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10 Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.
Die Kommuniſten:
für Maffenkündigungen zum 1. April!
gegen den Aufschub gerichtlicher Delogierungen!
Samstag, 22. März 1930
Der Mieterschuß unter Dach.
Das neue Brot: nur 10 Prozent Weizenbrotmehl, Roggenausmahlung auf 65 Prozent.
Prag , 21. März. Nachdem gestern abends| Hausherrn erst nach vollzogener Trauung der sozialpolitische Ausschuß die Mieterschuß zugestanden werden kann. vorlage in der von uns bereits berichteten Form Das heißt, daß gegenüber dem letzten Wieter Es ist kein verfrühter Aprilscherz, sondern Behandlung der Vorlage im Plenum des Par- verheirateten Kinder kannte, nur der Unter Es ist kein verfrühter Aprilscherz, sondern angenommen hatte, lag heute der Weg für die schutzgesetz, das die Kündigung bloß für die schon tatsächlich wahr: Wenn die Parlamentsmehrheit laments frei. Noch gestern hatten die Agrarier schied besteht, daß der Hausherr bestenfalls vier gestern einmütig der kommunistischen ihre weitergehenden Anträge- daß z. B. die Wochen früher fündigen kann. Das ist die Führung Gefolgschaft geleistet und so gestimmt Stellung.: der Ersagwohnung im Falle gange Aenderung, die nach Herrn Stetta die Borlgae hätte, wie diese ausschließlich privilegierten der Wohnungsräumung für die Kinder des grundlegend verschlechtert" hat! Der Wieter- Retter es wollten, jo hätten die erfreu ten Hausherren zum 1. April gut 80 Prozent ausherrn zu entfallen habe, durchzujet- Referent verwies weiter auf die Wichtigkeit der Bealler Mieter die höfliche Aufforderung zuschiden en versucht, und es hatte aller Energie der ſtimmung, daß Linksparteien bedurft, um dieje Anträge zu Fall dürfen, zum nächsten Quartal die Wohnung zuräumen, wenn sie nicht den vollvalorifier zu bringen und den Mieterschutz in seinem bis- durch eine Regierungsverordnung festgelegt werden fen Mietzins und noch etwas dazu bezahlen herigen Umfang aufrecht zu erhalten. Heute war foll. Bisher war die Spruchpragis der Gerichte, ob wollen. Und der arme Teufel, der den Zins nicht der Stampf- nicht zu ungunsten der Mieter eine Erfanwohnung nur„ hinreichend" oder„ ange: zahlen kann und deshalb vom Hausherren ge entschieden, da traten die Kommunist en fündigt wurde, hätte gewärtig sein müssen, somit revolutionären Elan auf den Plan. Man messen" sein müsse, nicht einheitlich, was lange und fort hinauszufliegen und fein farges muß es ihnen laffen, auf die Entlarbung der oftspielige Prozesse zur Folge hatte. Dem soll nun Mobilar auf der Straße verkommen zu lassen, Sozialpatrioten, verräter oder fascisten ver da leine Gemeinde mehr verpflichtet gewesen stehen sie sich auf dem ff! Wenn so ein Herr wäre, ihm auch nur seine Möbel zu verwahren, Stetta auftritt und von der Tribüne herauf geschweige denn ihm etwa eine andere Wohnung int ersten Satz betont, zu verschaffen!
Solche Dinge geschehen, wenn man vor lauter Kampfbegeisterung gegen die dreimal vers dammten Sozialfascisten, die man endlich einmal vor den Mietern als die schwärzesten Verräter und als bestochene Subjekte demastieren zu kön nen glaubt, die Tragweite seiner eigenen dema gogischen Anträge nicht mehr abschäßen kann. Und so stellten die Kommunisten heute im Parlament ernsthaft den Antrag,
der Begriff der Erjaßwohnung
abgeholfen werden.
der Nationalsozialisten, Geyer, drückte sich etwas vorsichtiger aus und erklärte schließlich, für den Wieterschuß votieren zu wollen.
