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ihres Angesichtes erarbeiten. Nicht Gott, aber] der Geldsack war das Idol dieser agrarischflerikalen Gesellschaft.
Die traurigste oder wenn man will komischeste Rolle spielen dabei die deutichen Regierungsparteien. Sie sind die bravsten Soldaten des Koalitionsregiments, ihnen fällt es nicht im geringsten ein, ihren tschechischen Mitkämpfern für das Wohl der Besizenden irgendwelche Schwierigkeiten zu machen. Ihnen ist es niemals eingefallen, ihren Einfluß auf die auswärtige Politik, auf den Militarismus geltend zu machen sie werden auch die Erhöhung des Militärbudgets bewilligen, wenn bis dahin die Regierungsmehrheit nicht zu allen Teufeln gegangen ist es ist ihnen niemals in den Sinn gekommen, in der Sprachen oder Schulfrage irgendetwas zu unterneh men und etwa das Unterrichtsministerium daran zu erinnern, die oftmal versprochene Schulautonomie durchzuführen. Sie aßen sich an ihren Steuer- und Zollknödeln satt und ließen die Kulturforderungen der deutschen Bebölferung von den sozialen Interessen der großen Masse der Sudetendeutschen gar nicht zu Sprechen einfach bei Seite.
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Was sie aber jetzt aufführen, da sich die Schatten des Abends auf ihre Regiererei jenfen, das grenzt schon an das Groteske. Der Bund der Landwirte hat seine Parlamentarier ausammengerufen und hat sie Beschlüsse fassen lassen. Es werden da zunächst noch höhere Zölle und andere segensreiche Geschenke für die Be völkerung verlangt und dann zum Schlusse, im letzten Abjat, damit man gerade daran nicht bergißt, gesagt:
Partei und Klubvorstand legen besonderen Wert darauf, daß bei den zu führenden Verhandlungen auch die nationalen und Kulturellen Mindestforderungen
einer baldigen befriedigenden Lösung zugeführt
werden.
Ruft alle Arbeiterfinder zu uns!
Fördert die Kinderiverbeaktion ber Arbeterturner!
ARBEITER TURN U.SPORTVERRANE
Gefundheit Lebensfreude
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Kraft
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Geschicklichkeit
ist der Getvinn der Jungen und Mädchen.
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Unseriöse Landwirtschaftspolitik.
Wollen die Herren Windirsch und Böhm ernst genommen werden?
,, Oh, ihr Heuchler!"
Samstag, 21. September 1929.
von beim Abschlusse der Zoll- und Handelsverträge nicht zu unterschreitenden Mindestfäßen, welche den einzelnen land- und Forstwirtschaftli chen Produktionszweigen nach den einheitlichen Borschlägen der landwirtschaftlichen Hauptförperschaften angepaßt sein müssen. Insbesondere werden die Erhöhung der 8ölle auf Vich und tierische Produkte, die Einführung von Gewichts statt Stüdzöllen für Schlachtrinder, sowie die Kontingentic rung der Schweineeinfuhr aus Polen verlangt. Unter Hinweis auf die Erhöhung des Getreidezolles in Jugoslawien , Italien , Deutsch land , Rumänien und Frankreich schon im Juni dieses Jahres werden zolltarifarische Maßnahmen gegen den Getreidepreissturz gefordert, da der gegenwärtige Getreidepreis die Erzeugungskosten bei weitem nicht deckt.
2. Förderung der Ausfuhr aller bei uns erzeugten und auf den Absatz im Auslande angewiesenen landwirtschaftlichen Produkte, wie insbesondere Obst, Sopfen, Gemüse, Malz, Bler und Molkereierzeugnisse.
3. Erhöhung der Umsatzsteuer für alle eingeführten Waren, Herabsegung der Umsatzsteuer für alle Inlandwaren unter besonderer Berücksichtigung der Lieferungen im Wege von Bezugs- und Absatzvereinigungen."
Man beachte die Konsequenz der Herren Böhm, Windirsch und Meißner! Im ersten Punkt sind die Höchst schutzöllner, im zweiten Freihändler, im dritten Protettio. nisten. Die Regierung möchten wir gerne fennen, die es zuwege bringt, gleichzeitig für die Erhöhung unserer Zölle und für den Abbau der Zölle in anderen Staaten zu wirken. Man tann doch nicht eingeführte Produkte mit höheren Zöllen belasten und noch dazu einer ste u er. lichen Sonderbehandlung unterwer fen, ohne unsere Ausfuhr zu erschweren und alle handelspolitischen Verbindungen mit den Nach barstaaten zu gefährden. Wenn schon die Abgeordneten Windirsch und Böhm diese zollpolitische Binsenwahrheit nicht begreifen, so sollte sie doch der Herr Sektionschef Meißner, der zur Zollfrage schon viel geschrieben hat, vor solchen Entgleisungen bewahren.
