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9. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.
Genosse Dr. Czech referiert der Parteivertretung. Einmütige Billigung des bisherigen Borgehens.
Mittwoch, 20. November 1929.
Für die kulturelle Annäherung der Nationen.
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Nr. 271.
Vor der Entscheidung.
In der vierten Woche nach den Varlamentswahlen haben die Bemühungen um Bil
In der gestrigen Sigung der böhmischen Redner wand: e fich dann den Vorfällen zu, dung einer Regierung und einer ParlamentsLandesvertretung nahm Gen. Dr. Strauß welche sich Montag an den Gelegenheit, sowohl auf die Ausführungen einzelner tschechischer Redner über die natio nale Frage zu antworten als auch die Vor gänge an den Prager Hochschulen einer Erörterung zu unterziehen.
Prag, 19. November. Heute fand im parlamentarischen Klub der deutschen Sozialdemo tratie eine Sihung unserer Parteivertretung statt. Den politischen Bericht erstattete Genosse Dr. Ezech. Er ging von der durch das Wahlergeb nis geschaffenen Situation aus und erörterte die Gegensäße, die sich zwischen dem durch die WahGenoffe Dr. Strauß befaßte sich zunächst len in die Minderheit gedrängten Bürgerblock mit den Ausführungen verſchiedener tichechischer und den sozialistischen Parteien ergeben haben. Redner, welche gesagt hatten, daß eine Hiebei besprach er den konzentrischen Kampf, der unter allerlei nationalistischen Manövern von den tschechischen bürgerlichen Parteien gegen die deuts jche jozialdemokratische Partei geführt wird, um
deutschen Hochschulen in Prag ereignet haben. Jeder anständige Mensch ohne Unterfiched der Partei müßte von den Vorgängen an der deutschen Universität und Technil empört sein. Mit aller En schiedenheit müssen wir da gegen auftreten, daß an der Stätte der Wissen schaft und Forschung Gewalt geübt wird. Wir dürfen unsere Hochschulen nicht herabfinten lassen zu Raufbuden und damit diese Stätten entweihen. An den Universitäten muß unterrichtet und nicht gerauft werden.
mehrheit als Fundament derselben noch immer zu feinem Resultat geführt und die Wahrscheinlichkeit, daß es doch zur Bildung einer parlamentarischen Regierung kommen werde, wird infolge der unter Führung der tschechis fchen Agrarpartei von den früheren Bürgerblodparteien betriebenen Saboiage von Tag 31 Tag geringer. Die Schwierigkeiten, die eine Regierungsbildung mitunter auch in an deren Staaten verzögern, bestehen bei un nicht, wenigstens nicht diesmal, denn daß sich bei einigermaßem guten Willen feine Mehrheit finden ließe, wird angesichts der großen Zahl von unter gewissen Voraussetzungen zur Teilniemand behaupten können. Aber die tschechische nahme an der Regierung bereiten Parteien Agrarpartei, verleitet durch Rivalität der ge genwärtig in ihr maßgebenden Personen, durd Hartköpfigkeit und Größenwahn desorientiert ein Teil der akademischen Jugend lieber die und infolge des Fehlens einer überragenden. Fäuste gebraucht als die Waffen des Geistes. autoritären Führerpersönlichkeit ohne Kompas . Die Rubestörer haben nicht das Recht, Studenten hat an den Beginn der Verhandlungen über den Plas ftreitig zu machen, die von den Univer- die Regierungsbildung das Diktat gejeßt: im ätsbehörden ordnungsgemäß aufgenommen Staate darf nur der Wille des Bürgerblods worden sind. Gewiß sind die Räumlichkeiten an gelten, wer eiwa noch mittun will, der hat sich den beiden deutschen Hochschulen in Prag vollbiejem Willen unterzuordnen. Sie erachtet den tommen unzulänglich. Während die deutsche Uni- Blod. wie er vor den Wahlen bestanden hat. versität und die deutsche Technit in Prag früher für etwas untrennbares, andere Parteien, die nur die Bildungsstätte der deutschen akademischen He eventuell ihm einfügen wollen, sollen bloß Jugend Böhmens gewesen sind, müssen nun auch