Offen für den Mieterschus traten überhaupt nur die sozialistischen Sprecher auf. Herr Hor pynta( D. Nat.) dagegen bedauerte immer wieder, daß das Gesetz ein Wert der Sozialfascisten ist, daß der Mieterfchuss noch nicht abgebaut jei, und er welche auf die Weise die bis ins Innerste auflärte, gegen die Vorlage zu slimmen. Der Sprecher gewiegelte und revolutionerte Arbeiterschaft be ruhigen und vom lassenkampf unter kommunistischer Führung abhalten wollen, in der nächsten Minute aber wieder versichert, der Fürsorge. miniſter habe die Vorbereitungskampagne für den Abbau des Wieterschußes eröffnet, von dem Wie terschutz sei überhaupt nur noch die Firma da und alles andere sei bereits an das Großkapital und an die Bourgeoisie verkauft, bann bleiben alle Gegenargumente vergebens. Was hätte das bedeutet? Neue Verhandlungen und wenn dann noch der große Schlager im Ausschuß, neue Schwierigkeiten mit den kommt, der Antrag der Stommunisten, eine Hausherrenvertretern, die noch viel arroganter runde Williarde jährlich in Ziffern geworden wären und es wäre techni 1.000,000.000.- K für Wohnungsbauten zu unmöglich gelesen, die Vorlage noch recht verwenden, dann müssen die Sozialfascisten zeitig vor Monatsschluß in beiden Häusern der Nationalversammlung zu erledigen. Am 1. April einfach tapitulieren. Bei der Lizitierung fönnen sie bei bestem Willen nicht mehr mit und hätte aber der alte Mieterschuß zu existieren auf die Stommunisten bleiben die Sieger! gehört und am selben Tage wären Zehntausende von Kündigungsschreiben den fassungslosen Mic tern ins Haus geflogen!
die Mieterschuh- Borlage an den
auch
Ausschuß rüdzuberweisen.
Ein zweiter Höhepunkt fommunistischer Agitprop- Stultur ergab sich bei der Rede des Genossen
Frisch fröhlich für die Hausherren sprad) ihr Vertreter St alas( Rep.), der dem Haus zurebet, auf die Psychologie der Hausherren Rücksicht zu nehmen, die in einer Zeit, da allenthalben der Brivatlapitalismus herrscht, ein Verfügungsrecht über ihr Besittum haben! Ideal erscheint ihm Deutschland , das die Friedenszinse auf 120 Prozent hinaufgeschraubt hat, während bei uns der Goldzins " nur" 27 Prozent der Borfriegszeit betrage. Dabei gelingt ihm selbstredend der Nachweis, daß man auch bei einem Wochenlohn von 140 Kronen ohne wei teres höhere Sinse zahlen könnte.
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Nr. 70.
Rückkehr zu den Gleitzöllen.
Gestern hat die Regierung im Abgeord netenhause die neue Zollvorlage eingebrach. Sie besteht wie unsere Leser an anderer Stelle genauer erfahren im wesentlichen einzelnen Getreidearten festgesetzt wird. Diedarin, daß ein gewisser Richtpeis für die jer Richtpreis liegt elf Prozent unter dem Durchschnitt der Getreidepreise des leẞien Jahrfünftes. Wenn die Preise höher sind als dieser Richtpreis, dann bleibt es bei den gegenwärtigen 3öllen. Sinfen jedoch die Getreidepreise unter diesen Preis, dann treten Zollzuschläge in Straft, deren Maximalhöhe bei Weizen 25. K, bei Korn 50.- K, bei Gerste 36.- K, bei Hafer 34.Stronen und bei Wehl 75. K betragen. Bei Weizen war beispielsweise der Durchschnittspreis in den letzten fünf Jahren 215.25 K, elf Prozent weniger macht 191.84 K. Sinkt nun der Weizenpreis beispielsweise auf 172.Kronen, so ist die Differenz von 19.84 K der 3ollzuschlag, der in Kraft tritt. Dieser Zollzuschlag darf aber in keinem Falle höher sein als 25 Kronen. Der um elf Prozent verminderte Durchschnittspreis des Korns in den legten fünf Jahren stellt sich auf 165.32 K, sinkt der Kornpreis unter diesen Betrag, dann treten auch bei storn Zollzuschläge in Kraft. So weit die Vorlage.
