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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Dienstag, 2. September 1930.

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Nr. 206. Ungarns  

Arbeiter erwachen!

In Budapest   fließt Blut.

dapest, die prunfvolle Hauptstadt des Kö­

Massenaufmarsch unter sozialdemokratischer Führung.- Blutige Demonstration der 250.000. Blutige Demonstration der 250.000. Bor knappen vierzehn Tagen ſtand Bu Schober- Methoden der Polizei: Attacken auf Wehrlose und Flüchtende. - Auch die Provinz demonstriert!

zahlreiche Verletzte. - Budapest  

, 1. September  .( Eigenbericht.) Die Demonstration der ungarischen Arbeiter für die Arbeitslosenunterstüßung wurde zu einer gigantischen Rundgebung. 250.000 Arbeitslose, ungefähr ein Biertel der gesamten Bevölkerung Budapests  , waren dem Rufe gefolgt und auf die Straße gezogen. Doppelt eindrucksvoll wirkte die Kund­gebung durch die Ruhe und Disziplin der ungeheueren Menge. Die Demonstration, Bie eineinhalb Stunden vollkommen friedlich verlief, wäre auch friedlich zu Ende gegangen, wenn nicht die Polizei plößlich ohne jeden Grund Attaden zu reiten be= gonnen hätte. Das verseßte die Menge in furchtbare Erregung und auch um die Ruhe der Polizeioffizieric war es fehr bald geschehen. Sie gaben das Kommando zum Sturm und die Polizei schlug mit blanten Säbeln auf alles los, was in ihren Bereich fam. Dann wurden die Revolver gezogen, Schüsse trachten, zwei Tote und mehr als 400 Bcr­lette blieben auf dem Plaße.

Am schlimmsten war die Polizei im Stadtwäldchen. Plößlich fiel es einem der Polizeioffiziere ein, den Menschenstrom über eine schmale Brücke zu dirigieren. Dadurch fam es zu Stodungen. Statt nun ben Massen einen Abzug zu ermöglichen, begannen Polis giften und Gendarmen die zum Stadtwäldchen führende Andrassystraße zu räumen. Die Menge der Flüchtenden wurde von zwei Polizeifronten eingeteilt. Von allen Seiten ritten die Polizisten Attade. Die Menge zog sich zu dem Restaurant Weingruber zurück und im Nu war aus Sesseln und Tischen eine Barrikade errichtet. Es dauerte eine Vier­telstunde lang, che die Polizei die Pläße zu säubern vermochte. Dann begann eine wilde Jagd hinter den Flüchtenden. In der Andrassystraße fielen wieder Schüsse, die Menge lief in die Nebengassen, viele letterten über die Gartenzäune in die Häuser. Am Oltogonplaß waren während der Polizeiaktion zwei Panzerautos aufgefahren, welche die Mündungen der Maschinengewehre gegen die Demonstranten richteten. Die von der Polizei Verwundeten wurden hauptsächlich in das Rochusspital eingeliefert, die Schwerverwundeten wurden dort gelassen, die leichter Verwundeten murden verbunden und im Schubwagen in das Polizeigefangen enhaus als Gefangene eingeliefert.

Die Polizeialtion vor dem Stadtwäldch en hat in dem Augenblid eingefekt, als die Mitglieder des Parteivorstandes und der Ge wertschaftskommiffion die Masse aufforderten, umjulehren. Ein Teil der Demonstranten war auch schon auf dem Rüdweg begriffen. Um 3 Uhr nachmittags bot die innere Stadt schon wieder das gewohnte Bild. Die zwei Toten sind zwei Arbeiter, ein 28jähriger, der einer Schußwunde erlag, und ein 22jähriger, der sein Leben durch einen Säbelhisb eingeb üßt hat. Die Meldung, daß Abgeordneter Rarany verleßt wurde, ist unrichtig. Auch aus der Provinz werden machtvolle Des monstrationen gemeldet, wo die Polizei eben falls eingriff, ohne daß es jedoch zu schwereren Berlegungen gelommen wäre.

