Samstag, 7. September 1929.

Autodroschken.

Schiedsgericht- Ultimatum Gasangriff Stacheldraht Handgranaten

Seite 5.

oben nun entfaltet sich schrankenlose Schönheit mit nach Lillehammer   ist es nicht weit, und da fernen Bergen, fleinen Siedlungen und weiten, be­rühmten Tälern. Der große Mjössee leuchtet auf. Die Holzhäuser der verstreuten Höfe schimmern rot, gelb und weiß und stehen auf breiten Steinfunda­14 Punkte- Trommelfeuer- Blockade- Jugoren durch das Gulbrandtal, eine Wiege nor menten. Bald kommt die Dunkelheit und wir fah­flawien- Mitrailleusennester- Generalquartier wegischer Bauernkultur. Und wenn man nachts Unterstand Schwimmende Minen- Leder einmal aufwacht die Bahn führt Schlafwagen erfaz Kriegsgewinnler Tanks Weißkohl- Spartakisten Feldprediger- Läuse- Kriegsrollt der Zug, das schneebedeckte, eiskalte Wunder dritter Klasse lann man, tausend Meter hoch Brotkarten Fliegerangriff der Riesenberge sehen. Spa­

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Wieviel Autotagi hat Prag  ? Die tschechos Mowatische Hauptstadt hat gegenwärtig etwa 1100 ermeßlichen Gewässer des Ozeans; und schon tauchte Land vor sich hatte, hißte die Trifofore und nannte Er streďte seine ambrosische Hand über die un- I brachte. Der Kapitän erkannte, daß er ein neues aus den Abgründen triefend eine große Insel auf die Inselle de la Fraternité". Arbeiterpartien für die Rübensechsung. Das mit blauen Bergen und hohen Felsen. Und gleich Bandeszentralarbeitsamt in Prag   wird bedeckte diese Insel sich mit Wäldern von Kampfer­für die heurige Rüben fech sung wiederum etwa holz; Gewürzpflanzen wucherten in den dampfenden 100 Arbeiterpartien benötigen. Auch einige Partien Tälern, Bananen und Ananas waren schon reif und für die Kartoffelernte werden gesucht. Den Tiere mit unerhörtem Belzwerk jagten über die Bartien wird durch einen ordentlichen Vertrag der Lichtungen. In den Abhängen der Berge aber Reisekostenersatz in den Arbeitsort und zurüd ver- schimmerten die Adern und Schwaben schiersten bürgt, dann Bequartierung mit Beheizung und Be- Silbers. leuchtung, volle Verköstigung oder ein für die volle Als alles fertig war, legte Gotwater rine Moc Berlöstigung ausreichendes Deputat. Das Heraus- genröte darüber, wie noch nie eine da war; und korrespondenten nehmen der Rübe wird im Arkorde nach Lohn- um alle Küsten des neuen Paradieses ringsherum Papierhemden fäßen ausgeführt, welche der Landesbeirat für Anfangen die Brandungen das Lob des Herrn. Wie nische Grippe gelegenheiten der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft damole betrachtete er alle Dinge und fand, daß es festsetzt. Die Partieführer( Führerinnen) haben gut ft. ich ehestens bei der nächsten Bezirksanstalt für Arbeitsvermittlung zu melden, weil der Arbeits. antritt der Partien bereits in die zweite Hälfte September oder spätestens in die erſte Hälfte

Oftober fällt.

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Unterseeboote-- Galgen Erzberger  .

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Aus dieser Landschaft brach Ibsen   af, als mit feinen Dramen begann.

