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10. Jahrgang.

108 113.1

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 10. Ottober 1930

3wist zwischen Hafenkreuz und Staatskanzler a. D. Dr. Karl Renner :

Heimwear.

Wien , 9. Oftober( Eigenbericht). Die Heimwehr wird in allan österreichischen Wahl­freisen mit eigenen Kandidatenlisten auftreten, und überall wird Stachemberg als Liften­führer, die Landesführer an zweiter Stelle fandidieren.

Zwischen dan Nationalsozialisten und den Heimwehren ist jeßt ein heftiger 3 wist ent trannt. Die Nationalsozialisten beschuldigen die Heimwehrführar, daß sie die Beratungen absicht lich hinausziehen, um eine wirksame Propaganda für ihre felbständige Kandidatur zu verhindern. Ein Abgesandter der österreichischen Hatentreuzler verhandelt in München mit Hitler über die ein­zuschlagende Wahltaltik.

Krisengerüchte.

Oesterreich im Wahlkampfc.

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Nr. 239.

Neue Offensive des Agrarismus

Genosse Dr. Renner, der gestern im schon die vielen Bant- und Sparkassenstandale ginn der politischen Herbstkampagne mit neuen Sozialen Institut in Prag einen Vortrag zu verzeihen gehabt hat: hielt, stellt uns den folgenden Artikel zur Verfügung:

Der Strafella Standal hat endlich den Eimer zum überfließen gebracht.

Kampiansagen ohne Zielklarhelt. Die tschechische Agrarpartei tritt am Be­Forderungen auf den Plan. Der auf der jüngsten Tagung ihres Vollzugsausschusses beschlossene Wunschzettel ist zwar sehr um fangreich, doch seine einzelnen Punkte, soweit Begreifliches Interesse bringt die Deffent Daß man die im bürgerlichen Sinne hochver- fie die Bekämpfung der Landwirtschaftskrise lichkeit der Tschechoslowakei und natürlich auch diente Regierung Schober über Nacht, ohne betreffen- Stabilisierung angemessener aller anderen Nachbarstaaten den Wahlen in die fortschrittlichen Gruppen zu fragen, an die Preise von Agrarprodukten durch eine nicht Desterreich entgegen. Es hängen ja die fried Luft setzen konnte, will niemandem in den Sinn. näher bezeichnete Regelung der Einfuhr, Er­lichen, politischen und wirtschaftlichen Nachbar. Und so erhebt sich der einmütige Ruf: Sam mfassung der Spekulation, Sicherung billiger beziehungen davon ab und außerdem wirktung unter Schober! Es ist zu erwarten, jede Aenderung des politischen Systeme eines daß eine Schoberliste eine beträchtliche Anzahi Seredite, Steuererleichterungen, Meliorationen Landes auf die umliegenden Länder ein. von Mandaten erobert, sogar viele Heimwehr­leute werden Schober wählen.

Wir haben nun durch zehn Jahre das System von Bürgerblodregie= rungen gehabt.

=

Damit aber ist die Tendenz zum 3weiparteien System, das Dester­reich viel zu früh heimgesucht hat, durch­brochen und wir werden es mit einem Parlament von vier oder mehr selbständigen Parteien zu tun haben.

