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Sonntag, 21. Juli 1929.

Unentbehrlich

für Vertrauensleute und Helfer der

kraft ihrerseits im Osten einen Ausweg fand. werden konnte, die Rheinlandräu-| Internationale, durch die so oft verhöhnte völ­Als sich durch die Kolonisation Oftelbiens das mung werde in England mit derselben Befrie- ferversöhnende Wirksamkeit der deutschen So­Reichsgebiet um mehr als die Hälfte vergrödigung aufgenommen werden wie in Deutsch zialdemokratie! Die Wacht am Rhein, jahr­einen Grenzstreifen zu verlieren. Später hätte fischen Kammer Léon VI um für die Befrei donner umtoft, wird eine friedliche, brüderliche man gern Widerstand geleistet, aber die poliung des deutschen Rheinlandes kämpft, wenn Wacht freier Männer der Arbeit werden, die tische Zerrissenheit Deutschlands machte ihn der ehemalige eljässische Reichstagsabgeordnete einander achten und solidarisch lieben und die illusorisch. Durch Verrat der Hohenzollern , des Grumba ch Deutschlands Recht auf den nicht mehr darüber wachen, daß das andere großen Kurfürsten", den die Legende zum Rhein verteidigt! Daß die Arbeiter Frank- Ufer bald die eigene Fahne trage, sondern ge­nationalen Heros umlog, durch Verrat der Wit- reichs und Englands heute zu uns stehen, für meinsam darüber wachen, daß der blutgetränkte telsbacher, die mit Frankreich marschierten, die Befreiung des Rheinlands kämpfen. das ist Strom dem Werke des Friedens diene von durch Verrat eines deutschen Kirchenfürsten, nur möglich geworden durch das Bekenntnis Straßbure bis Köln , ein Strom, ein Symbol, des Straßburger Bischofs Fürsten Egon Für- von neun Millionen deutschen Arbeitern zur ein einigendes Band Europas !

Berte, trug man es nicht schwer, im Westen land. Welcher Fortschritt, wenn in der franzö- hunderklang von Schwertgeklirr und Sanonen Arbeiterfürsorge

Indien und die Arbeiterregierung.

sind die..Merkblätter für Fürsorgelunktionäre". Bisher erschienen:

Nr. 1. Richtlinien für Fürsorgefunktionäre. II. Tell. Nr. 2. Fürsorge und Gesellschaft. Von Heinrich Herget. Nr. 3. Arbelter- Fürsorge und Fürsorge- Einrichtungen. Von Theodor Schuster. Nr. 4. Arbeiterbewegung und Arbeiterfürsorge. Von Josef Hofbauer.

Nr. 5. Aufgaben der Arbelterlürsorge.( Kampf gegen Tu­berkulose, Geschlechtskrankheiten und Alkoholismus .) Von Dr. Arnold Holltscher.

In Vorbereitung:

Nr. 6. Sozlalhygiene und Arbelterfürsorge. Von Dr. Theo­dor Gruschka. Nr. 7. Gewerkschaft und Arbelterfürsorge. Von Anton Schäfer.

Dle Merkblätter sind zu beziehen durch den Verband ..Arbelterfürsorge". Geschäftsstelle

Brünn , Französische Straße 24. Holt Euch Rat bel uns! Die Arbeiterfürsorge ist die organisierte Selbsthilfe des Proletarlats! Dem Klassengenossen soll durch den Klassengenossen ge­holfen werden! Gründet Bezirksvereine! Werbet Mitglieder! Helft der Arbeiterfürsorge!

