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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 25. Juli 1930.

Maſſenentlaſſungen in der Glas- 1700 Tote bei dem italienischen Erdbeben.

industrie.

Tepliß Schönau, 24. Juli. Bei der Firma Fischmann wurden gestern 111 Glas­facharbeiter( Flaschenmacher) mit 23. Juli ge­fündigt. Diese Entlassungen werden von der Firma mit dem schlechten Geschäftsgang be­gründet. Zwischen den Organisationen der Arbei­terschaft und der Betriebsleitung finden derzeit noch Berhandlungen statt, über die wir noch berichten werden.

Ausbreitung des Streits in Nord­frankreich.

Paris  , 24. Juli. Eine Havasmeldung aus Sille bestätigt, daß sich der Proteststreit gegen die Lohnabzüge wegen der Sozialversicherung ausgebreitet hat. In Nordfrankreich betrage die Zahl der Ausständigen 14.000. In einer Fabrik bei Lille   sei es zu Zwischenfällen gekommen; die Streifenden hätten die Fenster des Gebäudes eingeschlagen.

Siebenstundentag im englischen

Bergbau.

Etappenweise Durchführung binnen Jahresfrist. London  , 24. Juli( AN). In den politi­schen Kreisen empfindet man große Befriedigung über das Einvernehmen, das in der Frage des Rohlengefeßes zwischen dem Oberhaus und dem Abgeordnetenhaus erzielt wurde. Das Gefeß, das eine 45stündige Arbeitswoche vorsicht, wars tet nur noch auf die Genehmigung des Königs. Die Herabjeßung der Arbeitszeit um eine halbe Stunde pro Tag wird im Dezember in Straft treten und nach den bisherigen Dispositionen bis Juli fortdauern, zu welchem Zeitpunkte die Rohlenindustrie zu der Arbeitszeit zurückkehren wird, wie sie vor dem Geseße aus dem Jahre 1926 in Geltung war, d. h. zur siebenst in bigen Arbeitszeit. In dem angenommenen Gefeße sind auch Vorschriften über die Organi fierung des Verkaufes der britischen Kohle ent­halten. Die Grubenorganisation Südwales  wurde als Basis angenommen.

Rom  , 24. Juli. Der detailliertere Bericht des Unterstaatssekretärs im Ministerium für öffentliche Arbeiten über die Opfer der Erdbebenkatastrophe enthält folgende Angaben:

In der Gegend von Avellino   sind 1392 Tole und 2072 Verwundete, in der Gegend von Benevento   sind 24 Tote und 87 Verwundete, in der Gegend von Foggia   find 129 Tote und 1557 Verwundete, in der Gegend von Potenza find 131 Tote und 535 Verwundete, in der Gegend von Neapel   find 8 Tote und 13 Verwundete, in der Gegend von Salermo   sind zwei Tote und feine Verwundeten. In der der Gegend von Campobasso   gibt es weder Tote, noch Verwundete; dort wurden bloß in drei Gemeinden Gebäude beschädigt.

Die Hilfsaktion aus der Hauptstadt. aus Neapel  , aus Potenza  , aus Foggia  und Avellino   ist im vollen Gange. Deden, Kleider, Wasser, Medikamente und Instrumente aller Art, Aerzte und Sanitätspersonal find mit Bahn und Auto in die am meisten heimgesuchten Gemeinden entsandt worden. Aus dem Haupt­bebengebiet werden die ersten Schredensszenen berichtet. Nach diesen Meldungen war die Wucht des Bebens vom Anfang an so start, daß in unzähligen Fällen cine Flucht und ein Entkommen der schlaftrunkenen Bewohner auch aus kleinen Häusern gar nicht möglich war. Im Verlaufe des gestrigen Tages haben sich an verschiedenen Stellen noch örtliche Nachbeben ereignet, fic haben jedoch keine neuen Schäden augerichtet. Fachkundige schließen daraus, daß das Naturereignis seinen normalen Gang nimmt und, ohne weitere Gefahren mit sich zu bringen, jeinem Ende entgegengeht.

Ganze Gemeinden ein einziger Trümmerhausen.

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich irih.

Nr. 173. Revolutionäre  

" Hanswurstiaden.

