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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Donnerstag, 17. Juli 1930.

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Nr. 166.

Kooperation der mitteleuropä- Lebensmittelzuteilung an Arbeitslose. Drohung mit der Diktatur.

Agrarstaaten.

Polnische Anregungen in Belgrad. Belgrad , 16. Juli. Der polnische Gesandte in Belgrad Babinjti überreichte heute der jugo­lavischen Regierung einen formellen Antrag auf Einleitung einer Aktion, durch die eine engere Zusammenarbeit der Agrar­staaten Zentraleuropas ermöglicht wer­den soll. Zu diesem Antrage hätte vorerst eine Konferenz der Landwirtschafts­minister aller mitteleuropäischen Agrarländer Stellung zu nehmen. Weiters ist die Schaffung cines ständigen Sefretariates geplant, das mit der Wahrnehmung der gemeinsamen Agrarinteressen betraut werden würde.

In hiesigen Erportkreisen findet der Antrag var eine günstige Aufnahme, doch wird darauf verwiesen, daß zuerst das Ergebnis der Verhand lungen abgewartet werden müsse, die Rumänien

mit Wissen der Tschechoslowakischen Re­publik geführt werden.

Jugoslavien und wischen

Die erste Rate von 2,5 Millionen bis Ende September bestimmt.

Im Rahmen der zur Linderung der außerordentlichen Arbeitslosigkeit vor: geschenen Maßnahmen, die den Gegenstand cince am 10. Juli d. J. unter Beiziehung der Zentralen der Gewerkschaftsorganisationen abgchaltenen Bera­tung gebildet haben, wurde auch eine staatliche Ernährungsaftion für die von der außerordentlichen Arbeitslosigkeit betroffenen Gebiete in Aus sicht genommen.

Zu diesem Behufe wurde am 15. Juli d. J. unter dem Vorsitz des Fürsorge­ministers Genossen Dr. Czech and unter Beteiligung der Vertreter des Finanz­und Ernährungsministeriums eine Beratung abgehalten. In dieser Beratung wurden die Richtlinien festgesetzt, nach welchen jenen Bezirksbehörden, deren Gebiet von der außerordentlichen Arbeitslosigkeit in besonderem Maße heimge sucht wurden, aus staatlichen Mitteln der erste Teilbetrag von 2,500.000 Kč zur Verfügung gestellt werden wird. Dieser Betrag ist für die Zeit bis Ende September d. J. bestimmt und soll die Beteilung der vom Notstande be troffenen Arbeiterbreise mit Lebensmitteln ermöglichen; die Zuteilung er­folgt durch Vermittlung der Gemeinden und unter Mitwirkung der Ge= werkschaften.

Die Aktion wird unverzüglich eingeleitet werden, so daß mit der Ausgabe der Lebensmittel schon am 28. Juli 1. J. begonnen werden kann.

Keine Amnestie für Jememörder Dedungsvorlagen im Reichstag gefallen Berliner

Brief.

Unser Berliner Berichter statter sendet uns den folgenden Artikel über die Politik des Kabinetts Brüning und das gefährliche Manövrieren mit dem Dittaturparagraphen 48. Obwohl sich der Kanzler inzwischen zu neuerlichen Verhandlungen entschlossen hat und die Möglichkeit einer parlamentarischen Ver­abschiedung der Finanzgesene besteht, bleibt die Gefahr eines reaktionären Vorstoßes doch bestehen. Wir bringen darum den im einzelnen teilweise überholten, im großen ganzen aber durchaus aktueken Bericht zum Abbrud.

Herr Dr. Brüning, zur Zeit Reichs­fanzler des Deutschen Reiches , will den Artikel 48 der Reichsverfassung anwenden, wenn der Reichstag den von seinem Kabinett vorgeleg ten Dedungsplänen für den Reichshaushalt nicht zustimmt. Eine eigenartige An= fündigung, denn dieser Artikel ist ge­schaffen worden, um die Republik vor Be drohungen zu schützen, wenn eine schnelle parlamentarische Beschlußfassung nicht mög

( Eigenbericht.) In der Delretierung im Berordnungswege.- Sozialdemokratischer Mißtrauensantrag ich ift. Auf jeden Fall muß der Reichstag

