Nr. 159.

Mittwoch, 9. Juli 1930.

Das Ende des Gherlock Holmes".

Der Mann mit der Ghagpfeife und fe tue Millionenauflage.

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Conan Doyle , der weltbekannte, Kongo war der Hagere Mann mit der Shag- Pfeife englische Kriminalschriftsteller, Erfinder des und den nach Hintertreppe riechenden allgegenwärtigen Sherlock Holmes , ebenso bekannt wie in Whitechapel, in Paris lasen ist Montag nachmittag im Alter ihn die Jungen mit ebensolcher Begeisterung wie von 71 Jahren in London verstorben. ihre Berliner Kameraden, wenn sie mit etwas Der große Conan Doyle ist tot! Sundert schlechtem Gewissen im Papiergeschäft die neueste tausende, die nicht mehr an thi: gedacht haben, mu: gedacht haben, Sherlock Holmes Fortsetzung für einen sauer er­senten er aber immer noch eine etwas nebelhafts worbenen Groschen erstanden... romantische Erinnerung war, werden sich plötzlich zurüdbefinnen. Da ist jener Mann mit dem berühmt Aber Conan Doyle hat nicht nur den Sherlock gewordenen hellen Blick, der immer dampfenden Holmes erfunden, er war auch ein Prophet. Lange Shag Pfeife und der detektivischen Spürnafe, die vor dent Kriege erschien eine phantastische Unter­auch den verwickeltesten Dingen unfehlbar auf die see- Geschichte von ihm, in der er in allen Details Spur kommt: Sherlock Holmes , sozusagen der astrale den U- Boot- Strieg des Weltkrieges schilderte. Daß Teil des Conan Doyle . Als 12 und 13- Jährige es in den Jahren 1913-18 unter Wasser nicht ganz haben wir alle über diesen giftgelben Schmökern so wildromantisch und finohaft zuging, wie bei gesessen, mit hochroten Wangen und fiebernden Conan Doyle , int nichts zur Sache. In diesem Bulsen und konnten es nicht abwarten, bis Sher Buch Conan Doyles strect England vor einem lock Holmes dent grauiigen Doppelmord, dem raffi heimtüdischen 11- Bootfeind, verwüstet und gänzlich nierten Juwelendiebstahl oder der geheimnisvollen entmannt, die Waffen, vor Tirpik und seinem U- Entführung des millionenschweren Baufiers X. auf Boot- Stricg hat es das nicht getan. Immerhin die Spur gekommen war. Die kriminellen Aben war es Conan Doyle, der in wirklich detektivischer teuer Sherlock Holmies fanden kein Ende, Conan Begabung diese Waffe des Weltkrieges vorausge Doyles Produktivität muß phantastisch genannt ahnt hat. werden. Wohl einige hundert Sherlock Holmes­Kriminalgeschichten hat er auf dem Gewissen, aber man muß es ihm laffen, er wußte sie immer span nend, reißzerisch und lesegerecht zu gestalten. Sie waren das primitive, aber erhitzende Futter für Millionen von Menschen, die gern ihre Phantasie ins Unwirkliche abschweifen laffen, weil ihr Alltag felbst zu alltäglich ist. Conan

Doyle war wohl der populärste Mann, den es je gegeben hat. Stein noch so bekannter Schriftsteller fann sich der Riesenauflagen rühmen, die Conan Doyle mit seinen Schmöfern" erzielte. Es soll sich um Millionenauflagen handeln. Conan Doyle wurde durch seinen Sherlock Holmes ein wirklich reicher Mann. Man hat ihn verfilmt, man hat ihn in alle sogenannten Kultursprachen übersetzt, zibiliſierte und weniger zivilisierte Bölker sind der Segnungen dieser friminal- literarischen Kaninchenfruchtbarkeit teilhaftig geworden. Am

M

Der Kriminalschriftsteller, immer sehr englisch und Es gibt eine schöne Anekdote von Conan Doyle. immer wie ein rasender Kriminalreporter gekleidet, fommt nach Paris und spricht am Bahnhof einen lassen. Taxichauffeur an, um sich ins Hotel fahren zu lassen. Mit Vergnügen, Monsieur Conan Doyle. Seten Sie willkommen in Paris ." Sie kennen mich?" erwidert der große Conan geschmeichelt. Ja", meint der Tagimann und lächelt leise, an Chrem Rod sieht man, daß Sie Engländer find, hre Hose riecht nach Salzwasser, Ihre Augen haben den feurigen Blick von Sherlock Holmes und im übrigen steht ja Ihr Name" eine elegante Hand­bewegung des Chauffeurs an Ihrem Koffer!"

