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9 Jahrgang.

Sozialdemokrat

Sentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Lichechoslowatilchen Republit.

Hodža gestürzt!

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Donnerstag, 21. Feber 1929

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Ein plözlicher Ministerwechsel. Die Affären des Milan Hodža  . Eine schöne Ministerkarr.ere!- Dr. Stefane Unterricht minister. Prag  , 20. Feber. Unterrichtsminister Dr. Milan Hodža hat heute überraschend demissioniert. An seine Stelle wurde Dr. Anton Stefanel, Abgeordneter derselben Partei und ebenfalls Slowvale, zum Unterrichtsminister ernannt.

Die Demission Dr. Hodžas, der anläßlich der Demission des Ministerpräsidenten Švehla noch unter dessen möglichen Nachfolgern genannt wurde, wird durch ein hartnäckiges Hals­leiden begründet, zu dessen Heilung sich Dr. Hodža auf einen längeren Urlaub in die Hohe Tatra   begeben wird. *

Bezugs Bebingungen:

Bet Justellung ins Haus oder bel Bezug durch die Bost:

monatlid)

vierteljährlich

halbjährig

ganzjährig

...

. 16.­

48.­

96.­

192.­

Rüdtellung von Manu­ftripten erfolgt nur bei Ein­Sendung der Refourmarfen.

Erichert mit Ausnahme bes Mentaa tägli

Nr. 45. Kurt Eisner  

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Zur zehnjährigen Wiederkehr ſeiner

Ermordung.

Die obligate Vertrauenstundgebung. Für Srobar   bloß eine Rüge.  Prag, 20. Feber Das Präsidium der tsche­chischen Agrarpartei hielt heute eine Sibung ab. Nach einer ausführlichen Erklärung des Am 21. Feber 1919 wurde der erste Mi­Ministerpräsidenten F. Udržal entspann sich nisterpräsident des Freistaates Bonern, der un eine Debatte, woran zahlreiche Mitglieder des abhängige Sozialdemokrat Kurt Eisner  , auf Präsidiums teilnahmen. Vorsißender Fr. Stanět dem Wege zum Landtagsgebäude von einem schloß die Debatte mit der Feststellung, daß das Grajen Arco- Ballen meuchlings niedergeschos­Präsidium der Partei m Kenntnisnahme der

vorgetragenen Referate und insbesondere des fen. Die bayrische Reaktion begann. Der Berichtes über die Demission des Mini Sturmschritt der Zeit, die Tausende fällte, die sters Dr. Hodža, die er mit Rüdsicht auf vier Wochen früher in Berlin   Starl Riebknecht feine tranfheit gab, dem Parteiobmann- und Rosa Luxemburg   als Opfer gefordert Die Demiſſion Hodžas kommt allen jenen geworden, als seine Affären zum Himmet stellvertreter Minister Dr. Hodža einmütig vol- hatte, die bald darauf in Bayern   reiche Ernte überraschend, d.c an das Motiv je ner Krani- tanken. les Vertrauen ausspricht und ihm voll- unter den Besten und Mutiesten hielt, ging heit" glauben, das für seine Beurlaubung ange- Was man sich nach dieser Demission daher kommene Genefung wünscht, damit er bald zur über den Tod Kurt Eisners   hinweg, has führt wurde und das auch jetzt zur Begründung fragen muß, geht weniger die Person Hodžas als aktiven Ttäigkeit für die Partei und den Staat deutsche Proletariat hatte nicht Muße und Be­der Demission dient. Nun Hodža ist nicht mehr den Bürgerblod an. Ein System, dessen zurückkehren fönne und nicht weniger frant, als es die Generale wa- führender und mächtigster Mann mit einem jof- In der Angelegenheit des Senators Dr. sinnung, die Bedeutung des Mannes zu wür ren, die nach verlorenen Schlachten aus Gesundchen Effekt abtritt, das seinen Ministerpräsidenten, Srobar  , der die Möglichkeit, die ihm die digen, den der aristokratische Mordbube nieder­hetsrücksichten zur Disposition gestellt wurden. Finanzm nister und eine Reihe anderer Reffort- Organisationsordnung besonders in Absatz VII gestreckt hatte. Milan Hodža   war vor dem Kriege lungentrant, minister der Reihe nach auswechseln mußte, das gibt, nicht erschöpfte und mit einer Volemit gegen Kurt Eisner   wurde 1867 in Berlin   ge­aber er erfrente fich seither einer guten Gesund der Mißwirtschaft in den eigener Reihen nicht den Parte obmannstellvertreter Dr. Hodža jich boren. Er widmete sich literarischen und philo­heit. Zu dem Halsleiden, das ihn jetzt Herr wird, will uns m't dittatorischer Geſte be- an das Blatt einer anderen Partei( Lidove sophischen Studien, deren erste Frucht schrift­dienstunfähig machen soll, hat noch vor turzem herrschen. Es feinem Hodža nachzuja Noviny") wandte, sah es das Bräfidium ein- ftellerische und publizistische Betätigung in den se'n Arzt erklärt, es sei eine atute, aber bere to gen, wird nachgerade zur Staatsnotwen- mütig als notwendig an, Dr. Srobar eine Bahnen der bürgerlichen Journalistit war. ts in Heilung befindliche Erkrankung und der Mi digteit! Rüge zu erteilen und ihn zu verwarnen. Dem temperamentvollen Kämpfer, dem radi­nister werde nur eines fleinen Auslandsaufent­haltes zur Nachfur betürfen. Einer afuten und falen Stritifer und sozial fühlenden Dichter fast ausgeheilten Halsentzündung war aber feine ruhige Literatenlaufbahn mit wegen dem ssioniert man nicht. Herr Hodža hatte akademischen Ehrungen, Dichterpreisen und gu­ganz andere Stranthe ten. ten Zantiemen beschieden. Sehr bald quittiert der Klassenstaat die freimütige Seritif Sturt Eisners mit einer Gefängnisstrafe, die den jungen Schriftsteller vollends den Klassencha­rakter der bürgerlichen Gesellschaft und die Unvereinbarkeit seiner menschlichen Ideale mit der Propaganda des Bürgergeistes erkennen ließ. Wilhelm Liebknecht   erkannte die Bega­bung Eisners   und holte ihn, nach Berlin   an den Vorwärts", der durch Eisners Art, zu schreiben, durch seinen neuartigen und eigen­willigen Stil, durch sein Feuer und seinen durchdringenden fritischen Geist bereichert wurde. Stärfer noch fonnte sich Eisners Bega­

