Geite 2.

Mittwoch, 9. Juli 1980.

Der Finanzminister hat in seinem Entwurf der Gemeindefinanznovelle eine sehr mäßige, zur Abwendung des Ruins der Gemeindewirtschaft unumgängliche Lockerung der Umlagen­drosselung vorgeschlagen. Er hat gleichzeitig vorgeschlagen, daß bei der Bemessung der Er­werbstener die gezahlte Stener selbst keine Abzugspoft für die Berechnung der Steuergrund­lage bilden soll. Damit würde von den vielen und übermäßigen Begünstigungen, welche die Steuerreform den bejißenden Klassen gebracht hat und die einen geradezu katastro­phalen Rüdgang im Erträgnis der Befißsteuern ergeben hat, eine einzige und kei­neswegs die bedeutsamste rüdgängig gemacht. Damit würde das krasse Mißverhältnis zwischen Belastung des Besitzes und Belastung der Massen keineswegs besei­tigt, sondern nur ein wenig gemildert werden.

Aber dieser Steuererhöhung widersetzen sich die bürgerlichen

Parteien.

Sie fragen nicht, ob der arbeitende Mensch mit seinen fargen Bezügen das Auslangen fin­den tann, sie fragen nicht, ob die Konsumbelastung für die breiten Massen der Bevölkerung erträglich ist, aber bei einer sehr mäßigen, vorsichtigen Besteuerung des kapitalistischen  Profits schreiben sie über den Zusammenbruch der Wirtschaft und bringen die ganze par­lamentarische Maschinerie zum Stillstand.

Diese Anmaßung des Bürgertums ist unerträglich.

Dieser Widerstand der Kapitalisten muß gebrochen werden. Er kann nur gebrochen werben, wenn alle Arbeiter und Arbeiterinnen tren zu ihrer Partei, tren zur Sozial­demokratie stehen.

Arbeiter und Arbeiterinnen!

Das Bürgertum ist troß seiner Wahlniederlage von einem gewaltigen Machtbewußt­fein erfüllt, weil es sich einer uneinigen Arbeiterklasse gegenüber sieht, weil nicht das ganze Gewicht der Arbeiterklasse politisch in die Wagschale fällt.

Jeber. der heute indifferent abseits steht, stärkt das Bürgertum. Jeder, der heute in den Reihen der Kommunist en gegen die Sozialdemo Iratie lämpft, ist ein indirekter Verbündeter des Bürgertums.

Jeder, der in den Reihen der Nationalsozialisten Radau mit sozialem Radikalismus verwechselt, ist ein direkter Verbündeter des Bürgertums. Darnm, Arbeiter und Arbeiterinnen, alle in die Sozialdemokratie!

Stärkt die Reihen Eurer Klassenpartei!

Rämpft mit ihr, in ihren Reihen, vereint mit dem gesamten klassenbewußten Proleta riat des Landes,

Für die weitere Ausgestaltung der Sozialpolitik! Für den Ausbau der Demokratie!

Für die nationale Berständigung!

Für die Abrüstung, für die Abbirdung der militärischen Laften und für die Berkürzung der Dienstzeit!

Für die gerechte Berteilung ber Steuerlaften!

Nur eine starke Sozialdemokratie kann diese Forderungen verwirklichen. Nur eine starte Sozialdemokratie bietet die Gewähr für die wirksame Vertretung der proletarischen Lebensinteressen. Nur eine weitere, machtvolle Stärkung der Sozialdemokratie kann die Grundlage für den weiteren Aufstieg der Arbeiterklasse sein.

Darum alle in die Reihen der Gozialdemokratie!

Auf zum Kampf!

Auf zum Gieg!

Die Parteibertretung und die Klubs der Abgeordneten und Senatoren der Deutschen   sozialdemokr. Arbeiterpartei.

Die Fürstin und ihr Bandit.

Roman von Georg Strelister. Deutsche   Rechte Th. Knaur Nachs. Verlag.

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Diesen Augenblick benüßte Tete, um die Aktentasche unbemerkt hinter seinem Rüden weg­zunehmen und mit ihr im Nebenzimmer zu ver­schwinden. Ich folgte ihr und konnte noch sehen, wie sie sich bemühte, das Schloß der Tasche zu

öffnen.

darescus Aktentasche aus der Hand und trug sie in das Spielzimmer zurüd, um sie wieder auf| den früheren Platz zu legen. Ich glaube nicht, daß der Vorfall von einem der Anwesenden be­merkt wurde.

