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9. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Mittwoch, 13. März 1929.

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Nr. 62.

Gewerkschaften Feuer auf dem Dache!

Die Revolte der kommunistischen   Gewerkschaften

hat Zutritt.­

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Die Kanzleien des J. A. B. in   Prag unter dem Schutz von Arbeitern. Kein Anhänger des Politbros Scharfe Kritik der kommunistischen Gewerkschafter am Reichenberger Streifputsch. Der offene Brief der K. J. teilweise gefälscht.- Die bisherige Geldgebarung im J. A. V.

Die Sitzung des Vorstandes des Internatio­nalen Allgewerkschaftlichen Verbandes in der die Anhänger des Politbüros abgesägt wurden- worüber wir gestern berichtet haben dauerte den ganzen Tag und war ungewöhnlich stürmisch. Die Delegierten verurteilten in schärfsten Worten die gewissenlose Handlungsweise des Politbüros und warfen den Anhängern der Apparatschiki vor, daß sie die rote Gewerkschaftsbewegung zer schlagen wollen. Die Suspendierungen der be reits in unserem gestrigen Blatt genannten Funk­tionäre wurden mit einem Stimmenverhältnis von 11 zu 9 Stimmen angenommen, sodann auch beschlossen, den Vorsißenden der Roten Ge­ werkschaftsinternationale   ein Telegramm zu schit­fen, worin dieser aufgefordert wurde, den Ver treter der R. G. J. aus   Prag abzuberufen.

Die Verkündigung des Beschlusses auf Sus­pendierung rief einen großen Sturm hervor und die davon Betroffenen hieben mit den Fäusten auf die Tische und erklärten, daß sie sich nicht unterwerfen würden. Da aber bei der Sitzung eine größere Anzahl von Arbeitervertrauensmän­nern aus den Werkstätten anwesend waren, wag­ten sie es nicht, Gewalt anzuwenden.

Vor dem Gebäude des Internationalen allgewerkschaftlichen Verbandes patrouillie­ren Arbeiter, anscheinend zu dem zwede, etwaige Besuche von Vertretern des Polit­büros abzuweisen.

So ist es dem einstigen Sekretär Zapotocky  geschehen, den man in sein Büro nicht mehr hin­einlich und so auch dem Herrn Rudolf Kohn, dem einstigen allmächtigen Gebieter des J. A. V. Man gestattete den suspendierten Beamten nur, ihre Sachen wegzunehmen.

Der neue Sekretär Hais hat bereits seine Funktion angetreten und hat den ganzen Tag amtiert.

Gestern ist die Ertraausgabe des Dělník", des Organs des Internationalen allgewerkschaft lichen Verbandes erschienen, in dem bereits die neue Richtung zu Worte tommt. Unter dem Titel Für die Verteidigung des J. A. V." veröffent­licht der Vorstand einen Aufruf an seine Mit­glieder, in dem es unter anderem heißt:

Wir teilen Euch mit, daß die letzten Bege­benheiten im J. A. V. und das Vorgehen einzel­ner Mitglieder des sogenannten Kollektivs des J. A. V., welcher die Einheit des J. A. V. in 3. in ernster Weise bedrohte, und dessen Folge die völ­lige Zertrümmerung der roten Gewerkschaftsbewe­gung in der Tschechoslowakei   wäre, den erweiterten Vorstand des J. A. V. genötigt haben, ernstlich einzuschreiten und Remedur zu schaffen. Das ist auch geschehen in der ordentlichen Sigung des Vor­standes J. A. V. am Sonntag, den 10. März 1929.

Die Sigung wurde zu dem Zwecke einberufen, um endgültig und im Interesse der weiteren er folgreichen Entwidlung des J. A. V. den Streit mit der Mehrheit des Vorstandes der Textilsektion beizulegen und der weiteren Zerseßung zu steuern, auf die das Vorgehen des Kollektivs und besonders des Sekretärs Abgeordneten Genossen 3a po= tocky( der allerdings nicht aus eigenem Willen handelte) hinzielte.