Es ist eine ganze Reihe von Affären, die zum Sturze Hodžas geführt haben. Es soll versucht werden, die Hauptpunkte der Karriere Hodžas jestzuhalten:

Der Unterrichtsminister hatte eine Affäre mit dem Außenministerium anläßlich der Anwesenheit Ramjay Macdo= nalds in   Prag. Hodža versuchte damals, Macdonald in Verührung mit einigen südjlawi schen Politifern zu bringen. Um was für Leute es sich dabei handelte, wird man daraus entneh men, daß Macdonald entschieden ablehnte, mit den Herren aus SHS zusammenzukommen. Diese Blamage des Schulministers war aber aud cine Kompetenzberlegung gegenüber dem Außenministerium. das sich zu allerleßt von Veness altem Gegner Hodža derart ins Gewerbe pfuschen ließ und froh war, gegen die Hehe der Agrarier ein Argument zu haben.

gegenüber

Hodža hat in Sofia   im Auftrage der bul­garischen Bauernpartei um zehn Mill onen:- nen ein Haus mt Truderei gekauft, wor­über sich die bulgarische Regierung beim Außenminiferium beschwerte.

Hodža hat ferner, wie in der letzten Zeit mehrfach erwähnt wurde, dem Erzbischof von Gran Millionenbeträge auszah len lassen, obwohl die Zugehörigkeit tschechischer Ccb ete zum Graner Erzbistum eine ter strittigen Fragen mit dem Vatikan   ist.

Vertragsabschluß in der nord­böhmischen Textilinduſtrie.

Zeuerungsaushilfe von 64 Stundenlöhnen in mehreren Raten. Reichenberg  , 20. Feber.( Eigenbericht.) Gestern fanden hier die Verhandlungen über die von den foalierten Verbänden eingebrachten Lohnforderungen statt. Es wurde ein Ueber­einkommen erzielt, welches im wesentlichen mit dem kürzlich abgeschlossenen Friedländer Ver­trag übereinstimmt. Den Arbeitern wird eine Teuerungsaushilfe von 64 Stundenlöhnen zu­gesichert, die in mehreren Raten ausgezahlt wird. Die Kommunisten wurden bei den Verhandlungen nicht zugezogen und sind auch keine Vertragspartner.

Wenn die Arbeiter auf die Hilfe der Kommunisten angewiesen gewesen wären, hätten sie nach dem verlorenen Streit überhaupt keinen Heller bekommen.