Will man zu einem Urteil über den Geschentwurf vom Standpunkt des Proletariats lommen, so muß man sich zunächst ins Ge dächtnis rufen, daß die Zollvorlage ein Teil des fleinen Wirtschaftsprogrammes der Regierung ist. Dieses Wirtschaftsprogramm ist ein Werk des Kompromisses, muß es sein, weil in der Regierung sozialistische und bürgerliche Parteien vertreten sind und ohne Kompromisse cine legislatorische Arbeit des Parlaments unmöglich wäre. Die sozialistischen Parteien founten hiebei die Sicherung des Mieterschut zes durchsetzen, ein neues Bauförderungsgefetz verwirklichen, welches eine direkte Staatsunterstützung vorsicht, wie sie seit dem Jahre 1924 nicht mehr bestanden hat, sie werden
dabei die Gleichstellung der Alt- und Neupenfioniſten durchführen und den Aermſten der Armen, den Arbeitslosen, helfen, indem die Dauer der bisherigen Arbeitslosenunterstüt zung von 13 auf 26 Wochen verlängert werden wird. In jenen landwirtschaftlichen Fragen, denen die Bestrebungen der Agrarier galten, enthält das geschlossene Kompromiß das Gesetz über die Mehlmischung, über den 3wang von öffentlichen Anstalten zur Abeben eingebrachte Vorlage betreffend die Zölle. Wollten die sozialistischen Parteien die dringendsten sozialen Forderungen, vor vor allem Mieterschutz, Bauförderung und Arbeitsloseuunterſtüßung durchsetzen, dann mußte man auch in den Fragen, auf deren Erledigung die agrarischen Parteien drängen, eine Lösung juchen. Die gefundene Lösung zeigt, daß es den sozialistischen Parteien tatsächlich gelungen ist, den Anschlag der Agrarier auf die Lebenshal= tung der breiten Wassen zurüdzuschlagen und die Interessen ber Stonsumenten zu schüßen.
Am Schluß der Debatte leisteten sich die Stommunisten, wie schon an anderer Stelle erwähnt, das Vergnügen, die Rüdverweis sung an den Ausschuß zu beantragen und dadurch totjicher einen verhängnisvollen er ferDas war aber lange nicht das schönste de Witte. Zustand ab 1. April herbeiführen zu wollen. Stüdchen, das sich unsere hundertprozentigen Er zeigte in einem Rückblick, wie mit dem sinDabei wurden sie neuerdings gegen unsere AbgeKommunisten hente leisteten! Sie stimmten tenden Einfluß des Sozialismus in der Nachkriegsordne en aggressiv und fingen wieder ordinär ju selbstredend gegen den Mieterschuh, von zeit der Mieterschuß immer mehr und mehr ab. schimpfen an. Unsere Genossen nahmen sie aber dem angeblich ch' nur mehr die Firmentafel brödelte, wie es aber der Sozialdemokratie in der nur mehr von der heiteren Seite, was Stern übrig ist; sie stimmten dann aber im Eifer des Regierung nunmehr nach bartem Kampfe doch ge- und Konsorten mur noch mehr erboste. Dafür Gefechtes, das sie den Sozialverrätern lieferten, tungen sei, jeden Durchbruch des Mieterſchußes zustimmten fie ftramm gegen die lex verhindern und dem Arbeiter, Kleingewerbetreiben meiner, was zu großer Heiterkeit auf den gegen die leg Meißner! den und fleinen Beamten seine Wohnung zu einem sozialistischen Bänken Anlaß gab. Dessen schämt Gerade dieses seit 1920 immer wieder verlän- erschwinglichen Preis weiter zu sichern. Demgegen- ten sie sich dann doch eine Weile ziemlich gründ gerte Gefeß schüßt aber den Mieter, gegen den über mußte schließlich die Rücksicht auf die Mieter lich und heilige Ruhe herrschte eine Zeitlang bei der Hausherr gerichtliche Kündigung durchgefeßt mit hohem Einkomen, die von ihren eigenen bür den verdust dasigenden Herrschaften. hat, auf geraume Zeit hinaus vor dem wirl- gerlichen Parteien verlassen wurden, zurücktreten. Beide Corlagen wurden in dringlicher Belichen Hinauswurf auf die Straße, und verpflich- Auch in den bevorstehenden Verhandlungen über handlung angenommen. Sie werden bereits tet die Gemeinde, in diesem ärgften Fall dem eine langfristige Regelung wird es unsere erste Montag im Senat zugewiesen werden. Die Vornahme inländischer Produkte und endlich die armen Teufel wenigstens seine Habseligkeiten in Aufgabe sein, ben fleinen Leuten ihre lage über Bauförderung kommt im Parlament Verwahrung zu nehmen. In der Moskouer Ter- Wohnung zu sichern und vor allem erst auf erst in der nächsten Woche zur Verhandlung. minologie ist eine solche Hilfsmaßnahme aber die Schaffung einer genügenden Zahl von Woh nichts anderes als ein plumper Versuch der Sos nungen zu bringen, bevor über den Mieterschutz Die