Hol es der Henker," rief Gott  ,„ jekt ist meine Am frühen Morgen ist Trondhjem   erreicht, die alte Stadt mit dem berühmten Dom, der als National­Geduld zu Ende; der ganze Planet muß weg, zer­Zwei Tage später fuhr an der Ostseite der schmissen muß er werden, sonst verschandelt er mir heiligtum angesehen wird. Die Stadt rüstet sich Insel das englische Kanonenboot„ Arrogant" vor die Schöpfung." Und in furchtbarem Grimm ballte zum 900jährigen Jubiläum zur Erinnerung an den über. Der Kommandant, Kapt. Buller, erkannte, er die Fauft und hielt sie über die kleine braune önig Olaf(„ der Kühne, junge Olaf" heißt es daß er ein neues Land vor sich hatte, landete, hißte Kugel, die da zischend und knisternd und schwelend in dem Liede Tord Foleson), und der Presse­Ein neues Orchesterinstrument. Das Münchner  den Union Jack und nannte die Insel„ Queen und stinkend durch den Aether zog. Aber er schlug chef für die Feiern ist der Redaktionssekretär der „ Deutsche Theater" hat in seinem Orchester ein Marys Land". nicht zu, sondern steckte die Hand wieder in die radikalen Arbeiterpartei... Wir bum­neues Musikinstrument eingeführt, Vibraphon" Gleichzeitig fuhr an der westlichen Küste der Hosentasche und seine Wiene wurde milder.„ Nein," meln durch die alte Stadt, besehen uns den bemer benannt. Es besteht aus einer Reihe abgestimmter französische   Passagierdampfer„ Bossuet  " vorüber, sprach er vor sich hin:„ man muß sich alles über- lenswerten Dom, aber dann schreit unser Schiff Stahlstäbe, unter denen in offenen Röhren eine der eine Operettengesellschaft nach Valparaiso  , legen. Es wäre schade um die Schmetterlinge." burch Elektrizität angetriebene rotierende Achse den Klang an sich zicht und durch die Röhren weiter. leitet. Der wundervolle weiche Klang des neuen Instrumentes findet allgemeinen Beifall.

Im Lande Ibfens.

Notizen von einer Reijc. Von Max Barthel.  

merei.

Bon der deutschen   Frauenliga für Frieden und Freiheit in der Tschechoslowakischen Republik er­balten wir die Mitteilung, daß die seinerzeitige Auch in Norwegen   fanden sich die Arbeiter nach das schöne, arme und teure Land verlockt durch seine öffentliche Friedensversammlung, die anläßlich des den bitteren Jahren der Kämpfe und Spaltungen verzauberten Landschaften sehr leicht zur Schwär­internationalen Rongresses der Frauenligen für in der geeinten großen Arbeiterpartei zusammen. Frieden und Freiheit abgehalten und durch Zwi- Bei der letzten Wahl eroberte diese Partei 60 Man­schenrufe und Nießpulver gestört wurde, nicht auf- date für den Storthing, die Kommunisten holten sich gelöst worden ist, sondern ruhig weiterging, nach drei Site, spalteten sich noch einmal und haben im dem die Schreier aus dem Saale entfernt waren norwegischen Reichstag heute nur noch einen Mann. und man die Fenster geöffnet hatte. Die Arbeiterpartei übernahm die Regierung und wurde schon nach wenigen Tagen gestürzt. Das land stöhnt noch heute unter einer schweren Wirt­schaftskrise, es gibt viele Arbeitslose, Fabriken lie­gen still, die Steuern sind hoch, die fetten Jahre des Strieges, die Gründerjahre, sind vorbei.

