom Fron dienst.

Marime: Mit feinem Menschen umgehen, der an dem verlogenen Rassenschwindel Anteil hat.

An euren Kindern sollt ihr gutmachen, daß thr eurer Väter Stinder seid. Alles Vergangene sollt ihr so erlösen.

Die Vergangenen zu erlösen und alles es war" unzuschaffen in ein so wollte ich es"!- das hieße

mir erst Erlösuna!

Nichts wächst Erfreulicheres auf Erden, als ein bober, starter Wille: der ist ihr schönstes Gewächs. Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er feinen Kopf verliert

Das Gemeindetind.

Da ist fachlich nüchtern, für sich selbst spre­chend, ein Bericht des General- Gouverneurs Biſſing abgebrudt, in dem nach halbjähriger Be­segung Belgiens   festgestellt wird:

1. Jm Bistum Namur sind 26 Priester getötet worden, 25 erschossen, 1 gehängt. 2. Jm Bistum Lüttich   sind 6 Priester erschossen.

3. Jm Bistum Mecheln   sind 13 Priester erschossen. 4. Jm Bistum Tournai   sind 2 Priester erschoss 1. Ebenso dienstlich kurz berichtet der Herr Ge- rühmlichen Ausnahmen, die Wandi immer zuge

Anschaulich wird erzählt, wie grausam und rüdsichtslos sich Truppe und Offizier

E. F.

Odol  

Das Beste für die Zähne

Händen um sich tastete. Er ist blind", sagte der Wächter, der ihn zur Türe hereinstieß. Er schoh einen Sessel herbei und setzte ihn darauf.

lebte auch Jan unter dem frischen Odem der Natur| wie dem Fische das Wasser. Jan gedich zwar nicht, I er merkte, daß der gefährliche Verbrecher mit den auf. Aus seiner dunklen, feuchten Stammer zog er aber er starb auch nicht. vor das Gebände hinaus und setzte sich auf einen Als es bereits mehrere Jahre andauerte, dachte Bon Dr. Fr. Kooi.*) Holztiek, den er eines Tages mit den Händen abge man in der Gemeinde daran, ob es notwendig wäre, tastet hatte. Da ließ sichs schon leben! Die Spayen daß gerade sie den Jan bis zu seinem Lebensende Seine Mutter hatte sich am Dorfe zu Tode ge- zwitscherten munter auf den Dächern und Jan hörte ausfüttern müßten. Und so forschten sie nach Do radert, sein Vater betrant sich in einer Schenke mit angehaltenem Atem ihrem Plaudern zu. Von tumenten nach und siehe da!, man fand heraus, daß und war auf dem Wege nach Hause erfroren. Jan Zeit zu Zeit liefen aud) Buben über die Straße eine andere Gemeinde genau so verpflichtet war, sich war damals dreizehn Jahre alt und büßte sein und trieben einen flingenden Faßreifen vor sich um Jans Lebensunterhalt zu sorgen wie sie, ja Augenlicht ein. Als er zur Welt kam, hatte er woh spielend einher, sich um ihn balgend. Schlimmer eine größere Verpflichtung dazu hatte! Sie forder­gesunde Augen und besuchte dann später auch die wars schon, als dem Jan draußen die denochen zu ten daher jene Gemeinde auf. Jau zu übernehmen Schule. Aber weiß Gott  , was die Ursache war, daß frieren begannen! Jetzt ging er aus seiner Stammer und als dies abgelehnt wurde, entbrannte ein er dann dieses Augenlicht allmählich verlor, bis er nur heraus, wenn es unbedingt notwendig war. Streit ob der Zuständigkeit Jans. dessen ganz verlustig wurde. Nur eine Art Licht- Seine einzige Kameradin war die Stuh des Wach- Die Bemühungen der Gemeinde, sich Jans zu schimmer blieb noch, als ob er es hinter einem dich ten Vorhange erblicken fönnte.

Der Gedanke, dem Jungen irgendwie helfen zu lassen, kam den Eltern überhaupt nicht. Der Arzt im nahen Städtchen untersuchte ihn wohl, schüttelte den Kopf und verwies ihn in die Haupt­stadt. Aber dorthin war es den Eltern Jans zu weit. Und so fiel er also der Gemeinde als Blinder zur Last.

manns im Stalle nebenan. Zwar bloß ein stummes Tier, doch Jan verstand jeden einzelnen Laut, der ihrer Stehle entfuhr. Er wußte wohl zu unterschei­den, welcher Ton die Angst um ihr Junges aus drückte und welcher dem Selbsterhaltungstrieb zuzu schreiben war.