Wien, 9. Oktober. Der Wiener Tag" meldet: Die abenteuerliche Situation, in die das Dieses hat die Arbeiterklasse und Sozialdemo Kabinett Baugoin durch die Einbeziehung der fratic durch ein Jahrzehnt von jedem Einfluß Heimwehrführer schon in den ersten Tagen sei auf die Staatsgewalt ausgeschlossen. Während ner Amtstätigkeit geraten ist, hat troß des in den anderen Ländern Bürgerblock- und Stündlich in Aktion tretenden Dementierappara Linksregierung in fürzester Frist wechselten, ist tes in den letzten Stunden derartig trisenhafte das eine System in Oesterreich immer mehr Das allein ändert schon das Gesicht der öster Schwierigkeiten gezeitigt, daß in politischen Strei- crstarrt. Starr und beinahe halsstarrig hat reichischen Politik. Bei einem Vielparteien­sen allgemein von unmittelbar bevorstehenden Seipel an diesem System festgehalten, ob- system eröffnen sich mancherlei Kombinationen sehr einschneidenden Veränderungen in der Zu wohl es die Stimmenzahl der Sozialdemokraten unter ihnen ist als nächste eine ver mit sammensetzung der Regierung die Rede ist. Die von Wahl zu Wahl anschwellen ließ, und hattelnde Beamtenregierung anzusehen. Stellung des Bundesführers der Heimwehren zum Schlusse die fascistischen Abenteuerer, die Darüber aber wird der 3. November die Ent­Starhemberg als Minister des Innern ist un bis dahin ohne Bedeutung waren, großgezogen. scheidung bringen. haltbar geworden, so daß mit seiner Demis­Die sogenannte Heimwehr " hat er anf sion bereits in den nächsten Stunden gerechnet den Antimargismus eingeschworen, um werden muß. Ihm würde selbstverständlich der ihn dadurch als fefte Klammer der bürger­zweite Heimwehrführer im Kabinett Vangoin, lichen Einheitsfront zu benüßen. Justizminister Hueber folgen. Es verlautete ge stern abends mit ziemlicher Bestimmtheit, daß Im Hintergrunde des Seipelschen Planes der Heimwehrfunktionär Major a. D. Fey, der lag der Gedanke, eine andere Mehrheit, die im den Christlichsozialen nahesteht, aber von ande- Nationalrat vom ersten Tag der Republit an ren Heimwehrgruppen heftig angegriffen wird, bis heute immer vorhanden war, nicht auffom als Nachfolger Starhembergs ausersehen sei. men zu lassen. Diese andere Mehrheit ist alles Weiters verlautet, daß die durch das cher als flerifal, ist schulfreundlich, gegen wärtige Regierungssystem geschaffenen Verhält- wünscht eine Ehereform und die Ausdeh nisse den Finanzminister Dr. Juch amtsmüde nung der Schulgesete auf das Burgen gemacht haben und daß er bereit ist, sein Borte- and, also Dinge, die dem Stlerikalismus ver­feuille zur Verfügung zu stellen. haßt sind.

*

Drei Wiener bürgerliche Zeitungen tonfisziert.

Wegen Meldungen über Pabst.

Jedenfalls stellen zweipar­feien System und ausschließ liche Bürgerblodregierung eine überwundene Phase unserer Politik dar: Wie in allen Parlamenten,

Scipehcheit, Blanco werden auch bei und wechselnde

Eine solche Mehrheit nicht zustande kommen zu lassen und die lerifale Herrschaft so troß ihrer effettiven Minderheit im Natio nalrat zu befestigen, war Seipels Hinter­gedanke.

Mehrheiten wechselnde Staats­aufgaben erfüllen.

sind zu wenig foufret gefaßt, als daß sie Gegenstand einer ernsthaften wirtschaftspoli­tischen Diskussion sein könnten. Stonkret ivera den die tschechischen Agrarier nur dort, wo sic mit ihren Wünschen auf ein nichtland­wirtschaftliches Gebiet übergreifen, nämlich mit der unverhüllten Forderung nach Aufhebung des Mieterschut= ¡ es. Man wird daher vom sozialistischeit Standpunkte, abgesehen von dem zuletzt er­wähnten Spezialgebiet, zunächst einmal einige grundsätzliche Anmerkungen zu dieser neuesten Etappe agrarischer Offensivpolitif machen müssen.

Bei der allgemeinen schweren Wirt­schaftskrise, welche die Bevölkerung dieses Staates bedrückt, und die anerkanntermaßen auch die Landwirtschaft erfaßt hat, kann es feiner Partei verwehrt werden, ihre Wünsche geltend zu machen, wie die gesetzgebenden Körperschaften und die Regierung zur Linde rung der Krise beitragen sollen. Eines fann aber mit gutem Rechte verlangt werden, daß Die sozialdemokratische Partei lann auf die die Agrarparteien endlich Farbe bekennen, leidenschaftliche Wahlarbeit und Wahlbeteiligung mit welchen Methoden der Kampf gegen die ihrer Anhänger bauen. Die Arbeiterklasse wird Landwirtschaftskrise geführt werden soll. An innerlich gestärkt und äußerlich machtvoll aus der Spizze einer Betrachtung des Zentral­diesem Kampfe hervorgehen, ihre Partei wird organs der deutschen Agrarier über die Agrar­gewiß die stärkste Partei des Hauses sein. Oh situation war dieser Tage der aufschlußreiche fie an Mandaten wesentlich gewinnt, muß Say zu lesen: dahin gestellt bleiben. Das Viel­parteiensystem hat ja auch die Wirkung, daß Mitläufer sich da und dorthin verlaufen können. Es muß indes immer jeder Partei erwünscht sein, ihre zuverlässige Anhängerschaft genau zu

Vorläufig sind die Pläne, nach teren in wirksamerer Weise, als es bisher mög­lich war, der Einfluß der ausländischen Getreide. preise, insbesondere aber des Weizenpreises, auf die Preisbildung im Inland ausgeschaltet werden soll, um für die einheimische Landwirtschaft eine Besserung ihrer Lage herbeizuführen, noch nicht festste bend."