Einspruch des Reichsrats erfolgreich. Berlin , 16. Juli. heutigen Reichstagssißung wurde noch eine zwveite wichtige Entscheidung gefällt. Gegen die Sozial­demokratic war vor etwa vierzehn Tagen mit Hilfe der Kommunisten eine Amnestic beschlossen worden, die in der Hauptsache die Fememörder betraf. Im Reichsrat ist gegen dieses Gesetz jedoch Einspruch erhoben worden, so daß sich der Reichs­ tag noch einmal damit beschäftigen mußte. Bei der wiederholten Abstimmung über ein vom Reichsrat abgelehntes Gesetz ist eine Zweidrittel­mehrheit des Reichstags erforderlich. Diefe Mehr­heit wurde bei der heutigen Abstimmung jedoch nicht erreicht, so daß die von den Kommunisten so heiß ersehnte Amnestic, für die Fememörder ſo heiß ersehnte Amnestic: für die Fememörder

ins Wasser gefallen ist.

nachträglich seine Zustimmung zu den Maß­nahmen geben, die auf Grund dieses Artikels verhängt worden sind. Jetzt aber soll das Umgefehrte geschehen. Brüning will, gegen den Wortlaut und den Sinn der Verfassung, Berlin

, 16. Juli( Eigenbericht.) Der Reichstag hat heute mit 256 gegen 193 Stimmen den zweiten Artikel der Regierungsvorlagen zur Etatsdedung abgelehnt. Da vorauszu sehen war, daß auch die anderen Teile der Bor lage mit der gleichen Mehrheit fallen würden, erhob sich bald nach der Abstimmung der Reich skanzler, um furz zu erklären, daß die Regierung auf die weitere Beratung feinen Wert mehr lege und die Vorlage zurüdziche. Er hat nichts davon gesagt, daß die Regie: hatte, daß die in der Dedungsvorlage enthaltene den Artikel 48 anwenden, wenn das Parla­rung mit Hilfe des Artikels 48 der Reichsver- opf stener, die sogenannte Bürgerabgabe, für ment nicht pariert. Das bedeutet so viel mis fassung die Dedungsvorlagen auf dem Verordic vollkommen un annehmbar sei und nungswege in Kraft sehen wolle. Aber schon mit- daß auch über die notwendigen Aenderungen der eine verhüllte Diktatur, die noch tags bei einer Pressebesprechung wurde den Jour Borlage über die Arbeitslosen und dazu dienen soll, eine unfähige, hin und her nalijten mitgeteilt, daß der Reichspräsident de krantenversicherung verhandelt werden schwankende Regierung gegen den Willen Reichstanzler die ihm schon erteilten Bollmachten müsse, ist es dann gar nicht mehr zu weiteren der Mehrheit des Bolles und des Parlaments ernent und beſtätigt habe, nämlich die Bollmacht, Besprechungen gekommen. Infolgedessen beschloß am Leben zu erhalten. Dieser Unsinn wird das Dedungsprogramm durch Notverordnung die sozialdemokratische Frattion, die Dedungsvor noch grotesker durch die Tatsache, daß eine auf Grund des Artikels 48 in Kraft zu sehen, lagen schon bei der zweiten Lesung zu Fall zu Lösung der parlamentarischen Schwierigkeiten wenn seine Erledigung auf parlamentarischem bringen. ohne weiteres möglich ist. Sie scheiterte bisher 14 Tote in Alexandria . Wege nicht möglich ist, ferner die Vollmacht, den Genosse Breitscheid erklärte in einer nur daran, daß die bürgerlichen Parteien die Reichstag aufzulösen, falls er eine solche turzen Rede, daß die Sozialdemokratie jeben Ber- Arbeiterklasse, also die Sozialdemokra Alexandria, 16. Juli. Bei den letzten Un- Notverordnung aufheben würde. Dasselbe soll ge- such der Winderheitsregierung, auf verfassungs- tie, dabei ausschalten wollten. Und das ruhen wurden vierzehn Personen geschehen, wenn ein Mißtrauensvotum angenom tötet, darunter acht Europäer; 250 Personen men werde. Schließlich soll der Reichstag auch widrigem Wege Gefeße zu erlassen, auf das ist der eigentliche Grund dafür, daß Herr Dr. uchidh är i ste befämpfen werde. Brüning jetzt mit dem Artifel 48 droht. erlitten ziemlich ernste Verlegungen. Nach bis- dann aufgelöst worden, wenn die politische Not- chärffte bekämpfen werde. her unbestätigten Meldungen ist die Zahl der Diejer Kampf wird voraussichtlich morgen Durch eine verschleierte Dittatur soll das verwundeten Personen bedeutend höher, als Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion, bereits beginnen. Die Regierung will heute noch Mitbestimmungsrecht der Arbeiterffajse an sie amtlich mitgeteilt wird. die vor der entscheidenden Abstimmung eine die Gefeße auf Grund des Artikels 48 verordnen. der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Ge­Sigung abhielt, wäre bereit gewesen, die Entscheis Die Sozialdemokratic wird dann morgen im staltung des Reichs ausgeschlossen werden. dung, wie es in solchen Fällen üblich ist, erst bei Reichstag die Aufhebung dieser Ber­der dritten Lesung und bei der Endabstimmung ordnung beantragen und zugleich einen herbeizuführen, wenn die Regierung sich bereit 2 i billigungsantrag gegen die Regie­erklärt hätte, über die von der Sozial rung cinbringen. Von dem Berhalten der Deutsch demotratic berlangten Ronzeffis nationalen wird es abhängen, ob diese beiden An onen zu verhandeln. Nachdem die Fratträge eine Mehrheit finden. Sollte das der Foll tion aber in einem Schreiben an das Zentram, sein, so würde dem Reichskanzler nichts anderes das auf deffen Wunsch abgesandt wurde, erklärt übrig bleiben, als den Reichstag aufzulösen.