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Der Polizeiminister referiert:

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Ein Toter und

nigsreichs ohne König, das Hauptquartier

des blutbefleckten Diktators Horthy   und der forrupten Grafenregierung Bethlen, im Zei chen üppiger Festlichkeiten. Das christliche" Budapest  , 1. September  .( MTJ.) Der Regime der Offiziersbanden, die mit dem getötete Demonstrant, der einer Schußtvunde er Sastriermesser, der Magnaten, die mit fal fag, ist der Gerüstarbeiter Johann Danyi.ichen Franken, der Kirche, die mit verlogenen Die freiwilligen Retter hatten nachmittags 4 Uhr etwa 70 Bersonen die erste Hilfe geleistet; bar- coralsprüchlein, und der großen Bourgeoisie, unter befanden sich auch zwei Journalisten, die die mit liberalen Phrasen die Ordnung durch Steinwürfe und Glassplitter verlegt wur- wiederherstellten" und die Wiederkehr des den. Die Polizisten wurden durch Steinwürje rechtmäßigen Königs vorbereiten, beging die und durch geschleuderte Eisenstüde verlegt. Ein Tausendjahrfeier des heiligen Emmerich, Stö­Polizist erlitt eine Gehirnerschütterung, während nigs von Ungarn   eine sinnige Vorfeier die meisten Demonstranten Säbelschnittwunden für die Jnthronisation des jungen Mannes, Davontrugen. der nach avitischem und pragmatischem Recht die Krone des heiligen Stephan einmal aus den Henterhänden des Nikolaus Sorthy Budapest  , 1. September  .( Eigenbericht.) empfangen soll. Mit allem Glanz und Lärm, Auch aus der Provinz werben große De­monstrationen gemeldet. In einzelnen Or- über die der ungarische Adel immer in mei­ten hat die Polizei ebenfalls eingegriffen, doch sterhafter Regie zu verfügen verstand, hat find feine Schwerverleßten zu bellagen. man dem Ausland ein nen erstarkendes, ein selbstbewußtes, patriotisches. Ungarn   vorge­führt; Prozessionen, Hochämter, Banfetts, Militärparaden, Prinzen, Fürsten  , Kardinäle als Gäste und Festredner, von Seipel bis Lord Rothermere   alle Bewunderer Sorthys im Vorspann der Feier eine siegverhei ßende eerschau des horthystischen König­reichs!

37 Schwerverlette.

In Budapest   hat sich die erste Meldung er freulicherweise nicht bestätigt, es sind nicht zwei, sondern nur ein Todesopfer zu beklagen. Dagegen wurden nicht zehn, sondern 37 Schverber Tchte in die Spitäler eingeliefert.

