Seite 8. Wer sind die wahren Fascisten?! Kommunistische Arbeiter, aufgepaßt! Freitag, 4. Oktober 1929. Haag ist noch nicht abgeschlossen, nach außen sind noch wichtige Verhandlungen zu sichren, im Innern wird jetzt mit allen Mitteln in ver« brecherischer Hetze an seiner Zerstörung gearbeitet. Hatz und.Hetze haben nun ihr persönliches Ziel verloren. Mehr als einmal schien Strese- mann vom Schicksal RathenauS bedroht. Jetzt werden sich alle Kräfte der Vernichtung gegen dar Werk selber richten, zu dessen Verteidigung und Fortführung' die deutsche Sozialdemokratie entschlossen ist. Lrdettriosevversimenmii unter Dam. Alle VerschleehterungsantrBge von der Sozia' demokratie abgewiesen. Berlin , 3. Oktober. (Eigenbericht.) Nach monatelangen Verhandlungen ist heut« endlich die Reform der Arbeitslosenversicherung vom Reichstag verabschiedet worden. Kurz nach der Trauerfitzuug für Stresemann nahm der Reichs tag die viel umstrittene Vorlage gegen die Stimmen der Deutschnationalen, der Wirtschaft-Partei und der Kommunisten bei Stimmenthaltung der Deutschen Volkspartei in dritter Lesung an. * Bor der Abstimmung gab die sozialdemo- kratischc Fraktion eine Erklärung ab, in der sie betont, daß die Partei im Jahre 1927 deshalb für dar ArbeitSlosengeseh gestimmt habe, weil eS sich um eine für die deutsche Arbeiterklasse lebensnotwendige Ergänzung der Sozialversicherung gehandelt habe. ES hab« allerdings erst einer gewissen Beobach- tungSzeit bedurft, um etwaige Mängel feststellen zu können. Die sozialdemokratische Fraktion habe bei der jetzigen Reform von Anfang an keinen Zweifel darüber gelassen, daß ne jeder Ein- schrünkung des in dem Gesetz enthaltenen sozialen Grundgedankens entschiedensten Widerstand entgegensetzen würde. AuS diesem Grunde habe sie ununterbrochen gegen alle Vorschläge auf allgemeinen Abbau der BersicherungSleistungen gekämpft. Daß dieser Abwehrkampf erfolreich gewesen sei, sei rnn so bedeutsamer, weil die Sozialdemokratie auch in diesem zähen Ringen um die wichtigsten Interessen der Arbeiterschaft nicht die Unterstützung der kommunistischen Fraktion gesunden hab«. Wenn jetzt auch emr weitere Verbesserung abgelehnt sei, so müßten doch die gesetzlich festgelegten Leistungen der Ber- sicherung auch für die Zukunft sichergestellt fein; deshalb könne auf die Inanspruchnahme der ReichSkasse zur Deckung de» Fehlbetrages der Reich-anstalt nicht verzichtet werden. „Sönrgrelch Jugoslawien." Di« historisch«« Länder durch nrun Banat« ersitzt. Belgrad , 8. Oktober. In einem heute abge- haltenen Ministerrat wurde ein Gesetzentwurf über di« Neubenennung und administrative Austeilung de» Landes angenommen, demzufolge heißt das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen- nunmehr„Königreich Jugoslawien ". DaS Land wird in neun Banatdistrikte«ingeteilt, an deren Spitze je ein BanuS stehen wird. Die neuen Banate umfassen folgende Gebiete: Drau (mit dem Sitz des Bonus in Laibach), Sawe (Agram), BrbaS(Banjaluka ), Küstenland(Spalato), D r i n a(Sarajewo ), 'Zeta(Cetinje ), Donau (Neusatz), Mo- rawa(Risch) und Barbar(UeSküb). Durch diese Einteilung des Lande» soll eine administrative Dezentralisierung dnrchgeführt werden. Die Banusse stehen im Range unmittelbar hinter den Ministern. Da» Gesetz wurde vom König sanktioniert Und wird morgen im Amtsblatt publiziert werden. Spano««« zwischen Hoover unv dem Senat. Washington , 3. Oktober. (Reuter.) Der Senat nahm gestern den Entwurf eines elastischen Zoll- tarifcs an. Bisher besaß der Präsident der Bereinigten Staaten selbst das Recht,.nach Anhörung der Tarifkommiflwn die Posten deS Zolltarifs abzuändern. Durch den gestern im Senate angenommenen Antrag wird nunmehr diese» Recht dem Kongreß