Titl JO Heller. a und Verwaltung, „g, 11., ttttajanta 18. lelrphan«: läge» r ebattioa: 26795, 31409. Nachtr«dattt«n: 2679t Postscheckamt: 07044. Inserate werde« taut Laris billigst berechnet, vel öfteren Llnlchotkungen VrelonochtaK.
9. Jahrgang.
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik.
Freitag IS. August 1929.
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Rr. 191.
Gruß und Glückwunsch! Lum Vartei-Zubllüum.— Lum Reichsarbeitertaa.
Gruß dem ersten ReichSarbeitertag deS sudetendeutschen Proletariats! Glückwunsch der Partei zu ihrer zehnjäh- rigen Gründungsfeier, zu ihren kominenden Kämpfen und SiegenI O Gruß den tschechischen Freunden, Gruß den ausländischen Kampfgefährten, die mit unS in Karlsbad versammelt sind. AuS freud- geschwellten Herzen entbieten wir euch, Genossen und Genossinnen auS den Bruderparteien, unseren Willkommengruß. Gerne legen wir, indem wir euch mit offenen Armen empfangen, ein herzliches Bekenntnis zur Inter - nationale ab. Seht, wir leben in einem Lande, das seit Jahrhunderten von nationaler Zwie. tracht erfüllt ist. Unsere HerrschaftSklasien haben in dem immer wieder auflodernden Nationalitätenstreit einen mächtigen Bundesgenossen. Er ist ihnen ein hundertmal erprobtes Mittel, den innigen Zusammenschluß der unterdrückten ArbeitSmenschen zu hintertreiben. Mit seiner Hilfe wandelt sie den gerech. ten Zorn dar Ausgebeuteten über ihre Not und Pein in Bruderhaß. Sie.wollen die Prole- tariate der hier nebeneinander wohnenden Völker dauemd in die Schützengräben des na- tionalen Kleinkrieges bannen, um die Bildung einer internationalen sozialistischen Klaffen« front unmöglich zu machen. Selber reichen ffch die kapitalistischen Bestbklassen trotz der Verschiedenheiten ihrer Sprache und Kultur und mancher gegensätzlicher Jntereffen immer wie- der zu einträchtigem Profitstreben die Land. Die herrschende Bourgeoisie auf unserem Kampfboden— früher war es die deutsche, heute ist eS die tschechische— zieht auS ihrer nationalen Vorherrschaft noch einen Extragewinn, indem sic daS eigene Proletariat wirtschaftlich auSplündert, daS anderssprachige sozial und national unterdrückt. Gegen die Auflehnung ihrer HerrschaftSobjekte hat sie stets den Vorteil einheitlichen Handelns auf ihrer Seite. Dieser geschichtlich gegebene Tatbestand ist die Grundlage unserer Politik, der Quell internationaler Gesinnung unserer Arbeiterschaft. Internationales Denken, internationales Handeln, für die Proletariats aller Völker eine hohe Aufgabe, für unS ist der Internationalismus tägliches Brot, ohne daS wir nicht leben und atmen könnten. Darum feiern wird den ersten Reichsarbeitertag in internationalem Geiste, in engster Verbundenheit mit den Bruderparteien, als ein Fest der. Internationale. O Gruß allen Teilnehmern deS ReichSarbei» tertageS! Gruß den Kampfgenoffen auS Mäh ren und Schlesien , auS dem Böhmerwald , auS Ost- und Nord- unp Westböhmen! Vor zehn Jahren hat unS der Zwang weltgeschichtlicher Entscheidungen auf diesem StaatSboden vereinigt. Schweren Herzens nahmen wir damals Abschied von der österreichischen Mntterpartei, die unS durch Jahrzehnte weise Führerin und Lehrmeisterin war. Auf eigene Füße gestellt, mußten wir seither unseren Weg allein weitergehen. Eine Periode harter Kampfe.,schwerer