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9. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.

Donnerstag, 7. März 1929.

Für die Rechte der Minderheiten.

Eine große Rede Stresemanns in Genf .

In der gestrigen Ratstagung in Gef] Es ist weder eine unmögliche noch eines über das Minderheitenproblem jouveränen Staates unwürdige Aufgabe, die den fam auch der deutsche Reichsaußenminister durch die Minderheitenbestimmungen verpflichte Stresemann zum Wort. Wir können ten Ländern aufgelegt worden ist. Es ist unstreit seine große, bedeutende Rede nur in folgen bar, daß die Zugehörigkeit zur Minderheit und dem Auszug wiedergeben. Stresemann sagte die sich daraus ergebende Sonderstellung nicht im Gegensatz zu der Erfüllung der allgemeinen staats bürgerlichen Pflicht steht. Wird dies aber aner­fannt, so ergibt sich davaus zugleich,

unter anderem:

Besorgnisse, die mir selbst über die Frage entstanden, ob wir uns nicht in der Gefahr befin den, einem großen und bedeutsamen Gedanken eine falsche Ausführung zu geben, haben mich veranlaßt, in der letzten Sigung des Bölferbundrates zum Ausdruck zu bringen, daß es die wünschenswert fei, grundsätzliche Frage der Stellung des Völkerbundes zu den Minderheiten zu erörtern. Es liegt in der Natur der Sache, daß das Minderheitenproblem in seinen praktischen Auswirkungen in der Regel nur in Ge­stalt von Detailfragen an die Ratsmitglie­der herantritt, in Gestalt von Einzelwünschen, die junächst nur eine geringe, auf möglichst wenig Menschen beschränkte Bedeutung zu besitzen scheint. Im Vergleich mit anderen allgemeinen Aufgaben fann leicht die Empfindung entstehen, als ob hier ein Mißverständnis obwaltet, das dazu führt, den Rat mit Dingen zu belasten, die nicht vor diese hohe Instanz gehören.

In der Note der Vertreter der alliierten und assoziierten Mächte aus dem Jahre 1919 wird die neue Form des Minderheitenschutzes festgestellt als eine

nottvendige Folge und ein wesentlicher Be­standteil des durch die Gründung des Böller­bundes eingeleiteten neuen Systems der in­ternationalen Beztehungen. Unter dem alten Regime seien die Garantien für die Durchführung derartiger Bestimmungen den Großmächten anvertraut gewesen Die Erfahrun gen haben dieses System in der aris als un­wirksam erwiesen. Aus diesem Grunde seien die Garantien dem Völkerbund anvertraut worden. Eine ganz neue Sachlage sei zu beobachten. Die let'en Jahre haben bewiesen, daß neue Bestim mungen getroffen werden müssen. Die durch die Friedensverträge, abgetrennten Gebiete schlöffen

bedeutende Vollsteile in sich, die eine andere Sprache sprechen und von anderer Raſſe ſeien, als die Bevölkerung, der sie einverleibt wurden. Bit­tere Feindschaften würden vermieden werden: wenn jene Voltsteile von vornherein wüßen, daß sie in wirksamer Weise gegen jede Gefahr und un­gerechte Behandlung und Bedrückung gesichert und geschüßt seien. Schon das Bewußtsein der Tat fache, daß die Garantien bestünden, würde prat­tisch die erwähnte Annäherung erleichtern.

daß das Interesse eines Landes für die Min­derheiten in einem anderen Lande, das sich in der Anrufung der Garantien des Völkerbunt­des bekundet, nicht als eine unzulässige poli tische Einmischung in die inneren Angelegen heiten eines fremden Staates angesehen wer­den kann.

Man spricht davon, daß das Minderheiten­

recht dazu führen könnte, eine Bewegung zu unt terstützen, die sich gegen den Bestand des Staates richtet und zu einer Irredentationsbewegung füh ren fann.

Nun bin ich nicht der Meinung, daß das Jahrhundert, in dem wir leben, eine für alle Ewigkeit bestehende Ordnung der Dinge fest­gelegt hat.

Es ist verfehlt, darüber zu sprechen, daß ein Eintreten für die fulturellen Rechte und die Frei heit der Minderheiten der Ansatz sei, um Siaa­ten auseinander sprengen zu wollen.