erteilt. Der gestrige Beschluß deS Senates wird al» Beweis einer e r n st e n Spannung zwischen dem Präsidenten und der gesetzgebenden Körperschaft angesehen. Man glaubt jedoch, daß Präsident Hoover sich das Recht einer Abänderung des ZolltarifeS selbst belassen wollte. Die aus den Demokraten und den unabhängigen Republikanern bestehende Mehrheit de» Senates erachtete aber eine so große Machtbefugnis im Sinne der anglosachstsrben Tradition für eine Prärogative deS Kongresses. Vrsaniflerte gegen Nichtorganisierte. New Aork, 9. Oktober. (Eig. Drahtber.) An, Mittwoch kam e» in Marion(Nord-Carolina) wiederum zu einem schweren Zusammenstoß zwischen organisierten und unorganisierten Arbeitern. Als die Polizei schließlich eingrisf und der erste Schuß gefallen war, entstand eine w ü st e Schießerei. Zwei Arbeiter wurden getötet, 15 schwer verlebt. Viele Personen, darunter auch der Chef der Ortspolizei, wurden durch Stockschläge verletzt. Die Polizeiverwaltung hat inzwischen militärische Hilfe angefordert Den Kommunisten beliebt es, uns Sozialdemokraten„Fasersten" zu nennen. Wem, aber die Bezeichnung Fa sc i st c n augewendct wer- den soll, daun paßt sic viel mehr auf die Kom- m u n I st ei, selb st, die sich Im große» und Heinen mit Fascisten verbrüdern. Am Tage der Ermordung Matteottis haben der Sowj«tbotschaft«r in Rom und Mussolini Händedrücke getauscht. In Odessa haben sich faseistische und sowjetrussische Marineoffiziere verbrüdert. Wie cs die großen kominunistischen Bonzen in», so mache» es ihnen die kleinen nach. Ein Beispiel: In N e n n o w i tz bei Brünn , wo von 18 Mitgliedern deS Ortsausschusses 13 den Arbeiterparteien angehören, werden zur Wahl de» Ortsausschusses zwei Kandidaten aufgestellt: ein sozialdemokratischer Arbeiter und ei» klerikaler Großbauer. Wen Wahlen nun die Kommunisten? Richt de« sozialdemokratischen Arbeiter, sondern den reichen klerikalen Bauern. Kommunistische Arbeiter! Ist da» proletarisch? Wollet Ihr Euch voni Politbüro zu Hand- langer» der Reaktion, zu Dienern de» FasciS- mus machen? Verlanget von den Reimann, Guttmann und Gottwald Aufklärung! „WtfQime" Wahlktnnps- manieren obrer hUf, was helfe« kam«! Landbündlern und Christlichsozialen ist nich: tvohl zumute in diesem Wahlkampf. Sie haben ein Sundenregister von Eger bi» Troppau und von Bodenbach bi» Budwei» und gegen die verfluchten Sozialdemokraten will ihnen diesmal neben den allgemeinen, tausendmal hergeleierten Redensarten nicht» einfallen. Und so greisen sie denn— gleiche Brüder, gleiche Kappen— sowohl in der ,,Landpo st" wie in der„Deutschen Presse" nach einem LieferunaSskandal im Ausland, zu der Sklarek-Äfsare in Ber lin und scheinen ernsthaft zu glauben, daß sie niit der Aufbauschung und Verdrehung de» Sachverhalt» dieser Geschichte unserer Partei ein» am Zeuge klicken können! Daß die Gebrüder Sklarek die Stadt Berlin um zehn Millionen Mark betrogen, und daß zwei von ihnen sich vor einem Jahr ein Parteimitgliedsbuch verschafft hatten— sie sind sofort hinauSgeflogen, al» man wußte, mit wa» für Brüdern man eS da zu tun hat— genügt der landbiindlerischen und christlichsozialen Presse, um gegen„sozialdemokratlsche Wohl- sahrtSpflege" und„sozialistische DerwaltungSkunst" loSzuaehen, obzwar der Kreditau»schuß der Stadtbank, der am Gelingen der Schiebungen schuld ist, zur Mehrheit aus Bürgervertretern zusammengesetzt ist. Dagegen konnten oiSher irgend welche Vergehen von sozialdemokratischen Funktionären nicht nachgewiesen werden und die Partei hat überdies und selbstverständlich erklärt, daß sie gegen solche, die vielleicht doch in Beziehungen zu den SklarekS gestanden haben sollten, mit größter Rücksichtslosigkeit vorgeben wird. Und die