dadurch den ſozialiſtiſchen Block zu schwächen. Er auf dem Gebiete der Förderung beider nationaler berichtete in diesem Zusammenhang über den Ver- Stulturen stattfinden könnte. Er begrüßt diese Die akademische Freiheit darf nicht in einer lauf der zwischen dent defignierten Ministerschen bereit seien, in dieser Hinsicht thren tichechi Teil der Studentenschaft in so unerhörter Weise schönen Worte und erklärt, daß auch die Deut- Weise mißbraucht werden, wie es von einem präsidenten und dem Vertreter der deutschenchen Mitbürgern die Hand zu reichen und daß sie geschehen ist. Wir müssen als Vertreter der deut jozialdemokratischen Partei abgeführten Aussprache. Zum Schluß erörterte er die Stel- derne den Erfordernissen der tschechischen Stul: ur schen Bevölkerung unsere größte Aufmerksam der ( ungnahme der Partei zur Mehr= Rechnung tragen werden, wenn das Land, Tatsache zuwenden, daß heitsbildung sowie die programmatischen Zahl der Deutschen in Böhmen , auch den deut gerechter Weise stets Rücksicht nehmend auf die Aujfajjungen der Partei und stellte neuerlich fest, schen Kulturintereffen sein Augenmerk zuwenden daß die zuständigen Parteiinstanzen von allen werde. Ich muß mich nur dagegen wenden, führ: wichtigen Vorgängen in Stenntnis gefeßt und zur Ser Redner aus, wenn aus der Tatsache, daß die Entscheidung herangezogen werden. Deutschen vor Jahrhunderten in dieses Land einAn das Referat nüpfte sich eine eingehende gewandert sind, politische Schlüsse für die gegen Aussprache, worauf der Bericht des Parteivors värtige Politit gezogen werden. Wenn man sich fizenden sowie das bisherige Vorgehen einahon auf das Gebiet der Geschichte begibt, dann mütig genehmigt wurde. muz endlich einmal festgestellt werden, daß
Die Parteivertretung nahm sodann zu den Borgängen an den Prager Hochschulen Stellung und faßte eine Entschließung, die wir an anderer Stelle verlautbaren.
Schließlich erledigte die Parteivertretung eine Reihe ton organisatorischen und administra
tiven Angelegenheiten.
die Deutschen mit ihrer Hände Arbeit einen Teil des Bodens dieses Landes urbar gemacht
haben, daß sie zur Entstehung des Gewerbes in namhafter Weise beigetragen und eine Reihe von Städten des Landes gegründet haben. Aber das Entscheidende ist, daß
die Studenten Mährens und Schlesiens, die früher der Mörtel sein, um ihn zu festigen und es in Wien studier baben, die Brager Hochschulen fehlen bloß noch die politischen Analphabeten. benützen. Es ist höchste Zeit, daß der Staat die sich dazu hergeben, den tschechischen Agrawäittel und Wege findet, um allen Studenten der riern zur Durchführung ihrer politischen Konbeiden Prager deutschen Hochschulen ein Studium zeption zu verhelfen. Das Festtlammeru- an möglich zu machen, das die Studenten in den ihr halten sie in unbegreiflicher Verbohrtheit für Stand feßt, den Anforderungen, die man heute politische Weisheit. Tatsächlich ist es gegenan einen Juristen, Arzt oder Technifer stellt, zu wärtio ihre einzige. genügen.