An alle proletarischen Lichtbildner in Prag   er geht die Einladung, sich am 10. September zur Zu­sammenkunft der„ Naturfreunde" im Café Nizza  einzufinden. Siehe gesonderte Anzeige. Die„ Na­turfreunde" sammeln alle Lichtbildner in einer Ueber fünfundsiebzig Prozent des Landes sind eigenen Sektion, um einer neuen Vereinsbildung Geröll, Fels, Moor, Berg und Schnee. In phan­auszuweichen. Der Zusammenschluß soll den Mit­gliedern nur Vorteile bringen: persönlicher Aus­tastisch zerrissener Rurve springt das nadte Land tausch von Erfahrungen, Vorteile beim Einkauf mit seinen Felsen, Inseln und Schären gegen den größerer Posten, Ansporn zu Leistungen durch Aus- Fjorde greifen tief, oft über 100 Rilometer, in die größerer Posten, Ansporn zu Leistungen durch Aus- Atlantischen Ozean. Die schönen, vielverzweigten stellungen, Fahrpreisermäßigungen in Arbeits­gebiete. Planmäßige Arbeit auf sozialpolitischem Landschaft ein. und naturgeschichtlichem Gebiete, Alt- Prag- Serien, foziales Wandern. Die zweckmäßige Organisation soll an diesem Abend besprochen werden.

Das neue Paradies.

Von Victor Auburtin  .

Gottvater sprach vor sich hin in seinen langen Bart: Du lieber Gott, wie war doch das Paradies so nett, das ich damals in Zentralasien  ( nach einer anderen Erklärung allerdings am Kaukasus  ) ange­legt hatte. Mit den geflechten Hirschlühen, den Tau­ben und den Wachteln, die einen fleinen Schopf auf dem Kopf haben. Auch die Obstbäume waren gut geraten, neben die ich eine Tafel gesetzt hatte mit der Aufschrift:„ Es iſt ſtreng verboten, Früchte ab­zupflücken." Alles war so sauber und die Wege mit Ries bestreut, und Sonntag die ganze Woche. Wie schade, daß dieses zweideutige Lumpenpad mir alles berdorben hat."

Rund 150.000 Inseln und Schären bauen sich einsam ober in fahlen Gruppen drohend und schüßend vor der rund 8000 Kilometer langen Küste auf. Es gibt wenig Straßen in Norwegen  , noch weniger Eisenbahnen, der Schiffsverkehr ist ausgezeichnet organisiert. Oslo  , die Hauptstadt, liegt auf derselben Höhe wie Leningrad   und Ham merfest, auf denselben Breitengraden wie Alaska  oder Nordsibirien, wo Schnee, Sturm und Eis jedes menschliche Leben tötet. Aber in Nor­ wegen  , und auch im hohen Norden, lebt das Leben. Der Weizen reift bis an den Polarkreis hinauf. Roggen, Safer und Gerste gedeihen bis zu 70 Grab nördlicher Breite. Das Meer ist auch im winter eisfrei: der Golfstrom ist der große Lebens­spender für Norwegen  . Der Jänner dicht an dem Polarkreis ist nicht tälter als der Jänner in Berlin  . 76 Prozent unbebauter, versteinerter, versumpf­ter Boden, 21 Prozent Wald, knapp 3 Prozent Aeder und Wiesen und rund 0.10 Prozent Höfe, Dörfer und Städte:

So sann der liebe Gott lange seinen Erinne rungen nach. Und weil er schon alt ist und immer so teilt die Statistik norwegische Erde auf, aber diese etwas eigensinnig war, deshalb sagte er zu sich: Statistik bekommt erst Blut und Leben, wenn der „ Und nun mache ich mir justament erst recht ein Fremde auf einer Reise Oslo   berührt und über neues Paradies, genau so wie das vorige; aber Trondhjem oder Bergen nach dem hohen Norden dieses Mal lege ich es vorsichtshalber mehr abseits." fährt. Auf dieser Reise löst sich alle Statistik auf,