Die ersten Berwundeten. Budapest  , 1. September  .( MTJ.) Bei der Dohany- Gasse mußte die Polizei bei der Zer­Das war vor vierzehn Tagen. Am streuung von Demonstranten den Säbel ziehen, wobei ein Arbeiter verwundet wurde. Auch in 1. September folgt das tragische Nachspiel, Stadtwäldchen mußte eine Gruppe von jungen erfolgt die Antwort der Proleta­Leuten mit Waffengewalt zerstreut werden. In rier und Arbeitslosen auf die Pro­den Reihen dieser Gruppe wurden fommunistische vokation des nationalen Pomps, folgt, seit elf Flugzettel verteilt. Eine Gruppe, die aus der Jahren das erstemal, die Attade der Andrassy- Straße zurüdgedrängt wurde, hat entrechteten und ausgebeutetent einer Nebengasje die Billen angegriffen und ver- masse auf das christlich nationale sucht zu plündern. Auch diese Demonstranten der Regime. wurden von herbeigecilter Polizei zerstreut. His- Denn was gestern in Budapest   vorging, bei lam es zu mehreren Zwischenfällen, so daß die Polizei von der Seitenwaffe Gebrauch machen das war mehr als eine Demonstration, mehr Zatt, Geduld, Besonnenheit"- aber auch Panzerauto und Maschinengewehre. mußte. Im Stadtwäldchen wurde ein Kaffee- als ein Scharmüßel mit der Polizei, das war haus von den Demonstranten angegriffen. In eine ernste Revolte. 250.000 Demon­Budapest, 1. September  .( MTJ.) Der und die Panzerwagen in Altion traten, in lleine der Dembinstygasse, in der Nähe der Andrassy- stranten in einer Stadt, die faktisch unter Staatssekretär im Ministerium des Innern, Dr. Gruppen zu zerstreuen. straße, find die Demonstranten ebenfalls nicht Ausnahmszustand steht, zehntausende Demon­Sztranhavszky, äußerte sich einem Bericht Schon früher war der Stadtrepräsentant nur in einige Billen eingedrungen, sondern bestranten gegen das ausdrückliche, wiederholte, erstatter des U. T. N. B. gegenüber folgender- Dr. Klar in einem Auto erschienen, perhor- annen auch die Geschäfte zu plündern. Die durch Polizeiaufgebot verstärkte Beto der Re­maßen über die heutigen Demonstrationen: reszierte die Verfügungen der Polizei und nahm Attacke Polizei verlangte Verstärkungen und es rückten gierung, im Hauptquartier der Kontrerevo­Aus den meisten größeren Städten der Pro- das Berhalten der Menge in Schuß. Diese in Panzerautomobile an. Die Demonstranten haben lution eine Menge, die auf die" fttade der in der Nähe des Millinium- Denkmals, am bing find Berichte eingelangt, daß die Arbeiter- fultierte ihn jedoch und auch sein Auto wurde in Hauptherde der Ruheſtörungen, ein Auto umge- Polizei mit vielleicht unüberlegtem, aber schaft Demonstrationszüge versuchte, doch gelang Brand gesteckt. Während die Menge zerstreut stürzt und in Brand gestedt. Die Polizei muite topferem, selbstbewußtem Gegenangriff ant es, die Menge ohne Anwendung von wurde, nahm eine fleinere Gruppe von mehreren hier mit blanker Waffe vorgehen. Die Polizisten wortet- das verdient schon andere Beach­Brachialgewalt(?) zu zerstreuen. In Mis- hundert Personen ihren Weg zu der historischen wurden von den Demonstranten mit Steinen tung als irgendeine kommunistische Aftion", loliz und Ghör( Raab) mußte Brachialgewalt an- Baugruppe des Stadtwäldchens, die unter dem und Eisenstücken beworfen, worauf an Ort und bei der mit ein paar hundert Mitläufern gewendet werden, doch tam es zu feinen schweren Namen Vajdahunyad bekannt ist, und griff dort Stelle Panzerautomobile entfandt und Maschi- Parade gemacht wird! Zusammenstößen. In den fleineren Städten, wie die bereitstehenden Polizeiabteilungen an. Die nengewehre herausgeholt und auf der Straße Die Sozialdemokratic hat Latabanya, Salgotarjan und Dorog  , kam es zu Polizisten wurden mit Steinen und Eiſenſtüden in Stellung gebracht wurden. Die Demonstran diese Demonstration einberufen. leineren Rundgebungen. Hier wird in allen Be- von den Demonstranten beworfen, welch lektere ten haben mit Steinen, mit Bleistücken, die sie Auch das ein erfreuliches Symptom, daß nach trieben gearbeitet. auch in das Schlößchen Vajdahunyad, wo sich aus den Fabriken mitgebracht hatten, zahlreiche In Budapest   selbst versuchte die Menge das berühmte landwirtschaftliche Museum