Demagogische Forderungen.
Dreifach ist die Landbevölkerung in diesem Jahre heimgesucht: durch die Unwetterfata ruft sie uns zu, weil wir es wagten, zu den strophen, durch die Preisstürze auf den Pro- agrarischen Zollforderungen kritisch Stellung zu duktenmärkten und durch die Politik der agra- nehmen und zu konstatieren, daß die AgrarparAlso jetzt, nachdem sie drei Jahre regiert rischen Parteien. Wenn man die sinnlosen teien wirtschaftspolitisch am Ende ihrer WeisDer Partei- und Klubvorstand des Bundes und die Möglichkeit gehabt haben, etwas zu Bodsprünge unserer Landbündler betrachtet, ist heit sind. Um unsere Unverläßlichkeit in landerreichen, fällt ihnen ein, daß es gewijse naman geneigt, das letztere Uebel für das schlim- wirtschaftlichen Dingen darzutun, zitiert die der Landwirte hat sich die Forderungen der Leitetwas abgemilderter tionale und fulturelle Mindestforderungen" mere zu halten. Statt in dieser zweifellos friti- Landpost" alle möglichen ausländischen Bei- meriter Resolution in schen Situation der Landwirtschaft mit maß- spiele und wirft den Sozialdemokraten vor, daß Form zu eigen gemacht und er verlangt in gibt. Drei Jahre haben sie nicht den Mund auf vollen Forderungen an das Verständnis der sie auch als Regierungsparteien nichts zum einem Beschluß die„ Verbesserung des Schußgemacht und geglaubt, daß dem deutschen Volke übrigen Bevölkerungsfreise zu appellieren und Schuße der Landwirtschaft unternehmen. Statt zollsystems für die gesamte landwirtschaftliche durch hohe Steuern und Zölle zu helfen sei Bundesgenossen für deren Realisierung zu wer einer Polemit dagegen zitieren wir einen Sab, Tier- und Pflanzenproduktion." und jetzt, bevor die Herren Spina und Mayr- ben, schlagen sie blindwütig nach allen Seiten den der angesehene agrarische Genossenschafter Sarting den ihnen liebgewordenen Minister aus, stellen widersprechende und undurchführa as am 5. d. M. in der Landpost" niedersessel verlassen müssen, verlangen sie etwas, um bare Forderungen auf, die eine ernste Behand geschrieben hat: die nationalen und fulturellen Mindestfor lung der landwirtschaftlichen Krisenzustände nur derungen" zu verwirklichen. Von wem verlan erschweren. In unserem Berichte über die landwirt gen sie das? Von ihren Nachfolgern? Ist das schaftliche Tagung in Beitmerih wurde beder Fall, und ihr Beschluß fann nicht anders reits festgehalten, daß Abgeordneter Böhm verstanden werden, bedeutet dies das Ein- dort einen geständnis eines Bankerotts, von dem der größere Teil der deutschen Bevölkerung allerdings bereits am 2. Dezember 1928
temperamentvollen Angriff gegen die tschechische Agrarpartei
- am Tage der Landes- und Bezirkswahlen richtete und sie beschuldigte, eine rechtzeitige überzeugt war. Daß diese Meinung sich ge- parlamentarische Behandlung der landwirtschaftfestigt hat und daß das Urteil der deutschenlichen Notfragen verhindert zu haben. Böhm fonstatierte, daß in der tschechischen Agrarpartei Bevölkerung über das Regieren von Agrariern, Leute fißen, die für die Landwirtschaft nichts Chriſtlichſozialen und Gewerbeparteilern heute übrig haben. Er lud also einen großen Teil noch klarer und bestimmter ist, davon sich zu der Schuld an den herrschenden unerquicklichen überzeugen, haben die Herren die Möglichkeit. Verhältnissen auf die agrarische Bruderpartei. Sie sollen es tun, die deutsche Sozialdemofratic freut sich auf den Waffengang.
Ein braſilianisches Mietshaus.
Ganz im Gegensatz zu Böhm sucht die Landpost", getreu ihrer Tradition, die Schuldigen bei den Sozialdemokraten.
Und das schafft soviel Unglück in dieser traurigen Welt", ſtöhnte Augusta Carne Molle. Meine Tochter soll heiraten, wen sie mag, denn die erzwungenen Ehen bringen doch kein Heil. Mein Mann ist arm, und weiß ist er auch nicht, aber ich bin glücklich, denn wir haben aus Liebe geheiratet."
