Wähler und Wählerinnen!

Ihr steht vor einer bedeutsamen Entscheidung:

Der Block der tschechischen, slowakischen und deutschen   Bürgerparteien, der seit zweieinhalb Jahren regiert, dankt seine Macht und den rechtlichen Schein seines Regimes der Fehlentscheidung der Wählermassen am 15. November 1925. Von den verlogenen Wahl­versprechungen der Agrarier, Christlichsozialen und Gewerbeparteiler irregeführt, von dem Schlagwort der deutschen Einheitsfvoni" und dem anderen des Kampfes um die Religion" geleitet, haben damals

zehntausende proletarische Wähler ihre Stimmen dem Klassenfeind, dem unverföhnlichen Gegner des arbeitenden Boltes gegeben.

Als die Bürgerparteien ihre Versprechungen durch den Verrat aller Volks interessen, durch die Preisgabe ihrer nationalen Forderungen, durch das schimpflichste Kompromiß, das die Geschichte dieses Landes fennt, einlösten, indem sie sich mit der Bourgeoisie der anderen Nationen, nicht zur Lösung der nationalen Frage, wie sie versprochen hatten, sondern zur Ausplünderung der werktätigen Maijen vereinigten, era fannien Taufende Proletarier ihren Irrtum. Die Gemeindewahlen im Vorjahr, der Proteststurm, der bei der Geseßwerdung der Verwaltungsreform, beim Abbau der Sozial­versicherung durch die Massen des Volkes ging, haben bewiesen. daß die

Regierungsparteien längst nicht mehr die Mehrheit des Voltes hinter sich haben.

Die Landeswahlen, von den schuldbewußten Bürgerparteien auf den äußersten Termin hinausgeschoben, werden endlich Gelegenheit zu einer allgemeinen

Volksabstimmung

über die Politik des Bürgerblocks, zu einer Abrechnung mit den Klassenparteien der Be­sitzenden, zu einer Korrektur des Irrtums von 1925 bieten. Wir können zwar auch durch einen großen Wahlerfolg am 2. Dezember ben Bürgerblock, der den demokratischen Schein seiner Herrschaft ja durch die Mehrheit im Parlament erweckt, nicht unmittelbar stürzen. Das Bolt aber fann zeigen, daß die Parlamentsme hrheit des Bürgerblods längst nur noch durch den Wahlgerichtshof" und durch Mandatsaberkennungen aufrechterhalten- feiner Mehrheit im Voife entspricht. Wir können durch die Entscheidung vom 2. Dezember dic Vorausjegungen für den Sturz des Bürgerbions schaffen, unserer Forderung nach Auflösung des Borfoments millionenfachen Nachdrud geben. Darum müssen die Vertretungswahlen. die das Bürgertum so gern als unpolitische" hinstellen möchte, ein

Bolfsurteil über den Bürgerblock

werden. Das deutsche   Bürgertum hat vom ersten Tage seiner Teilnahme an der Macht" bis heute reine Klaffenpolitif im Interesse der Befißenden gemacht. Erinnert Euch seiner er­sten Taten!

Zölle, Kongrua, Erhöhung der Verbrauchssteuern,

bas waren die ersten gesetzgeberischen Taten des Bürgerblocks. Durch die Schaffung fester Zölle auf alle Lebensmittel wurden die Preise der wichtigsten Nahrungsmittel- Brot Mehl, Fett, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Scringe. Fleisch u. a. m. in die Höhe getrieben, so daß der Haushalt einer fünfköpfigen Arbeiter familie um jährlich mindestens 900 Stronen Mehrbelastung erhielt. Löhne und Gehälter aber sind in derselben Zeit nicht gestiegen. denn in allen Lohntämpfen stand das Bürger tun und seine politische Vertretung auf der Seite der Unternehmer. Die Großagrarier, wenige Taufende großer Besizer, tragen den Pro­fit von den Zöllen heim. Anderthalb Williarden Kronen llebervrofit brachte die Zollaktion der, christlichen Bürgerblodvarteien den Großgrundbesitzern und Großbauern. Aber nicht nur Lebensmittelzölle belasteten die Bevölferu na, Durch die Zölle auf Futtermittel, Kunst­dinger. landwirtschaftliche Maschinen haben die Großagrarier dem Häusler und Klein­bauer die Gristenz unteraraben. Auch er zahlt, ohne von den Zöllen nennenswerten Nußen zu haben, für die wichtigsten Bedarfsartikel seiner Wirtschaft bedeutend erhöhte Preise. Arbeiter, Angestellte, Beamfe", Kleinbauern und Heine Gewerbetreibende sind durch diese Politit der Hungerzölle verelendet.

