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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Meuterei gegen Hitler  .

Berlin  , 29. August.( Eigenbericht.) Wie der Nationale Sozialist", das Organ der lürz­lich aus der Hitlerpartei ausgetretenen Opposi Hon, mitteilt, ist es bei den Berliner   Hakenkreuz­lern zu schweren Differenzen gekommen. Die Mitglieder der Sturmabteilungen find außerordentlich unzufrieden damit, daß man sie bei der Bergebung von politischen Posten immer wieber übergeht. Sie fühlen sich insbesondere bei der Aufstellung der Kandidatenlift cn, bei der Beseßung von Sekretärposten und bei der Ernennung von Sektionsführern benachteiligt. Außerdem beklagen sie sich darüber, daß sie nicht genug Geld für ihre Zwede bekommen. In den leßten Tagen ist es zu einer offiziellen Menterei gekommen, die Mitglieder der Sturmabteilungen haben sich ge­weigert, die offiziellen Versammlungen der Haten freuzler zu besuchen. Im leßten Augenblick ist es allerdings wieder zu einer Einigung gekommen, weil man den Wahlkampf nicht gefährden wollte. Es ist aber wahrscheinlich, daß es bald zu nenen schweren Auseinanderschun gen unter den Hakenkreuzlern kommen wird.

Auflösung des Memelländischen Landtags.

Memel  , 29. August. Heute vormittags wurde die am Dienstag unterbrochene Situng des Memelländischen Landtages fortgeführt. Zunächst beschäftigte sich der Landtag mit der von dem neuen Direktorium in der Dienstag­jigung abgegebenen Erklärung. Für die Mehr­heitsparteien sprach Landtags Abgeordneter Gubba, der zum Schluß folgenden Antrag ein brachte: Die Mehrheitsparteien stellent dent

Das Diretorium hat in seiner Ge­samtheit nicht das Vertrauen des Landtages. Zugleich legen die Mehrheitsparteien Verivah rung ein, daß dieses Direktorium mit der wei­teren Geschäftsführung beauftragt wird." Nach­dem sodann der Vertreter der Sozialde motraten und der Arbeiterpartei ebenfalls Mißtrauen santräge gegen das Direkto rium gestellt hatten, beantragte der Vertreter des litauischen Blocks, über die Anträge zur Tagesordnung überzugehen. Dann begannen die Abstimmungen. Der Antrag der Mehrheitspar­teien wurde mit 25 gegen 4 Stimmen National­litauer angenommen. Gleich darauf erhob sich der neue Landespräsident Reisgys und verlas ein Schreiben, das von dem Gouverneur des Memel  - Gebietes und von ihm als Landespräsi dent unterzeichnet war, und in dem der Land­tag aufgelöst wird.

Die internationale Agrarkonferenz.

Warschau  , 29. August. Die Warschauer Bresse bringt heute nur sehr fnappe Berichte über die Eröffnung der Agrarfonferenz. Sie beröffentlicht nur Auszüge aus den Reden der

polnischen Minister.

Samstag, 30. August 1930.

Die Reichswehr   unterhält Flieger­truppen in Rußland  ?

Enthüllungen durch den Fall Amlinger.

-300

Das Reichswehrministerium im Bunde mit den Kommunisten.

Berlin  , 29. August.( Eigenbericht.) Zum Fall des Rittmeisters Amlinger, der in Rußland   bei einem Flugzeugabfturz getötet wurde und dessen Gattin Selbstmord verübt hat, erflärt das Reichswehrministerin m, daß Amlinger verabschiedet worden sei und daß sich die Reichswehr   deshalb nicht mehr um sein Schidjal gekümmert habe.

Das Reichswehrministerium versucht also, die Dinge so darzustellen, als ob es nicht gewußt habe, was Amlinger und andere deutsche Offiziere in Rußland  getrieben haben. Die deutsche Oeffentlichkeit muß sich erst durch die ausländische Presse über alle Einzelheiten unterrichten lassen! So hat das Pariser Journal" behauptet, baz Amlinger einem deutschen   Truppenteil angehört habe, den die Reichswehr   in Rußland   unterhält, um den Friedensvertrag zu um= gehen, der Deutschland   die Schaffung einer Militärluftwaffe verbietet. Amlinger sei während des Ueberfluges mit einem neuartigen Junker- Eindeder verunglückt.