Bedrängnis und sieghafter Behauptung hat daS zu einer Schicksalsgemeinschaft verbundene sudetendeutsche Proletariat hinter sich. Aber eS hat diese PrüfungSzeit in räumlich weit auS. einandergeriffenen Heersäulen durchschritten. Der große städtische Mittelpunkt fehlt, wo wir unsere Kräfte zusammenballen, unsere Geistigkeit formen, unsere Taktik großzüc-ia• entwik« kein könnten. Vielen unserer Treuesten, die. in einsamen Dörfern leben und kämvken müssen, war bisher das Glück versagt, Massengefühlt
empfinden und daS Erlebnis der Maffe erleben zu können.. So ist der Gedanke des Reichs» aibeitertageS, aus einem tiefen seelischen: Bedürfnis'des sudetendeutschen Proletariats entstandene Als lebendige Gemeinschaft will eS einmal in Erscheinung treten, sein eigene- Antlitz, seine. Zahl, seine Kraft will es schauen in den Maffenauszügen des NeichSarbeitertageS. Und vor sich selber, aber auch vor der Umwelt,
will es zeigen, was ein Proletariat der Dörfer und Kleinstädte, Teil eines Minderheitsvolkes, an organisatorischen und kulturellen Leistungen hervorzubringen vermag. Mag unser Befrei« ungSweg von Geröll und Dornen übersät sein, um so heißer ist der Wunsch, ein schöneres Zukunftsland zu erreichen, im Vormarsch der Brüder Schritt zu halten und zu beweisen, daß wir an.diesem schwierigen Abschnitt der sozia listischen Weltfront tapser unseren Mann stellen wollen. Die Beteiligung der Gewerkschaften, Genoffenschaften und der Kulturorganisa- tionen macht den ReichSarbeitertag' zu einem Fest der ganzen sudetendeutschen Arbeiterbewegung. In Karlsbad marschiert die Vielgestält unseres Könnens, die Urkraft unseres Wollens, die Leidenschaftlichkeit unseres Hoffens auf. Seid gegrüßt ihr wackeren Streiter aus allen Gauen und Organisationen!- Laßt eure roten Fahnen wehen, laßt eure Gerzen, jubeln und eure Seelen aufjauchzen bei diesen Festen der Arbeit, am ReichSarbeitertag!
Heißen Glückwunsch der Partei zu ihrer Zehnjahresfeier!'Aus diesem Anlaß gilt eS ein Wort des Dankes zu sagen, denen, die in der ö st e r r e i ch i s ch e.n.Sozialdemokra» t i e unsere Lehrer, waren, wie denen, die Baumeister, unserer selbständigen Partei gewesen sind. V i k t o r A d l e r,.dem Erwccker und Einiger, Engelbert Pernersdorfer, dem mutigen Ankläger des Unrechtes, Franz
Schuhmeicr, dem großen Volksmann und allen Lebenden, die unsere Helfer und Vorbil- der waren, danken wir aus tiefsten Herzen. In nicht geringerer Dankesschuld stehen wir zu den Männern, die unserem Boden entsprossen sind und auf ihm bis zum letzten Atemzuge gewirkt haben: Josef Seliger , dem unvergleichlichen Führer, Karl C e r m a k, dem rastlosen Organisator, Oswald Hillebrand , dem feurigen Priester des Sozialismus, und dem verblichenen Patriarchen der Partei: Wilhelm Kiesewetter. Sie alle sind int verflossenen Jahrzehnt von unS gegangen, doch ihr Lebenswerk, die Partei, ist in unsere Obhut gegeben. Ohne Ueberhebung glauben wir ,alle, die wir in dieser bewegten Zeit der Partei gedient, heute von uns sagen zu können, daß wir dieses kostbare Erbe nach besten Kräften beschützt und verwaltet haben.• Durch stürmische See ging unsere Fahrt. Rechts und links zuckten die Blitze,. mancher Mastbaum zerbrach, einen nicht geringen Teil der Besatzung haben die hochgehenden Wogen über Bord geriffen.