Die für heute anberanmie Fortsetzung der für das politische Leben der Gegenwart diretten Verhandlungen zwischen Vertretern der gelten müffen die jozialen und fulturellen beiden stärksten Fraktionen, der tschechischen Bedürfnisse der heute lebenden Menschen Drei Wochen fruchtloser Anstrengungen, Nur dadurch, aber nicht durch wüste Erzesse Agrarier und Sozialdemokraten, fanden nicht und nicht irgendwelche Ansprüche, die aus der tann man die räumlichen Unzulänglichkeiten an den geschlagenen Bürgerblock mit einem bißstatt, sondern wurden auf morgen verschoben. Vergangenheit abgeleitet werden. Wohl hat die den Hochschulen veheben. Wir müssen es sehr be- chen anderen Aufputz zu neuem Leben zu erDagegen tagte das engere Präsidium der tsche- deutsche Bevölkerung dieses Staates den Vorteil, dauern, daß die Hochschulen die einst die Stättenweden, haben die tschechischen Agrarier, in chischen Agrarier. Der Ministerpräsident wohnte daß fie Anteil hat an der Stulur eines großen waren, wo der menschliche Forschritt und die deren Hände der Auftrag, eine neue Regierung diesen Beratungen nicht bei, sondern verhandelte Bolles und diese kulturelle Verbundenheit ſteh: volitische Freiheit sich Bahn brachen, nun Orgien zu bilden gelegt ist, von ihrer Wahnidee nicht am Nachmittag mit den Führern der beiden tsche- niemandem im Wege. Allerdings ist die Tatsache des wüsteten Radanantisemitismus und der ärg- abpebracht, ja sie geben sich sogar der Hoffnung chischen sozialistischen Parteien Hampl und Dr. der Anteilnahme der deutschen Bevölkerung der ften Realtion mit ansehen müssen. hin, die alten Bürgerblockparteien könnten auch Franke. Auch Dr. Sramař fonferierte mit Tschechoslowakei an den Schätzen der deutschen dem Ministerpräsidenten. Stultur fein Anlaß, die kulturellen Bedürfnisse ohne Seranziehung der tschechischen sozialisti schen Parteien, ohne die faktische Mehrheit des Parlaments hinter sich zu haben, regieren. Wollten sich die bürgerlichen Parteien wirklich
Die deutschen Hochschulen in der Tschecho flowvalischen Rebublif gehören nicht einem Klingel radaulustiger Elemente, sondern der deutschen Bevölkerung des Landes.
Die Meldung, daß heute auch direkte Ver- des deutschen Volles hierzulande weniger zu be handlungen zwischen tschechischen und deutschen friedigen und etwa heimische Talente des DeutschAgrariern, Nationaldemokraten und tschechischen tums weniger zu fördern. Die Deutschen in der Gewerbeparteilern stattgefunden haben, ließe Tschechoslowakei müssen die Möglichkeit haben Das deuiche Volk in der Tschechoslowakei wird darauf schließen, daß die Agrarier sich bereits mit fidh wirtschaftlich, sozial und fulturell auszuleben, ichon dafür sorgen. daß die Hochschulen nicht zum dem Gedanken zu befassen scheinen, aus dem bis- und nur in dieser Richtung und auf dieser Tummelplatz fascistischer Gewalt, sondern zu dem herigen Bürgerblod die selerifalen ans- Grundlage fann es zu einer wirklichen werden, wozu sie berusen sind, zu einer Stätte zuschiffen und als Gegengewicht gegen den Verständigung und dauernden Zu- freier Forschung und ernster wis- finden würde. Der alte Bürgerblod war in der sozialistischen Blod einen ungefähr gleich starken sammenarbeit der Völker tommen. lienschaftlicher Arbeit.
Heimwehrüberfall auf den Abgeordneten Walisch.
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Nächtliche Revolverschießerei in Brud. Die verhafteten Täter geben die Mordabficht zu.
dieser Mahlzeit niederseßen, bliebe nichts übrig, als ihnen guten Appetit zu wünschen. Man brauchte dann bloß ruhig abwarten, wie ich mit diesem Schmaus ihr Maçen zurechtfesten Zeit, eigentlich schon seit einem Jahre, ograrischen Blod zu schaffen. Vorläufig tun sie attionsunfähig geworden, eben darnm zog er es aber immer noch sehr groß und die„ Prager bor, in Neuwahlen zu gehen und dabei den Bresse" bringt über die Beratungen des agrarilegten verzweifelten Versuch zu unternehmen. fchen Päsidiums fogar die offenbar inspirierte durch Herauziehung irgendwelcher Reserven die Meldung, die Konferenz iei zu der Ansicht gelangt, daß nach den Beratungen Udržals mit den ParRegierungsmehrheit aufzufrischen. Wenn, was jest tatsächlich sichtbar geworden ist, der Wille feiführern nunmehr die Voraussetzungen geschaf fen seien, eine Entscheidung herbeizu= bestand, teine andere Regierungsfombination. führen, und daß ihm auch im Hinblick auf als die bürgerblöcklerische in Betracht zu ziedas große Koalitionsreservoir die hen, dann war das Verlangen nach Neuwahlen Möglichkeit an die Hand gegeben ist, die Wah! eine faum mehr zu überbietende Dummheit. Wien, 19. November.