Dreimal während des Tages knirschte der Ei chenriegel an der Türe, der an einem Stride befe­stigt war und an welchem man von außen zog. Da Neben dem Stalle des Gemeindehauses, wo der famt jedesmal das Weib des Wachmannes mit einen. Gemeindewachmann sein Vich hatte, eine falbe Topfe und überschritt den starken Balken, der sich Schecke. Kefand sich eine kleine, dunkle und feuchte längs der hölzernen Scheideward erstreckte. Kammer. Sier quartierte man also Jan aus der haft du, du blinder Sterl!", rief sie stets in ihrer Deputatwohnung ein, nachdem er seine beiden- gewohnten Weise." Wie komme ich dern dazu, daß tern verloren hatte. Der Wachmann erhielt von der ich mich noch um einen fremden Fragen sorgen muß? Gemeinde auf den Jungen eine kleine Unterſtüßung Sab ich doch an meinen eigenen genug!" Das war und seine Frau hatte dafür die Verpflichtung, ihn zu die unerläßliche Beigabe zu Jans Futter, so wie ernähren. Salz und Gewürz zum Essen gehört.

Als die Frühlingssonne zu wärmen begann,

*) Der tschechische Oberstaatsanwalt und frü­here Direktor der größten Strafanstalt in der Tsche­ choslowakei  , Dr. Koči, läßt jetzt einen Band Erwä­gungen und Erfahrungen eines Strafhansdirektors unter dem Titel Auf den Spuren der Gerechtig feit" erscheinen Die deutsche   Uebersetzung besorgt J. Reismann, Prag  .

Der Richter ließ Jan erzählen. Er war damals 19 Jahre alt. Die Einsamkeit hatte ihn Denken ge­lehrt. Er erzählte ganz zusammenhängend das Lei den seiner Jugend, dann von seinem Aufenthalte im Heime. In den fünf Jahren in der feuchten Stammer am Dorfe habe ich nicht soviel erlitten als in dem einen Jahre im Heime", erzählte er. Es war so viel Ungeziefer dort, daß es unmöglich war, das Fenster zu schließen, das Essen langte nicht, ich hungerte. Ich fühlte, daß ich langsam am Hunger entledigen, wurden fortgesetzt Eines Tages sandte zugrunde gehen könnte, wenn ich nicht von hier be man Jan in die Hauptstadt, um auf der Selinit den freit werde. Ich dachte mir, daß ich einen der Grad ſeiner Blindheit untersuchen zu laſſen. Dort Bfvündner ermorden könnte, die hierher kamen. Es wurde Jan ein paar Tage zurückgehalten und dann waren ja Leute, die auf den Tor warteten. Ich der Gemeinde mitgeteilt, daß man mit ihm nichts schliff mir bereits ein Küchenmesser, das mir in die mehr machen könne, da es zu spät sei. Die Gemeinde Hände kam, an einem Topfe. Aber als es schon da­sollte Jan wieder abholen lassen. Doch die Ge- zu kommen sollte, graute mir vor einer solchen meinde antwortete: Es ist überhaupt nicht erwie- Tat. Die Straft licß mich im Stiche." sen, daß wir gerade die Verpflichtung haben, Jan zu Ich dachte an etwas anderes das mich be versorgen. freien könnte. Ich vernahm es, wie die Alten, die

Jan wurde also in der Grokstadt bodenständic. mit mir den großen Schlafraum teilten, Petroleu Da teine Veranlassung war, ihn weiter auf der in die lampe einſchütteten und die Flasche ir­Klinik zu behalten, übergab man ihm einem Heim, gendwo zum Fenster ſtellten. Da kam mit eine neue wo Armenpfründler und Leute ohne Heim lebten. Idee. Ich forschte nach den Streichhölzern und er Hier sollte er solange bleiben, bis darüber endgültig mittelte, wo sich das Petroleum befand. Ich blieb entschieden wurde, wo seine Heimatszuständigkeit allein im Schlafzimmer, und nachdem ich die Türe war. geschlossen hatte, legte ich schnell alle Strohsäde anf einen Haufen zusammen, schüttete Petroleum   darauf und zündete sie an."

Jan wartete schon ein ganzes Jahr lang dar Jan gewöhnte sich an alles Es störte ihn schon auf, ohne daß die Entscheidung kam. Es war dies nicht mehr, wenn der Eichenriegel an der Tür noch während des Weltkrieges. Eines Tages aber Jetzt bin ich hier. Ich bange nicht vor dem Inarrte, er wich nicht zurück, wenn das Weib des brachten die Zeitungen mit fetten Lettern die Sen- Gericht. Schlimmer als ich es bisher hatte, werde Wachmannes wieder ihr Gezeter losließ. Er hörte sationsmeldung, daß ein entarteter Landstreicher das ich es nicht mehr haben können. Nach langer Zeit bereits auf den Namen Blinder Kert" wie ein Heim in Brand zu stecken versucht hatte. Man wußte schlief ich wieder eine Nacht und sättigte meinen Sund u. streckte friedfertig die Hand nach dem Topfe nichts von seiner Blindheit, nichts von seinem Lei- Hunger. Ich werde geduldig harren, bis sich hinter in seiner Dunkelheit aus, sobald er das Geräusch den. mir die Riegel des Kerkers schließen." vernahm. Ja selbst die muffige Luft der Stammer Am nächsten Tage wurde Jan bereits dem Un- Jan erhielt vor dem Geschworenengerichte eine wurde ihm zu einer zweiten Lebensnotwendigkeit, tersuchungsrichter vorgeführt. Er war überrascht, als Freiheitsstrafe von drei Jahren schweren Sterters.