Sozialdemokratie. die nicht da» geringste zu fürchten, zu vertuschen hat, hat eine strenge Prüfung aller Fragen beantragt, die mit der Affäre Sklarek Zusammenhängen, während hinwiederum der Magistrat entgegen dem Proteste der sozialdemokratischen Fraktion den lausenden Vertrag mit den Stadtbankdircktorcn und Kontrollbeamten, die die Sklarek-Schiebungen durchgehen ließen, verlängert und diese Herren in ihren Posten belassen hat! Also nicht einmal wenn die Aktivisten ihr Geschrei in Berlin selbst erheben, könnten sie damit unserer Part«! dort auch nur das Geringste anhabe«. Aber wie läppisch, wie hilflos, wie vcrzwcisclt, mit dieser zur Agitation gegen die reichsdeutsche Sozialdemokratie ganz untauglichen Affäre den Wahlkampf gegen die deutschen Sozialdemokraten in der Tschechoslowakei bestreiten zu wollen! Sind das die sachlichen Argumente, die diese feinen Blätter dem Bolksschrei gegen die aktivistische Schandarbeit im Staat, Bezirk und Gemeinde entgegenzusctzen haben? Nach der Art, wie die Landbündler und Christlichsozialcn diese Sache für sich auszuschro- ten versuchen, kann man, da sich dies in der zweiten Woche der Wahlkampagne abspiclt, sich ungefähr vorstellen, wie die Herrschaften ihren Mahlern wahrscheinlich die restliche Zeit bis zum 27. Oktober werden vertreiben wollen. Aber uns kann eS recht sein. Wir haben so viel„Material" gegen die Christlichsozialcn und Landbündler, daß sich der Sklarekffandal daneben ailsninimt wie Herr Mayr-Harting neben dem heiligen Wenzel. Kandidaturen. Tschechisch« Sozialdemokraten. Wie das„Närodni O s v o b o z e u i" meldet, stellt die tschechische Sozialdemokratie unter anderen folgende Kandidaten ans: Im Wahlkreis Prag A Är. Meißner, Robert Klein und Professor M a c e k; im Wahlkreis Prag B Hanr- pel und Brodeckh, in den Senat Modra - öck, Johanis(bisher Abgeordneter) und Novak. In Pardubitz in das Abgeordnetenhaus Srba, Vacha (neuer Kandidat), in den Senat Ha v le na und F. B. Krejäi; in Königgrätz ins Abgeordnetenhaus TomaSck und R. Chalupa; in Jungbunziau ins Abgeordnetenhaus S t i v i n und N e L a i(bisher in Karpathorußland), in den Senat D u n d r und Bro?,(neu); in Laun in das Abgeordneten- hait» Leo Winter und Biüovec, in den Senat Soukup und Kindl(neu); in Pilsen ins Abgeordnetenhaus Pik, R e m e K und Bojta BeneS sowie K r o in b h o l z(neu), in den Senat Ä a b r m a n und P e t? i k: i» Proß- nih B e ch h n ö und K u L e r a; in Mährisch« Ostrau ins Abaeordnetcnbaus ProkeS Cha- l u p n i k und B r o l i 1; in Jglau ins Abgeordnetenhaus Dr. MareS(neu) und KrnPiöka, in den Senat Filivinskh imd I e 8 i n a (neu); in Ung.-Hradisch Ja8a, in Brünn Svoboda und Tyme8(neu). Die deutschen Nationalsozialisten kandidieren für das Abgeordnetenhaus im Wahlkreis Prag I. Hugo B a ch m a n n, Prag II. Josef G ö r n e r, im Wahlkreis Böhm.-Leipa Hans Krebs , im Wahlkreis Jungbunzlon Hugo SI m m, im Wahlkreis Laun Hans Knirsch, im Wahlkreis Karlsbad Prof. Josef Geher, im Wahlkreis Königgrätz Rudolf Kasper, im Wahlkreis Pardubitz Franz S ch e m b r a, Im Wahlkreis Budweis Eduard Hrabe, im Wahlkreis Pilsen Maximilian Winter, im Wahlkreis Jglau Gröger, im Wahlkreis Olmütz Bürgermeister Leo Schubert , im Wahlkreis Ostrau Jng. Rudolf Jung. — In den Senat werden an erster Stelle kandidiert: im Wahlkreis Prag Prof. Zdenko Kral, im Wahlkreis Jung- bunzlau Leo Wenzel, im Wahlkreis Laun Ernst Teschner, Königgrätz Rudolf Tinz« m a n n, Pilsen Oberlehrer Franz Beier, Brttnn-Jglau-Hradisch Hans Richter nut I rtfhwi Dr. Franz Je sser. Mißglückter Fischzug der Landbündler bei den Staatsangestellten. Eine unüberbietbare Wahlkomödie. Beinahe wäre den öffentlichen Angestell-! ten und Ruheständlern ein neuer Heiter