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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 17. Oktober 1930.

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monatlid).... 16.­olerteljährlich.. 48.­halbjährig

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Nr. 245.

Dem Parteitag zum Gruß!

die Sozialdemokratie: stärkste deutsche   Partei,

An historischer Stätte treten die ins Gegenteil verkehrt; von allem nichts ge- hat auf diese Voraussicht seine Politit aufge- Noch sind wir nicht über den Berg, noch sub Delegierten der Partei zur Tagung zusam- blieben als ein Namen und ein Häuflein ver- baut, daß sich auch im tschechischen Volfe die wir nicht gegen alle Stürme gesichert. Wiz men: in Teplit wurde vor elf Jahren die bisfener Unentwegter, das sich, längst an der Gejezze der fapitalistischen Gesellschaft mit halten heute einen kleinen Teil der Macht in Partei fonstituiert, trat sie als Deutsche   sozial- eigenen Sache verzweifelt, resigniert und elementarer Gewalt durchsetzen, daß der der Hand, wir haben Einfluß auf Gesetzge demokratische Arbeiterpartei in der Tschecho trozzig schlägt, aus Unorganisierten, Indiffe- lassentam pf den allnationalen Burg bung und Verwaltung. Aber in der Zeit der flowakischen Republik ins Leben: in Tepli renten, Unzufriedenen aller Sorte Mitläufer frieden sprengen und der Internatio- Strise, in der wir an verantwortungsvolle ivaren die Vertrauensmänner der deutschen   werbend. Und auf der andern Seite nale den Weg bahnen würde. Auch Stelle rückten, war es nicht möglich, die trau­Arbeiterklasse im Frühjahr 1927 wieder ver­sammelt und von diesem denkwürdigen Par­er hätte uns die Politik empfohlen, die wir, rige Hinterlassenschaft des Bürgerblocks völlig teitag ging der Impuls aus, der dreiviertel des unausbleiblichen Wandels gewiß, jahre zu liquidieren und alles zu erkämpfen, was lang machten, auch als sie unpopulär war und zu erfämpfen wir uns vorgenommen hatten. Jahre später nach Smichov  , der uns zu der die Arbeiterpartei im deutschen   Bolke, von vielen nicht verstanden wurde, die Po- Es geht langsam vorwärts und sehr oft müf­engen Zusammenarbeit mit der tschechischen mächtig in die Breite gewachsen mit ihren litik des Wartens, des prinzipien sen wir uns damit begnügen, Schaden ver Bruderpartei führte und damit eine neue zahlreichen Bruderorganisationen, mit einem treuen Kampfes ohne äußere Erfolge und sicht hütet zu haben. Immerhin zeigt uns ein Phase in der Geschichte der Arbeiterbewegung geschulten Heer von Vertrauensleuten, auf liche Vorteile. Er hat es den Arbeitern mehr Blick über die Grenzen der Republik  , daß dieses Staates einleitete. die sie zu jeder Stunde zählen fann, mit als einmal gesagt, daß die Geduld eine unsere Arbeit im letzten Jahr nicht vergebens einem verläßlichen Apparat politischer, Bil- proletarische Tugend sei und er war. Wenn wir heute beinahe schon eine In­dungs-, Fürsorge- und organisatorischer Funk- hätte, trotz seinem feurigen Temperament, sel im fascistisch verseuchten Mitteleuropa   sind, tionäre, im Geiste und in der Macht noch uns Jahre hindurch im Stellungskrieg festge- wenn der Parlamentarismus in diesem Staate immer Seligers Partei! halten, bis die Stunde der Tat gekommen noch arbeitsfähig ist, so danken wir das un­Aber auch sonst fönnte Josef Seli- wäre. Daß wir dann zugriffen, den offenen serem Wahlsieg vom 27. Oktober des Vor­den großen Führer, den Vater der Partei, ger feststellen, daß seine Rechnung stimmte. Weg beschritten, nicht zögerten und die rest- jahres und der Entschlossenheit der sozial­zu Grabe trugen, und das Gedenken an Seli- Dem deutschen   Bürgertum hat er immer die lose Erfüllung abwarteten, sondern die Hand demokratischen Parteien, ihn auch auszunüt­ger soll der heurigen Tagung den Stempel Charakterlosigkeit zugetraut, die es später an ans Steuer legten, das war Politik, Handeln zen. Die Gefahren, die der Demo­aufdrücken, die Weihe der würdigen Feier den Tag legte. Ihn hätte es nicht verwundert, in seinem Sinne, die rechte Tat zur rechten fratie auch hierzulande und insbesondere verleihen, die wir nicht besser begehen können die Vorfämpfer des Selbstbestimmungsrechtes Stunde, die einmal versäumt, nicht wieder als durch die ernste und unermüdliche Arbeit und der Selbstverwaltung als Totengräber der fehrt. an dem Werke des teuren Toten. Autonomic, als Helfershelfer der Bürokratie So würde Josef Seliger   finden, daß seine Ein Jahrzehnt ist vergangen, seit wir den und des nationalen Gegners am Werke zu Bartei in seinem Geiste gewandelt ist, Mann verloren haben, dessen viel zu früher lehen. Er wußte, was von diesen Herren zu daß wir Mann verloren haben, dessen viel zu früher halten sei, und er hat der Partei die Rich­Tod uns in schicksalsschwerer Stunde furcht­bar traf. Wie haben wir sein Werk berwaltet, tung gegeben, die sie dann einhielt: ohne wie haben wir als die Erben Seligers vor de: Geschichte bestanden?