befin Fenster eingeschlagen und Passanten verwundet. den Wirren der Räteperiode die ungarische fich zu Gruppen zusammenzurotten, doch gelang det, eindringen wollten. Der Polizeiinspektor ent- Allein in einem in der Nähe befindlichen Sana- Arbeiterschaft sich wieder in den Reihen der es der Polizei, diese bereits an den Sammlungs fprach den erlassenen Verfügungen, Waffenge torium   wurden 200 Leute mit Notverbänden sozialistischen Massenpartei jammelt. Die Re­orten und später bei den Straßentreuzungen auf walt anzuwenden, was zur Folge hatte, daß sich versehen. Die freiwillige Rettung mußte, nach gierung glaubte, wie sie es bisher immer tat, zulösen. Die Menge war zum Teil durch berittene die Menge nach Zurüdlaffung eines dem ihre eigenen Wagen nicht genügten, Privat- die Demonstration verbieten zu können. Als Bolizei auseinandergesprengt worden, jedoch nur Toten und mehrerer Verwundeten autos in Anspruch nehmen, auf welchen die die Sozialdemokratie offen zur Nichtachtung Rote Kreuz- Flagge angebracht wurde. des Verbots aufforderte, konfiszierte der dort, wo die einfache Aufforderung und das Ein- zerstreute. schreiten der Polizisten nicht von Erfolg begleitet Staatsanwalt, der eben überall die gleichen waren. Die Polizei traf ihre Maßnahmen mit Talt, großer Geduld und Besonnen- Einigung der polnischen Oppofition? ging, eine Salve ab. Zahlreiche Personen wurden primitiven Mittel zur Lösung der sozialen Frage anwendet, die sozialdemokratische heit. Eine größere Menschenmenge versam Warschau  , 1. September. Heute fand in Datta, 31. August.( Reuter.) Der General Népszava", ergriff Horthy   persönlich das melte sich im Stadtwäldchen, wo sich etwa 10.000 bis 15.000 Personen eingefunden hatten. Der Warschau   eine gemeinsame Beratung der Links- inspektor der bengalischen Polizei namens Wort zu einem Appell an die Arbeiter, stellie Aufforderung der Polizei, auseinanderzugehen, und Zentrumsparteien statt, in welcher die An- owman, der am Freitag von einem jungen Bethlen Polizei bereit. Die Sozialdemokratic wurde hier nicht Folge geleistet, die Menge be- gelegenheit der Aufstellung einer gemeinsamen Bengalen durch einen Schuß verlebt wurde, ist blieb fest und die Wassen blieben fest. Sie gann zu pfeifen und zu fohlen. Einzelne wollten Standidatenliste für die bevorstehenden Neuwah- heute früh gestorben. Reben halten und die Menge begann eine bros en ins Parlament besprochen wurde. Es be­hende Haltung einzunehmen. Die Polizei traf ſteht der Plan, an die Spike der gemeinsamen Liste den Sejmmarschall Daszynki und den ihre Maßnahmen, um die Menge zu zerstreuen, bmann der Bauernpartei Johann Dombst und inzwischen wurde Vorsorge getroffen, daß fich Gendarmericabteilungen auf Lastautomobi- 3 stellen. len, berittene Polizeiabteilungen und zwei mit Maschinengewehren auf montierte Panzerautomobile der Bombay, 31. Auguft.( Reuter.) Die Polizei Polizeireserve an Ort und Stelle begeben. Als gab gegen eine Ansammlung von Arbeitern, die diese Abteilungen am Schauplak erschienen, be- gegen eine Fabrit, in der sich die Arbeiter gewei­gann sich die Menge, ohne daß die Gendarmerie gert hatten, zu streifen, mit Steinwürfen vor­

Schüsse in Bombay.

verletzt.

Die Berhandlungen mit Gandhi.

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famen in ungewöhnlich großer Zahl und sie ließen sich nicht einschüchtern. Sie demon­strierten dem Reichsverweser und seiner Re­wurden die Verhandlungen zwischen Sir Baha- allem der sozialistischen Internationale, daß Allahabad  , 31. August  .( Reuter.) Auch heute gierung, sic demonstrierten der Welt und vor dur Sapru und Dichajalar mit den in Haft be- die ungarische Arbeiterbewegung wieder lebt, findlichen indischen Führern, den Brüdern daß sie unter sozialdemokratischer Führung Nehru   und mit Gandhi  , fortgesetzt. Man ist der Ansicht, daß bei Annahme der durch den Vize- zum Kampf gegen die Diftatur der Gentry könig vorgeschlagenen Bedingungen seitens der Daß die Erbitterung des ungarischen irdischen Führer die Stampagne des bürgerlichen Proletariats in diesem Sommer so afute, so Ungehovsames beendet werden wird.

antritt.