Ctlt« 9. 1«. m Wt. Nissen auch Arbeitslosigkeit fiir scheinbar selbft- ständige Existenzen bedeutet. Milch ist ja im umliegenden Erzgebirge trotz freiwilliger Preisherabsetzung durch die Erzeuger nicht, mehr an- zubringen. Das; sie Ucberschüste nicht in benachbarten Sachse» verwertet ivcroeu können, dafür sorgt die tvcise Zollpolitik der reichsdeutfchen Agrarier, die für jeden LitSr Milch 40 Heller Einfuhrzoll diktiert. So verlegen sich die Erz- gebirgsbauern nun auf die Schweinezucht und machen bett Flachlandballern damit Konkurrenz. Schade nur, dah man diesen überwältigenden AnschmnmgSunterricht nicht all den bornierten kleinbürgerlichen und agrarischen^!lr beiter feinden vorführen kann, die heute noch lvie anno dazumal über di« hohen Arbciterlöhne, über oie kurze Arbeitszeit in den Fabriken schimpfen lind dm übrigen der Meinung sind, daß jeder, der arbeiten will, auch Arbeit findet. Da würden sich.Viole überezugcn können, das; ihr Wohlstand lmd ihr„bürgerliches" DrauSkomlneu einzig und allein auf der Kaufkraft der Arbeiter und Angestellten begründet ist. Wer nicht ganz verrragelt 'ist, mühte an dem Nothauer Beispiel erkennen, vaß die Profitgier de» Hochkapitalismus init den Mdttstvicarbeiiern auch di« arbeitenden Mittelschichten zu verderben droht. VI ,' Der Schindlwalder Betrieb mit zuletzt vier- einhalbbundert Befchäfttgten ist schon stillgelegt. >DaS Rothauer Platinentvalzwers und die bcnach- barte MartinShutte dürften Ende August stehen bleiben, die Blechstrelle wie die letzten Hilfsbetriebe werden Anfang nächster: JahreS daran glauben müsset:. Heut« schon lverden in Rochau , gegen 900 Arbeitslos« verzeichnet. Davon ist«in -froher Teil von der gewerkschaftlichen Unter- iftützuug ausgesteuert, denn die Entlassungen haben bereit» vor Neujahr eingesetzt. Die«tap- s penweis« Neberstihrung von 6 bis MO Arbeitern ' in da» neue Werk in KarlShütte wurde von der Firma zugesagt. Für di« Verbleibenden ist weit iNld breit keine Arbeitsgelegenheit zu erblicken. -In der benachbarten GraSlitzer Jnstnrmenten- rnduftrie ebenfalls Entlastungen, im Rücken die l volkreichen ErzgebirgSdörfer mit ihrem chronische:: Notstand, welcher dermalen noch durch«ine . Krise der Hein:arbeit verschärft wird, vor ihnen l das niedergehende Falkenauer Kohlenrevier, i recht» inid links Maffenangebot von überflüssigen ! ArbeitSkrastn:, das fft die Lag« der Opfer der . Rothan^chindelwcllder BetrieoSverlegung. All« .Energie der Vertrauensmänner konzentriert fich ' in dieser Situation auf die Sicherstellung von , Notstan-Sarbciten für den kommende» Winter. 'Doch diese Bemühungen stohen m:f«in tückische» iHinvernis: da» verderbliche Gemeindefinanzgesetz. In einer VertrauenSmännrr- l fitzung wurde darüber beraten, ob«» möglich wäre, unter Bürgschaft der Bezirke N«udek und GraSlitz und mit ihre« Zinsenbeiträg«« den NotftandSgcineinden GeldmittÄ für produktiv« ' Arbeitslosenfürsorge zu verschaffen. Dort kam ! von allen Seiten die Befürchtung zum Ausdruck: Wir kann«« in den Bezirken beschließen, wa» I wir wollen, in Prag wird doch alles wirder ge» >, strichen. Solange das Gemeindefincmzgesttz nicht novelliert ist, ist in der Tat mit dieser Möglich- ' leit zu rechnen. DaS Parlainent möge stch be- .eilen, denn es tvird auch bei Sttßersttr Aw- ' ipannung der HilfSguellen der Selbstverwal- i mngskörper und