Zur selben Zeit aber hatte der Staat 40 Milliqnen Stronen für die Erhöhung der sion­grua, der Pfaffengehälter, übrig und es fand sich fein einziger Diener der chrichstlichen Nächstenliebe, der es abgelehnt hätte, die blutigen, den Wermsten der Armen abgepreßten Kreuzer von der Regierung des Bürgertums anzunehmen! Die Erhöhung der Zuckersteuer, der Spiritussteuer, die volle Aufrechterhaltung der drückenden Umfaßstener, trugen das ihre zur Verfeuerung des Lebens bei. Während der Herrschaft der Bürgerparteien ist der

3nderpreis um die Säffle gestiegen.

Ein Drittel des Zuderpreises fließt in die Staatsfajfe, ein Drittel ist Unternehmerprofit und nur ein Drittel entspricht den wirklichen Herstellungsfosten des Zucers. Wir haben vor awei Monaten erst aufs neue gesehen, wie die Bürgerparteien unter dem Diktate der Zucker­barone stehen, haben es erlebt, daß ohne jeden Anlaß der Zuderpreis erhöht und durch Preissteigerung und Steuergeschenke den Zuckerbaronen neue 200 Millionen in die Taschen gespielt wurden. Zum größten Fischzug der räuberischen Bourgeoisie aber wuchs sich die

Steuerreform des Bürgerblods

aus. Wißt Ihr, warum die Steuervorschreibungen nicht vor den Wahlen hinausgehen sollten, warum die Bürgerparteien dem Finanzminister Englis   grollen, der ihnen die Wahlkampagne verdarb?! Weil die neuen Steuern für die fleinen Leute höher find als die alten! Weil die Hausklassensteuer für die großen Hausbefizer herabgefeßt, für die kleinen aber von 3 auf 5 Kronen erhöht wurde, weit die kleinen Häusler, Bauern, Gewerbetreibenden an Haustlassen, Grund- und Erwerbssteuer mehr zahlen werden als früher. Dem Arbeiter vollends zieht man die Steuer vom Lohne   ab, von den Massensteuern ganz abgesehen, die wir mit jedem Bissen Brot, bei jedem Einkauf entrichten und die für jeden Profetarier Tausende Kronen jähr lich ausmachen, ein Viertel, oft vielleicht ein Drittel seines Lohnes verschlingen. Dafür erhielt die Industrie, erhielten die Banten, die Großgrundbejike, der große wucherische Haus­besitz in den Städten an Steuern und Umlagen Milliarden geschenkt! Der Bürgerblock hat aber auch den

Mieterschuh abgebaut und die Bauförderung fogut wie beseitigt.

Von Milliarden Steuergeldern wird fein Streuzer für Wohnbauten verwendet, wird dem Heinen Mann fein Kredit gewährt, ja vom nächsten Jahr an werden Meine Neubauten

nicht einmal mehr Steuerbefreiung genießen. Dem Säuster fällt das Dach über dem Kopf ein, der kleine Hausbefizer hat kein Geld für Reparaturen, den großen Zinsgeiern aber macht man Geschenke von Zehntausenden, in ihren Zinskasernen bestehen übervalorisierte Mieten und sie brauchen sie nicht zu versteuern! Zehntausende sind wohmungslos und das Wohnungselend steigt seit dem Beginn der Bürgerblockherrschaft ständig an. Geld in Hülle und Fülle hat der Bürgerblock nur für den

Militarismus

übrig. Dreieinhalb milliarden unkontrollierter Rüftungsfonds, anderhalb Mil­liarden jährliches Mindestbudget für den Militarismus das ist die Sozialpolitik christ­licher" Bürgerparteien. Der Bürgerblock hat die Militärdienstzeit auf 18 Monate verlän gert, ohne diefe Verlängerung auf eine bestimmte Zeit zu beschränken. Er hat durch die Er­richtung der Landwehr dem Hecresminister Gelegenheit zur willkürlichen Ueberschreitung des Refrutenkontingents gegeben, er hat durch die Erfaßreserve Privilegien für die Söhne der Großbauern geschaffen, von denen er die Söhne von Arbeitern und Kleinbauern systematisch ausschließt. Er hat den alten Generalen die Pensionen erhöht, aber die Altpensionisten hungern lassen, die Staatsbeamten geprellt, die Lehrer im Glend stecken lassen. Die Klassenpolitit des deutschen   Bürgertums ist die Aushungerung der arbeitenden Schichten der Nation, die fyftematische Berelendung des fudetendeutschen Boites! Aber die Klaffenpolitik des deutschen Bürgertums hat auc die Verwaltungsreform geschaffen.