Dem Vorstand des J. A. V. waren die Aus­sprüche der Mitglieder des Kollektivs und der Lei­tung des J. A. V. bekannt, daß ihnen an gar nichts mehr liege", daß auch, wenn wir die Hälfte der Mitglieder verlieren,

Gewerkschaftstaktik,

die notwendig ist, um für die Arbeiterschaft Er­folge zu erringen, folgendes gesagt:

Es ist notwendig, daß die Politik und Taktik in unserer Organisation( das heißt in J. A. V.) den gegebenen Möglichkeiten entspreche, sich auf die tatsächlichen Verhältnisse stütze und sich aus über­irdischen Höhen auf den Boden der Tatsachen zu­rüdkehre, nach den Grundsäßen der Strategie und Taktif, wie sie Lenin uns gelehrt hat, hauptsächlich für die Zeit der Realtion, da die Arbeiterschaft mit den gegebenen Möglichkeiten mit ihren eigenen Machtverhältnissen, sowie denen ihrer Feinde rech nen muß, damit durch unzeitgemäße unvorberei tete Aktionen und Parolen nicht die revolutionä ren Interessen des Proletariats geschädigt werden. Diese unsere Ansicht zwingt uns, die bisherige Po­litit, die sowohl aus gewerkschaftlichem als auch politischem Gebiete durchgeführt wurde, kritisch zu betrachten.

Ueber den

Reichenberger Tegtilarbeiterstreit wird sodann folgendes vernichtendes Urteil ge fällt:

Der letzte Streit der Textilarbeiter wurde ausgerufen, ohne daß alles gut durchdacht gewesen wäre und ohne daß alle Vorbereitungen getroffen. worden wären; der Streik wurde in den kleinen Betrieben ausgerufen, ohne daß die Mitwirkung der Großbetriebe gesichert gewesen wäre, wiewoh! gerade die Textilindustrie im höchsten Maße lon­zentriert ist und die Großbetriebe die entscheidende Rolle spielen; die Zeitungen der K. P. Č. haben täglich Parolen produziert die der Streiksituation nicht entsprachen, in der Vorausseßung, daß man durch große Gesten und laute Phrasen- auf die feine Taten folgten und folgen konnten, das erfeßen könne, was bei einer gut vorbereiteten organisatorischen Arbeit unter den Massen fehlt.

Und als man dann in den Streit eingetreten war, wurde der Streit über Nacht kopilos liqui diert und gerade von der Führung des Reichen­berger Kreises, dessen führende Faktoren sich in die Pose der kompetentesten Ausieger Leninicher Methoden werfen so daß nicht einmal die zweite Bedingung gegeben war, daß man nämlich in einem Streit, wenn man schon in ihn eintritt, ausharrt; bei der Beendigung wurde über haupt nicht der Versuch gemacht, in Ordnung fich zurückzuzichen und die Wieber­aufnahme der Vertrauensmänner und der streikenden Arbeiterschaftj durchzusehen, die vielmehr außerhalb der Fabritstore blieben, womit allerdings die Vor­bereitung eines weiteren Kampfes nicht nur erschwert, sondern in absch­barer Zeit unmöglich gemacht wird. Ebenso interessant ist die Kritit, die an der politischen Tätigkeit der St. P. C. geübt wird und wo nicht weniger behauptet wird, als daß die K.B.Č. den offenen Brief der fommunistischen Internationale gefälscht hat.

Es wird da gesagt:

Die Rebellion der kommunistischen  Gewerkschaften gegen das Politbüro

In der Entwicklung der kommunistischen  Bewegung in der Tschechoslowakei   kann man deutlich drei Perioden unterscheiden. In der ersten wurde dem Weltkapitalismus Tod und rascheſter Untergang angekündigt. In Der Brief der Komintern  , wie er auf dem der zweiten war Vernichtung der So­Parteitag vorgelesen und im Rudé Právo verzialdemokratie die Hauptparole, Ein­öffentlicht worden ist, hat einen anderen Wortlaut. heitsfront und Revolution von unten auf als er in der Exekutive der Komintern beschlossen egen die verräterischen Reformisten". Den wurde. Sein Wortlaut im Rudé Právo" ist im Inhalt und das Wesen der dritten Periode Gegensatz zu dem Wortlaut der in der kommu­nistischen Internationale" in Nr. 7 vom 13. bildet der Kampf gegen das Liqui­Feber d. J. veröffentlicht wurde. Satorentum", gegen die Troßfisten und Opportunisten in den eigenen Reihen, also offiziellen ursprünglichen Wortlaut fehlt vollkommen der Ab eines Kampfes der kommunistischen   Parteian­saß, der gegen die sogenannte histo- hänger und der Organisationen gegen ein. rische Rechte( 3apotocthreibich) ander. Bei dem von den Kommunisten gegen gerichtet ist.