Deutschlands   Antwort auf Briands Paneuropa- Vorschlag.

Nr. 159.

Boraussetzung ist politische Gleichberechtigung aller Mitglieder.

Berlin  , 8nli.( Eigenbericht.) Der aus der geschaffen werden soll. Dabei wird auch be­wärtige Ausschuß des Reichstages hat sich heute fonders auf Rußland   und auf die Türkei  mit der deutschen   vort auf das französische hingewiesen werden, die beide nicht Mitglieder Memorandum über die Organisation einer euro- des Völkerbundes sind. Auch auf das vielleicht päischen Bundesordnung beschäftigt. Die deutsche nicht unbedenkliche Nebeneinander nicht unbedenkliche Nebeneinander von Völker­Regierung wird zwar grundsäßlich der Briand bundssekretariat und Sekretariat der panenro. schen Idee zustimmen, aber auch auf die päischen Organisation, das seinen Sit ebenfalls politischen Voraussetzungen eines in Genf   haben soll, dürfte aufmerksam gemacht wirtschaftlichen Zusammenschlusses der euro  - werden. Es wäre nicht erwünscht, daß hier eine päischen Staaten hinweisen, das heißt auf die Art Konkurrenz zwischen Völkerbund   und Pan­Forderung der politischen Gleichberech europa   tünstlich geschaffen würde. tigung aller Mitglieder dieses Staatenbundes,

Dedungsprogramm mit oder ohne§ 48?

Brüning wartet noch eine letzte Woche.

Berlin  , 8. Juli.  ( Eigenbericht.) Auch der den Gemeinden, eine Art Kopfsteuer, Annahme heutige Tag hat noch keine Klärung darüber finde. Da Demokraten und Zentrum diese gebracht, ob die Regierungsparteien dem Steuer bisher abgelehnt haben, so hätte sich Deckungsprogramm des Kabinetts Brüning   zu die Situation dadurch wieder einmal verschärft. stimmen werden oder nicht. In der Debatte Infolgedessen ließ der Reichskanzler indirekt über den Etat des Reichsfinanzministeriums er mitteilen, daß er auf Grund des Artikels 48 flärte der Vertreter der deutschen   Volkspartei der Reichsverfassung die Dedungspläne auf lediglich, daß man den Weg zu gegenseitigem dem Verordnungswege erlassen würde, Entgegenkommen finden müsse, aber er machte wenn sie nicht bis Mitte nächster Woche an­daneben noch eine Reihe von Gegenvorgenommen seien.

schlägen, die das ganze Deckungsprogramm Heute abend findet eine Besprechung der der Regierung umgestalten würden. Inzwischen Regierungsparteien mit dem Reichskanzler statt, hört man aus der Fraktion der deutschen   Volks- in der man eine Verständigung suchen will. partei selbst, daß sie den Deckungsvorschlägen Jedenfalls find die Aussichten für das Kabinett, ber Regierung nur dann zustimmen wolle, wenn eine Mehrheit für sein Deckungsprogramm zu die von ihr verlangte Bürger abgabe in finden, noch immer höchst ungewiß.

Die Separatistenverfolgungen

dauern an.

verräteriſche Treiben der Separatisten er­

fläre. Der Reichsaußenminister hat dann des weiteren dargelegt, welche Maßnahmen die Reichsregierung von sich aus und auf ihre Veran laffung die Landesbehörden zur Durchführung der Amnestievereinbarungen ergriffen haben. Schadenersabforderungen wegen der Separatisten unruhen sind von französischer Seite nicht ange­meldet worden.

*

Der selbstherrliche Frid.

Berlin  , 8. Juli.  ( Eigenbericht.) Die neuen

Berlin  , 8. Juli. Vor dem im Westen von Trier   gelegenen Gasthaus" 8epp", einem Sause, das früher ein bekanntes Berkehrslokal für Besat sungsangehörige und Separatisten war, sammelte sich gestern abends eine größere Menschenmenge an, die Miene machte, das Gasthaus zu stürmen. Der Polizei gelang es, zunächst die tobende Menge zu­rüdzuhalten. Als sie sich aber dem Verlangen nach Auslieferung der Familie Sepp widersetzte, wurde sie von der rasenden Menge einfach überrannt. Diese stürmte in das Haus, zerschlug Türen uationalsozialistischen Polizeidirektoren in Weimar  , und Fenster und warf bie Möbel teilweise aus dem Fenster. in die am Hause vorbeifließende Mosel. Zepp hatte sich mit seiner ganzen Familie derart verbarrikadiert, daß man nicht an ihn herantom men fonnte. Die Menschenmassen waren vor allem dadurch aufgepeitscht worden, daß vor dem Eintref­fen der Polizei mehrere scharfe Schüsse aus dem Hause gefallen waren, die indessen niemand getroffen hatten.