Um der Sozialdemokratie die Möglichkeit zu nehmen. in Gemeinden und Bezirfen Sozial- und Kulturpolitik zu treiben, zehntausenden Arbeiterkindern Gesundheit und Leben zu erhalten, Bildung zu vermitteln, den Aufstieg der arbeitenden Schichten des Volkes zu menschenwürdigem Dasein zu fördern, haben Agrarier, Christlichsoziale und Gewerbeparici die Selbstverwaltung der Gemeinden und Bezirke vernichtet, unter dem Beisoll der übrigen Bürgerparteien der Roten Gemeindewirtschaft" den Dolchstoß; versetzt. 11 ibre Selaffen­herrschaft in den Verwaltungskörperschaften zu errichten, haben die deutschen Bürgerparteien die letzten Reste nationaler Selbstverwaltung zerstört, die wir noch besaßen, an die Stelle des demokratischen Gaugejezes die obrigkeitliche Länderverwaltung gefeßt, die autonome Bezirksverwaltung dem Bezirksvajcha ausgeliefert, das Wahlrecht durch die Genennung eine Drittels der Mitglieder verfälscht, die autonomen Beamien den ischechischen Vorgesehien preisgegeben, die Tschechisierung der Bezirksverwaltung hingenommen. Im ihre Klassenber schaft zu feftigen, haben die Christlichiozialen und Agrarier das

Brügelpatent

noch verschärft und durch bürokratischen Terror die verfaffungsrechtlichen Grundrechte des Staatsbürgers faftish aufgehoben.

Unter der Weinisterschaft Maŋr Sartings wittet die Zensur gegen die Arbei ierpresse, verfolgt man unsere Organisationen und Vertrauensleute mit Soc verra: s. prozessen, ruft die christlichioziale Barici nach dem Schutznesek, um unsere Wahlagita tion möglich zu machen.

Das Maß der Sünden ist voll, am 2. Dezember wird abgerechnet!

Stönnt Ihr, Arbeiter und Arbeiterinnen, Angefteilte. Beamten und Lehrer, Silein­bauern und kleine Gewerbetreibende, noch einmal Gure Stimmen den Parteien aeben. Die Euch Erfüllung Euerer wirtschaftlichen und nationalen Forderungen versprochen, ober ein­zig die Forderungen Guver Ausbeuter und Unterdrüder verwirklicht haben?! Stömt by die schuldbeladenen Christlich   sozialen, grarier und Gewerbepar teiler wählen, die für die Verteuerung der Lebensmittel, für die Erhöhung aller Stuerat. für den Militarismus, für Vergewaltigungsreform und Prügelpatent, aber gegen alle voltes. freundlichen, sozialen und demokratischen Anträge der Sozialdemokratie gestimmt haben?!

Berjagt die Regierungsparteien, peitscht die Wechsler aus dem Tempel: Könnt Ihr Eure Stimme den Nationalsozialisten geben, die 1925 mit ben Aktivisten verbündet waren, für sie geworben, thnen in einzelnen Wahlkreisen ihre Stimmen gegeben haben? Könnt Ihr diese Partei wählen, die zum Schaden des arbeitenden Voffes seit zwei Jahrzehnten regelmäßig zwischen links und rechts, wechselt und im entscheidenden Augenblick Euch noch immer verraten hat? Könnt Ihr den deutschen Volksverband wählen, eine Partei der Besitzklassen und Arbeiterfeinde, den Fabrikanten und Großbanern? Oder könnt Ihr die Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft wählen, das Sam meljurium aller reaktionären Elemente, diese Ersatzreserve des Bürgerblods, die bereit ist. sobald sie nur ein Wandat besitzt, die Klassenfront des Bürgeriums zu verlängern, die heute schon in ihrem Programm die Verwaltungsreform und alle reaktionären Gejeze gutheißt? Rechnet auch mit diefen Gehilfen des Bürgerblods, mit diesen Reserven der Klassenfront der Beißenden ab!

Oder könnt Ihr Arbeiter, Eucre Stimmen wegwerfon, indem Ihr sie den Sommuni. sten, den Rakaien der Moskauer   Diktatoren gebt, die seit Jahren der Arbeiterschaft in den Rücken fallen, die leßte Hoffnung der Bourgeoisie darstellen, den Arbeiter in Niederlagen und Statastrophen führen, um ihn dann im Stiche zu lassen? Ihr werdet dem Bürgerium nicht die Freude machen, fommunistisch zu wählen!

Arbeitendes Volk in Stadt und Land,

Du stimmit morgen: Gegen

Hungerzölle, Majjensteuern, Militarismus, Prügelpatent, Vergewaltigungsreform, bürger liche Stlassenherrschaft und Bereicherung der Befißenden!

Für

Besitzsteuern, Sozialpolitik, Abrüstung, Selbstverwaltung, Schuß der Arbeitenden, Kontrol und Einschränkung der großen Kapitalsorganisationen!

Im Kampje zwischen Kapital und Arbeit, Arbeitenden und Ausbeutern, Unterdrüdern und Unterdrückten

gibt es kein Schwanken,

fondern nur eine Wahl:

Für den Gozialismus! Für die Gozialdemokratie!