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9. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemocratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.

Freitag, 22. Feber 1929.

Annahme der Pensionsversicherung.

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Langwierige Verhandlungen mit den Attivisten. der Wider penstigen restlos gelungen.

Die Zähmung

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Nr. 46.

Sir Bafil Zaharoff.

Vom Schnürsenkelverkäufer zum Milliardär.

Von Arthur Seehof.

programm: Krankenversicherung der Privatange stefften, staatliche Altersunterstützungen; selbst die Revision des Gehaltsgesetzes und der Systemisierung sowie eine Lösung der Altpensionistenfrage wird ber­sprochen. In Sachen der Schulreform sollen teine undurchdachten Versuche zum Schaden der gegen wärtigen Generation" gemacht werden; in Frage  Prag, 21. Feber. Aehnlich wie zu Beginn forderung an die Regierung, alle Möglichkeiten ommen Distriktsbürgerschulen, Förderung des ge- Wer hat den Namen Basil Zaharoff   schon der Berhandlungen über die Pensionsversicherung zu erwägen, wie sich diese Frage eventuell auch werblichen Fortbildungsschulwesens und die Errich gehört oder gelesen? Wer nicht gerade an und im Herbst, wo es zu einer eintägigen Minifter ohne oder nur mit einem geringen Staatsbeitung eines Landesschulrates für die Slowakei  . Vom mit der Börse zu tun hat, dem wird dieser frise der Herren Mayr- Harting und Spina tam, trag unter Heranziehung der Versicherten, der Mieterschutz wird unverblümt gesagt, daß dieser Name nicht bekannt oder doch zumindest nicht fuchten die deutschen   Regierungsparteien gestern Unternehmer und der Pensionsanstalt lösen lasse. Reft der gebundenen Wirtschaft endlich abgeschafft geläufig sein. und heute auch im Senat mit aller Gewalt eine werden müsse; zur Abschwächung heißt es weiter tänstliche Krisenstimmung zu erzeugen, Die Abstimmung muß verschoben werden, um vor ihren mährisch- schlesischen Wählern, weil die Koalitionsverhandlungen noch zu kei­denen sie eine verkrüppelte deutsche   Landesstelle nem Ergebnis gelangt sind. Es wird daher die in Brünn   nach Hause bringen, einigermaßen gerechtfertigt dazustehen. politische Debatte

wie zum Sohn, daß dies nur allmählich ge- Ford, Rothschild  , Rockefeller  , Morgan, schehen solle und unter Berücksichtigung der Posi- das sind heute sehr bekannte Namen. Und jeder tion der wirtschaftlich schwachen Schichten". Auf dem Denkende verbinder mit diesen Namen einen Grundsatz des Zollschußes der Landwirtschaft und Begriff. Wer aber ist Zaharoff? Da konnte der Urproduktion verharrt die Koalition ebenso wie man vor einigen Wochen in einem Stockholmer auf dem Schutz der Industrieprodukte, soweit ein Blatt lesen: Wenn der Mann( Zaharoff) ein­solcher Schutz zur Erhaltung des wirtschaftlichen mal stirbt, wird sich etwas ganz Besonderes Gleichgewichtes nötig sei; immerhin wird tröstend zeigen: Ford,   Rockefeller, Rothschild   und der versprochen, daß man dabei auch auf die Teuerungs Herzog von Westminster werden plötzlich ihre verhältnisse und auf die Konkurrenzfähigkeit unje­res Exportes Rücksicht nehmen werde. Den Schluß Kleinheit erkennen. Keiner von ihnen allen ist bilden Beschwerden über die Zurücfegung des auch nur annähernd so reich wie Zaharoff." Dieser Sir ist heute 75 Jahre alt und Senates. lebt vornehmlich in Monte Carlo  . In Athen  