Der Parteitag tritt aber auch zu denk würdiger Stunde zusammen. Sind do zehn Jahre verflossen, seit wir in Teplių Josef Seliger  ,

das Erbe getreulich gewahrt,

Bindung, ohne Verpflichtung, ohne verwa wo es möglich war, gemehrt haben, und daß schene Koalition, auf sich selbst gestellt; wer die Sache der sudetendeutschen   Arbeiterklasse, nrit ihr fämpfen wollte, mußte zu ihr stoßen, die Idee des Sozialismus bei der deutschen  über ihre Grenzen hinweg bot sie feinem Sozialdemokratie in guten Händen sind. Mitläufer die Hand zu gefährlichem Bündnis. Im Geiste Seligers soll denn Josef Seliger   hat vorausgesehen, und er auch der Parteitag beraten und verhandeln.

Brünings Programmerklärung.

nach den Erfolgen des reichsdeutschen, öster­reichischen und polnischen Fascismus dro­ben, sollen dabei nicht unterschätzt werden und der Parteitag wird Gelegenheit haben, sich mit ihnen zu beschäftigen, alle Möglich keiten der Abwehr und Gegenaktion zu er wägen. Näher berühren ihn allerdings die wirtschaftlichen Probleme der

Arbeiterklaffe,

die von einer schweren Krise heimgesucht, sich obendrein der Anschläge des Kapitals auf Reallohn und Lebenshaltung zu erwehren hat.