stenberg, fielen nach den schon verlorenen Bis­tümern Meß, Toul und Verdun auch das El­petenzen den Fehler begangen, dem nationalen faß und Straßburg an die Franzosen. Und als Selbstgefühl der Jnder auch nicht im gering 1815 eine Möglichkeit der Rücknahme des El­stent Rechnung zu tragen. Wenn sie trotzdem faß unter europäischer Garantie bestand, war namentlich im Bundschab und im Sind ungeach tet der nationalistischen Boykottpropaganda nicht die Eifersucht zwischen Habsburgern und Ho­unbeträchtliche praktische Erfolge aufzuweisen hat, henzollern so groß, daß sie das umstrittene Kalfutta, im Juli.( Eig. Bericht.) so ist das ein Beweis für die Theorie, daß nicht Land lieber den Franzosen ließen, damit in Der Niederschlag, der durch den Wahlfieg der nur zwischen Hindus und Mohammedanern noch feierlichem Vertrage auf die Rechte Deutsch Arbeiterpartei geschaffenen neuen Situation für tiefgehende Differenzen über die Selbstverwaltung lands an dem oberen linken Rheinufer ver- Indien in der indischen Oeffentlichkeit erweckt bestehen, sondern daß auch weite Kreise der nicht zichtend. Als Bismack dann 1871 die Provinz nach außen den irrtümlichen Eindruck, als ob hoff- mohammedanischen Bevölkerung anderer Ansicht anneftierte, war es fast zu spät, denn das Elsaß nungslose Resignation die Stimmung völlig beüber die Notwendigkeiten Indiens sind als die fühlte französisch, und die preußische Militär- herrscht. Nicht nur die radikalen, auch die gemä Gefolgschaft der Kongreßpolitiker. Die radikale überall die Anhänger einer Zusammenarbeit mit diktatur gab dem deutschen " Volksbewußtsein higteren Elemente des Indischen Nationalfongres indische Unabhängigkeitsbewegung ist als ernst zu der Regierung zurüdgekehrt. der Elsässer den letzten Rest. Rein Zweifel, daß es sind auf die Formel höchstens Mißtrauen ge- nehmender Faktor noch nicht sehr weit über die Für die vom Indischen Nationalkongreß zu gen alles eingestellt, was nicht auf völlige Unab- Grenzen Bengalens hinausgekommen. Deshalb Beginn des nächsten Jahres angesagte no coope 1918 90 Prozent der ansässigen Bevölkerung hängigkeit und wenigstens die weitgehende Selbst bleibt für einen Kampf wie für friedliche Ver- ration Bewegung, d. h. Boykott des gesamten die Franzosen als Befreier begrüßte, und heute verwaltung für Indien hinausläuft. Selbst Mrs. Handlungen die Aktivität wie die Abstinenz der Verwaltungsapparates, ist das Ergebnis der mit noch, nach allerhand Enttäuschungen würden Annie Besant , die anläßlich ihres Aufent- übrigen Landesteile ausschlaggebend, wenn sie auch einem großen Aufwand von geistiger Energie und vielleicht viele für ein neutrales Elsaß, aber haltes in England Gelegenheit hatte, die Stima fulturell und politisch hinter der Entwicklung des Geld vorbereiteten Probomobilmachung kein gün faum mehr als ein Zehntel für die Rückfehr mung an Ort und Stelle zu ſtudieren, predigt Küstengebietes zurückgeblieben sind. zum Reich stimmen. nach ihrem alten Text Der Preis für Indiens Loyalität ist Indiens Freiheit" größte Stepsis.