Gurtius entfchuldigt die Erzeffe?

Berlin  , 8. Juli. Wie von gut unterrichteter Seite mitgeteilt wird, hat der deutsche   Außen­minister in seiner gestrigen Unterredung mit Bot­schafter de Margenie selbstverständlich die

Gewalttaten im Saargebiet verurteilt, ba­bei aber darauf hingewiesen, daß sich der Umfang der Ausschreitungen psychologisch(?) aus dem erneuten Ausdruck der Leidenschaften über das

Jena  , Gera  , Gotha  , Hildburghausen   und Zella­Mehlis haben ihre Aemter bereits am Montag angetreten. Frid ist also nicht nur über den Ein spruch des Reichsinnenministers gegen die natio nalsozialistische Verseuchung der thüringischen Polizei definitiv hinweggegangen, sondern er hat es nicht einmal für nötig befunden, die Ent scheidung des Staatsgerichtshofes über diesen Konflikt mit dem Reich abzuwarten.

Kuckuck

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,, All right," rief Stoping, ich bin in einer Inach Rom  . Wir besitzen eine schriftliche Aner­Viertelstunde bei Ihnen, wenn es Ihnen paßt." fennung des Kardinal Staatssekretärs, der uns Wir beendigten das Gespräch. seine Bewunderung für die vorzügliche Organi