Wo und wann wurde schon die Tatsache in der Oeffentlichfeit vermerkt, daß wir vor einem kritischen, revolutionären Tag erster Ordnung stehen? Wieder einmal. Zum so­undsovieltenmale. Und es wird nicht der letzte sein. Solche ,, revolutionäre" Tage, durch die der kapitalistischen   Welt, vor allem aber der Sozialdemokratie Angst und Schrek­fen eingejagt werden soll, gehören nun schon einmal zum Ritus der alleinseligmachenden Moskauer Kirche und man hat sich mit ihnen abgefunden. Vor lang zurückliegender Zeit, als noch Schwung und Kraft in der kommunisti­ schen   Bewegung war, sab das Bürgertum sol­chen und ähnlichen bolschewistischen Aktionen mit einer gewissen Besorgnis entgegen, spä= ter, als sie merkte, daß sich deren Spizze weniger gegen das Bürgertum als gegen die Sozialdemokratie richtete, sah es ihnen erwar­tungsvoll und frohlockend zu, doch die Wahr­

Rom, 24. Juli. Die Nachrichten aus dem| Die im Hauptbebengebiet fast völlig zerstör- nehmung, daß viel Geschrei it. wenig Wolle hin­Erdbebengebiet lauten immer beängstigender. ten Gemeinden bieten einen trostlosen, erschütter dem jedesmal erhobenen Geschrei stecke, Der Umfang der Katastrophe ist troß der vielen ternden Anblid. Abgesehen von den sehr weni- verdarb ihm bald die Frende daran. Es mußte erschütternden Einzelheiten, die die heutigen gen erdbebensicher gebauten Häusern ist eine gewahr werden, daß die roten Tage" nur römischen Morgenblätter bringen, auch jeßt noch ganze Zahl von Gebäuden nunmehr ein Stein die steigende Schwäche der kommunistischen  nicht überbliden. Die Zahl der Toten und Schutthaufen, aus denen gespenster Partei, ihre Isoliertheit von den Massen allein in Melfi  , das unmittelbar im Epizen haft die dicen, hohen Mauern Jahrhunderte sichtbar demonstrierten, den Aufstieg der So trum des Erdbebens liegt, wird heute früh mit alter Paläste herausragen. Auch der Schaden an 200 angegeben. 400 Personen sollen verleßt sein. den Stirchen ist sehr groß. Eine beirächtliche Anzialdemokratie dagegen nicht im geringsten Auch in dem zum Hauptbebengebiet gehörenden zahl von Kirchen ist in fid) zusammengebrochen aufzuhalten vermochten und so ist dem Bür­fich Lacedonia   sollen mehrere Hundert Men- und in Stein- und Schutthausen verwandelt. In gertum sogar schon die höhnische Schaden­schen umgekommen sein. Eine Anzahl fleiner dem Dorfe San Bartolomea, in dem fast fein freude über die kommunistischen   Sanswir Dörfer ist ebenso wie Melfi  , fast völlig ger Stein auf dem anderen geblieben ist, wurde felt- ftiaden vergangen. Denn mehr als Hauswur stört. Mit anderen Dörfern fonnte überhaupt famer Weise ein mittelalterliches Schloß von dem ftiaden sind in den letzten Tagen alle diese Erdbeben verschont. noch feine Verbindung hergestellt werden. Unternehmungen nicht geworden. Der erste Von den Bergungsarbeiten im Erdbebenge- Die Wirkung des Erdbebens in dem Haupt- August wird deren Reihe um ein neues biet werden tragische Szenen berichtet. Ganze gebiet war überall so start, daß fast alle Häuser, Fiasko vermehren. Das wird auch diesmal Familien sind ums Leben gelommen. Eine Frau war mühsam lebend aus den Trümmer- selbst wenn sie den heftigen Stößen standhielten, der Enderfolg werden. Schon vor Wionaten massen befreit worden. Bevor sie jedoch wegge- bedenkliche Mauerrisse zeigen. In ein. haben die Moskauer   Befehlshaber diesen Tag tragen werden konnte, trat plößlich ein Rabe- zelnen Gemeinden, wie Aquilonia und Villanova, im Kalender blutrot angestrichen, und die ben ein, ein Quaderblock tam ins Rollen und in denen kein Haus mehr bewohnbar ist, gibt es Wassen haben sich zur festgesetzten Stunde zermalmte der Frau den Schädel. Auch unter revolutionär aufzuführen. Wenn es dann dem Rettungspersonal, das unter Einseßung des keine einzige Familie die nicht mindeſtens eines wieder einmal anders kommt, müssen jedesmal eigenen Lebens sich um die Verunglückten be- ihrer Mitglieder unter den Toten zu bekla- ein paar der daß Gott erbarm'- Füh­müht, sind bereits Opfer zu verzeichnen. gen hat. rer" über die Klinge springen und mit unge­brochenem Frohmut geht es an die Arrangie rung der nächsten Blamage.