des Staates diesinal ein heiher Winter tverdcn in den Arbeitslosengebieten. Wie ' wäre eS, wenn der Herr Finanzminister EngliS einmal das Problem von der anderen Seit« an- sehen und oaS Gemeindefinanzgesetz auS der i Perspektive deS Bürgermeisters von Rothau 'betrachten würde? Er versuche rS ausgesteuerten Arbeitslosen, die mit Weib und Kind aufs Ge- ' nicindcamt kommen, seine Argumente von Spar- Neues Preßrecht. Bon Dr. Ego« Schwelb. vm Welche Beröffenllichungen verbietet der Satwars? $fm tz SS des Entwurfes werden zunächst ohne wcseirtliche Aenderungen die Bestimmungen des Art. VIl der Strafgesetznovelkc von IMS übernommen. ES bleibt nach dem Entwürfe strafbar, eine Anklageschrift oder einen Anklagebö- chluß vor ihrem Vortrag oder Verlesungin der öffentlichen Hauptverhanolung, ferner Beweise au» dem Vorverfahren vor ihrer Produzierung bei der Verhandlung zu veröffentliche«. Rach geltendem Recht« ist das Delikt eia Vergehen(Strafe von LOO bi» 5000 X), der Entwurf macht es zu ein« llcbertrvtung, di« allerdings mit fast dem gleichen Strafsatz bedroht ist.(100 bi» 5000 K.) j 53 der Vorlage bringt aber auch zwei neue lebertretunAStatbestände. Gegen dm«men von ihnen wird gewiß nicht»«nquwenden sein:«» ist da» Verbot von Anzeigen, au» denen hervorgeht, daß durch sie d« Goschlechtsverckehr vermittelt werden soll. Richt ganz so leicht und zweifelSftei ist di« Stellungnahme zur zweiten neuen Bestimmung, die denjenigen unter Strafe stellt, der«ine wahre oder unwahr« Mitteilung darüber, daß eine Druckschrift wegen einer strafbaren Handlung »egen die öffentliche Sittlichkeit »eschlagnahmt worden ist öder, daß da» Verbot ihrer Verbreitung unter Personen unter sechzehn Jahren beantragt, verhängt oder angodroht worden ist, auf«ine solch« Art veröffenli cht, au» der hervorgeht, daß dadurch auf samkeit und Stabllisierung entgeaenznhalten! Da geht e» blutig ernst zu, daß mutigen Männern oft da» Herz dabei stockt. Am 9. Juni hat sich ein 28jähriger Werksarbeiter, der entlasten lverden sollte, den Hal» dnrchgoschnilten, weil er di« Not sein« Familie nicht vermehren wollt«. Haben die.Hern: KonzentrationStechniker und die Schöpfer des Gemeindefinanzgefche- nberhaupt an diese Konsequenzen ihres Handelns gedacht? So mögen wenigstens die Verantwortlichen Männer dieses Staates zur Kenntnis nehmen, dah Krisenbekämpfung und ArbeitS- losenfürsorgc keine sozialdemokratischen Partei- Angelegenheiten sind, sondern Lebenssragcn für Volk und Staat! VH. Rothau ist ein« Mahnung an di« ganze Arbeiterklasse dieses Landes! Hier wird di« alte Rechtsfrage wieder aufgerollt, wem di« Ber- fügungSgcwalt über di« ProdnktionSmitlel zu- »cht: den Schaffenden oder den Raffenden? DaS soll etwa rechtens sein, wenn Aktionäre:md Aufsichtsrätr, von denen mancher vielleicht nur den Nan:«n deS Betriebes kennt, keiner von ihnen dort je«inen Nagel«ingeschlagen, sondern höchstens di« Kuponscher« dafür in Bewegung gesetzt hat, uneingeschränkt darüber verfugen können, wenn einer Versammlung von Drohnen di« Macht in die Hand gegeben ist, die Erwerbsstätte von fast zweitausend Arbeitern zu zerstören, auch die Existenz tausender Familienangehöriger für den Götzen Profit zu opfern? Nein:md tmrsendmal nein! Man sag« nicht, daß die Herrn Aktionäre und AufsichtSrätt eben das Kapital zum Ausbau der Fabrik hergcgeben und deshalb über