Von den Reichenberger Textilarbeitern einmütig gebilligt. bung entfalten, als er zum leitenden Redafieur

Verbandsobmann Genosse Roscher referierte über die Lehren des bolichemistischen Partei­putsches und über die inneren Vorgänge in der kommunistischen   Partei. Wit wuchtigen Worten, oftmals von Zustimmungslundgebungen unter­brochen, legte er dar, Reichenberg  

, 20. Feber.( Eigenbericht.) Heute| dürften auf diesen Beitelbrocken" schon sehn der Fränkischen Tagespost" gewählt wurde. Ein reiches Leben, das der Förderung abends fand in den Schüßenhausfälen in Reifüchtig warten. Gewiß, so sagte Genosse Zim­chenberg eine von der Union der Textilarbeiter mer, hätten wir mehr gebraucht und alles Schönen und Idealen, das der Erwef­einberufene Massenversammlung der mehr genommen, aber es war nach dem kung einer neuen profetarischen Kultur, das Tertilarbeiter von Reichenberg   statt, die von Ausgang dieses Streikes nicht mehr zu er der Idee der Solidarität der Arbeiterklajje über 500 Personen besucht war. reichen. Als Beweis für die Lage fuhrte er an, daß der Unternehmersekretär Dr. Ritter bei geweiht war, flag hinter Sturt Eisner, als der den. Verhandlungen den bezeichnenden Ausbruch Strieg ausbrach, der es zum Tragischen wenden getan hat: Wir wurden( durch den Streit) über- sollte. Das Jahrzehnt rüstiger Arbeit und jeugt, daß der Raditalismus, der immer vorge- harten Stampfes, das dem damals 47jährigen täuscht wird, auf dem weißen Papier des Vor- noch beschieden sein mochte, bevor die Ruhe und wärts" steht. Abgeklärtheit über ihn kommen würde, hätte wie die Arbeiter zur Sanierung der KPC. Auch die Ausführungen des Genoffen 3im ihn kaum an führende Stelle cerufen, wäre mer, die er mit der Aufforderung schloß, die nicht das Unheil hereingebrochen, das Mut und ins Feuer gehen sollten, wie aber diesmal die eigenen Anhänger der Kommunisten Uebertrittsbewegung von der Sektion Charakter des Mannes auf die Probe stellte Hodža erscheint ferner in den Augen seiner dieser Partei die Gefolgschaft verweigerten. der Textilarbeiter zur Union zu verstärken, ern­und die Mutigsten in entscheidender Stunde Parte genossen durch die Erinnerungen" des slo­wal schen Agrariers Srobar fompromit- Der Streit, für den alle Voraussetzungen fehlten, teten stürmischen Beifall. Der Borsißende ließ nun über das Verhand- an die Spize rief. Das Beispiel Jaurès  , den tiert der neben der belannten Rolle, die Hodža mußte zusammenbrechen. Genosse Roscher ver­als Vertrauensmann Franz Ferdinands   voz tem wies dann unter dem Beifall der Versammlung lungsergebnis abstimmen. Die Abstimmung ge- die erste Seugel des Weltkrieges traf, hatte Scurt Ariege   spielte, auch die weniger bekannte da stellt darauf, daß die Kommunisten in ihrer Preffe faltete fich zu einem großen Vertrauens. Eisner   feit dem Sommer 1919 ständig vor die Hodza nach dem Umsturz als Gesandter ihre eigenen Mitglieder und die Angehörigen votum für die Union  . Gegen eine einzige Augen geschwebi; der Idee des Friedens per­ in Budapest   spelte, mit dem er im Namen der Sektion der Textilarbeiter auf das argite als Stimme eines Stommunisten wurde der Ver- sönliche Opfer zu bringen, das verlangte Eis­Streitbrecher beschimpften und die Unortragsabschluß zur Kenntnis genommen. Die Bener von Allen, das ersparte er sich selbst zuleßt. Ten Rest scheint ihm aber die Affäre der ganisierten als die besseren Revolutionäre gen Abstimmungsergebnisses rief Sinter Sterfermauern wie Liebknecht, Zugem­hinstellten. Hoffentlich finden diese beleidigten türmischen Beifall der ganzen Ver­Stiftungsgründe auf dem Graben gege Witgileder der kommunistischen   Partei und der fammlung hervor. Nach einem fräftigen Schlußburg und Mehring, erlebte auch Eisner die Debo ben zu haben. Das Unterrichtsministerium hat Sektion der Textilarbeiter den Wut, ihren Be- wort des Genossen Dr bohlav fand die Ver- lesten Akte der großen Menschheitstracödic. Als das deutsche Millionenheer, von einem de überaus wertvollen Gründe des chema! gen leidigern die gebührende Antwort zu erteilen! fammlung ihren Abschluß. vervädten Kadetten befehligt, an der Dise, der Par stentlosters auf dem Prager Graben(   Bari Abschließend forderte der Redner die Arbeiter Das bezeichnende Merkmal an dieser Ver-| Lys und der Marne   seine leßten Schlachten Gesellschaft überlassen, die sic jojort mit 14 Mil und Arbeiterinnen auf, in die Betriebe zu gehen sammlung war die Tatsache, daß einige fommu- schlug und in der Hölle des technisch- chemischen

sterlirche und Akademisches Gymnasium  ) einer

lionen Gew in an die Landesbank weiterverkau= fen wollte. Hodža wurde für diefen ausgesp oche­nen Rettenhandel mt einer fragwürdigen Cesellschaft verantwortlich gemacht.