Die nun folgende Rede des Gen. Nießner bringen wir an anderer Stelle. Brunar( D. Nat.) nenni die Regierungs  - Dann besteigt Herr Lutsch( B. d. L.), jicht geboren, soll er mit 12 Jahren in Konstanti­erklärung ein Spiel mit Worten und Phrasen lich im vollen Bewußtsein der Wichtigkeit der nopel Schnürsenkel verkauft haben, bis er und erklärt, der Ministerwechsel sei ohne jedem Situation, die Rednertribüne, um für die deutschließlichob durch den Verkauf der Schnür Einfluß auf die Politit. Die Minister seien nur schen Regierungsparteien gesondert eine Erklä- senkel oder durch andere Geschäfte" ist nicht Exponenten ihrer Parteien; lediglich die deutschen   rung abzugeben. bekannt einige Pfund Sterling zusammen­Parteien bildeten eine rühmliche Ausnahme, denn sie feien treue Diener des Staates und rung Svehlas vom Oktober 1926 gebunden, deren mit einem Vertreter der englischen Waffen­Die gegenwärtige Regierung sei an die Erklä- hatte. Dann kam Zaharoff durch einen Zufall nährten sich bloß von Hoffnungen Sauptpunte Konsolidierung der öffentlichen Ber- fabrik" Maxim"( heute Vickers- Armstrong  ) zu und Versprechungen. hältnisse und Regelung des nationalen Zusammen fammen, und im türkischen   Kriegsministerium arbeitens gewesen seien. Das S.reben nach allfeiti­ger nationaler Befriedigung habe in den beiden hatte der Schnürsenkelhändler sowiejo zu tun. abren aber noch nicht die wünschenswerten. Fort was für einen Spionagedienst er für dieses fchritte gezeitigt. Es müsse Aufgabe jeder tschecho- Ministerium geleistet hat, fonnte noch nicht er watischen Regierung sein, auch den Deutschen ge- mittelt werden, es gelang ihm jedenfalls, genüber Gleichberechtigung aller Staatsbürger den Marim"-Vertreter in das türkische ohne Unterschied der Raffe, Sprache und Religion" Kriegsministerium hineinzubringen und bei zu verwirklichen. Die Attivisten erwarten von der einem ganz großen Geschäft mit dabei zu sein. neuen Regierung, daß das Wert der nationalen Baharoff soll damals, faum 20 Jahre alt, eine Befriedigung nunmehr raschere Fortschritte Million Pfund Sterling   verdient" haben und machen werde, und fordern die der deutschen   Nation dann ganz plößlich aus der Türkei   verschwun gebührende Gleichberechtigung.

Ihre tschechischen Koalitionsgenossen leisteten über die letzte Regierungserklärung fortgesetzt. ihnen dabei direkt liebevoll Beistand. Es er­schienen also eine ganz ungewöhnliche Zahl von Genosse Habrman( tsch. Soz.- Dem.) vermißt Ministern mit Udržal an der Spiße im Senat, in der Regierungserklärung jede fonkrete For fonferierten hinter geschloffenen Türen stunden- mulierung, namentlich auch nur ein einziges lang mit den Aktivisten oder erwiſchten den einen Wort über das nationalpolitische Programm der oder anderen von den einflußreicheren Landbünd Regierungskoalition. lern und Klerifalen auch irgendwo in den Con­loirs bei den Rockschößeln und redeten ellenlang auf ihn ein. Kurz, die deutsch  - attivistischen Sena toren müssen sich heute rein als der Nabel der Republit vorgekommen sein. Selbstredend lonn­ten sie diesem Ansturm ja doch nicht widerstehen und ließen sich von ihren Forderungen Stück für Stüd abringen. Aus der angekündigten geson­derten Erklärung der deutschen   Aktivisten wurde ein ganz harmloses Gerede, das sich auf Svehlas Formel von der Gleichberechtigung aller Staatsbürger" beruft und es im übrigen der Jeffer( d. Nat.- Soz.): Die Regierung geht hohen Regierung flehentlich anheimstellt, halt doch dem Hauptproblem, dem nationalen Problem, wieder einmal was zur Befriedigung der deut aus dem Wege. Der Standpunkt der Deutschen schen Belange zu unternehmen; Worte, wie man sei eindeutig: Sie feien bereit, dem Staat gegen fie seit Jahren schon zum Neberdruß kennt. über dieselbe Verantwortung zu übernehmen Bezüglich der Brünner deutschen Landes- wie die Tschechen, fönnten diese Aufgabe aber stelle sollen die Altivisten die Zusicherung be- nur erfüllen, wenn sie diesen Staat nicht als lommen haben, daß für das Territorialitäts- Wirtsstaat, sondern als ihren eigenen Staat prinzip die Gerichtsbezirke maßgebend betrachten könnten. Die heutige Politik der Tsche sein sollen und daß man in der Durchführungs- chen ist gleichbedeutend mit dem Kampf gegen verordnung durch allerhand Verschiebungen für eine gesunde Entwicklung; fie verschließen die die Brünner deutsche Anstalt etwa 16.000 Ber- Augen vor dem Unabänderlichen der Zukunft. sicherte sichern will. Was daran wahr ist und Chlumecky( Kom.) bespricht die Auswüchse wie fich die Verhältnisse der Brünner Anstalt des gegenwärtigen Regimes in der Slowakei  . Als gestalten werden, wird wohl erst nach dem Er- er die Reformisten" angreift und ihnen vor­scheinen der Durchführungsverordnung abzu- wirft, sie hätten bloß die Kommunisten im Auge, schäßen sein. gibt es lebhafte Auseinandersetzungen zwischen Nach den beiden Erklärungen der Sprecher tschechischen Genossen und einigen Stommunisten, der Koalition Tho ŕ und Lutsch löste sich die wobei auch die Glocke des Vorsitzenden nicht viel Spannung bald und der Senat fonnte sich nach auszurichten vermag. Abstimmung der Pensionsversicherung wieder auf vorläufig unbestimmte Zeit vertagen.