Agrarvorlagen. zialfascisten, die empörte Arbeiterschaft einzu- geredet werden kann. lullen und vom Klassenkampf gegen die Bour Zu Beginn der Situng hatten noch drei geoisie und die Sozialverräter abzuhalten. Damit kommunistischen Bänke, da gab es wieder Ge- Redner zu den Vorlagen über das Moggen diese heimtüdischen Sozialverräter auch wirklich legenheit für den Herrn a blid und andere, brot und den Inlandsfonjum gefprovor allen denkenden Arbeitern entlardt und eine ganze Flut von Schimpfworten und gemei. chen. Das Schlußwort des Berichterstatters ermoralisch vernichtet werden, stimmten nen Verdächtigungen, für die er nicht den Schat- folgte erst nach der Verabschiedung des Mieter die neuen hundertprozentigen Politbüro- Abge- ten eines Beweises hat, auf unsere Genossen schutes. Referent Dubicky urgierte die Vorordneten einmütig in blißschneller Erfassung der auszuleeren. Gerade dieser hervorragende Streif lage weiterer Gefeßentwürfe zur Lösung der Streiflage revolutionären Situation gegen die lex Meiß ftratege, der alle Ursache hätte, sich für eine Zeit Agrarfrise durch die Regierung, worauf er zur ner, also für die sofortige Delogierung aller lang zu verfriechen, weil er den Bleistädter Ar- Brotvolage einen Abänderungsantrag zahlungsunfähigen Mieter, die einem erbar- beitern nicht mehr unter die Augen treten darf, ſtellte, der dem reajumierten Antrag der tschechi mungslosen Hausherren den Zins nicht zu zah- glaubte, jetzt erst recht berechtigt zu sein, sich an schen Nationalsozialisten im Ernährungsauslen vermögen. den Sozialdemokraten sein Mütchen zu fühlen. Schuß wieder voll Rohnung trägt. So geschehen unter homerischem Geläch- Unsere Genossen ließen sich diese ordinären In dieser endgültigen Fassung wird be ter aller sozialistischen Abgeordneten am ge- Schimpfkanonaden aber nicht gefallen. Als stimmt, daß zum Brotbaden nur reines strigen Tage durch die garantiert richtig linierte Saiblid unsere Abgeordneten schließlich als be Roggen .' Sas zu 65 Prozent ausgemahlen fommunistische Parlamentsfraktion unter Füh tochen erklärte, fuhr selbst Genosse Taub auf ist, verwendet werden darf, und daß der rung des Herrn Stern! Wenn das nichts ihn los und rief ihm zu, daß er ein Schuft erlaubte Zusak an Weizenmehl nicht 15, hilft, dann ist schon überhaupt nichts mehr im sondern nur 10 Prozent betragen darf; stande, alle Mieter mit fliegenden Fahnen in außerdem muß es Weizenbrotmehl sein und das Lager der Kommunisten herüber zu ziehen! feine mindere Sorte. In dieser Fassung wurde die Vorlage dann auch angenommen.
Was zur Weltrevolution gehört. Rote" Offiziere nach Japan japanische zur Schulung der roten" Armee. -
Tokio, 21. März. Zwischen der japanischen und der sowjetrussischen Regierung wurde ein Abkommen zum Austausch der Offiziere beider Heere abgeschlossen.
Da waren wieder alle Mann an Bord der
fei, wenn er das nicht beweisen könne. Unter beständigem Gepläntel mit den kommuniſti schen Radaumachern beendete Genosse de Witte schließlich seine Rede.
und
Wir haben unsere grundsägliche Stellung zu dem, was man die Krise der Landwirtschaft nennt, bereits einigemale dargelegt. Wir sind nicht der Ansicht, daß eine Erhöhung der Zölle diese Kerise beseitigen kann. Immer stärker wird die Erkenntnis zwar weit über die Kreise der sozialistischen Parteien hinaus- daß die Landwirtschaft in der Tschechoslowakei eine Umstellung vollziehen muß, daß eine Ausdehnung der VichDen Schluß der Sigung bildeten zwei Lesun- produktion und des Anbaues von Futtermit des Kündigungsrechtes für Kinder, die sich einen gen und Immunitäten. In der nächsten Sibung teln auf Kosten des Getreides und Zudereigenen ausstand erst gründen wollen, von Beam Dienstag, den 25. ds., um 3 Uhr nachrübenanbaues erfolgen muß. Während im deutung. Der Ausschuß sei ausdrücklich zu der Fest mittags soll bereits die Vorlage über das Gen- Vorjahr tausende von Meterzentnern Startof= stellung gekommen, daß das Recht zur Uebersiedlung ter System, die wir bereits gestern in den feln verfault sind, die als Schweinefutter hätin eine so gekündigte Wohnung den Kindern des Grundzügen mit geteilt haben, aufgelegt werden. ten Verwendung finden können, führen wir
Aus der sonstigen Debatte waren die Feststellun
gen des Referenten 2angr über die Erweiterung
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