erstanden. Die Herren Florian Roschig, Bürger«, chuldirrktor i. R. und Friedrich Fischer , Oberlehrer i. R. beriefen nämlich für den 1. Oktober ins»Deutsch « Hau »" in Prag eine Besprechung «in, in der nicht weniger geleistet werden sollte, al» di« Gründung einer neuen„MittelstandS- xirtei" und die Ausstellung der Kandidaten für )ic bevorstehenden Wahlen. Unvorsichtigerweise hatten die Herren aber schon in ihrem Aufruf verraten, daß das ganze Theater auf Grund einer von dem Landbunvabgeordneten Freising angeregten Vorbesprechung inszeniert werde. Es entpuppte sich denn allsogleich al» reine Land- bundkomödie unter der Regie deS.Herrn Reichs- Parteisekretärs Jannausch. Aber diese Regie wollt« nicht klappen. Herr Freising , dem di« unschuldige Rolle eines„Gastes" zugedacht war, der aber das einleitende Referat hielt und auch nachher ununter, brochen in die Auseinandersetzung eingriff, stellte sich aleich selbst als Angestelltenreferent deS land- bündlerischen Klubs vor, erzählt« dann, daß we- der di« Opposition»- noch auch die Regierungsparteien etwas für di« Angestellten und Ruheständler erreicht hätten, daß daher die Gründung einer eigenen Partei erforderlich sei, di« aber nicht gegründet werden könne, weil di« Zeit zu knapp sei. Man müsse sich daher an ein« bestehende Partei anlehnen. Waren di« Zichörer— etwa ein Dutzend Gewerkschaftsvertreter, zwei Führer de»„Freien Deutschen MittefftandeS", einer nur in Brünn vegetierenden Karikatur auf eine volitische Par- t«i, die 1925 im Schlepptau Hanreich» schwamm, seit seinem Konflikt mit dem Landbund aber in streitende Grüppchen zerfallen ist, und Herr Jan- nausch— waren diese Zuhörer nun so llng wie zuvor, so wurde» sie jetzt durch di« Feststellung überrrascht, daß der Bund der Landwirt« den Angestellten zwar nicht politisch nahestehe, daß er aber die Produzenten vertrete, während jene Konsumenten seien. Nach dieser hinreichenden Legitimierung deS Herrn Freising al» Beamtenretter entstand eine unbeschreibliche Konfusion. Hatte der Vorsitzende —-Herr Roschig— in seiner Eröffnungsrede gesagt, daß ein« Mittelstandspartei aus Bürger», Hausbesitzern(!), Angestellten und Ruheständlern gegründet werden solle— aber nicht gegründet iverden könne, weil die Stinunzettel zu viel Geld kosten— so erklärt«.Herr Jannausch mit einem Rest marxistischer Erleuchtung au» seiner Vergangenheit, daß er sich unter„Mittelstand" überhaupt nicht» vorstellen könne und daß Hausbesitzer und Mieter nicht in einer Organisation fein können. Die» war da» geeignete Stichwort für den Vertreter des„Freien Deutschen Mittelstandes", die neu« Partcigründung zu befürworten, wobei sein stärkstes Argument war, daß seine Gruppe in Brünn eine Kanzlei mit zwei Beamten besitze.-Herr Jannausch legte überzeugend genug dar, daß man in zwölfter Stunde keine Partei gründen könne und machte die beachtenswerte Mitteilung, daß der Bund der Landwirte mit verschiedenen Parteien In Verhandlungen Uber Wahlbündnisse stehe. Trotz dieser deutlichen Abwlmnielung etwaiger Angestelltenkandidaturen erllärte hinwiederum Herr Freising , Wahlkandi- dat des Landbundes, mit Pathos, daß cs sein Herzenswunsch und Lebensziel sei, die Angestellten und Pensionisten in einer selbständigen und vom Bund der Landwirte unabhängigen Partei zn organisieren. Der arme Leser, der unserer Darstellung zu folgen suchte, sich aber begreiflicherweise nicht auskennt, möge sich damit trösten, daß der Wirr- Stllndiger Ausschuß einberufen. Prag , 3. Oktober. Der Ständig« Ausschuß ist, wie wir bereits aukündigten, für Montag, den 7. d., um 15 Uhr zu einer Sitzung einbe- rusen worden. In biefa Sitzung dürste«»ur di« Formalitäten erledigt werde«; da» eigentlich, Arbeit-Programm soll am Dienstag iu Angriff genommen werden. warr in der Sitzung selbst noch größer war, als sich in deutschen Sätzen, dir doch ihr« innere Lo- aik haben müssen, uberhaupt au-drückcn läßt. Die Komik erreicht« ihren Höhepunkt, als der Vorsitzende auSrief: „Meine Herren, wir wissen ja selbst nicht, was los ist, das wollen wir ja von Ihnen erfahren.