Soldaten und Presseknebelung follen helfen. London

, 16, Juli.„ Daily Telegraph " nteldet zu den Unruhen in Alexandria , daß die Lage nun mehr vollständig vom Eintreffen von 700 ägyp tischen Soldaten aus Stairo beherrscht ist, welche auf dem Hauptplaße der Stadt lagern. Die Viel dung, daß britische Truppenabteilungen um Hilfe ersucht wurden, wird dementiert. Der Gou verneur erlich eine Proilamation, in welcher ev anordnet, daß die Bevölkerung bis 7 Uhr früh in den Häusern zu verbleiben habe.

Die Lage in Alexandria ist sehr ge­spannt. Der Ministerrat beschloß, im Inter­esse der Beruhigung die drei wasdistischen Haupt­organe, in welden aufwiegelnde Artikel veröffent licht waren, endgültig einzustellen.

wendigkeit es erfordere.

Zwei Notverordnungen bereits erlassen. Berlin

, 16. Juli. Spät abends wird amtlich bekannt gegeben, daß der Reichspräsident die Voraussetzung der Anwendung des Artifels 48 der Reichs­verfaffung für gegeben erachtet und auf Antrag der Reichsregierung die zur Dedung des Reichshaushaltes erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Diese Maßnahmen bestehen in zwei Berordnungen, von denen die eine die Defungsvorlagen der Reichsregierung nebst der Bürger: abgabe und die zweite die Gemeindegeträntesteuer enthält.

Der Reichspräsident hat gemäß der Reichsverfassung von diesen auf Grund des Artikels 48 getroffenen Maßnahmen dem Reichstag unverzüglich kenntnis gegeben.

Stahlhelm gibi Garantien.|

Preußen gestattet Neubildung von Stahlhelmguuppen.

Nationalsozialistischer Bruderkrieg.

Fragt sich nur, ob die bürgerlichen Bar­In teien diese Absicht ausführen fönnen. einer ähnlichen Situation, im Jahre 1923, bat einmal Dr. Stresemann, der Führer der Deutschen Volfspartei, gesagt, mit der Sozialdemokratie lönne man feine Wirt­ichaftspolitif machen. Vor einigen Monaten führte aber sein Nachfolger, Dr. Scholz, aus, daß man in Deutschland auf die Dauer nicht gegen die Sozialdemokratic regieren fönne. Diese beiden Aeußerungen wider­sprechen einander nicht; das Unternehmertum, als dessen politische Vertretung vor allem die Deutsche Volkspartei gilt, meint es so, daß die Sozialdemokratie wohl zur Lösung be stimmter außen und innenpolitischer Fragen herangezogen werden könne, daß sie aber ausgeschaltet werden müsse, wenn irgendwie der Geldbeutel der besitzenden Klassen zu Leistungen an den Staat herangezogen werden