An dieser schrankenlosen Herrschaft ist auch der & and Wien, 9. Oktober .( Eigenbericht.) Heute Bürgerblod auseinandergebrochen. Großdeutsche fennen. Natürlich stößt die Ausdehnung der morgens wurden drei bürgerliche Blätter, und und Landbund konnten einfach die wilde und sozialdemokratischen Partei auch bei diesen Wah­zwar die Neue Freie Preffe", das Neue Wie- skrupellose Machtgier, mit der sich die Christ len an die ehernen Schranken der Besisverhält ner Tagblatt" und das Extrablatt", die eine lichsozialen auf die Bundesbahnen stürzten, nichtnisse: Sie hat schon bisher die Kader der Arbei­Das ist ein offenes Bekenntnis der Rat­Meldung der Landbundkorrespondenz über hoch mehr verantworten. Die Einzelheiten dieses terschaft bis zu 90 Prozent ausgeschöpft und verräterische Beziehungen des Major Pabst zu Streites sind ja bekannt. fann daher große Eroberungen nicht mehr losigkeit und Unorientiertheit des Agraris­Italien und seine seinerzeitigen Pläne, Tirol Durch die Auflehnung dieser beiden Grup machen. Darum ist das Geschrei der Fascisten, mus in der heutigen ernsten Krisenzeit. Selbst und Vorarlberg von Desterreich loszureißen, ge- pen plößlich auf sich selbst gestellt, hat nun die die eine bolſchewiſtiſche Herrschaft in Desterreich die ehemals eifrigsten Berfechter einer agrari­bracht hatten, vom Staatsanwalt wegen Verchriftlichsoziale Partei zur Verstärkung ihrer prophezeihen, so verlogen und dient offenbar schen Hochschutzzollpolitif, wie z. B. Sektions­breitung beunruhigender Ge- Reihen die Heimwehren zuhilfe gerufen. Jest dazu, den guten Bürger einzuschüchtern. Daran chef Weißner, geben bereits zu, daß mit rüchte" beschlagnahmt. follte sich die Richtigkeit der Seipelichen Rech aber lassen es die Herren nicht fehlen.

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Auf Verlangen der sozialdemokratischen nung erproben. Sie hat ihn gründlich getrogen. Fraktion des Wiener Landtages hat der Landes- Der Fehlschluß Seipels einer seiner vielen hauptmann Dr. Danneberg für morgen Fehlschlüsse war die Annahme, die Beru­nachmittags 5 Uhr eine Sibung des Landtages fung der zwei Heimwehrführer Starhem­cinberufen, um dort gegen diese neuerliche Verberg und ueber werde den ganzen Anhang legung der Preßfreiheit zu protestieren und die in den Dienst der christlichsozialen Partei stellen. Tonfiszierten Stellen zu immunisieren.

Schober in der Antimargiftenfront.

Wien, 8. Oktober .( AN.) In einer Ver­fammlung der Reichsorganisation der Kaufleute

Diese Rechnung war falsch:

Die Heimwehr vereinigt unter dem ober­flächlichen Ritt ausgedonnerter Eide und wilder Verwünschungen der Sozialdemo Iratie sehr verschiedene geistige Strömungen.

Wie Wilde trampeln fie auf unserer Wirt­schaft herum und selbst der Minister Star­