Wenn diese Nachricht zutrifft, so muß das naturgemäß zu außenpolitischen Schwierigkeiten führen. Selbstverständlich sind die fremden Militärmächte über der­artige Vorgänge genau unterrichtet, auch wenn solche Geheimnisse nicht gerade Sowjet­rußland anvertraut werden, wo sie am schlechtesten aufgehoben sind. Außerdem hat man so der Sowjetregierung Mittel in die hand gegeben, um außenpolitische Vorteile von Deutschland   zu erzielen.

Bemerkenswert ist, daß diese Methoden nur von zwei Seiten verteidigt werden, nämlich von den kommunisten einerseits und den Deutschnationalen und Nationalsozialisten anderseits.

Umsturz auch in Argentinien  ?

Politische und Militär- Revolte?

New Yort, 29. August. In den von verschiedenen Seiten über die Lage in Argen­ tinien   cinlangenden Meldungen wird die Befürchtung geäußert, daß es nach dem Muster der Borgänge in der Republik Bern   auch in der Republit Argentinien   zu einem ſtaatlichen Umsturze fommen wird. Der argentinische Justizminister hat dem Präsidenten der Repu blit, Frigoyen, gegenüber diese Besorgnisse zum Ausdrude gebracht und hinzugefügt, daß in die revolutionäre Bewegung zahlreiche politische Führer und ein Teil des Heeres verwickelt sind.

Die Meldungen geben bisher kein genaues Bild der Lage. Gewiß ist, daß die Situa= tion in der Stadt Buenos Aires   und in der gleichnamigen Provinz ernster ist, als die ersten Nachrichten erkennen ließen. In der Hauptstadt schwirren beunruhi gende Nachrichten und Gerüchte umher. Die Wohnung des Präsidenten Frygohen wird von berittenen Truppen bewacht, die dauernd auf- und abpatrouillieren, ohne daß ein Grund hiefür bekanntgegeben worden wäre. Irigoyen konferierte die ganze Nacht mit dem Bürgermeister der Stadt und mit den Kommandanten der Garnisonen in La Plata  . Die Zeitung La Critica" will wissen, daß der Justizminister Juan de la Campa dem Präsidenten mitgeteilt habe, es bestehe die unmittelbare Gefahr ciner Revolution cines Teiles der Armee.

USA   stedt dahinter?

Paris  , 29. August. Zu den Arbeiter unruhen in Argentinien  , über deren wahre Hintergründe bisher feine genauen Meldungen einliefen, meldet das Abendblatt, Paris Soir", daß die Wirren aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine geheime Propaganda der Bereinigten Staaten zurückzuführen sind. Die Bereinigten Staaten mischen sich in der letzten Zeit nicht nur in die innerpolitischen Angelegenheiten Argentiniens  , sondern in die aller übrigen südamerikanischen Staaten ein.

Montevideo  , 29. August. Wie aus der Grenzstadt Rivera gemeldet wird, ist im Bra filianischen Staate Rio Grande do Sul  eine Revolution zu befürchten. Die Bundestrup pen dürfen die Kasernen nicht verlassen. An der Aber der Washingtoner   Regierung Spiße der Aufständischen foll Juan Francisco

Dittator Leguia.

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

Nr. 204.

Aussprechen, was ist!

Zu unserer Reichstagung am 7. September.

Der letzte Bericht der tschechoslowakischen Nationalbank gibt uns eine Uebersicht über die Lage der heimischen Industriewirtschaft, die all die trüben und düstern Züge der schwe­ren Krise erkennen läßt. Wir wollen das nur an einigen der wichtigsten Zweige der Pro­duftion darlegen.