find

zum dritten Male. Die weißen Möven jagen na Küchenabfällen, der Fjord leuchtet, das Schiff löst jich vom Kai, wir fahren weiter. Trondhjem   ver­sinkt, die vielen Holzhäuser, der alte Dom, die gro Ben Hotels, alles versinkt, bewaldete Berge begleiten uns, Schneefirne schimmern auf, aus dem Grün der Berge bricht brutal der fable, verwitterte Felsen. Kleine Gehöfte und Dörfer schmiegen sich an das Land und trinken aus dem flaren Wasser des viel­verzweigten Fjords, wir fahren stundenlang und wenden uns dann entschlossen nordwärts. Weit Am frühen Morgen wird die Grenze paffiert. draußen im Westen bricht sich die Brandung des Die Sonne flammt, auf dem Grenzfluß bei Ozeans an den Schären. Kornsjö schwimmt Holz. Aus den schwarzgrü- Die Sage hat sich der fahlen Zinnen und nen Waldungen brechen die nadten Kuppen der Schroffen bemächtigt. Der Mensch, sein Leid und Granitfelsen, an der Bahnstrecke stapeln sich neue feine Lust, ist das Maß aller Dinge und so hat er Solzhügel auf: Sägemühlen warten auf den Arbeits- nun da oben in die Zinnen und Zaden seine tag. Die ersten Fjorde zeigen sich und ihre kleinen Wunschträume, seine Aengste und Seligkeiten hin­Inseln, weiße Brandung zerbricht sich und kommt eingezaubert. Wir passieren den nördlichen immer wieder. Bald kommt ein schäumender Fluß Polartreis, am Morgen legen wir bei einer und muß seine Kraft an ein Elektrizitätswert ab- leinen Station an und sehen hinter uns die weiß­geben. Norwegen   hat viel Elektrizität, blauen Felder eines gewaltigen Gletschers. und manche Gebiete wissen nicht, wo hin mit der überschüssigen elettri fchen Kraft. Die Eisenbahn rattert weiter durch rührt einige fleine Städte mit Holz- und Fisch schöne Landschaften, berührt eine fleine Stadt, be­industrie und rastet dann in Oslo  .

Die Reise an der Küste entlang wird immer schöner und wilder. Zu den Möven gesellen sich nun die schwarzen Kormorane und die schon war eine weiße Nacht: es ist genug Gelegen schwarzweißen Lummen. Die erste Nacht heit zur Schwärmerei. Der Wald ist unsichtbar, die Norwegen   war viele Jahrhunderte hindurch tragischen Berge heitern manchmal ihre Hüften durch Kolonie von Dänemark   und Schweden  , im Lande das smaragdene Grün des Mooses oder fleiner gehen große Kämpfe zwischen dem„ Riitsmaal" Rafenfegen auf. In einem Sund sind die Serings­und dem Land 3 ma a l", das heißt: zwischen dem fischer bei der Arbeit. Einmal sehen wir einen neueren Norwegisch, das sehr vom Dänischen be- großen Dampfer, der von Lofoten   kommt und ge­einflußt ist, und dem älteren Norwegisch, das sich dörrte Dorsche an Bord hat. An den trostlosen aus den Landesdialekten eine selbständige Sprache Rändern der Inseln und des Festlandes trauern schaffen will. Oslo  : das ist Landsmaal  , Kristiania  , fleine Holzhäuser auf den kahlen Steinen, auf den das war Reichsmaal. Die norwegische Sprache ist fümmerlichen Wiesen: dort wohnen die Fischer, die auch heute noch in Fluß, auch heute noch variiert von nichts als dem Meere und seinem Reichtum, die Schreibweise vieler Ortsnamen beträchtlich. den Fischen, leben. Am Abend kommen wir nach Von Oslo   ist nicht viel zu erzählen: am Bodö  . Am Kai sammeln sich viele Menschen: ein Abend fährt man weiter. In der Erinnerung bleibt Schiff ist da, die große Sensation. Viele Jungens das Bildnis an eine schöne kleine Stadt am Fjord, ſtürmen das Schiff und verkaufen die neueste von hohen Bergen bekränzt, von denen man beglückt Tageszeitung. auf das Meer und auf Oslo   hinunterschanen kann. Und wieder kommt eine Nacht, in der das Licht Im Hafen ist viel Betrieb, holländische Untersee  - mit dem Nebel kämpft. Wir fahren im West­boote waren auf Besuch, erinnert sich auch der fjord. Das Schiff brüllt seine Signale, ruht, fleinen Zeitungsjungen, die ihre Journale an- brüllt wieder und fährt dann langsam, langsam an bieten, und vor dem Nationaltheater stehen in Erz einer blauen Kuppe vorüber, die sich aus dem die großen Norweger: Ibsen   und Björnson. Meere wölbt und plötzlich vom Licht überschüttet Von hier aus ging ja einmal eine große gesell wird: die Lofoten sind erreicht, diese wahnsinnig schaftliche Erschütterung. Wie schnell sich doch die schöne Inselgruppe, die ihre gewaltige Wand aus Welt bewegt. Ibsen   und Björnson? Heute rüttelt dem Meer bis über 1000 Meter hoch erhebt und und schüttelt ein anderer Norweger an unserem sich über 150 Stilometer weiter in den Ozean er­Herzen: Stnut Hamsun. stredt.