ihren Besitz frei verfügen können. Ohne di« lebendig« Arbeitskraft, ohne di« Fäuste und Hirn« des Proletariats wär« da« ganz« Anlagekapital in einem Winkel verschimmelt. Und noch werwvlleres Kapital haben die Arbeiter beigcstenert, um den Betrieb in Gatdg zu halten: Ihr Mut und ihr« Knochen! Seit 1918 haben in den Rothau -SchindlwalderBetriebSstätten 16 Arbeiter ihr Leben gelallen, und dies« Toten bilden mit 68 Schwerinvalid«: und 1168 Betriebsunfällen diese» Zeitabschnitte»«in« beachtenswert« Sonderbilanz. All da« zählt in der heutigen GefelüschaftSownung einen Pfifferling. Solche Dienste für di« Allgemeinheit werden an den Ueberlebenden mit Hungerqual und Ar« beitSlosigkeit belohnt. Mit solcher Ruchlosigkeit sollen sich di« ArbeitSmenschen abfinden, solle« geduldig zusehen, wi« der Kapitalismus auS Menschcnschadeln Pyramiden baut? Wenn solches Unrecht in der Arbeiterklasse nicht den alten Rebellentrotz, den Geist einmütiger Auf- lehmtng zu wecken vermöchte, dann Ware sie dazit. verurteilt, künftig als Äettlerhorde neben rationalisierten rnenschenleeren Großbetrieben zu vegetieren und sich im schmutzigen Rinnsal um die Knochen au raufen, die ihr kapitalistische MenschheitSbvglücker vorwerfen. Daher wär« bei aller Not der Zeit Niedergeschlagenheit«ine Todsünde, Fatalismus ein Verbrechen an un» selbst. DaS groß« Leid, das dl« Ovfer der Rationalisierungsmethoden und der Krise de» Kapita lismus zu tragen habe», wird fich in Segen für das ganze Menschengeschlecht wandeln, wenn aus unseren: Mitempfinden, aus Schmerz und Zorn des gequälten Proletariats die Kühnheit emporwächst zu einem neuen Vorstoß«m den Sozialismus, dellen Verwirklichung immer mehr zu einem SchtcksalSproblem der Gegenwart wird. W. I. «in«« bessere« Absatz der Druckschrift hingewirkt werden soll. Die Beftimmmm will der Ausnützung einer au» Gründen der Sittlichkeit erfolgten Beschlagnahme oder de» Verbotes der Verbreitung unter Jugendlichen zu Reklan«Kveck«n«ntgegenwirken. Dies« Absicht ist an sich sehr löblich, zumal da ja .eben nur von der Ausnützung von solchen KonfiS- kattonrn di« Rede ist, di« wegen«mer strafbar«« Handlung gegen die öffentliche Sittlichkeit erfolgt find und daher von vornherein«in Mißbrauch der Bestimmung in der Richtung auSgechloflen erscheint, dah etwa der Hinweis auf eine wegen politischer Delikte erfolgte Persekution einer Zeitung unter Ausnützung dieser Bestimmung bestraft werden könnte. Trotzdem kann ich Mich mit der Bestimnmng nicht befreunden. Eine u n- wahr« Behauptung dieser Art, also z. B. die unwahre Mitteilung, daß die Verbreitung eines Buche» unter Jugendlichen verboten worben«st, stellt dann, Wenn fi« zu R«klam«jwecken erfolgt, den Tatbestand der unlauteren Reklame gemäß §§ 2 und 95 der Gesetze» gegen den unlaatteven Wettbewerb dar: Ein« besondere Bestimmung ist also für den Fall der unwahren Mitteilung nicht nötig. Das verbot der wahnen Mitteilung unterbindet jedoch da» Recht der Kritik an Konfiskationen und Verboten der genannten Art. Maa auch der Entwurf sagen, daß mrr«ine solch« Mmeivntg strafbar ist, di« zum Zwecke der Erhöhung des Mfatze» erfolgt, mag auch der Mo- tivenbericht hervorheben, daß eine Beröffent- kichung zu anderen Zwecken, z. B. zum Zwecke der Kritik nicht strafbar ist, es wird sich immer schon der Richter finden, der in jrdev Kritik Reklame