stiges Vorzeichen. Daher werden selbst Gandhi und Das Problem der Arbeiterregierung besteht die übrigen Freunde des Gedankens der passiven Dennoch wäre der Streit um den Rhein Angesichts dieser Ünentwegtheit, die sich grol- realpolitisch gesehen darin, sich dieser Vorausset- Resistenz im Augenblick einen ehrenhaften Fries den vorziehen. weiter gegangen, wenn die Nationali lend auf das Naturrecht unbeschränkter Selbstbe- zungen zu bedienen, ohne sie mechanisch und bru Wohin die Wünsche der indischen Nationalis ſten und Berlin und Paris Oberwas- ftimmung beruft, scheint die Situation für Eng- tal auszunußen wie das von konservativer Seite ser behalten hätten. Die einen wollten das Elland höchst schwierig und die einzige Lösung der der Fall gewesen ist. Dazu gehört Taft, psycho- sten gehen, läßt sich aus den Londoner Informa saß zurückholen und die widerspenstigen ale ohnehin mit allerhand Sorgen belasteten Labour- logisches Feingefühl und vor allem das Verständ- tionen ihrer Presse erkennen, die trotz der Zurüd­mannischen Bauern noch einmal mit den Seg Regierung in der indischen Frage darin zu be- nis dafür, daß Freiheit und Demokratie in ihrem haltung der Regierung eine Fülle von Nachrich nungen einer preußischen Verwaltung beglüfstehen, wenigstens das Minimum der nationali- Ausmaß nicht ausschließlich vom stärkeren Part- ten über die nächsten Pläne des Kabinetts fen, die drüben wollten zum Elsaß nun noch stischen Wünsche zu akzeptieren. Nun ist der Be- ner bestimmt werden. Die Beurteilung der Per- in der indischen Frage enthält. In der die Saar und das Land am Niederrhein da griff dieses Minimums keineswegs scharf umrissönlichkeit des Staatssekretärs für Indien Wedg- Tat find sie nicht Berichte über Tatsachen, sondern .zunehmen. Westarp und Hittler brannten auf sen. Während er für Annie Besant und ihre wood Benn in seinem neuen Wirkungsfreis Versuchsballons. Ihre Bedeutung liegt darin, daß den Rachekrieg gegen Frankreich , Foch und Freunde in dem sogenannten Nehru Re- deutet darauf hin, daß die ernsthaften Politiker sie Reflexe der Wünsche Indiens sind, die Ein­vort enthalten ist, hat ein nicht zu unterschät- Indiens mit dem Vorhandensein dieser Eigen- druck auf das India Office machen sollen. Alle Poincaré wäre dieser Krieg gelegen gekommen, zender Teil Indiens trotz der Boykottparole des fchaften bei ihm als Plusmoment für die indische diese Fühler bewegen sich in der Richtung auf um die Grenze an den Niederrhein vorzuschie- Nationalfongreffes die Arbeit der Simon Kom- Politik und für kommende Verhandlungen recheine neue Konferenz, bei der auch im Ge­ben und auch auf den Türmen des Kölner Do- mission unterstützt und sie damit als Blattform nen. Mit einigen Taten wie der Einstellung des gensatz zu dem von der Simon- Kommission ge mes die Trifolore zu hissen. Es ist der Tätig für eine Verständigung anerkannt. Verschiedenen Prozesses gegen die Gewerkschaftsführer und ihrer übten Verfahren die Führer Indiens mit amt feit der Sozialisten beider Länder, dem Wir Gruppen geht nicht einmal die Forderung der Freilassung, der Begnadigung der närrischen Fa- Tisch sitzen werden. Der neue Staatssekretär hat fen der Internationale, dem unbeirrbaren Unabhängigkeit in der vom Kongreß vorgeschla natifer, die das Attentat in der gesetzgeben den von Indien her zugeworfenen Ball bereits Kampf der deutschen und französischen Sozial- genen Form weit genug und in dem großen