Am Abend fahren wir weiter und haben bald Lichter leuchten auf, matte Lichter, sie ertrin­das freie Land und die ersten Berge erreicht. Bis ken aber in der weißen Nacht.

Man sieht sich wieder nach alt geworden dabei. Gnädige Frau ist auch zückend. Sie haben ja noch viel Zeit dazu. Da

langen Jahren.

Von Hanns Rösler.

Zwei Menschen haben sich lieb gehabt.

Was man so Liebe nennt.

,, Na also. Tja, die Zeiten ändern sich. Wir nicht mehr die Jüngste. Wollen wir mal wieder?" „ Bitte?"

ch meine, ob wir mal wieder unsere Ju­genderinnerungen ausframen wollen. Bei ner Taffe Naffee und so. Hamse Lust!" Sie hat keine Lust.

Er eigentlich auch nicht.

jeworden".

Es wird nicht die ganz große Liebe gewesen fein. Es wird nicht die ganz fleine Liebe gewesen Aber schließlich ist er ein höflicher Mensch. fein. Es wird so eine schöne, brauchbare Liebe in„ Na, dann Tach och, gnädige Frau", lüftet der Mittellage gewesen sein. Diese beiden Men- er sein Hütchen, schade, wäre vielleicht janz nett schen sind damals durch einen mehr oder weniger beranlaßten Bufall auseinandergekommen, haben sich zum Abschied ewige Treue und Tod durch Sehnsucht geschworen, dann ist sie auf die Stra­genbahn 39 gestiegen, und er ist mit einer Auto­tage nach der anderen Seite gefahren.

Nach fünf Jahren treffen sich diese beiden Menschen nun wieder. Sie haben sich in der Zwischenzeit nicht geschrieben, sie haben sich nicht gesehen, und nicht gesehnt.

Und diese Begegnung dürfte sich in den ver­schiedenen Städten ungefähr so abspielen. Berlin  .

Er kommt von rechts.

Sie kommt von links.

Er bleibt stehen und guckt. Sie bleibt stehen und gut. Tach, gnädige Frau", stößt er dann seine biedere Hand vor.

Ich kann mich nicht recht entsinnen",

fagt fie. Aber, gnädige Frau, vor fünf Jahren wa­ren wir zwei dod mal dicke Tante zusammen. Wissen Sie nicht mehr? Café Jonsty, Kempinsky,

" Achfo, richtig. Sie waren das", bleibt sie

referviert.

Er geht nach links. Sie geht nach rechts. Wien  .

Er kommt von rechts.

Sie kommt von links.

Er bleibt sofort stehen, schwenkt seinen Hut,

vielleicht gar verheiratet? Nein? Das ist ja ent­habens wohl auch feine Kinder. Na ja, Sie sind ja selber noch so a herziges Kinderl. Und wie gehts denn immer?"

,, Danfe gut. Und Ihnen, mein Lieber?" So reden sie noch stundenlang.

Ja, das war mer."