Die Unterfertiger des Artikels wehren jich auch dagegen, daß man sie als Spalter der Arbei terbewegung hinstellt:

,, Es ist keine Spaltung, wenn man das will, was jeder Arbeiter fühlt, das ist die Durchfüh rung der praktischen Politit, die einzig die Grund lage bieten lann der richtigen Verteidigung und der Möglichkeit des Gegenangriffes der Arbeiter schaft auf die Bourgeoisie.

Das bedeutet also, daß der offene Brief der den Stapitalismus und die Bourgeoisie geführ­Komintern in   Prag von irgend jemanten Stampf bis aufs Messer" gedichen beide dem willkürlich geändert wurde, fein prächtig, die Wiedergenejung des Stapitalis­ursprünglich beschlossener Wortlaut wurde bemus vollzog sich trop der Millionen Anhän­wußt korrigiert, hauptsächlich so weit es sich ger, welche der Kommunismus in der ersten um die unerhörten Angriffe auf die Genossen der Zeit in allen Ländern Europas   mobil zu ma­verschiedenen früheren Leitungen handelt, wie es der Vergleich der beiden Terte bezeugt. chen verstanden hatte, vollständig ungehindert, fast überall erwies sich sogar die kommunistische Bewegung als die Straft, welche die Bourgeoi jie zu ihrer politischen Machtgewinnung und ihrer wirtschaftlichen Konsolidierung sich dienst­bar zu machen verstand. Stein größeres Glüd hatte der kommunistische Vernichtungsfeldzug gegen die Sozialdemokratie, die sich als Granit erwies und bei der ewigen Suche nach der richtigen boljchewistischen Linie, von deren Auffindung die kommunistischen   Führer er­hofften, sie werde ihnen helfen, die immer schütterer werdenden Reihen ihrer Anhänger beijammen zu halten und den Untergang der verhaßten Sozialdemokratie herbeiführen, ist die kommunistische Bewegung zum wütend= sten Kampf der Führer unter ein= ander angelangt. Die offizielle Parteilei­tung seht sich gezwungen, gegenwärtig den Hauptteil ihrer Kraft auf die Bekämpfung des Liquidatorentums" und aller nur möglichen Abweichungen" im eigenen Lager zu verwenden und sie wird, troß aller angekün­digten Hinauswürfe, auch hier keine größeren Erfolge erzielen, als den, die Bewegung im mer tiefer in den bodenlojen Sumpf hinein­zulenken. Die kommunistische Partei, die ihre Not für viele tausende Kronen neue Kanzleimöbel gelauft, hat ständig neue Angestellte in den Dienst längst verlorenen Ideale durch verstärktes genommen, obzvar die Verhältnisse cher nach Schimpfen auf die Sozialdemokratie glaubte ciner Reorganisation des Apparates gerufen ersetzen zu können, ist von einem unaufhalt haben, wie es auch die frühere Führung des famen Zerseßungsprozeß ergriffen. J. A. V. beabsichtigt hat. Wo steht gegenwärtig der Hauptfeind?

Im Gegenteil als Spalter müssen diejenigen bezeichnet werden, welche selbstherrlich die Be­schlüsse der obersten Instanzen ändern... wo in Form fraktioneller Beratungen der Kommunisten in dieser ernsten Zeit eigentlich die Vorausschun­gen zur Zerschlagung der roten Organisationen getroffen werden."

Zum Schlusse wird auch Kritik an der leichtsinnigen Finanzwirtschaft der bisherigen Führung der 3. A.V.

geübt:

Die follettive Leitung des J. A. V. hat, ohne Rücksicht auf die finanzielle Tragfähigkeit der Zen­traltasse zu nehmen, mit dem Geld geradezu hafardiert. So hat sie insbesondere horrende Sum men für das Abtreten verschiedener Räumlichkei­ten im Hause des J. A. V. ausgezahlt, hat ohne

Der merikanische Aufstand unterdrückt.