Topf den Versammlung zu Delhi verübt haben, und aufgenommen. Seine Unterredung mit der indi­demokratie um Vernunft und Frieden zu dan- der indischen Freiheitsbewegung brodeln die ver- in einer energischen Aftion gegen die Auswüchse schen Dichterin und Politikerin Sarojini Naidu der Bürokratie namentlich in der Sandhabung ist ganz auf diesen Ton gestimmt. Gut unterrich fen, daß wir statt des Rachefrieges den Verschiedensten Substanzen wild durcheinander. Nach konservativen Begriffen war der Weg der Steuergesetzgebung auf dem Lande sowie mit tete Leute wollen sogar schon wissen, daß die er trag von Locarno bekamen, der die West­grenze Deutschlands unter freiwilligem Ver- aus diesem Labyrinth der Meinungen leicht ge- ernsthafter Sozialpolitik für die Induſtriearbeiter sten Fäden zwischen dem Colonial Office auf der funden. Er bestand in dem Willen zur Erhaltung zicht des Reiches auf das Elsaß festsetzt und un- funden. Er bestand in dem Willen zur Erhaltung wäre es Wedgwood Benn ein leichtes die Amt- einen und Gandhi und Motilal Nehru auf der Keinesfalls darf der neue Mann für Indien ter die Garantie Englands stellt. Es ist das der gegenwärtigen englischen Machtstellung um mosphäre des Vertrauens zu schaffen, die für er- anderen Seite bereits gesponnen werden. ter die Garantie Englands stellt. Es iſt das jeden Preis und mit jedem Mittel. Diese Poli- folgversprechende Verhandlungen zwischen Eng­Verdienst der Sozialdemokratie, wenn das Ver- tik trägt die Hauptschuld an den gegenwärtig so land und den Völkern seines wertvollsten über den Eindruck aufkommen lassen, daß er ein An­hänger der Sir John Simon zugeschriebenen trauen auf beiden Seiten erſtarfte, wenn man schwierigen Beziehungen zwischen England und feeischen Besitzes so unumgänglich nötig sind. Idee des cold storage" ist, der Absicht, die in­zu einer beiden Teilen erträglichen, wenn auch Sudien. Die Arbeiterregierung steht nun vor der Die Vertrauensreserve Englands in Indien dische Frage vorläufig auf Eis zu legen. Die Er auf beiden Seiten Opfer heischenden und Illu- barten Aufgabe, dieses Verhältnis nen und zwar ist, wie der Ausfall der Wahlen zu den wartungen Indiens find zwar nicht zu hoch ge­fionen zerstörenden Lösung der Reparations- so zu gestalten, daß die jetzige Form im Wesen Provinzialverwaltungen erwiesen hat, spannt, aber irgend eine Tat erwartet Frage gelangte und wenn wir heute vor der bleibt und doch auf eine beide Teile befriedigende weit größer als im Auslande gewöhnlich ange- ganz Indien ohne Unterschied der Partei. nommen wird. Trotz der allgemeinen durch ver- Der psychologische Moment für eine indische Re­Liquidation der Rheinlandbesetzung, nun auch Art innerlich neu gestaltet wird. schiedene Mißgriffe der angloindischen Verwal- form ist niemals günstiger gewesen als jetzt und vor dem faktischen Verzicht Frankreichs auf tung immer wieder genährten Erregung, die von es besteht die in der Politik nicht allzuoft wieder­weitere Eroberungen stehen. der Opposition weidlich als Agitationsmittel aus fehrende Gelegenheit zur Schaffung eines brauch genutzt wurde, ist es den Kongreßanhängern nicht baren Kompromisses, das die in letzter Zeit start gelungen, ihre Stellung in diesen Körperschaften erschütterten Beziehungen zwischen England und zu stärken. Mit Ausnahme von Bengalen, das Indien wiederum auf einige Zeit ins Gleichge­stets eine nationalistische Mehrheit hatte, sind wicht bringt.