Grubengale in einem Kladnoer Süditalien   glimpflicher weggkommen.

Der Heilige foll helfen... Schacht. Neapel  , 24. Juli. Gemessen an den großen Verlusten an Menschenleben und an der verhee- Die Bevölkerung Neapels  , die auch in der Kladno  , 24. Juli. Heute um 4 Uhr frührenden Wirkung des Erdbebens in den Haupt- vergangenen Nacht zum Teil im Freien blieb, wurde auf dem Wayran"-Schachte der 53jährige gebieten, ist der Schaden und die Zahl der To­Bergarbeiter Karl Daič aus Vinařit tot aufge- desopfer in den entfernteren Provinzstädten begab sich geſtern den ganzen Tag hindurch in funden. Daie bediente die Dampspumpe. Er Süditaliens verhältnismäßig gering zu nen- dichten Scharen in die Kathedrale, um den Rea dürfte durch die aus dem Schachte entströmen- nen. Immerhin liegen auch hier Weldungen peler Stadtheiligen Gennaro zu verehren. Zwi den Gase betäubt worden und bewußtlos in den über ganz beträchtliche Gebäudeschäden vor. Im schen vier und sieben Uhr wurde auf dringendes Wasserbehälter gefallen sein, in dem er ertrant. Gebiet von Neapel   zeigt eine Reihe von Kirchen, Berlangen der Bevölkerung seine in feierliche Um halb fieben Uhr fuhren auf der Ro- darunter die Kathedrale von Neapel, Risse in Gewänder gehüllte Statue auf dem Domplay bert"-Grube derselben Zeche 12 Bergarbeiter ein. den Mauern. Aus Capri   und den dem Golf von Beim Gang durch den siebenten Stollen wähl- Neapel   vorgelagerten Inseln wird fein Schaden ausgestellt, die die Wassen weinend und befend ten die Arbeiter einen fürzeren Weg und gingen gemeldet. durch einen Windschacht, durch den die schlechte Luft aus dem Schachte abgeleitet wird, und in dem sich heute Giftgase angesammelt hatten. durch diese Gase wurden neun Arbeiter betäubt und blieben bewußtlos liegen. Die anderen drei Bergarbeiter passierten glüdlich das Gasfeld. Kurze Zeit später folgten auf dem gleichen Wege der ersten Gruppe andere Arbeiter, die, als fie ihre Gefährten bewußtlos fanden, Alarm schlu­gen. Durch die sofort getroffenen Maßnahmen gelang es, alle bewußtlosen Bergarbeiter zu

retten.

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Gestern stürzte im gleichen Schachte ein 20 Meter langer Stollen cin und verschüttete sieben in der Grube beschäftigte Arbeiter. Rach fünf­ftündigen Rettungsarbeiten gelang es, alle un= bersehrt aus Tageslicht zu bringen. Am selben Rachmittage stürzte an einem anderen Teil der Grube gleichfalls ein Teil eines Stollen ein, wodurch ein Pferd und ein ganzer Zug von Hunten verschüttet wurden. Das Pferd wurde gerettet.

Bruderkrieg ohne Ende.

umgaben.