Abstimmung über die Regierungs­erklärung, die von der Mehrheit natürlich zur Kenntnis genommen wird, und über die Pen sionsversicherung, an der nicht das geringste ge­ändert wird, leiten zum Schluß der Situng über. In zweiter Lesung stimmen für die Pen­fionsversicherung alle Parteien mit Ausnahme der Kommunisten. Angenommen werden fer ner die im Ausschußbericht gedrudt vorliegenden Refolutionen und jene bereits erwähnte über den Staatsbeitrag.

ben sein.

Einige Jahre später ist er in Dänemart und Algier   und macht Apfelsinengeschäfte. Dann geht er nach Paris  . Hier bleibt er drei Jahre. Und schließlich findet man ihn in Lon­  don. Wo? An der Börse. Er ist der eifrigste Beobachter und Stäufer von Waffen- und Mu nitionsaftien. Und wo Strieg ist, da blüht zwar fein Weizen, aber das Geschäft des Herrn Za­ haroff  . Durch den spanisch- amerikanischen und durch den russisch  - japanischen Krieg verdient

Auch jetzt sind die angekündigten Erklärun gen der Regierungsparteien noch nicht fertig, In die politische Debatte griff Genoffe denn die Debatte wird erneut unterbrochen. Erst er Millionen über Millionen. Und fast nod) Nickner ein, unter dessen klaren Worten die nach dreiviertel Stunden geben die Glocken das Einmütig wird dann auch die vom Genossen größere Profite als in diesen Kriegen macht förmliches Nichts zerfloffen. Glänzend charat- großem Intereſſe des Hauses verliest nun der Dr. Heller angeregte gemeinsame Resolution er während der Baltanmeteleien, an paar Phrasen der Regierungserklärung in ein 3eichen zum Wiederbeginn der Sizung. Unter denen terifierte er die Stimmung innerhalb der Stoali- schechische Gewerbeparteiler Thor namens der aller Klubvorsitzenden angenommen, in der die feine Agenten nicht ganz unbeteiligt sein sol­tion, bie icon fiber lit, paß zu lebt, deren Krise aber letzten Endes doch nicht um držal Erposee, die im Gegensatz zu der der jeßigen Frosttatastrophe Bedrohten aufgetürlich auch der König von England nicht über­

anders als letal enden kann, und legte an all die unerwähnt gelaffenen Probleme der Koalition die unerbittliche Sonde fachlicher Stritif an, die nachhaltigen Eindruck hervorrief.

Nach Eröffnung der Sigung um 11 Uhr läßt dee Vorsitzende über den gestern gestellten Antrag der tschechischen Genossen, daß Sramek zu der Vor­lage im Plenum Stellung nehme, abstimmen. Obwohl der Minister im Hause anwesend ist, lehnt die Mehrheit dennoch den Antrag ab.

Dann kommen die Berichterstatter zum Schlußwort zur Pensionsversicherungs­vorlage daran.

Faček( Nat.- Dem) gibt hiebei eine äußerst vorsichtig gedrechselte Erklärung über die deutsche Landesstelle in Brünn  

analogen Erklärung im Abgeordnetenhaus auf onkrete Probleme der nächsten Zeit eingeht: allerdings eröffnet sie den arbeitenden Schich ten alles andere denn günstige Perspektiven. Nach fast übertrieben freundlichen Worten an die staatsbejahende" Opposition folgt das Arbeits­

fordert wird.