Welch gewaltiges Symbol der Erstarkung der völkerversöhnenden Idee, daß im englischen Unterhaus unter tosendem Bei fall der Arbeiterparteiler gesagt

Die Huerta.

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Als erste Voraussetzung für ein solches Ziel erblickt die englische Politik traditionsgemäß die Brüfung der Realitäten durch ein Gremium von Sachverständigen. Diese Absicht hat auch der tigkeit der Simon Kommission zu Grunde gelegen. Das englische Kolonialamt hat jedoch unter dem Einfluß der Tories bei der Festsetzung ihrer Kom

,, Ach, von da hinten!" Yautete die Antwort wie am Abend vorher.

Roseta, obwohl eigentlich nicht weniger schüchtern, mußte dennoch lächeln. Aber erst als sie ihm von den Aengsten sprach, die ihr der einsame Weg stets verursachte, brachte es der Bursche über sich, den Mund aufzutun:

Roman von Blasco Ibañez . Roseta empfand eine gewisse Erleichterung, als sie an der Stimme Nelet erkannte. Der Enkel des blinden Schäfers war ein guter, ar­Da ich immer Geschäfte für den Meister beitsamer Junge, doch so schüchtern, daß sich alle in der Huerta zu erledigen habe, kann ich dich Mädchen über ihn lustig machten. Er konnte jeden Abend nach Hause bringen." fein Wort vorbringen, ohne zu erröten. Auch Lafonisch wie tags zuvor verabschiedeten sie liebte er es nicht, sich mit den übrigen Burschen sich. Für Roseta jedoch folgte eine unruhige im Wirtshaus herumzutreiben oder auf den Nacht. Von phantastischen Träumen gequält, in Plätzen von Alboraya Ball zu spielen, sondern denen Nelet die Hauptrolle spielte, warf sie sich streifte in seinen freien Stunden durch die Fel- in den Kissen umher. der, freute sich über den Sang der Vögel oder Die Sonne schaute längst durch ihr Fenster­Iag unter einem schattigen Baum und spielte die chen, als sie am nächsten Morgen es war Sonntag, der einzige Tag, an dem sie ausschla­Flöte. Auf die Frage des jungen Mädchens, wo- fen konnte mit müden Gliedern erwachte her er käme, antwortete er mit einem vagen Aber leuchtete die Sonne nicht heller als sonst? von da hinten". Dann verfiel er in Still- Sangen die Vögel nicht lieblicher?... schweigen, als hätte ihn dieser Satz eine unge­heure Anstrengung gekostet. Wortlos setzten sie den Weg fort bis in die Nähe der Barraca.

,, Bona nit y grafies!" dankte Roseta. Bona nit!" Und Nelet verschwand im Dunkeln.

Es war eine Begegnung ohne Wichtigkeit gewesen, eine angenehme Begleitung, die ihre Furcht verscheucht hatte. Trotzdem muzte Ro­seta, als sie zu Bett ging, an Nelet denken.

Und seltsam, auch am nächsten Abend traf sie ihn fast an derselben Stelle außerhalb der Stadt.

" Bona nit!" und wortfarg gab er ihr wie der das Geleit. Doch das junge Mädchen, mehr zum Reden aufgelegt, war damit nicht zufrieden. Welch sonderbarer Zufall, daß wir uns zwei Tage nacheinander hier treffen! Woher kommst du?"

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Fröhlich vor sich hinsummend, holte sie ihren Sonntagsstaat aus dem Schrank. Ihre Mutter hatte recht: mit sechzehn Jahren wurde es Zeit, auf ihr Aeußeres zu achten. Vorsichtig, als wären es kostbare Spitzen, streifte sie das Röckchen aus weißem Perfal über und schnürte das Korsett hoch und starr, wie es nur valen­cianische Bäuerinnen tragen noch fester, denn in der Huerta gilt es als Unteuschheit, wenn die Mädchen den Busen nicht verbergen.

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Und zum ersten Male in ihrem Leben ver­brachte Roseta mehr als eine Viertelstunde vor dem winzigen Quecksilberspiegel mit lackiertem Fichtenrahmen, einem Geschenk ihres Vaters, in dem Frisur und Gesicht immer nur stückweise zu sehen war. Prüfend betrachtete sie ihr feines Näschen, die Grübchen in den rosigen Wangen, die klaren, grünen Augen. Nichts Besonderes, meinte sie, immerhin gab es Dußende von Mäd­chen der Huerta, die häßlicher waren.