Nun ist Conan Doyle tot und man fann feine Anekdoten mehr von ihm erzählen. Aber was wird aus Sherlod Holmes, ſeinem unzertrennlichen Assistenten? Wird er sich mit dem Meister ins Grab legen? Terry.

Der Sonderzug der Prager Buchbruder nach| Der König der Tiere, der Löwe, war noch vor Dresden ist wegen ungenügender Teilnehmerzahl einigen Jahrzehnten das teuerste Tier. Für einen abgesagt. Die Anzahlungen werden in der Vereins Löwen Bonnte man fünf Nashörner kaufen. Heut fanzlei der Typograficka beseda, Brag II., Smeeth gibt man für wunderschöne Löwen für ein einziges 27, zurückgezahlt. Nashorn. Dieses Fallen des Preises ist dadurch ent­standen, daß sich der Löwe auch in der Gefangenschaft sehr leicht vermehrt. Bor mehreren Jahrzehnten wußte man noch nicht, daß die jungen Löwen eine Hündin als Amme haben müssen. Die Löwen töteten nämlich ihre Jungen, fie zogen sie nicht auf, damu fic nicht in Gefangenschaft zu bleiben brauchten. Wenn diese erfolgreiche Zucht so weiter geht". fagen die erbitterten Wildtierhändler, wird der Löwe billiger als der Hund sein."

Lötven billiger als Hunde. Wir lesen in der Frift. 8tg.": In der ganzen Welt ist im Junt und Juli die große Saison des Handels von wilden Tieren. Das warme Wetter ist nämlich das geeignetfte zur Transportierung der wilden Tiere. Ein sehr gefährlicher Beruf ist es, A Wildtier­händler zu sein, aber er macht sich bezahlt. Die Wildtierhändler verdienen sehr viel Geld. Es genügs zum Beispiel, wenn man vei Giraffen fängt oder sie bei den Eingeborenen fauft. Man kann diese Tiere sofort nach Europa bringen und sie verkaufen und dadurch viel Geld verdienen. Vom Erlös kann eine bürgerliche Familie mindestens 4 bis 5 Jahre leben, denn ein paar Giraffen bringen mindestens 20.000 Marf.

Soeben ist eine Preisliste von wilden Tieren für das Jahr 1930 erschienen. Diese Liste fursiert selbstverständlich nur unter den Wildtierhändlern. Wildtierhändlern. Folgende Preise sind da angegeben: pro Stüd

Giraffe

Nilpferd

Nashorn

Elefant

Löwve, prima

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"

"

10.000 Mar! 8-10.000 20.000 10-12.000

"

"

"

3.000

Ich lerne radfahren.

Bon Bruno Vogel.

Kommt da neulich mein Freund Siegfried Seelennadel zu mir, erfundigt sich, wie mir's geht, erzählt, daß er für zwei Monate nach Marseille fährt, seine Bude hätte er schon gefündigt. Bloß er wüßte nicht wo er mit seinem Fahrrad hin solle, ob ich nicht für die paar Wochen...? Ich hätte du gleich die schönste Gelegenheit, radfahren ju lernen... Ob Schyred! too soll ich denn das Rad hintun! In den Papierforb wirds nicht rin= gehn, im bleiderschrank liegen die Dichter und Denter gestapelt, auf dem Schreibtisch möchte ich doch manchmal arbeiten... Außerdem war ich auf das Radfahrenlernen gar nicht so besonders scharf.

Aber Polly ist ganz begeistert. Sonst hat er immer geschimpft, daß unsere Bude für zwei Manu viel zu eng wäre, und jest tut er, als wohnten wir in einem Tanzsaal: Wensch, hab dir boch man nich so! Wejen det bißten Rad! Da wird eben der Waschtisch paar Zentimeterchen beiseitejerückt..." Ich blinkere ihm immer zu, er soll sein dämliches Maul halten, aber er stellt fich, als merkte er das gar nicht. Dann faseln die beiden in den inbrünstigsten Farben von den un­erhörten Vorzügen, die die Bichelistit für meine Schaffenstvaft und Körperhaltung haben würde ( was die Kerle meine Störperhaltung angeht, möchte ich wissen)...

Kurz und gut, ich laffe mich schließlich breit fchlagen. Ich laffe mich immer breitschlagen wo­mit habe ich das verdient?!!