sieht, zumal da zweifellos im einzelnen Fall ost schwer feststellbar stin dürfte, wo di« Kritik de» Verbotes aufhirt und wo di« Reklame für da» verboten« Buch beginnt. Der Vorteil, den die Bestimnmng anstrebt, wird durch die Nachteile,- die st« notwendigerweise mit sich brü^t, nämlich durch die Gefahr der Verhinderung der Kritik, bei tveitem überwogen. Die Streichung der Norm tväre das kleinere liebel. Die allerärgsten Aus- wüchse auf diesen: Gebiete können in: übrigen zweifellos durch die Generalklausel deS 8 1 des Gehetzes gegen den unlauteren Wettbewerb getroffen werden, der ja in: wirtschaftlichen Verkehr alle Hairdlungen verbietet, die mit den guten Sitten des Wettbewerbes im Widerspruche stehen. Im§ 54 der Vorlage wird— gleichfalls mit dem geltenden Recht im Wcseir übercinsnmmend — zunächst die Veröffentlichung von Berichten über di« Slbstnnmungeit de» Gerichtes und Uber geheime Gerichtsverhandlungen verboten. Es fotzt dann di« dem geltenden Art. VIH entsprechende Norm, wonach die" Veröffentlichung von Berichten verboten ist, die Erörterungen über die Kvast und Bedeuttmg von Beweismitteln enthalten, Vermutungen über den Ausgang de» Verführens aufstellen oder di« Ergebnisse de» Verfahren» entstellen und daher geeignet sind, vor Beendigung des Strafverfahren» vor den: Gerichte erster In- stanz auf di« öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen oder auf oie Sclbstmidigkeit der Entscheidung dies«» Gericht«»«inzuwirken. Die Einschrmckrtng auf das Verfahren und Gericht erster Instanz ist von großer Bedeutung. Noch der heut« geübten Praxis darf, wie bekannt, auch nach Fällung des IlrteileS erster Instanz am Befahren und Urteil keine Kritik geübt werden, sondern höchstens nach Monaten und Jahren, wenn schon oaS Oberst« Gericht gesprochen hat, der betreffende Straffall dem Interesse der Oeffentlichkett meist schon entrückt, ist. Wir halte,: die heutige Praxis für ungesetzlich. Aber alles Ankämpfen wider sie war sotvohl im alten Öster reich , als auch in der Tschechoslowakischen Repu- Mk(unser Blatt selbst hat vor einiger Zeit den Versuch gemacht, die Frage im Jnstanzenzug drrrchzustchten und«ine neue Praxis anzubahnen, aber vergeblich) und sogar in Deutschösterrrich ivirkrmgSloS. Deshalb begrüßen wi« eS vorbc- haltlos, daß diese für Justiz und Journalistik gleich wichtige Frage endlich eine eindeutige und sachgemäße Regel:mg finden soll.— IX. Der Strafvollzug.• Personen, die wegen durch die Presse begangener strafbarer Handlungen verurteilt tvorden sind, sollen nach 8 öS der Vorlage die Begünsti- gungen zuerkannt werden, welche nach den geltenden Bestimmungen politische Deliquenten genießen, e» sei denn, daß di« jät aus niedrigen oder ehrlosen Motiven begangen worden ist. Darüber, ob diese Begünstigungen zuerkannt werden sollen, entscheidet das Gericht im Urteil. Diese Bestimmung ist, solange die gegen« tvärtigen Strafvollzugsnornien in Geltung stehen, so gut wie wertlos. Da«S wirkliche Begünstigungen der politischen Delinquenten heute nicht acht, wird-den verurteilten Zeitungsschreibern ihre Zuerkennung nicht viel nutzen. Bei der merkwürdig weittn Auslegung, die die Praxis dem Begriffe„aus niedrigen und ehrlose» B.'