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Ungeduldig die Kirchenglocken läuteten schon trieb Teresa die Tochter zur wile an. Doch diese löste die Frisur wieder auf, um die Haare anders zu ordnen. Auch die Mantilla machte ihr zu schaffen, bis die Falten endlich nach Wunsch fielen.

Beim Verlassen der Kirche spähte Roseta verstohlen durch die offene Tür des Schlächters. Hinter dem Ladentisch half Nelet die Stunden zu bedienen. Mit einer Hammelteule in der Hand starrte der Bursche wie verzückt zu ihr hin, und erst ein derber Knuff seines Herrn rief ihn in die Wirklichkeit zurüd.

Traurig und langweilig verging der endlose Sonntagnachmittag für das junge Mädchen.

Aber welche Fortschritte hatte Nelet über Sonntag gemacht! Als er Roseta am Montag abend erwartete, begnügte er sich nicht mit dem gewohnten Gruß, fuhr vielmehr, wenn auch zaghaft und in langen Zwischenpausen, fort:

Ich freue mich sehr, dich wiederzusehen." Eine Aeußerung, die Roseta mit einem zärt lichen grafies" quittierte.

Doch Nelet kroch in sich zusammen wie ein Angeklagter, der überführt ist, und schlich ge­drückt neben ihr her. Erst als die Barraca auf­tauchte, hob er den Kopf.

Warum?... Weil ich dich lieb habe!" murmelte er.

er

Und bestürzt über seine eigenen Worte, lief spornstreichs davon.

Also liebte er sie!... Seit Tagen hatte Roseta dieses Wort erwartet. Nichtsdestoweni­ger erschien es ihr jetzt wie eine überraschende Enthüllung. Und die ganze Nacht hindurch flüsterten tausend Stimmen ihr ins Ohr: Weil ich dich lieb habe!"

Weitere Liebesworte wurden nicht mehr zwischen den beiden ausgetauscht. Sie betrach­teten sich als verlobt, und Nelet versäumte kein einziges Mal, das Mädchen abzuholen.

Der dickbäuchige Schlächter von Alboraya tobte über die Veränderung seines bisher so ordentlichen Gehilfen, der ständig neue Vor­wände fand, um abends fortzugehen. Doch auf Nelet machten weder Ermahnungen noch Dro­Hast du dich gestern gut unterhalten??.." hungen Eindruck. Auf diese Frage erhielt er keine Antwort. Er hatte seiner Verlobten ein Nest mit jun­Für mich war es ein langweiliger Sonn- gen Vögelchen geschenkt, das sie in ihrem Schlaf­tag." Mir fehlte etwas,... ich habe mich so zimmer aufstellte. Zärtlich fütterte sie die mit daran gewöhnt, diesen Weg zu gehen... Nein, weichem Flaum bedeckte Brut, deren weit auf­an dem Weg liegt es nicht; was mich freut, ist, gerissene Schnäbelchen immer nach Brotfrumen daß ich dich begleiten darf!" verlangten, und vergoß Tränen, als ihre kleinen Brüder aus lauter Liebe eins erdrückten.

Hier hielt er verwirrt inne und biß sich nervös auf die Lippen, in Angst, zu dreift ge­worden zu sein. Und die mutwillige Roseta vermehrte noch seine Verwirrung:

Warum freut es dich eigentlich, jeden Abend mit mir den langen Weg bis zu unserer Barraca zu machen? Wer wie du den ganzen Tag arbeitet, muß abends müde sein. Und was würden wohl die Leute sagen, wenn sie es wüß­ten?... Und mein Vater? weh, o weh! Warum also, sag?"

Ein anderes Mal brachte er Feigen und Pistazien mit, die sie zusammen verzehrten, wo­bei sie sich glücklich in die Augen fahen. Doch die umsichtige Roseta verbot ihm diese Ver­schwendung.

,, Du mußt sparsamer sein. Wenigstens zwei Reales hast du in einer Woche ausgegeben. Dent' an die Zukunft!"

Aber Nelet war großzügig. ( Fortsetzung folgt.