Am Ersten, gleich mittags nach der Schule, holte Polly das Rad ab. Bis abends haben wir dann unsere Möbel in der Stube herumgetragen und uns dabei Freundlichkeiten gesagt. Es wäre alles viel leichter gegangen, wenn man den jen einen Viertelmeter nach dem Fenster zu hätte züden fönnen

Der Scheidungsgrnud Humoreske von Michael Soschtschento. Es war in der harten Holzklaffe des Mosiauer Zuges. Ein dicker Bürger schneidet sich Brot ab, da fällt ihm sein Weffer herunter.

,, Was fiel dir eben herunter, Väterchen," fragte seine Nachbarin, die Gabel oder das Messer?" Das Messer," brummte der Bürger und suchte mit der Hand auf dem Boben.

,, Da wird ein Mann zu uns einsteigen, das war ein untrügliches Zeichen!"

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Ein schöner Nachmittag. Eine asphaltierte Sackgasse. Neben mir das Nad, in mir sehr viel Tapferfeit. Polly erklärt: Also det is allet janz cenfach. Det is der Sattel, da setzt de dir druff. Vastehste det?"- ,, Ach, quassle nich so dummes Zeug!" Na, denn sett de dir eben nich druff! Mit de Beene trittst de los. Nischt wie treten. De Hände fomm an de Lentstange. Wenn de enne Surve nehm willst, denn winkelst de det betref fende Stnie en bißfen ein. Und denn bloß noch: Immer dahinsehn, wo de hinfahren willst. Det is allet. Nu los!"

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Mein Nachbar, ein Mensch mit grünlichen düster, aus diesem Grunde habe ich mich von Wickelgamaschen und einem Sack auf dem Rücken. fuhr wütend herum, sein Gesicht war fenerrot: Schämen Sie sich doch, solch dummes aber gläubisches Zeng zu reden."

Erschroden blickte die Frau auf: Das hat aber doch seine Bedeutung, fällt ein Weffer, tommt ein Mann, fällt die Gabel, Tommt eine Frau. Ich tann da nichts dafür, Väterchen, diese Zeichen lügen nicht."

meiner Frau trennen müssen, denn mit dummen Menschen fann ich nicht leben. Sechs Jahre ging es, aber jetzt ist es aus. Die Zeit hat sich aut sehr geändert. Wie oft habe ich sie gebeten, mit diesem Blödsinn aufzuhören. Aber nein: fällt ein Messer, fommt ein Mann, kommt ein Pope, fommen Sor gen und so fort den ganzen Tag lang! Jent fahren ich nach Mostan, und wenn ich dort eine wirtfiche echte Frau ohne Aberglauben finde, werde Mein Nachbar lächelt höhnisch: Da sieht man ich sie heiraten." In dem Moment befam er das es ja, ringsum Elektrisierung und der Teufel weiß Schluden. Demand denkt an mich," sagte er leise., was alles für Erfindungen, Ideen, Religionsanfein Das wird sie sein, beine arme geschiedene dungen, und daneben solch ein dummer, spießbürger- Frau," sagte mitfühlend das Mütterchen, sicher licher Aberglaube!" denkt sie an dich!"

Aber doch nur selten," versuchte ich zu be

ruhigen.

Das kann mir nichts nügen," erwiderte er

Rad wieder ruuter! Die elenden Steine auf der Straße! Mitten in einer Großstadt! Wozu man eigentlich seine Steuern zahlt!

,, Bogel, mach doch nich so ein unfreundlichet Jejichte!"

Ein Hund kommt des Weges, setzt sich be haglich in den Rinnstein und beginnt seinem Stoffwechsel obzuliegen. Ich kann doch das Tier nicht totfahren! Ich muß eine Sturve nehmen-- wie war das doch? das betreffende Stnie ein­winkeln blöd glozt die Töle einen anes flivet im Stablgestänge ja, und dann liegt man nur noch eines bescheidenen Bruchteils seiner Sinne mächtig neben dem Bürgerſteig. Und schon haben sich einige Bürger allerlei Alters um einen versammeitpfui welch hämischer Be­merkungen die Menschen fähig sind!

Jun aber gerade! Ich gebe nicht nach!" dente ich, nachdem ich mich vergewiffert hatte, daß Rad und ich noch unbeschädigt sind. Bolly muß die Karre wieder halten, und ich schwinge mich von neuem in den Sattel. Das heißt schwinge" ist ein klein wenig übertrieben.

Schon möglich, aber sie ist ja selbst daran schuld, die dumme, abergläubische Gans," brummie er ärgerlich und spuckte seinen Zigarrenstummel and.

gar nichts daraus, es scheint solche Anrempeleien gewohnt zu sein...