Unterschrieben ist der Artikel von dem Vor- Ist es um im Jargon des Politbüros zu sipenden des J. A. V. Halit, seinem Stellver- reden der räuberische Sapitalismus, sind treter all mann und folgenden Vorstands- es die reformistischen Lakaien der Bourgeoisie? mitgliedern Grünzweig, Surfiřt, Slou- Nein, es sind die Aufrührer und Li. šef, Smudla, Sabránet, Černý, Nachtquidatoren" in der Partei und in man, Wifes und Jakou bet. den Gewerkschaften! Lange Jahre Gedruckt ist das Flugblatt in der Graphia, hindurch haben die Mostauer Stipendiaten da die kommunistische Parteidruckerei in Staro- täglich die große Revolution angekündigt, nun linenthal den Drud verweigert hat. ist sie da, doch, ach, es ist leider nur die Re­volution des einen Teiles der Partei gegen den anderen. Eben hat man in der Partei durch den Hinauswurf aller schlecht parierenden und früher soziaide­Megifo City, 12. März. Der Aus| genannten beiden Generäle ist die Revolte im mofratischen Elemente aus der Zentralleitung diese Linie durchgefeht werden muß" stand im megilanischen Staate Veracruz ist en d- Staate Veracruz beendet. Die unter dem Kom- und ihre Ersetzung durch von keinerlei Erfah­rung und Tradition belasteten Jünglinge Ord­usw., aus denen ersichtlich war, daß in der Tat, gültig unterdrüdt. Die letzten Truppen mando des ehemaligen Präsidenten Calles stehen- nung in die Bude gebracht, aber diese Neu­hier Bestrebungen im Gange find, keine Rücksicht des Rebellenführers Aguirre haben sich bedin- den Regierungstruppen seßen aber ihren Marsch ordnung hat erst recht den roten Hahn auf das auf die Lage im J. A. V., auf seine gegenwär gegen die strategisch wichtige Stadt Torreon( am Dach gejezt, in der Partei ballen achtzig Pro­tigen Verhältnisse überhaupt zu nehmen und die gungslos ergeben. innere und äußere Politik des J. A. V. 10 dies Rio Nazas im Staate Coahuila  ) fort und man zent der Anhänger wütend die Fäuste über die welchen leblosen Formeln unterzuordnen und dies Merito City, 12. März. Wie bereits erwartet, daß in den allernächsten Stunden ein Bumutung dieser erschwindelten und ihnen emeldet, haben die Truppen des Generals   Jesus scharfer Kampf um diese Stadt geführt werden aufgezwungenen Führung", die Rouen Ge­Aguirre bei der Stadt Juanita im Staate wird. Bisher nicht bestätigte Gerüchte besagen, werkschaften sind sogar in offene Rebellion ge­Aus diesen Gründen hat sich eben der Vor- Veracruz die Waffen niedergelegt. General daß die Aufständischen diese Stadt bereits geräumt treten, so daß den in Karolinental durch stand des J. A. V. veranlaßt gesehen, diejenigen, Aguirre und sein Bruder Simon, gleichfalls Ge- haben. An der Westküste rücken aufständische Mosfaus Diftat residierenden bolschewistischen Bürschchen nichts übrig bleibt, als zur Besie­welche diese vom Politbüro empfohlene Politit neral aufständischer Truppen, sind in die Berge Truppenabteilungen in südlicher Richtung gegen betrieben haben, abzusetzen. geflüchtet und werden von Regierungskavallerie Mazatlan( im Staat Sinaloja) vor. Die Regie- ung des Aufstandes der kommunistischen   Ge­werkschaften an die Arbeiter zu In einem Artikel des Blattes, der betitelt ist scharf verfolgt. Die beiden geschlagenen Generäle rungsbehörden erklären aber, daß ihr Vorrücken appellieren, sich von den einst vom Pol­Unser Standpunkt zu den leyten Begebenheiten übermittelten der amerikan'schen Regierung die in diesem Abschnitte dadurch aufgehalten wurde, büro selbst in Amt und Würden eingesetzten in der Arbeiterbewegung der Tschechoslowakei  " wird nun an der Politik der K. P. C. die dent- Bitte, ihr Leben zu schonen. Durch die Kapitu- daß Regierungstruppen rechtzeitig eine Reihe von Gewerkschaftssekretären loszusagen. Aufs Lär­men versteht sich die kommunistische Regie, die bar schärfste Kritik geübt. Zunächst wird über die lation der aufständischen Truppenabteilungen der Eisenbahnbrücken zerstört haben.

irgend

durchzuseßen, auch wenn es nicht nur die Macht stellung, sondern auch die Einheit des J. A.

bedrohen würde.