“ Dennoch wäre wahrscheinlich nie ausgesprochen worden, was los ist, wenn di« Herren nicht den seltsamen Humor gehabt hätten, zur Gründung einer„Mittelstandspartei" auch die freien Gewerkschaften einzuladen. Damit verdarben sich die Herren Jannausch und Areising ihr Konzept. Sie wollten den Anschein erwecken, daß«» sich um eine seriöse Gründung handle, mit dem > Zwecke, die Zersplitterung der Staatsangestelltenorganisationen zu überwinden und sie als Machtfaktor zu organisieren, aber die Vertreter der freien Gewerkschaften stellten fest, daß Herr Freising wieder als Landbündler kandidieren will, daß zu einer Beratung gewerkschaftlicher Vertreter zust Herr Jannausch, der Reichsparteisekretär des Bundes der Landwirte geladen worden fei, sie rangen dem Herrn Freising das Eingeständnis ab, daß fein« Partei gegen alle Beamtenforderungen gestimmt hat — was er mit der grundsätzlichen Ablehnung aller opposittouellen Anträge schlecht genug bemäntelt«,— kurz sie enthüllten die Landbundmache so rettungslos, daß Herr Jannausch in größter Erregung das Bcratungszimmer verließ. Auch Herr Fa h r n c r, der zwar dem Gedanken de„ständischen Organisation" ein« theorettsche Verbenguim»«achte, aber keinerlei Lust hatte, seine Reichsgewerkschaft an die Landbündler zu verkaufen, sprach dann das harte Wort„Gim- pelfang" aus. Als Immer llarer wurde, daß die Beranstal- tung auffliegen müsse, drängte Herr Freising in steigender Nervosität den Vorsitzenden immer wieder, di« Sitzung zn schließen. ES sollten nur diejenigen zurückblei«», welche die neue Partei gründen wollten. Herr Roschig hob also die Sitzung auf, entschuldigte sich von der iveitercn Mitarbeit mit seinem hohen Alter und ging im allgemeinen Aufbruch mit ab. Zurückblieb Herr Freising mit Herr» Fischer und dein„Freien Deutschen Mittelstand". Die Beamtenrettung ward also bis zum Eintreten günstigerer Witterung vertagt. Der Verband deutscher staatlicher Ruheständler und der Verband der Abgcbauten werden sich nun fräoen müssen, ob eS anaeht, daß ihre führenden Funktionäre, die H. R o s ch i g und Fischer— nach eigenem Eingeständnis ohne Mandat ihrer Organisationen— hinter ihrem Rücken Landbmldpolitik machen. Alle Staatsangestellten aber seien an den agrarischen Herzenserguß deS Herrn F i e h in der Saazer „Heimat" vom 12. August 1923 erinnert: „Bloß ein Stand Im Staate Ist es, der sich Ins Füustchen lacht: und das sind die zwei Millionen Staatsangestellten. welche labelhalt hohe Gehälter beziehen, elnlxe wenige Stunden an einigen Tagen In der Woche ein wenig arbeiten und aul der anderen Seite tast umsonst Braten, Wein und allo anderen Lebensgenüsse sich tilg- llch in FUlle leisten können" Wenn Herr Freising unter dieser Flagge in» Feld zieht, wird er sich am 27. Oktober gewiß nicht schadenfroh ins Fäustchen lachen. Vielmehr werden die Staatsangestellten gerade aus solchen Manöver» erkeimen lernen, daß es nur einen Weg gibt, die organisatorisch« Zersplitterung zn überwinden: den Anschluß an die freien Gewerkschaften. Der Weg alle« kommunistischen Fleisches Brüssel , 3. Oktober. (Eig. Drahtber.) Das einzige kommunistische Tageblatt Belgiens , die „.Rote Fahne", wird am 31. Okwber ihr Er- ich einen ein st eilen. Moskau hat es abgelehnt, weiterhin Unterstützungen zu zahlen.
Ausgabe
9 (4.10.1929) 232
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