Sprache, die Rajfe und Religion, unbeschwert der staatlichen Grenzen geachtet und gewür digt werden, der tritt ein, für die Erhaltung des Friedens und nicht für die Anfreizung zur Auseinandersetzung durch Gewalt. Welches sind die Wege, die uns in­nerhalb des Völkerbundes dazu führen können, auf Grund der bestehenden Verhältnisse und Ga rantien unserem Ziele näher zu kommen?

Sinsichtlich des Petitionsverfahrens selbst, wird in der Tonkschrift Dandurands darauf hingewiesen, daß das vom Rate befolgte Verfah ren, das feinen Schwerpunkt in der Einrichtung der Dreierkomitees hat, in den Beschwerde h renden Minderheiten den Eindruck entste hen läßt, daß sie nicht gehört werden.

In der Tat wird hiemit einer der Hauptübel stände bezeichnet, der von den Minderheiten feit fangem übereinstimmend und lebhaft beklagt wird. Was ich wünsche und dem Rate dringend zur Er wägung stelle, ist:

1. Eine sorgfältige Durchprüfung der Mög­lichkeiten, die für eine Besserung des for malen Verfahrens bei der Behand ( ung von Petitionen gegeben sind,

2. bitte ich in Aussicht zu nehmen, die bis­her geübte Ausschaltung der beteiligten Nationen durch ihre Hinzuziehung zu ersehen,

3. wäre zu prüfen, in welcher Weise der Völkerbund seiner Garantiepflicht außerhalb des Gebtetes der Pett tionen zu genügen habe.

Endlich liegt mir daran, daß in der von mir ausgesprochenen Weise eine Stlärung der grundsäßlichen Seite der Böl Der Friede der Völker wird um so terbundgarantie herbeigeführt wird". sicherer begründet sein, je mehr der Stresemann empjaht schließlich die Ein Ruf von in ihrer Kultur und Leben bedroh jegung einer besonderen Studien ten Minderheiten immer weniger an das Ohrommission, die so zusammenzusehen wäre, der Weltöffentlichkeit dringt. Wer sich dafür daß sie über die notwendige Autorität und Sach einseßt, daß die Menschheitsrechte, die fenninis verfügt.

cinem

Hindenburg gegen Müller.

Er will selber regieren? Das Gerede von der Diktatur im deutschnationalen Lager.

Bresse hatte gestern ein Artikel besonderes Auf­schen erregt, der in der Deutschen Allge meinen Zeitung" erschienen war und nach Diktator verlangte. glaubte allgemein, daß der frühere Reichstanzler ut her dahinter stünde, der sich wieder in Erinnerung bringen wolle. Die Deutsche Allge meine Zeitung" bestreitet dies aber. Sie fagt heute, daß fie nicht an eine Dittatur im Sinne ber Rechtstreise gedacht habe, sondern nur an einen Mann, der die Regierung fest in die Hand nimmt.

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Nr. 57.

Die Revolution in Merito.

Kirche und Kapitalismus als Revolutionäre.

,, Da cin Präsidentenkopf nicht genügte, so zielt auf den neuen Präsidenten! Diese Banditen haben kein Recht auf Leben! Wenn ihr sie tötet, so vollbringt ihr ein Wert der Wohltätigkeit und der Gerechtigkeit!... Schießt gut, verfehlt sie nicht! Jedem neuen Torral( das ist der Mörder des merikanischen Präsidenten Obregon. Anm. d. Red.) jubeln wir von ganzem Herzen Bravo zu." ( Aus einem Artikel des katholischen Jour nalisten Léon Degrelle in einem Brüsseler klerikalen Blatte unter dem Titel Mexikanische Katholiken antworten mit Kugeln".)