mit dem festen Willen,

wieder jene geschlossene und einheitliche Betriebsorganisation zu schaffen wie in den Jahren 1919 und 1920; dann werden die Tertilarbeiter wieder von Erfolg zu Erfolg schreiten.

Schließlich spricht man in ich chichen pol'ti­fchen Stre sen davon daß hodia demnächst auch fein mandat niederlegen und aus dem Seinen Ausführungen folgte stürmischer Beifall. Als zweiter Referent behandelte Genoſſe pol tischen Leben ausscheiden werde. mit ihm verſchwintet eine Abenteurer- Zimmer die Tätigkeit der kommunistischen Tex existenz aus tem polit sehen Leten, eine Art larve   tersektion. Diese Organisation hat die tilarbe agrarischer Stribrny, aber auch eine Persönl ch- Textilarbeiter bereits seit ihrem Bestande Teit, die bezeichnerderweise in den letzten Jahren

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von Niederlage zu Niederlage

nistische Störenfriede, die sich durch Zwischen- Serieges zu jämmerlichen Menschenschlacken zu­rufe bemerkbar machten, von den Textilarbeitern jammenschmolz, während im Hinterland Schies und arbeiterinnen mit großer eftigteit vergewinne und Hungerödem in gleichem Maße zurüdgewiesen wurden. In leidenschaft­

licher Empörung wendeten sich die Arbeiter wuchsen, schlug das Echo der revolutionären gegen die kommunistischen   Zwischenrufer und Empörung der Frontsoldaten und der Muni­forderten wiederholt das Präsidium auf, die tionsarbeiter, der Fabriksprofeten und der klei­Störenfriede zu entfernen. Das erwies sich nicht nen Bauern, deren Wirtschaft nun schon das mehr als notwendig, weil es die Betreffenden vierte Jahr den Serin entbehrte, auch zu den angesichts des Protestes der Bersammlung vorgefangenen Sozialisten herüber. Sie deuteten sogen, sich weiterhin ruhig zu verhalten. es nicht gleich, sondern je nach eigener Sehn­

Als weiteres Charakteristikum ist erwäh- fucht, nach Temperament und Glauben ver zu den einflußreichsten und mächtig geführt. Nun sollten sie sich zur fünften Nieder- nenswert, die außerordentlich gute fchieden. Das dumpfe Grollen der proletari­ften Wännern im Staate zählte: Hodža st ter age, diesmal zur Statastrophe, führen lassen. Die Stimmung, von der die Versammlung beichen Revolution hörte Start Liebknecht  eigentliche Vater des Bürgerblocks, des- Union der Textilarbeiter aber hat die Teilnahme herrscht war. In zahlreichen Rundgebungen fam fen Bildung er aus Soz afitenkaß tetrieben, er an einem folchen frivolen Spiel energisch zurüd die Begeisterung der Textilproleten Reichenbergs aus dem Murren und Aufmuden der Getre­tenen, als das neue Evangelium der Menschen­war der Konkurrent Beness, fooft eine Strife auf gewiesen. Nun, nach dem zusammengebrochenen für die Union   zum Ausdruck. verbrüderung, als die durchbrechende Erkennt­taucht, er tras emer ter Tewerber u de Mach- Streik. hat die Union   mit den Unternehmern nis vom Wahnsinn der Unrechtsordnung deutete jola: ftast Svetlas un es kätte nich vel g- verhand! t und Dienstag abgeschlossen. Die Stom­es Sturt Eisner. Er kam der Wahrheit näher. fehlt. so wäre er der erste Peamte der Repu- munisten werden gegen diesen Vertrag eine Das ausgeblutete, ausgehungerte, kriegsmüde. blit, ihr leitender Minister in einem Augenblicke wüste Hetze entfalten, aber viele ihrer Anhänger

Seit vielen Jahren, seit der Spaltung, hatte die Reichenberger Arbeiterschaft leine so entschlossene, begeisterte Versammlung zu verzeichnen.