Nächste Sizung wird schriftlich einberufen werden. Auf ihrer Tagesordnung steht der Handelsvertrag mit Frankreich  .

Rumpf- Osmička berät über Neuwahlen?  

Prag, 21. Feber. Heute traten die Vertreter der tschechischen Mehrheits­parteien zu einer Beratung im Abgeordnetenhaus zusammen, und zwar die Abgeordneten Bradáč, Dolanstý, Kramář und Mlčoch. Auch der Fürsorge­minister Srámet nahm an den Beratungen teil, die fortgescht werden sollen. Wie die Regierungspreffe meldet, galten die Beratungen der Frage des nächsten Arbeitsprogramms.

Die Prager Presse" schreibt, daß im Zug der Verhandlungen auch die Frage des Termins von Neuwahlen ventiliert worden sei, da die ab­jolute Klarheit in dieser Angelegenheit normalerweise die Nichtschnur abgeben werde, welche Aufgaben aus dem reichen Programm der Koalitionsforderungen hervorgezogen und zur Durchführung gelangen sollen. Die Prager Preffe" betont ausdrücklich, daß Vertreter der deutschen   Koalitionsparteien und der slowakischen Volksparteiler fehlten.

ab, die augenscheinlich an die Adresse der deut­fchen Koalitionsvarteien gerichtet ist: Es sei die Hoffnung berechtigt, daß eine Form gefunden wird, welche verbürgt, daß die vermeintlich(!) bedrohte Brunner Landesstelle lebensfähig bleibe. Tröstend versichert er, daß eine große Zahl bon Versicherten nicht alles sei; das fehe man an dem Beispiel der früheren Trop­pauer Landesstelle, die trotz ihrer verhältnis- Nur zwei Stimmen Mehrheit mäßig geringen Zahl von Versicherten perzen tuell fleinere Verwaltungsausgaben hatte als die Brünner Anstalten.

Die berühmte Resolution der Mehrheitspar­teien wegen eines

Staatsbeitrages

zur Einrechnung der nicht versicherten Jahre erweist sich als eine ganz unbestimmte Auf­

für Poincaré.

mindert sich durch Berichtigungen auf nur zwei Stimmte it.

Heute tritt der Ministerrat zusammen, der wahrscheinlich über die durch die dienstägige Ab­Paris, 21. Feber. Das heutige Amtsblatt ſtimmung geschaffene politische Situation beraten veröffentlicht eine Berichtigung zu der Abstim- und ein Einvernehmen mit dem gesetzgebenden mung im Barlamente betreffend den sozialistisch- Ausschuß der Kammer suchen wird, dessen An­rabifalen Antrag zur Gerichtsreform. bei welcher, trag zer Gerichtsreform gleichwie der Antrag der wie gemeldet. die Regierung eine Mehrheit von Sozialistisch- Madalen nicht mit der Regierungs­sechs Stimmen erzielte. Diese Mehrheit ver novelle übereinstimmte.

Sehen, und er gab dem Zaharoff, was des Zaharoffs ist: den Adel. Was für Riesensum men der neue Sir im Weltkrieg verdient hat, das ist nur auszurechnen, wenn man die Divi­denden der wichtigsten westeuropäischen Waf­fenfabriken zusammenzählt und mehrmals multipliziert, denn diese Waffenfabriken waren zur Zeit des Weltkrieges zu einem sehr großen Teil Sir Basil Zaharoffs Besitz.

Troß dieser Tatsachen sehen heute gewisse Sereise in Zaharoff lediglich den bestellten Sach­walter englischen Kapitals und englischer In­tereisen in Frankreich  . Andere aber und deren Ansicht erscheint uns die richtigesehen in ihm einen selbständigen Finanzmann aller größten Formats.

Zaharoff ist in und durch England groß und reich geworden, das Land aber, in dem er sich nach seinem Aufstieg eine entscheidende wirtschaftliche Vormachtstellung erobern konnte, ist Frankreich  . Und heute ist der englische Siv französischer Staatsbürger.

Monte Carlo und seine Spielbank sind das Eigentum Zaharoffs, aber auch die Banque de l'Union Parisienne und die Bank von Frankreich( deren Aktien er vor und im Zu­fammenhang mit der Morganschen Franken­Stabilisierung sehr billic taufte) stehen unter einem Einfluß. Die Pariser Zeitung der Tardieu, Kloß und Clémenceau  , das Echo National", wird von Zaharoff finanzieri und kontrolliert. Aber das alles würde ihn noch.