- weggründen" gibt, kann man sich auch fiir die Zeit, in der e» ernstliche Begünstigtutgen politischer Häftlinge geben wird, von der Bestimmung nicht viÄ Gutes erwarten, daß das Gericht in: Urteil über die Zuerkemrng der Begünstigungen zu entscheiden hat. enofltn, leset u. verbreitet tZ) die Arbrttervreffe. Vie MM MS M Bandit. Roman von Georg StreliSker. 12 Deutsch «: Recht« Tl>. Knaur Recht. Dcrlag. „Und Wanin: willst du mich festnehmen?" fragte Balaban und stand auf. Da gab ihn: die Mariora einen Stoß uich sagte:„Gch!" Wieder fragte er:„Warum soll ich gehen? Dieses Dach gehört doch mir! Und ihr seid meine Gäste?!" Da lachten die beiden hell auf. Sie konnten sich gar nicht beruhigen. So komisch, so dumm fanden sie ibn. „Warum bist ou auch so früh nach Hause gekommen?" rief Mariora,„du komntst doch tonst imnler später?" Da ging endlich Balaban ein Licht auf. Ein ganz großes, blutrotes Licht. Er griff mit der Ha:ü> nach Mariora, u>n sie an sich zu ziehen. Aber sie sprang auf den Schoß des Gendarmen u:id hielt fich an ihn: fest. Wieder lachten sie beide. Uno Balaban sagte, imnrer noch sehr höflich, mit dem Respekt, den er einem Bcantten schuldig zu sei» glaubte:„Herr Gendarm! Herr Gettdarm, ich bitte dich" Aber der Herr Geildarn: hob Mariora'in die Höhe und trug sie aus der Küche, in der sie gesessen hatten, in den Schlafraum hinüber, schloß die Tür ab und gröhlte:„Balaban! Sieh' nach, ob der Mond schon aufgegangen ist! Hörst du! Wenn cs soweit ist, dann sagst du eS uns!" Balaban ging nicht nach den: Mond sehen. Er bliob-in der Küche sitzen und wartete. Und trank ein Gläschen Zuika. Und daun noch eines. Wartete, bis der Herr Gendarm aus der Kammer kam. Dann erhob er sich und trat auf ihn zu. „Wie lange treibt ihr cs nun schon so?" wollte er wissen. ,Lo!" lallte der Gendarm,„frage dein« Fische! Die werden eS dir sagen!" Da legte Balaban ganz ruhig seine mächtige Tatze:nn den HalS des Gendarmen, drückte nur ein klein wenig die Kehle zu, gar nicht der Rode wert für einen so starken Mann wie Balaban. Es mag sein, daß der sichere geröchelt hat. Balaban wußte es nicht mehr. Als sich seine Finger ans der Umklammerung lösten, fiel der Herr Gendarm wie ein Sack auf den Boden und rührte sich nicht mehr. Lachte nicht, sagte auch nicht»lehr„Ho!", war ganz still und hatte nur den Mund furchtbar weit offen. Balaban schlug ein Kreuz, faltete die Hände urch bat Gott nm Verleihung. Er bat Gott um Verzeihung für die Sunden deS Herrn Gendarmen und der Mariora, damit ihnen beiden das Himmelreich nicht verwehrt werde. Dann ging er in die Kammer, holte das Mester mit den: reich verzierten Griff auS dem Gürtel, zerrte Mariora aus dem Bett und stach auf sie los. Sie kreischte ans. Er sagte:„ES ist gut so!" Uttd wieder schlug er daS Kreuz, dreimal nacheinander, damit btc bösen Geister der Verstorbenen ihn: nichts anhaben könnten, wischte das Blut von: Mester weg, packt« das Gewchr und das Bajonett deS Herrn Gendarmen, d«r Leides ja doch nicht ment brauchen konnte, und schritt langsam in die Nacht hinaus. Rötlichgelbcr Schein flammte am gestirnten Himmel auf. Ans den Sümpfen scholl der tausendstimmige Ruf der Unken. Durch die SchilfrohrwAder strich leise der Wind. Und die Einsamkeit war groß und schwer.— Da schraubte stch eine mächtige Scheibe am Horizont empor. Balaban wandte sich:rm und blickte»ach der Hütte: „Herr Gendarn:," rief er,„der Mond ist eben aufgegangen!" Doch keine Antwort kam. Und so zog Balaban in die Wildnis, um Bandit zu werven.