Ganz so begeistert wie dieser klerikale Mordheter äußern sich unsere Klerikalen über die in Meriko ausgebrochene Aufstandsbewe­gung nicht, immerhin fommt bei ihnen, wenn auch verhalten, die Freude über diese Revolu tion zum Ausdruck und damit ihre Schäfchen ihre Sympathien den Revolutionären zuzuwen­den nicht verabsäumen, wird erzählt, es jei ein Kampf gegen die bolichew stische Arbeiterpartei". Andererseits beeilen sich die merikanischen Rebellen, das Wesen ihrer Revolution in einem Manifest bekanntzugeben und erklären darin, daß jämt liche Kirchengeseße aufgehoben werden und die Geistlichen ihre Funktionen gemäß den Vorschriften ihrer Stirche ausüben fönnen. Damit wird die eine Seite der meri. fanischen Revolution, als eines groß angeleg ten und lange vorbereiteten Anschlages der klerikalen und konservativen Elemente gegen das Linksregime, zugegeben, die andere Seite bildet Agrarproblem, das ist die Frage: Par­zellierung des Landes oder Knechtung der In­dianos, der Ureinwohner Merikos, durch skrupellose Grundbesitzer? Es ist als gewiß; an­

Berlin, 6. März.( Eigenbericht.) In der Rechtspresse werden jest ich wer ste Be- zunehmen, daß bei dieser Revolution überdies denten gegen eine Dittatur geäußert. Die nordamerikanischen Finanz­Während die Hugenbergpresse noch aller­hand dunkle Pläne spinnt und am liebsten ben magnaten und die nach den merikaniſchen Erdölquellen lüsternen Börsenspekulanten Man Parlamentarismus beseitigen möchte, erklärt heute die deutschnationale treuzzeitung", Nordamerikas ihre Hand im Spiele haben. das Organ des Grafen Westarp, daß in Deutsch - Wie frühere Revolutionen in Meriko hat land weder rechts, noch linis, noch in der Mitte auch diese neueste den Charakter eines Streuz­auch nur der Schatten eines Dittators in Seh- zuges der katholischen Kirche im Bündnis mit weite wäre. Einen Diktator tönne man nicht den ausbeuterischen merikanischen Großgrund­ernennen oder erwarten, er ergebe fich nicht aus befizern und den nordamerikanischen Finanz­den Seifenblasen politischer Wunschträume. In und Delmagnaten. Stampf gegen die boliche feinem Lande der Erde sei die Dittatur so schwer wistische Arbeiterpartei", eine plumpe fleritale aufzurichten wie in Deutschland . Man könne das Wort Diktatur auf sich beruhen Lüge wie alle anderen über Merito und sein lassen, es führe nur Putschisten in Bersu- Regime verbreiteten Behauptungen, denn chung, wobei zu bemerken sei, daß eine Putsch niemals, auch nicht unter Calles, ist ein gefahr von rechts nicht bestehe. Stommunist in Merito Minister Diese Aeußerungen sind deswegen bemer- gewesen oder auf einem verantwortlichen fenswert, weil sie davon zeugen, daß im deutch Staatsposten gestanden. Diese Lüge ist aus nationalen Lager tiefe Gegensätze über die Taktik in der nächsten Zeit bestehen.

Die Bedeutung dieser Garantien wird hier dahin definiert, daß sie und daß sie dem Völker- Es wird allen Ernstes behauptet, daß der bund die Verpflichtung auferlegen, sich der fort- Reichspräsident Hindenburg selber dauernden Durchführung dieser Bestimmungen zu diesen Artikel veranlaßt habe. Man vergewissern. glaubt, daß die ihn beeinflussenden Kreise ihn bahin drängen, daß er den Reichstanzler beseitige und selbst die Regierung übernehme.

Ich kann mich nicht des Gefühls erwehren, daß Theorie und Praxis nicht immer in Ein­flang mit einander geblteben sind, und nicht über die unleugbare Tatsache hinwegsehen, daß die Minderheiten selbst in sehr weitem Maße von diesem Gefühl und den sich daraus ergebenden Sorgen um ihr fulturelles Schid­sal beherrscht sind.

Es ist laum anzunehmen, daß diese Bestre­bungen Erfolg haben werden, denn selbst in der

Die Sanierung der Bruderladen.