diesem alten Rezept nicht mehr auszufommen ist. Die von dem tschechisch agrarischen Wort­führer Dr. 3 adina verfochtene Politik der hemberg macht dabei leine Ausnahme. Exportprämien hat auf der Warschauer Agrar­Zu diesen Unverantwortlichkeiten gehört fonferenz eine flare Verurteilung, selbst vom auch die Rückberufung des Majors, Pabst Gesichtspunkte rein landwirtschaftlicher Inter­Sie ist umso verhängnisvoller, als es ja unter essen erfahren. Die Stimmung der Agrar­den Fascisten eine radikale Gruppe gibt, welche parteien für oder gegen ein Getreidemonopol es zu Wahlen unbedingt nicht kommen lassen schlägt so oft um, wie das unsichere Wetter will. Solche Pläne werden sicherlich da und dieses Jahres. Bis heute weiß man nicht, ob dort erörtert und Herr Pabst ist ja in dieser die von Bukarest und Belgrad ausgehende Art Verschwörertätigkeit Fachmann. Daß eine Zusammenschlußbewegung der Agrarländer Desterreichs äußerte fich Bundeskanzler a. D. Ihr agilſter Kern ist Sitlerisch gesinnt, Bereitung der Wahlen in einem Augenblick, und die damit verbundenen Bemühungen zur Dr. Schober zur Schaffung eines Mittelblods etwa das, was sich im Deutschen Reich die wo die Wählerschaft ohne Ausnahme auf das Herstellung einer großen Austauschgemein­unter seiner Führung. Er betonte, daß er feinen Etikette nationalsozial" gibt. Ein anderer Teil Abstimmen brennt, die ungeheuerlichsten Un­politischen Ehrgeiz besitze, daß er aber, wenn die ist einfach radikal national, ein dritter ruhen hervorrufen müßte und daß Frage an ihn herantrete, ob er jenen Kreisen, ist dazu gestoßen aus Verdruß über die armseli­die das heutige Wahlrecht von einer Geltung gen Ergebnisse von zehn Jahre Bürgerblod ausschließt, zu dieser verhelfen und es ver- politit, und der rechteste Flügel ist einfach hindern wolle, daß die Sozialde habsburgisch gesinnt. Herr Seipel hat ein motraten aus der gegenwärtigen Tauschgeschäft mit Starhemberg geschlossen: das liegt auf der Hand. Immer vermag, ein elends liegt, wie nun fast von keiner Seite Situation einen Erfolg, erzielen, Portefeuille gegen Stimmen. Starhemberg hat einzelner Narr eine Gesellschaft von hundert mehr bestritten wird, in dem unerträglichen es fich überlegen müsse, ob er seinem altöfter- das Portefeuille gewonnen und tann nun nicht Klugen zu verwirren. Das ist nicht ausgeschloss Mißverhältnis zwischen den tief gesunkenen reichischen Beamtentum dieses Opfer auferlegen liefern. Da die Hitlerrichtung selbständig fan- fen, wenn nicht alle, die es mit dem Lande und Urpreisen und den unverhältnismäßig hoch müsse. Wenn die Wirtschaft ruft, der zu dienen didiert und damit einen Teil der Heimwehr - mit dem Wiederaufstieg Sesterreichs cruſt mei- gebliebenen Konsumpreisen, und in dem ſtei­er stets versprochen habe, dann werde er die stimmen wegnimmt, droht überdies die Heim- nen, auf der Hut sind. Arbeiter, Bauern und genden Warenangebot bei gleichzeitig fallen­Baagschale zum Opfer sinken lassen. wehr zu zerfallen. Die Führer sehen sich schon auch Bürger würden einen solchen Versuch selbst der Stauffraft. Aus diesen: Tatbestand ergeben aus dem Grunde genötigt, eigene Heimatblod- verständlich in kürzester Frist erstiden. Aber der sich Fragen grundsäßlicher Natur: Sind die Kandidaten aufzustellen, um Hitler - Kandidatu- Schaden wäre unermeßlich groß. Agrarparteien willens in loyaler Zusammen ren zu verhindern. Es ist also ein völliges arbeit mit den Verbrauchern aus eine Ver­Chaos. ringerung der Zwischenhandelsspanne hinzu­wirken? Sind sie gewillt, mit den sozialistischen Parteien dem großkapitalistischen Kartell­

8,030.000 Arbeitslose in Deutschland Berlin , 9. Oktober. In der Zeit vom 16. bis 30. September ist die Zahl der Ar­beitslosen um rund 47.000 auf rund 3,080.000 geftiegen.

Auf der anderen Seite aber hat die nicht fleritale Bürger- und Bauernschaft sich verach tungsvoll von der Partei abgewendet, der sie

vor allem die Arbeiterschaft in einem solchen Falle vor feiner Konsequenz zurückschreden würde,

Die Verantwortung für ihn würden abec jene tragen, die einen 31jährigen Aben­teuerer wie Starhemberg in die Regierung gefeßt haben.

schaft mit den mitteleuropäischen Industrie­ländern vom tschechoslowakischen Agrarismus unterstützt oder bekämpft wird. Was wollen also eigentlich unsere Agrarparteien? Der Kern des gegenwärtigen Wirtschafts