( Eigenbericht.) Heute| unten den toalitionsbereiten Parteien zu treffum 1 Uhr nachts wurde in Bruck an der Mur Die Bürgerfoalition fonnte vor den Wahlen feine gesetzgeberische Tätigkeit mehr leisten, obfen." Das ist doch etwas mehr als pflichtgemäße auf den sozialdemokratischen Land agsabgeord Schönfärberei. In einer deract beneidenswerten neten Walisch, der seit dem 15. Juli 1927, wo wohl sie im Parlamenie zahlenmäßig noch die Lage, sich die besten Rosinen nur so heraustlauben er in Bruck den Stampf gegen die Heimwehr Mehrheit hatte wie sollte sie jetzt als Minzu dürfen, scheint Herr Udržal auch in der vierorganisiert hatte, bei der Heimwehr besonders derheit die Aufgaben meistern können, zu deren ten Woche der Regierungsbildung keineswegs zu verhaßt ist, von drei Heimatschüßlern ein Revolverattentat verübt. Walisch kam Noch im Laufe der Nacht gelang es jedoch Durchführung sie vordem als Mehrheit zut aus einer Sigung des steirischen Landtags aus der Gendarmerie, die drei Täter zu verhaf en. schwach und zu zerfahren war! An Zahl enf Graz nach Mitternacht in Brud an. Auf dem Sie waren in einen nahen Wald geflüchtet. Die scheidend geschwächt, sind auch die Seräfte des Wege von Bahnhof zu seiner Wohnung begeg- Gendarmerie hatte aber sofort alle Zufahrtswege inneren Zusammenhaltes nicht gerade verstärft neten ihm drei mit dem Hahnenschwanzhut ver- zur Stadt besetzt und es gelang, gegen 5 Uhr worden, ganz im Gegenteil. Tichechische und ichene Heimatschüsler. Nachdem sie eiva zehn morgens drei junge Leute, die aus dem Wald deutsche Seleritale sind aus den Wahlen als die Schritte weitergegangen waren, kehrten ſie plöß- tamen, anzubal en. Sie gaven sofort zu, die am empfindlichsten Geschlagenen hervorgegan= gesuchten Revolverschützen zu sein. Aus dem Bergen, fie müßten sich in der neuen Bürgerloa ch um und folgten alisch. hör vor dem Bezirtsgericht wird bekannt, daß fition zu der Rolle noch willfährigerer Werkeiner von ihnen, ein gewisser Freil, die drei zeuge der Herrschgier der tschechischen Agrarier Schüsse auf Walisch abfenterte, und zwar in der bequemen. Wie lange sie dies in Anbetrach Absicht, ihn zu beseitigen. Der Täter
fein!
Am 3. Jänner zweite Hanger Reparations ton erenz.
Haag, 18. November. Dem„ Matin" zufolge wird die französische Regierung den intereffierten Regierungen vorschlagen, die zweite Saager Reparationskonferenz definitiv für den 3. Jänner 1930 festzujeßen. In amtlichen franzöfifchen Kreisen wird die Hoffnung ausgesprochen, daß dieses Datum allen entsprechen werde, da das Ergebnis des deutschen Boltsentscheides bereits bekannt sein wird Die Sonferenz wird genügend Zeit haben, ihre Verhandlungen bis zum 21. Jänner zu beenden, an welchem Tage be. familich die St onferens für die See. abrüstung zusammentriti.
In der Nähe seiner Wohnung begann ihm einer der Burschen nachzulaufen, zog dann einen Revolver und drückte ihn gegen Walisch ab; die Waffe versagte jedoch. Walisch suchte nun sein Haustor zu erreichen und es gelang ihm auch, die Heimatschükler dadurch, daß er ihnen zurief Halt, oder ich schief; e!", cinen Moment lang in Schach zu halten.
Diese lurze Pause benüßte er, um das Tor zu öffnen und in das Hus zu verschwinden. Die Heimatschüßler hatten inzwischen auf ihn weiter geschossen; drei Projektile steden im Haustor.
gab zu, den Wordplan mit den zwei ebenfalls der in ihren Wählerreihen ausgebrochenen verhafteten Stameraden besprochen und vorberei. Fluchtneigungen ausbalten tönnten, ließe fid) tet zu haben. Sie wollen feine weiteren Weitwisser unschwer abschätzen. Wenn dann nach wenigen oder Auftraggeber haben und erklären fie hätten Monaten der Bürgerblod zerfiele, würde auf die Tat lediglich aus Haß gegen Walisch tschechischer sozialistischer Seite die Neigung, begangen. Lüdenbüßer für die ausfallenden Kleritalen