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Er stellte sich mit einer Pünktlichkeit ein, die fation unserer Pilgerfahrten aussprach. Sechs­für unser Land, wo Zeit noch lange kein Geld hundertdreiundvierzig Amerikaner verschiedener Nach einer Weile kam auch die Fürstin bedeutet, etwas ungewohntes war. Seine Visi- Konfessionen traten während dieser Reise, ge­wieder zum Vorschein. Ihr Gesicht war leicht ge- tenkarte, die er mir durch Lajos hereinschickte, rührt durch den liebenswürdigen Empfang Sei­rötet. Es entging mir nicht, daß sie Dupré ein enthielt keinerlei Erklärungen über Stand und ner Heiligkeit des Papstes, zur katholischen Kirche Beichen gab. Jedenfalls erhob er sich kurz darauf. Rang. Aber ich erinnerte mich, daß mir die über. Unser Generaldirektor Mister Columbus Aber im Vorbeigehen warf sie mir einen Blick Prinzessin gesagt hatte, er gehöre der Direktion Samuel Levy, der die Oberleitung dieser Pilger­zu, den ich nicht vergessen werde. eines der größten amerikanischen   Reisebüros an. reisen übernommen hatte, wurde für seine Ver­Gunit. Ich fürchte fast, daß sie mich haßt. Aber Typus des Yantees zu repräsentieren. Er war sten päpstlichen Orden ausgezeichnet. Unsere Seit diesem Abend entzieht mir Tatjana ihre Mr. Stoping schien mir durchaus nicht den dienste um die katholische Kirche   mit dem höch Ich nahm an, daß der Inhalt der Papiere, ich konnte und durfte nicht anders handeln, wenn weder groß noch hager, sondern Klein und unter- Erfolge sind weltbekannt. Wir arbeiten in inni­welche diese Tasche enthielt, zur Kenntnis unbe ich nicht die Interessen unseres Staates aufs jetzt. Den Schädel füllte eine imposante Glaze gem Kontakt mit der Hearstpresse, die jährlich rufener Stellen gelangen sollte. Ich nahm dies Spiel segen wollte. Dabei sollte mir Tete doch aus. an, weil ich wußte, daß am Nachmittag der Herr dankbar sein. Denn ich habe von diesem Zwischen- Ich hatte das Vergnügen, Ihren Gesand- erhält. Wir unterhalten in sämtlichen Staaten, für eine halbe Million Dollar Inserate von uns Außenminister von einer Konferenz mit den jugo- fall feinem Menschen ein Sterbenswort verraten, ten in Washington   fennenzulernen," begann er, die für den Reiseverkehr in Betracht kommen, slawischen und polnischen Kollegen zurückgekehrt auch nicht Wardarescu. Ich hätte sie der Siguer machte mich auf die Schönheiten Ihres Lan  - eigene Filialen. Unsere Spezialität find Gesell war, und ich der Ansicht war, daß Mardarescu, ranga anzeigen müssen. Ich tat es nicht. Ich des aufmerksam. Es ist ein sehr interessantes schaftsaudienzen bei Majestäten und sonstigen der als der hierfür zuständige Referent in Be- wollte verschwiegen sein. Aber sie drückt mir ihre Land, ein überaus temperamentvolles Bolt Staatsoberhäuptern." tracht kam, die auf die Entschlüsse dieser Ston- Erkenntlichkeit durch Verachtung aus. Das tut yes ich bin ganz entzüdt." Und was bestvedt Ihr Aufenthalt in ferenz bezüglichen Atten zur Bearbeitung mit sich weh. Denn ich liebe diese Frau. Es war mir noch nicht flar, worauf er Bukarest  ?" eigentlich hinaus wollte. Das will ich Ihnen soeben erklären, Mister ,, Sie sind geschäftlich hier?" fragte ich. Bracu  . Wir sehen uns genötigt, unser Pro Well natürlich! Ich bin gekommen, um gramm zu erweitern. Die französischen   Schlacht­das Terrain zu sondieren. Wir sind das bedeu- felder sind langsam aus der Mode gekommen. tendste Reiseunternehmen in den Vereinigten Die französische und italienische Riviera hat an Staaten." Reiz verloren, seit es die veränderten Valuta­Die Prinzessin Pizzicatino unterrichtete verhältnisse unseren Bürgern nicht mehr gestat mich bereits ten, dort umsonst zu leben. Auch sind die Spe Vortrefflich! Eine famose Lady Ihre sen für uns schon zu hoch. Das übrige Italien  Prinzessin! Aber es dürfte vielleicht am Plage lockt auch nicht mehr wie in früheren Jahren. sein, Ihnen einige Angaben über die Größe un- Das für Deutschland   und die österreichischen ferer Organisation zu machen. Es fommen jähr- Alpenländer übliche Kontingent läßt sich eben­lich allein durch uns dreihundertfünfzigtausend falls schwer erhöhen. Wir müssen uns daher Amerikaner über den Ozean, um den europä- nach neuen Möglichkeiten umsehen, ischen Stontinent zu besuchen. Wir waren die Geschäftsgang nicht stoden soll. Da wurde ich ersten, die nach Beendigung des Weltkrieges gelegentlich eines Banketts von Ihrem Gesand­einen Massenbesuch der französischen   Schlachtfel- ten in Washington   auf den Balkan   aufmerksam der in die Wege leiteten. Im Heiligen Jahr gemacht." brachten wir siebzigtausend unserer Bandsleute ( Fortjepung folgt.)

nach Hause genommen hatte. Darum erachtete ich es als meine Pflicht, einzugreifen. Ich hegte schon lange den leisen Verdacht, daß Tete im

Zweites Kapitel.

Dienste irgendeiner fremden Großmacht stand. Mister Stoping macht einen bemerkens­Jezt mußte jeder Zweifel schwinden.

,, Madame Tatjana", sagte ich, indem ich auf

sie zutrat. Sie erschraf heftig.

Was wollen Sie?" hauchte sie.

Es lag mir völlig fern, einen Standal in diesen Räumen zu inszenieren. Auch tat mir Tete leid. Aber ich konnte natürlich nicht zulassen, daß die Papiere Mardarescus dem Berrate preis­gegeben wurden.

werten Borschlag.

Am nächsten Morgen flingelte mich, wie er­wartet, Stoping aus dem Athene- Palace- Hotel an.

"

"

Mister Bracu die Prinzessin Pizzica tino" hatte die Liebenswürdigkeit..." Ich bin bereits informiert," unterbrach ich ihn, es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu Sie dürften einer peinlichen Verwechslung machen. Selbstverständlich stehe ich Ihnen zur zum Opfer gefallen sein, Fürstin", raunte ich ihr Verfügung." zu ,,, Sie glaubten wohl, Armands Tasche an sich genommen zu haben, nicht wahr?"

Es blieb ihr nichts übrig, als still mit dem schönen Kopf zu nicken. Da nahm ich ihr Mar­

Well! Zu welcher Stunde? Und wo?" " Bis elf Uhr vormittags fönnen Sie mich noch zu Hause erreichen, dannn in der Redaktion der Seara  ". Von ein Uhr an im Café Capsa."