Daß die Agrarier angesichts der Getreide frise feinen anderen Ausweg wiffen, als neue Zollforderungen, ist schon traurig genug. Ihre Taktik aber, just in diesem Augenblick auch mit Die deutsche Reichsregierung unter ihren Plänen auf Erhöhung der Viehzölle her. Führung der Sozialdemokraten arbeitet angeſtrengt an der Behebung der arbeitet angeftrengt an der Behebung der bortreten, begreife wer will. Daß es sich dabei nur um eine politische Lizitiererei Notlage der Landwirtschaft." handelt, die mit den Verhältnissen in der ViehWomit Klargestellt ist, daß die neuesten Auswirtschaft nichts zu tun hat, beweist am besten fälle des landbündlerischen Zentralorgans mit eine Darlegung des deutsch - agrarischen Genossenseinen früheren Ansichten und mit der Auffasschaftsführers Sil mer in der Brünner Deutsung bedeutender agrarischer Fachmänner im schen Landwacht", der wir folgendes entnehmen: Widerspruch stehen.
Das Leitmerizer Programm.
Auf der Leitmerißer Agrartagung wurde im Beisein des Präsidenten Windirsch und des Sektionschefs Meißner von der deutschen Sektion des böhmischen Landeskulturrates eine vom Abgeordneten Böhm beantragte Ent= schließung angenommen, die u. a. fordert:
,, 1. Die Erlassung des endgültigen tschechoslowakischen 30lltarifes unter Festlegung
,, Im verflossenen Winter sind infolge der Futternot und der durchgeführten Angstverkäufe die Vichpreise bis auf 3 K Lebendgewicht heruntergefunken. Wir haben seinerzeit empfohlen,
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men, glitten und wanden sich wie Schlangen in sich der Gruppe um die beiden Musiker; Piedade einem brennenden Wald- immer intensiver folgte ihm. Die Ellbogen auf dem Zaun, wurde die Musik, eine Musik aus Liebkosungen, Ritas Stückchen Garten umgab, und das Kinn Küssen und glücklichen Seufzern, aus wilden auf die gefalteten Hände gelegt, stand er reglos, Roman von Aluizio Azevedo. 22 Zärtlichkeiten und aus Todesangst. ohne ein Wort zu sagen, und gab sich mit ör Mit der Glut des Wahnsinns war diese selt- per und Seele der Verführung dieser wollüſtigen ,, Glauben Sie das ja nicht," fiel Alexandre same Musik erfüllt, wie das scharfe, beißende Musik hin, wie ein riesiger Baum es sich gefalein, die treibt es toll. Ich habe im Schatten In diesem Augenblick erklangen einige Aroma gewisser Giftpflanzen im brasilianischen len läßt, von den liebkosenden Fangarmen einer dieser Mauer Dinge gesehen, die mich erröten Mollafforde auf einer Gitarre. Es war Jero- Urwald, und erstaunlich war ihre Wirkung auf verräterischen Ranke umwanden und gefesselt machen, so alt ich bin, nicht nur mit dem Stu- nymo. Nach der lärmenden Lustigkeit des Nach die Zuhörer. Ihre Körper wiegten sich im sinn zu werden. denten, sondern auch mit anderen. Und die mittags klang sein Lied trauriger und erschütlichen Rhythmus der Melodien, all ihre Sinne Und dann kam Rita Bahiana, die ihr Tochter fängt schon genau so an." ternder denn je: waren berauscht von Seligkeit. Verbannt war Batistkleid abgeworfen hatte und jetzt mit ent Portugals Trauer von der raschen, pulsierenden blößtem Hals und nackten Armen zum Tanz er Fröhlichkeit Bahias Wolfen und Schatten des schien. In diesem Augenblic tauchte der Mond alten Europa von der strahlenden Sonne des aus den Wolfen heraus, badete die ganze Szene jungen Amerika verscheucht. in sanftem Silberlicht und lich der warmen
Bis jetzt ist es nur ein Flirt zwischen Fenster und Straße. Sie sprechen miteinander. Ich habe sie oft beobachtet, wenn ich im Dienst war. Der junge Bursche will sie heiraten und das Mädel hat ihn gern. Aber sie sagt, ihr Vater wird niemals einwilligen."