Erfolgreiche Attion unserer Genossen im Senat.

denselben Klerifalen Lüçenbrutstätten hervorae­gangen, wie viele andere auf diesem Mist er­blühten Verleumdungen, wie beispielsweise jene von den hunderten ermordeten Priestern", eine Zahl, die sich in Wirklichkeit auf einige Dußend verringeri und durchaus Priester" umfaßt, die als Führer von revolu ren Aufständen im offenen Kampfe gefallen sind, oder als Arrangeure von Komplotien standrechtlich erschossen wurden. Die in Merito vor einigen Tagen ausge­brochene Revolution ist, obwohl sie diesmal größeren Umfang angenommen zu haben scheint, eines der Glieder in der Stette der Putsche und Aufstände, die von den früher den Staat beherrschenden Mächten gegen jene Re­gierungen angezettelt wurden, die sich die Be­feitigung des feudalen Syſtems in Merito und die Befreiung des merikanischen Volkes vom Joche des fremden Kapitalismus, sowie die Durchführung einer großzügieen Agrarreform.

Ich kann nicht daran vorübergehen, an eine Erklärung eines Berichterstatters im Rate im Jahre 1925 zu erinnern. In dieser Erflärung und in der Diskussion finden sich Aeußerungen Das Ministerium für soziale Für schuß möge die Vorlage des Gefeßes über die Eationären Abteilungen be frühe­grundäßlicher Art über den Zweck der Minder forge hat bereits vor geraumer Zeit einen Ent- nierung der Bruderladen verlangen. Dieser Antrag heitenschußbeſtimmungen und über den Zweck der wurf über die Sanierung der Bruder- wurde vom Senatsausschuß auch angenom Garantie des Böllerbundes, die so gedeutet wer- laden ausgearbeitet und diesen dann an das men und der Budgetausschuß beschloß, fich durch den können, als ob es sich bei diesen Bestimmun- Finanzministerium weitergeletiet. Dort das Präsidium des Senats an das Finanzministe= gen um eine Art von Uebergangsregime handle, liegt nun dieser wichtige Geseßantrag, auf deffen rium mit der Forderung zu wenden, sich zu dem das schließlich dahin zu führen hätte, daß die Vorlage in den gescßgebenden Körperschaften die Gefeßentwurf des Ministeriums für soziale Für­Minderheiten als solche verschwi uz Versicherten so lange schon warten und welcher forge zu äußern, damit das Gefeß endlich der Na­den, d. h. fie in der Majorität der von den sozialistischen Parteien immer wieder ur- tionalversammlung vorgelegt werden kann. Es ist der Initiative unserer Genossen zu Staatsvolter aufgehen zu lassen. gert wurde, bereits seit einem Jahre, ohne Wenn jene Ausführungen tatsächlich im Sinne baß es das Finanzministerium für notwendig be- danken, wenn sich nunmehr auch der gesamte einer Art Affimilationstheorie zu erfunden hätte, zu ihm Stellung zu nehmen. Ange- Senat hinter die Forderung nach chester Durch stehen sein sollten, worauf manche in späteren ſichts dieser Berschleppungstaktit ſtellte führung der Sanierung der Bruderladen ge­Ratssigungen gelegentlich abgegebene Erklärungen in der gestrigen Sißung des Budgetausschusses des stellt hat. hinzudeuten scheinen, so müßte ich dem zu mei- Senats Genosse Reyzl den Antrag, der Aus­

nem Teile auf das bestimmteste wider­prechen. Eine solche Theorie steht im Gegen­

satz zu dem bei Begründung eines neuen Minder- Vor einem neuen Bürgerkrien Tschiangtaischet hat 150.000 Mann in die geistige Hebung des Proletariats durch

heitenschußes in aller Solarheit festgestellten Ge­

banken,

daß dieser Schuß ein dauernder und nicht nur

en Uebergangsregime zum Zvede der Er­leichterung vorübergehender Schwierigkeiten sein sollte.

Riangfi zusammengezogen, während die politische Ausgestaltung der Volksbildung und die Durch­Gruppe in Santau über etwa 100.000 Sol- führung

in China ? daten verfügt. Es ist schon zu mehreren führung sozialpolitischer Maßnahmen zur Shanghai , 6. März.( Reuter.) Die zileinen Scharmüßeln gekommen. Im Aufgabe gemacht haben. Die merikanische Re schen Ranting und Hankau bestehende Spannung wesentlichen beschränken sich die Bewegungen der gierung war niemals eine reine Ar­hat sich verschärft und das Land steht unter dem Gegner zur Zeit aber noch auf Truppen- beiterregierung, am allerwenigsten eine Eindrud eines neu heraufziehenden Bürgerkrieges. I fouzentrationen. bolschewistische", doch ist sie allerdings mit

"