Der Aufmarsch zum Wahlkampf. - Berlin  

, 24. Juli( Eigenbericht). Der Reichskanzler Brüning   und der Minister sür die besetzten Gebiete, Treviranus, beabsichtigen, im lommenden Wahlkampf den gc­samten Apparat des Reiches zu einem Propagandajeldzug gegen die Sozialdemokratie zu benüßen. Die sem Beginnen stand die Person des bisherigen Reichspressechefs, 3echlin, cines Sozialdemokraten, im Wege. Darum hat man Zechlin  durch den Chefredakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung", Tim Klein, cinem Freund des Ministers Treviranus, erseßt. Al ein hat die Deutsche Allgemeine Zeitung zu einem Organ der Großunternehmer gemacht und erscheint der Reaktion zur Führung des antisozialen Kampfes besonders geeigente. Heute war in Berlin   der Vorstand der Deutsch   nationalen Partei versamm elt. Er beschloß zunächst, daß die Abgeordneten, die bei der leßten Abstimmung im Reichstag für die Regierung Brüning votiert haben, von feinem Landesverband als Kandidaten aufgestellt werden dürfen. Der Beschluß hat seine Ursache darin, daß einige der Westarp Gruppe angehörige Abgeordnete noch nicht aus der Partei ausgetreten find. An die Spiße der Listen sollen Landwirtschaftsvertreter gestellt werden, damit man mit der Bauernpartei besser fonkurrieren lönne. Die Versuche einer Verständigung zwischen Hitler   und Hugenberg sind vorläufig ge­scheitert. Die Nationalsozialisten glauben bessere Chancen zu haben, wenn sie allein in den Wahlkampf eintreten.

*

Wie gesagt, die bürgerliche Welt hat es sich abgewöhnt, von den periodisch wiederkeh­renden roten Tagen", mit denen sich der Bolschewismus die immer länglicher werdende Zeit bis zur Weltrevolution vertreibt, auch nur oberflächlich Notiz zu nehmen. Der bürger­lichen Presse erscheint der kleinste Autounfall vermerfensiverter als so eine fommunistische Weltdemonstration", obwohl ihr täglich ver­ſichert wird, daß der Tag diesmal ganz sicher den Anfang des Endes der Sozialdemokratic bedeuten werde. Mit der fettesien Druder­schwärze, unter Entleerung der revolutionär sten Schmußzkübel, wie sie duftender niemand zu migen imftande ist, wird seit Wochen die Arbeiterschaft in die für Moskau   erwünschte Laune zu setzen versucht. Das hagelt nur so von phrasengeschwollenen Aufrufen für den 1. August, das prasselt von Verwünschungen der vermaledeiten Sozialfascisten, das staubt von Lügen und Verdächtigungen, das dröhnt wie einst die schmetternden Trompeten von Jericho. Täglich werden neue Verrätereien der Sozialdemokratie entdeckt, die ebenso für das Wachsen der Arbeitslosigkeit, wie für die Rationalisierung und das Scheitern aller von den Bolschewifen angezettelten Streifs ver antwortlich gemacht wird. Den sozialistischen Parteien gelingt es gegen den zähen Wider­stand der bürgerlichen Parteien, den Mieter­schutz zu verlängern und ein besseres Wohn­bauförderungsgesetz durchzudrücken. Die fom­munistische Janitscharenmusik exekutiert dar­aufhin das Lied: Nieder mit den sozialfasci­stischen Wohnungsräubern! Der Minister für

Haynau, 24. Juli. Im Anschluß an eine Waffenverbot für den Wahlkampf. beschäftigen soll, durch die für die Zeit des Wahl- soziale Fürsorge verbessert die Arbeitslosen­nationalsozialistische Versammlung im Hotel lampjes das( von der preußischen Regierung fürsorge und setzt für die Arbeitslosen in 57 Stronpring" fam es heute nachts zu Zusammen- Berlin  , 24. Juli. Das Reichskabinett schon ins Auge gefaßte) Verbot des Waffen- Bezirken eine Bespeisungsaktion durch. Auf in stößen zwischen Kommunisten und National- wird, nach einer Mitteilung des Berliner   Tage- tragens auf das ganze Reich ausgedehnt wird. den Kampf, Torrero, gegen die Hungererlässe sozialisten. Neun Nationalsozialisten wurden ver- blattes", heute noch zu einer Sigung zusammen: Ob außerdem schon mit der Beratung über die des Dr. Czech, lautet die Antwort. Was wäre leht, davon zwei so schwer, daß sie ins Stranten treten, die sich in erster Linie mit dem Entwurf neuen finanziellen Rotverordnungen begonnen das für ein Geschrei, wenn es den Kommuni­haus gebracht werden mußten. ciner Berordnung des Reichsinnenministeriums werden lann, steht noch nicht fest. sten je gelänge, auch nur den zehnten Teil für

"