" Ist das nicht noch der Hut von damals?" ,, Nee. Das ist ein anderer."

So? Aber der sieht hier genau so aus. Der wirkte damals schon ein bißchen Bubisch. Awer ich habe Sie nämlich jetzt feine Zeit. Ham Sie mal ein Stüd Papierchen, da schreibe ich Ihnen Dann schwört er ihr, daß er sie nie verges- meine Telephonnummer darauf, da können Sie sen habe, daß er sie nicht vergessen werde, daß er mich einmal anrufen. Nichwahr?"

sie nie vergessen fönnte. Sie läßt zum Dant eine gerührte Träne sehen.

Dann geht er nach links. Sie geht nach rechts. Leipzig  .

Er kommt von rechts. Sie fommt von links.

Er bleibt stehen und guckt.

Sie bleibt stehen und guckt.

Nu awer nee", behält er den Hut auf dem

beugt sich vor, füßt ihr die Hand und sagt be- Stopfe, wir kennen uns doch, nichtwahr!" geistert:

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,, Süßdichand, Gnäfrau. nein, aber so eine Ueberraschung na aber das ist doch fesch und jung schaun Sie wieder aus ich hätte Sie beinahe nicht erkannt. Immer jünger, immer jün­ger. Wie gehts denn immer?"

,, Danfe gut. Und Ihnen, mein Lieber?" " Ja, füßdichand, danke der Nachfrage, man wird so mit der Zeit ein älterer Herr. Wenn ich so an die schönen Zeiten denke von damals, wo wir zwei mit an Fiaker durch den guten alten Prater fuhren, die Kastanien blühten, ja dös waren noch Zeiten, wunderschöne Zeiten.

Aber heute getraue ich mich ja schon bald nimmer, mit einer so feschen, jungen Frau zu plauschen. Und wie gehts denn immer?"

Danke gut. Und Ihnen, mein Lieber?" " Stüßdichand, Gnâfrau, man macht halt mit Aber angezogen seins, zum Anbeißen. Sind Sie

Freilich tun wir uns kennen!" ,, Damals?"

„ Ja, damals wars!"

„ Nur sachenfiemal, Sie närrisches Schippel, warum haben Sie mir denn eechentlich nicht ge­schrieben? Sie hatten mers doch versprochen."

,, Sie hammer doch voch nicht geschrieben", möchte sie erwidern, aber ein Leipziger   Mädchen sagt so etwas nicht. Ein Leipziger   Mädchen ist schön stille und hält die Gusche, wenn ein besserer Herr ihr Vorwürfe macht.

Nu", sagt da der Mann ,,, wie gehts denn immer? Ham Sie einen Dummen gefunden, der Sie geheiratet hat?"

,, Awer Sie haben sich einen gomischen Ton angewöhnt", wird sie jetzt böse.

,, Deswegen brauchen Sie doch nicht gleich

Er schreibt ihr seine Telephonnummer auf. Klopft ihr zum Abschied auf den Arm. Behält den Hut weiter am Kopf.

Sagt: Machs gut!".

Und geht nach links.

Sie geht nach rechts.

Dresden  .

( Dresden   ist nicht Leipzig  . Dresden   ist vornehmer.) Er fommt von rechts.

Sie kommt von links.

Er bleibt stehen und guckt.

Sie bleibt stehen and gudt.

,, Achso", entsinnt er sich dann und geh: schnell

weiter.

,, Achso", entsinnt sie sich dann und acht schnell

weiter.

Er geht nach links. Sie nach rechts.

Irgin Siv v. Da treffen sich zwei Menschen. Die sich vor Jahren liebten. Er ist sehr alt geworden. Sie auch.

Da bleibt er nicht stehen und guckt. Da bleibt sie nicht stehen und gudt. Da gehen sie beide still aneinander vorbei. Und schämen sich voreinander und umein­

einzuschnappen, das war doch bloß Spaß. Mir ander. waren doch damals so gut miteinander."