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Diese Nachricht wirkte geradezu sensationell; Mein Herz ist voller Bangen alle drängten Alexandre, Einzelheiten mitzutei Ünd feiner mag's verstehen; len, die er auch willig lieferte. Zulmiras VerJa, bitteres Verlangen: ehrer war ein schlanker Jüngling mit einer Die Heimat wiedersehen." Brille und weichem, blonder Schnurrbart. Er Seinem Beispiel folgend erhoben auch anJeronymo legte seine Gitarre beiseite und dunklen Haut der Mulattin eine Blässe, die sie schien Student zu sein und ging abends und dere Gitarren ihre Stimmen, und bald war der lauschte hingerissen der zauberhaften Musit, die wirklich schön erscheinen ließ. Sie tanzte, tanzte manchmal auch bei Tage vor dem Haus seiner Hof in lebhaftem Gegensatz zu der lauten Fröh eine seltsame Revolution in ihm bewirkte mit unendlicher Grazie, primitiv, einfach, als Liebsten auf und ab. lichkeit in Mirandas Haus mit den langgedehn eine Revolution, die an dem Tage begonnen sei sie einzig geschaffen, um die Sinne zu er Aber was tun sie denn zusammen?" fragte ten melancholischen Liedern Portugals erfüllt, hatte, als er den blendenden Sonnenschein die- gözen, ein Geschöpf aus dem Garten Eden, halb Das Dores begierig. die den Herzen von Lusitanias verbannten Kin- fer neuen Welt zum erstenmal wie einen Schlag Weib, halb Schlange. dern entströmten. ins Gesicht empfunden hatte eine Revolution, Sie tanzte mitten im Kreis, hielt die Hände „ Du Heimatland, ach wende die sich wieder regte, als er das Zirpen einer auf die Hüften und bewegte ihren ganzen Stör Doch diese grimme Pein tropischen Lerche und das Lied eines brasiliani- per. Jetzt streďte sie die Arme aus und hob Sag', wann mein Elend ende, schen Vogels zum erstenmal vernahm; die wuchs, fie empor, dann sentte sie sie langsam, bis ihre Wann ich bei dir werd' sein." als er zum erstenmal die saftige Frucht kostete, Fingerspitzen den Nacken berührten. Manchmal Selbst die Brasilianer waren von diesen die ihm dieses junge neue Land bot und die fant sie zusammen, so daß sie beinah auf der Und er verkehrt nicht im Hause?" sehnsüchtigen Klagen ihrer heimwehkranken durch die erste Frau, die ihn hier anzog, voll- Erde zu ſizen schien, während ihre Arme und " Nein, und das gefällt mir eben nicht. Nachbarn bedrückt, und der an Ereignissen reiche endet wurde durch ein Halblut, deren auf- Hüften sich unaufhörlich weiterbewegten. Dann Wenn er das Mädel heiraten will, müßte er sich Tag drohte meiner Tränenflut zu enden. Aber reizende Bewegungen ihn bezauberten, wie ein sprang sie hoch in die Luft und drehte sich schneldoch mit ihrem Vater verständigen und auf acht plößlich brach Borfiros Mandoline, von Firmos hilfloser Vogel von dem tödlichen Blick einer ler und immer schneller, ihre Arme zudten und bare Weise bei ihr Besuch machen, statt vor dem Gitarre unterstützt, mit einem echt bahianischen Schlange gebannt wird. wirbelten, und ihr Blut brannte von einer Hause herumzulungern und durchs Fenster mit„ chorado" durch, und bei dem ersten vibrieren- Was ist denn los mit dir, Jeronymo?" Leidenschaft, die sich auf die Zuhörer übertrug. ihr zu reden." den Ton der ausgelassenen Nesermusik schlugen fragte Piedade, die sich über seinen gespannten Als sie sich auf einen Stuhl fallen ließ, fante Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß der die Pulse des ganzen Hauses schneller und die Ausdruck wunderte. die Begeisterung ihrer Bewunderer keine Gren alte Miranda seine Tochter einem jungen Stu- düstere Stimmung verschwand. Mit der Zeit Wart'." erwiderte er, ,, ich will zuhören." zen. Wilder Applaus erhob sich, zerriß die Luft, denten gibt", meinte Firmo. Darauf könnt ihr war es nicht nur mehr der Klang der Mando- Denn Firmo hatte, von dem rhythmischen und Schreie des Entzüdens brachen aus jeder euch verlassen. Der Alte angelt sich einen line, die von einer Gitarre begleitet wurde, son- In- die- Hände- Klatschen der andern begleitet, Seble. Sie mußte weitertanzen, man ließ ihr Schwiegersohn mit einem Bankkonto. Der be- dern der Ausdruck eines aanzen Volkes Stöh- angefangen, den" chorado" zu singen. Jero- keine Ruhe. dankt sich für arme Verwandtschaft." nen und Seufzer lösten sich in befreienden Strö- nymo erhob sich beinah mechanisch und näherte
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( Fortseßung folgt.)