Ein Maßstab für die konjunkturelle Lage ist noch immer die Erzeugung von Kohle und Eisen. Ein Vergleich zwischen der Kohlen förderung im heurigen mit der im vori gen Jahre zeigt uns den Rückgang unserer Kohlenproduktion. Im ersten Halbjahr 1930 wurden um 72.000 Tonnen Steinkohle und um 1,693.000 Tonnen Braunkohle weniger gefördert als ein Jahr zuvor. Ebenso ist die Erzeugung von Steinkohlenkoks zurückgegan­gen, im Juli 1930 um fast 50.000 Tonnen gegenüber dem Juli 1929. Auch die Einfuhr von Eisen und Eisenwaren gibt uns wie ein Uhrzeiger die Schwere der indu­striellen Depression an: in den ersten sieben Monaten des heurigen Jahres wurden davon 118.000 Tonnen gegen 247.000 Tonnen in der gleichen Zeit des Vorjahres eingeführt, so daß die Eiseneinfuhr auf weniger als die Hälfte gesunken ist! Die Erzent gung von Roheisen und Rohstahl hat im Juli 1929 noch 190.000 Tonnen, 1930 nur noch 154.000 Tonnen betragen. Die Mc= tallindustrie liegt darnicder, in der Maschinenindustrie ist es in der letz­ten Zeit zu weiteren Arbeiterentlassungen ge­kommen, Ende Juni gab es in der Maschi­nenindustrie doppelt so viel Arbeits­lose als ein Jahr zuvor. Jeder, der durch die Straßen unserer Städte geht, hat längst die Beobachtung gemacht, daß heuer weit weniger gebaut wird als im Vorjahre. Gerade in der Bauindustrie können wir das vollständige Versagen der privat- kapi­talistischen Initiative feststellen, es bauen. nur öffentliche Körperschaften, Staat, Länder, Bezirke, Gemeinden. Würden diese Körperschaften nicht eingreifen, wäre die Krise noch weit ärger, die Zahl der Arbeits­lojen viel größer. Auf dent Arbeitsmarkt". so muß der Bericht der Nationalbanf selbst zugestehen, sind diese Arbeiten eine bedent­same Erleichterung, denn sie werden mei­stens in den Gegenden mit der größten Ar­beitslosigkeit vorgenommen". Um wie viel mehr aber fönnte gebaut werden, wenn das

Auch eine brasilianische Revolte? n, welche sich auf vier Milliarden belaufen, unſelige Gemeindefinanzgesetz es den Selbst­gebracht wurde. Die politische Lage werde rasch verwaltungsförpern nicht erschwert hätte, Gestern nachmittags tagten die drei Kom gelöst, dagegen aber die wirtschaftliche nicht so Geld aufzubringen. Bei jeder Ausgabe ist die missionen der Konferenz: die erste Landwirt leicht gelöst werden. Selbstverwaltung von der Oberbehörde ab­schaftliche, die zweite Veterinäre und die dritte hängig, jedes Gesuch um eine Anleihe einer die Finanztommission, doch waren ihre Bera tungen im ganzen furz und zeitigten vorläufig Gemeinde oder eines Bezirkes verschwindet in war er sympathisch. der Riesenregistratur der Landesbehörde wie noch keine positiven Ergebnisse. So wurde z. B. in der landwirtschaftlichen Stommission anfangs de Souza stehen. in einem Faß ohne Boden. Die ganze nur darüber debattiert, welche Staaten London  , 29. August. Morning Post" teilt Silflosigkeit des privaten Kapi­als Agrarstaaten angesehen wer­zur Lage in   Peru aus Washington   mit: Die talismus zeigt sich in der Krise den sollen, welcher Export als Agrarexport Regierung der Vereinigten Staaten gab der der Bauindustrie, die ohne Aufträge zu gelten hat, ob z. B. Mehl als Agrarprodukt Paris  , 29. August. Das" Journal" ver- revolutionären Regierung in   Peru flar zu verder anzusehen ist. Ueber diese Angelegenheit wurde öffentlicht eine Unterredung mit dem gegenwär- stehen, daß sie sich ihre große Unzufriedenheit der öffentlichen Körperschaften weit größer bald ein Einvernehmen erzielt. Heute wird vor- tig in Südfrankreich   auf Ürlaub weilenden che- zuziehen würde, wenn sie politische Represja wäre als heute. Gerade die Industrien, in denen der An­und nachmittags in allen Kommissionen beraten. maligen Senatspräsidenten und Vizepräsidenten lien durchführen würde. Die Regierung der Soweit die Stonferenzteilnehmer über ihre An- der Republik   Peru José Carlos Bernales. Vereinigten Staaten machte hiebei darauf auf- teil der deutschen   Arbeiter besonders groß fichten befragt werden konnten, erachten sie Derselbe erklärte u. a.: Die elf Jahre der Re- merksam, daß der ehemalige Bräsident der Re- ist, sind schlecht daran. In der Porzel übereinstimmend als das größte Plus der gierung des Präsidenten seien elf Jahre publit Peru Leguia in den Vereinigten Staa- lanindustrie sind so wenig Aufträge zu Konferenz, daß sie überhaupt zu einer wahren Dittatur gewesen, in ten wegen seiner freundschaftlichen Gesinnung verzeichnen, daß man noch mit einer Ber­stande gekommen ist und daß eine so deren Verlaufe das Land in eine ungeheure gegenüber Nordamerika   eine sehr beliebte Perschlechterung in der nächsten Zeit rechnen muß. große Anzahl von Staaten an ihr teilnimmt. wirtschaftliche Notlage und in Sch ut i fönlichkeit war. Die japanische Konkurrenz und die Hochschutz­