England absolut unparteiisch. London , 16. Juli .( Reuter.) Macdonald gab im Parlament eine Erklärung über die Lage in Aegypton ab. Am 4. Juli, als die Die Spaltung innerhalb der national- soll. An der Herstellung guter Beziehungen jeßige Strise begonnen habe, habe er dem briti sozialistischen Partei Deutschlands zum Auslande und an der Erhaltung der ichen Oberkommissär die Weisung erteilt, hat Sonntag in Albrechtsdorf in Holstein zu öffentlichen Ordnung hat das Besißzbürger­absolut unparteiisch) zu bleiben und König Fuad und dem Ministerpräsidenten mit- Berlin , 16. Juli. Der preußische Minister des blutigen Zusammenstößen zwischen den feindlichen um ein erhebliches Interesse, daher läßt es auteilen, daß die Regierung alles tun werde, Innern hat die nachgeordneten Behörden in der Brüdern geführt. Die von der Hitler - Partei los sich die Mitarbeit der Sozialdemokratie bei damit das gegenseitige Verhältnis freundschaft- Rheinprovinz und in der Provinz Westfalen gelöste Strassergruppe hatte nach Albersdorf eine diesen Fragen gern gefallen; es ist auch bereit, lich bleibe. Was die gestrigen Ereignisse an- davon unterrichtet, daß auf Grund der heute mit Bersammlung einberufen, in der der Küstriner dafür gewisse Konzessionen an die Arbeiter­lange, werde es Aufgabe des Oberkommissärs den bevollmächtigten Vertretern der Bundes- Butſchiſt Major a. D. Buchzucker, ein Dr. Klasse zu machen. Diese Konzessionen dürfen fein, über die Sicherheit des Lebens und des leitung des Stahlhelms getroffenen Vereinbarung Gran's und ein gewisser Schapte sprechen aber nicht zu weit gehen, sie sollen vor allem Eigentums der in Aegypton ansässigen Fremden gegen eine etwaige Neubildung des Stahlhelms sollten. Staum hatte die Versammlung begonnen, nicht den Bestand der kapitalistischen Wirts in den genaunten beiden Provinzen feine An- als ein Trupp von Hitlerleuten auf die Rednerschaft erschüttern. Die außenpolitischen tribüne stürzte und mit Gummifnüppein Verhältnisse Deutschlands sind leidlich stände zu erheben sind. Unruhen in Oftbengalen. Der Schritt des preußischen Ministers des und Stahlruten auf die Borstandsmitglie mieder hergestellt, auch im Innern herrscht Straffer- Grupe London , 16. Juli.„ Daily Herald" meldet Innern erfolgic, nachdem eine vom ersten der und Redner der Strasser Grupe losschlug. trotz großer Arbeitslosigkeit Ruhe, also glau ben die bürgerlichen Parteien, die Sozial­aus Kalkutto, daß es in Ostbengalen an vielen Bundesführer Seldte und dem zweiten Bundes Dem Major Bucheucker wurde das Nasen Stellen zu Unruhen fomme. In der Gemeinde führer n sterberg unterzeichnete Erklä- bein eingeschlagen. Er und Dr. Grank demokratie ausschalten und die gasten der Jangalia wurden während der leßten Unruhen rung eingegangen war, die u. a. die Verpflich erlitten außerdem schwere innere Berlegungen. Wirtschaftsfrise auf die besiẞlojen Volks dreizehn Personen getötet. Einige tung enthält, daß eine Ausbildung und lebung Der Albersdorfer Führer der Strasser Gruppe, tansend Mohammedaner überfielen die Hütte eines der Mitglieder des Bundes im Waffenhandwert Richter, trug schwere Kopfverlesungen Wucherers, steckten sie in Brand und ermordeten nicht geduldet wird und zuwiderhandelnde Mit davon. Ein anderer Nationalsozialist, Bothmann, glieder aus dem Bunde ausgeschlossen werden. wurde lebensgefährlich verlegt, fämtliche Familienangehörige des Wucherers.

su wachen.

schichten abwälzen zu können.

Wenn auch in Deutschland von der Dittatur geredet wird, so braucht man