— Fünftes Kapitel. Aonttmllk des Lonaudeltas. Anfang blieb er allein, fich selbst überlassen. Im Sumpfgebiet der Donau hatte er seine Schlupfwinkel. Befreundete Fischer aus dem Dorfe untersttihten ihn mit Lebensmitteln und Munition. Die Polizei machte nicht sonderlich Jagd aitf ihn. Man wartete lieber, bis er zum Vorschein kommen würde. Dem: das Gelände war unübersichtlich, für Versteck« wie geschaffen. Und der Winter stand vor der Tür, der harte Winter, der eine dicke Eiskruste über die Donau lqgt, der den scharfen, beißeichen Ostwind an» der Steppe bringt und die Unmeng« Schnee. Aber che noch die ersten, weichen Flocken fielen, kam ein netter Geüdarmeriekommandant nach Tnleea. Der war früher in Focsani gewesen, wo er sich verschiedene Uebergriffe hatte zuschulden kommen lasten. Darum hatte man ihn strafweise versetzt. Tnleea gilt als Verbannung, als ein Ort, wo sich die Füchse gute Nacht sage«:; für einen Gendarmer:ekomnwndanten, der Besseres gewohnt ist, kein Aufenthalt für die Dauer. Deshalb wollte er zeigen, was für ei» tüchtiger Kerl er war, viel zu gut, tun in Tnl« ceä zu versauern. Er wartete nicht, bis der Winter einsehte und Balaban wieder zu den Menschen trieb, er fordert« Hilssniannschaft au» Galatz an und erhielt sie. Dann besetzte er daS Dorf, wo Balaban gewohnt hatte, ließ alle Bewohner zusamnientreiben und kündigte ihnen strenge Strafmaßnahmen an, wenn sie sich wei- gern würden, Balabans Schlupfivinkel zu verraten. Die Fischer stcurden in einer langen Reihe da, von den Bajonettspiher: der Gendarmen bespricht, stumm und demütig. Jeder von ihnen kannte BalabanS Versteck. Jeder hätte ihn nennen und den Führer abgeben können. Slber keiner verriet ihn. Der Gendarme riekomntattdant holte sich den Aeltesten au» der Reihe, schlug ihm mit der Reitpeitsche dreimal über den Kopf:md schrie: „Wirst du gestehen, du Hundesohn?" Der Mann stürzte mtt einem Schmerzensschrei zu Sobcn. Erst in der vorigen Nacht hatte er Balaban durch seinen Sohn einen Schafpelz zugeschickt. Aber er schwieg. Und die Fischer standen da und rührten fich nicht. Dieser vekam einen Fußtritt ab, der andere einen Stoß in den Bauch, ein dritter eine Ohrfciac, daß die Wange jäh anschwoll. Der Herr Kommandant war sehr freigebig mit seinen Gunstbezeuaungen. Aber die sttlmm« Matter wankte nicht. Niemand löste sich aus der Reihe, um vorzutreten und den Angeber zu spielen. Einige Kotzten blöde vor stch hin, als verständen sie nicht, was man von ihnen verlangte. Die aderen Nickten demütig zu Boden. Aber heimlich ballten st« di« Hand zur Faust. Der Kommandant kannte diesen Schlag von Menschen noch nicht. Er glaubte, wie früher Bauern aus der Moldau und Walachei» Bauern auü der Umgebung von Focsani und Odobesti, wo die großen Weingüter liegen, vor sich zu haben. Auch sie duckten sich, duckten stch tief vor seiner Hemckichkeit, dem Gendarmerie» kvmmandanten. Aber der Wein, den ste bauten, tnachte sie offener- redseliger, er löste leichter ihre Zungen., Man konnte mit einigem Br- mühe» schon heranSquetschen, was man wist«: wollte. Die Donau flieht an ihrer Mündung schwer u;w träge dahin, wälzt sich dickflWg durch Hunderte von Kanälen, Sumpfe und Seen, liegt scheinbar reglos in ihren: breiten Bett. (Fortsetzung fotzt.)
Ausgabe
10 (19.7.1930) 168
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