Sie sind der Ansicht, daß solche Regionaltonfe­renzen die diesbezüglichen in größerem Maße ziellen Studienbüros vor, das den Einfluß des 1 Seine zwei Helfershelfer aber wurden Industrie geradezu ins Herz. Ganz ähnlich Handelsverkehrs mit landwirtschaftlichen Pro- verhaftet. In der Kommission für den Austausch von duften auf die Gestaltung der Außenhandels­landwirtschaftlichen Produkten referierte als er bilanzen der Agrarstaaten prüfen würde.

geleisteten Arbeiten des Völkerbundes sehr er leichtern werden.

er­

fter das Witglied der polnischen Delegation,

zölle der überseeischen Staaten treffen diese liegen die Verhältnisse in der Hohlglass industrie, wo Kurzarbeit und Arbeits­Flucht vor den Kommunisten. losigkeit von Tag zu Tag zunehmen, während Schanghai  , 29. August.( Reuter.) Heute die Erzeugung von Tafelglas naturgemäß früh trafen enva 1500 Flüchtlinge aus chemaliger Aderbauminiſter Goscicki, über Ermordung zweier Polizeibeamten Stadt Tschansi an Bord eines japanis durch die schwache Bausaison empfindlich lei­die Notwendigkeit der internationalen Zusam der schen Dampfers in Sanfau cin. Unter den Ein- det. Große Aufmerksamkeit muß auch von menarbeit auf dem Gebiete des Austan­in Kaltutta. wohnern der Stadt Tschansi herrscht ungewöhn den Vertretern der Arbeiterschaft den schwie­shes der landwirtschaftlichen Pro­dukte. Der Referent konstatierte, daß die Zu Kallutta, 29 August. Der General liche Erregung, da sich die Nachricht verbreitet rigen Verhältnissen in der Textilindus sammenarbeit in dieser Richtung auf der Ana- inspettor der bengalischen Polizei Lotman   habe, daß 20.000 Se o m munisten gegen die strie zugewandt werden, wo es im Juni lyse der Handelsbilanz der in Frage kommen- und der Oberpolizeileiter Hodson wurden auf Stadt ziehen. Die in Tschansi wohnhaften 12.791 beschäftigungslose Menschen gegen den Agrarstaaten basieren müsse. Die Warschauer der Straße erschossen. Der Attentäter ist ein jun- Ausländer dürfen sich heute abends an Bord 5002 im Juni 1929 gegeben hat, wo sich also die Zahl der Arbeitslosen in Agrarkonferenz sicht die Errichtung eines spe- ger Bengale, dem es gelang, zu flüchten. der Kanonenboote einschiffent.