Und dennoch sind wir keinen Zollbreit von der eingeschlagenen Richtung abgewichen. In ruhigeren Gewässern steuern wir nun mit geschwellten Segeln unserem alten Ziele zu. Mögen neue Siürme kommen, wir fürchten sie nicht! Ein Parteischiff, das solch gefahrenreiche Fahrt überstanden, wie unseres seit 1819, hat seine Seetüchtigkeit für alle Zeiten erwiesen. Die Feuerbrände des Kommunismus haben eS nicht verzehren können, unverwundbar trotzte die Bemannung den Giftpfeilen des Nationalismus, der Orkan einer schrecklichen Wirtschaftskrise, das Kartatschenfeuer der Bürgerblockreaktion sind an ihm abgeprallt. Keine andere Partei hätte diese Häufung des Ungemachs ohne schwerste Erschütterung überstanden. DaS Werk SeligerS und CermakS hat den tosenden Gewalten der Vernichtung getrotzt, keine feindliche Macht wird eS je überwinden könnens Darum Dank den treuen Beschützern, Dank den Männern und Frauen, den Alten wie den Jungen, die mit ihren Leibern die Partei gedeckt, sie mit ihrer Liebe gepanzert und mit ihren Fäusten aus dem Getümmel herausgehauen haben. Die Treue zur Bewegung, zu den Idealen deS Sozialismus, sie ist doch kein, leerer Wahn! Wo einmal der Glaube und die Anhänglichkeit an die Sozialdemokratie Hunderttausenden ins Fleisch und Blut übergegangen, ist alles Bemühen der Widersacher vergebens. Man kann sie wohl vorübergehend hemmen, doch nicht dauemd bezwingen. Das lehrt die zehnjährige Geschichte, das zehnjährige Jubiläum der Partei. Herzlichen Glückwunsch in dieser Stunde allen, die sich mit ihr verbunden fühlen.
Hoffnungsvoll kann das sudetendeuische Proletariat in die Zukunft blicken. Was seine Lage im letzten Jahrzehnt so leidvoll gestaltete, war die Schwächung seiner Reihen durch die Spaltung und der jahrelange Zwiespalt mit dem tschechischen Proletariat. In beiden Punkten zeigt sich bereits eine entscheidende Besserung. Der Tiefpunkt der richtungsmäßigen Zerklüftung ist überwunden. Die Spalter haben keine Kraft mehr gegen uns und gehen zur Selbstzerfleischung über. Mit der tschechischen Bruderpartei sind wir seit dem historischen Smichover Kongreß in ein frenndschaft» siches Verhältnis eingegangen. Schulter an Schulter mit ihr berennen wir erfolgreich die kapitalistische Bürgerblockfront. Die sozialistische Internationale in der Tschechoslowakei ist auf dem Marsche! Freilich, der kapitalistische Hauptseind ist. in den Jahren unserer Schwächung größer und stärker geworden. ES gilt, ihm seine proletarische Gefolgschaft zu entreißen, damit seine Vorherrschaft weiche und die Macht deS geschloffenen Proletariats neu erstehe. ES gilt, den Kampf um neue soziale Rechte und ein menschenwürdiges Leben der Arbeitcrklaffe mit verzehnfachter Anstrengung wieder aufzunehmen. Heftige Klaffenkämpfe im nationalen wie im internationalen Maßstabe stehen bevor. Hocherhobenen Hauptes, mit wehendem Banner, schreitet ihnen die sozias- demokratische Kampftruppe der Sudetenländer entgegen. Wehe, wenn sich der Riese Proletariat wieder auf seine gigantischen Aufgaben und Kräfte besinnt, dann schlägt der Pendelschlag der Geschichte weiter nach links als 1919! Seine Kraft zu entfeffeln und bis zur höchsten Vollendung zu schulen, bleibt nach wse vor unsere Miffion. Möge das kommende Jahrzehnt eine Zeit der Einigung und Kräftigung des sude tendeutschen wie des internationalen Proletariats seinl