Es war eine Fülle von neuen, am eigenen Leib gesammelten Erfahrungen, auf die ich) am Abend zurückblicken konnte:

Delhaltige Schmusflede aus Anzügen zu ent­fernen, erfordert ziemliche Geduld.

Ein neues Pedal inff. Anschrauben tostet 1.80 Reichsmark. Antochauffeure pflegen ihr Wit­leid mit gefallenen Radfahrern sehr laut zu äußern.

Den wahren Charatier eines Menschen er fennt man am besten daraus, wie er sich veshält, wenn er einem anderen beim Radfahrenlernen behilflich ist.

Es existiert eine Bolizeiverordnung, nach der muß man hinten ein Raßenauge haben oder drei Mark bezahlen.( Mit hinten ist nämlich das Rad gemeint.)

gefallen- nicht zu schäßen.

Zuerst, als Polly hinten am Sattel hielt, ging alles ganz schön, und mein Selbstvertrauen begann aufs üpigste zuw uchern. Nach einer Weile ließ er los auf diesen Augenblick hatte das heimtüdische Rad bloß gelauert: Nun machte es mit mir, was es wollte. Es hatte ein linbisches Vergnügen daran, die Bordkante und auf der Straße herumliegende Steine zu rammen und hemmungslos ging es seinen albernen Gelüsten Hautabschhürfungen größeren Umfangs, mit nach. Wenn ich nur wüßte, wie ich das ver essigsauver Tonerde von Schmuß gereinigt wird dammte Fahrzeug zum Stehen betvegen könnte! als schmerzhaft empfunden. Und der Bolly, diese falsche Natter, trabt Vielleicht war es meinem Rad in der Sad­Zimmervermieterinnen scheinen Fahrräder schadenfroh nebenher und grinst und feixt und gasse zu langweilig geworden, oder Pollys Pöpe­höhnt:... Mensch, Vogel, wenn du dir sehn leien waren auch ihm auf die Nerven gefallen Wenn man gerade mal mit seinem Rad sich fönntſt! Aber du würdest lachen! Chaplin is nicht jedenfalls es fährt zu meinem größten Entsetzen dagejen!... Treten! Treten nicht vergessen! Und auf einmal um die Ecke und die sestraße hinunin horizontale Page begeben het, und ein Be immer mit de Ruhe! Du fommst noch Zeit genug ter!! Wenn ein Auto kommt! Oder ein Kind läuft| fannter fomra vorüber und stellt fest, daß zum Sechstagrennen... Hab doch man nich so über die Straße! Ach das Zuchthaus oder das Radfahren zu ten würdigsten Sportarten gehöre ne Bange, dir passiert nischt!... Analysiere doch Krematorium steht am Ende dieses Nachmittags.. mal deine Stahlstute! Du macyst doch sonst immer Aber was fümmert sich mein Rad um meine späte allet mit Psychoanalyse!... Na, daß de dir däm- Rente! Wie besoffen torfelt es durch die Ilsestraße fich austelln würbst, det hab id ja vorher schon und biegt schließlich in die Emferstraße ein. jewußt. Aber jo dämlich!... Treten, treten, Drei schäbige Schachteln stehen mitten auf dem Vogel! Und fahr doch geradeaus! Du hast ja en Fahrdamm und schwaken. Mein Rad die sehen, los von der Bordfante und auf die drei Grazien Bordkantenfomplex!... zu. Im letzten Moment tommt mir der Einfall zu klingeln unter Ausstoßung dreier läääh!" stieben die Damen auseinander. Dann sagen sie rücksichtsloser Lümmel" zu meinem Rad und wollen es verhaften lassen. Das macht sich aber

So wird nun mit einer wehrlosen Kreatur umgesprungen! Jest absteigen können und dem stert eine Ohrfeige versehen! Und dieser Rohling will nun Sozialist sein! Ein Vich ist das! Na warte, irgend wann fomme ich ja von diesem

dann soll man ruhig eine Beleidigungsklage ristieren. Am anderen Worgen hinkte ich in die Städtische Lesehalle und fah im französischen Wörterbuch nach, was haupipoftlagernd heißt. Darauf schrieb ich meinem Freund Seelenadel einen dementsprechenden Brief nach Marseille. Und der Mensch brachte es fertig, mir als Ani wort eine Ansichtskarte zu schicken, auf der nur eine unziemliche Flegelei über nicht verderbendes Unkraut stand.