Sein letzter Kampf galt der Einheit der Partei. Wir fonnten sie nicht bewah ren und wir wissen heute, daß wahrscheinlich auch Josef Seliger   sie nicht auf die Dauer gegen den Ansturm gewissenloser Hezzer, ehr­geiziger Führer, verblendeter Ideologen und Die Delegierten des Parteitags sind sich zum guten Teil bezahlter Söldlinge Moe­der Größe ihrer Verantwortung, der Bedeut faus, hätte schüßen können. Er hatte vor sei­samkeit ihrer Entscheidungen bewußt. Sie nem Tode noch einmal seine Energie und sei­werden der Situation der Partei, die inner­Sentung der Geftehungskosten und allgemeiner Preisabbau. halb der Koalition und der Regierung feines nen Mut, seine geistige Ueberlegenheit und feine bezwingende Rednergabe, die Autorität, Berlin  , 16. Oftober.( Eigenbericht.) Die lichen. Die Notlage der Landwirtschaft soll da. wegs auf Burgfriedensgebiet, sondern in die auch die Gegner anerkannten, in die heutige Reichstagsfißung, in der Reichstanzler durch behoben werden, daß die lleberschwem tetem Klassenkampfe für die Interessen des Waagschale der Entscheidung geworfen und Brüning die Programmerklärung abgab, ist mung Deutschlands   mit ansländischen Agrar. Proletariats aber auch der fascistisch  - hafen­ in Karlsbad   die Opposition der Linken, die ohne jeden zwischenfall verlaufen. Es lam nur produkten eingedämmt wird. freuzlerischen und kommunistischen Reaktion Außenpolitisch erflärte der Heichsfangler, gegenüber in dem fonnnenden Krisenwinter ein ganzes Drittel der Partei erfaßte, geistig gelegentlich zu Lärm bei den Nationalsozialisten und Kommunisten. daß das Ziel der deutschen   Politik die Wieder in Betrieb und Organisation in erbittertem bezwungen. Er wußte oder ahnte doch, daß Der Reichstanzler wiederholte im allgemeis erringung der nationalen Freiheit Ringen steht, volles Verständnis entgegen der Kampf damit nicht zu Ende sei, denn er nen das, was die Regierung früher schon bei der sei, daß der Weg dazu aber nur ein Weg des bringen, sie haben vor allem aber, wie unsere fannte die Gefahr, die von Moskau   drohte. Beröffentlichung des Programms gesagt hatte. Friedens sein Lönne. Eine Abenteurerpolitik Er hatte auch damals schon erkannt, daß es Jeßt wird auch offiziell zugegeben, daß der lehne die Regierung ab. Die Reparationspflicht Tagungen in letzter Zeit immer wieder bewie­um mehr als einen Richtungsstreit, daß es fehlbetrag im laufenden Rechnungsjahr wieder dürfte Deutschland   nicht seiner sozialen und fitt: ſen haben, darum gehe, die Arbeit von Jahrzehnten zu auf eine Milliarde angewachsen ist. Von lichen Grundlagen berauben. Die Bedingungen retten, er sah den Bolschewismus als das, feinem Programm behauptete der Reichstanzler. des Versailler Bertrages, die für Deutschland  was er dann Jahre später tatsächlich) wurde: baß es in sozialer Beziehung nicht rückständig günstig seien, feien von der Gegenseite nicht ein­den Zerstörer und Verderber der flassen- fei, daß aber jest alles darauf automme, durch gehalten worden, z. B. daß der erzwungenen fämpferischen Organisationen, des flessen beutsche Produktion wieder leistungsfähig zu ftung der anderen Länder folgen werde. Senfung der Gestehungskosten die Abrüstung Deutschlands   die freiwillige Äbrü- und ihrer Führung. fämpferischen Geistes, als den Wegbereiter der machen. Er teilte mit, daß die Kohlenpreise ab Die Rede Brünings fand nur Beifall bei Reaktion. Und stünde Seliger heute auf, e 1. Dezember um sechs Prozent verbilligt werden bürgerlichen Mittelparteien, während sie von würde seiner Partei das Zeugnis ausstellen, den sollen, und daß die Regierung die notwen- den anderen Parteien mit Stillschweigen oder daß sie den Kampf mit dem moskowitischen bigen Maßnahmen ergreifen werde, um einen Widerspruch aufgenommen wurde. Die Debatte Würger in Ehren bestanden hat. Es ist nicht allgemeinen Preis abbau zu ermög- darüber ist auf Freitag vertagt worden. so schlimm gekommen, wie Seliger selbst in bösen Stunden gefürchtet hat, als er sich vor­nahm, wenn es not täte, auch die letzten

Agartonferenz in Budapest  .

Oesterreich bezüglichen Baffus seines Exposés er örtert. Es wurde konstatiert, daß die im weiteren

unerschütterliches Vertrauen zur Partei

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Wir grüßen die Delegierten, die aus allen Gebieten, in denen wir das rote Banner aufgepflanzt haben und wäre ein Dorf auf judetendeutschem Boden, in das wir noch nicht die Botschaft des Sozialismus getragen hätten! die aus den Hochburgen unserer Bewegung, aber auch aus abgelegenen weltfernen Dörfern und Flecken, die aus den

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Trümmer zu sammeln und die Sozialdemo- Bularest, 16. Oftober.( Ragor.) Am Sams. Verlaufe des Exposés gemachte Bemerkung, Dr. großen Betrieben und von den Stätten müh fratie wiederaufzurichten. Die Partei blieb tag wird die Agrarkonferen; eröffnet, an der sich Benes wolle sich in die inneren Verhältnisse frem- seliger Heimarbeit, aus den alten Festen der intakt und ist über Spaltung und Wirtschafts- die   Tschechoslowakei,   Polen, Jugoslawien  , Under Staaten feineswegs einmischen und auch ihr Partei und aus neu erobertem Land herbei­frise hinweggekommen, ohne daß die Zerstö- garn,   Estland, Lettland  ,   Litauen, Bulgarien   und inneres Regime nicht kritisieren, gestern abends in strömen, wir grüßen die Vertrau­rung ans rung ans Lebensmart gegangen wäre. Was Rumänien   beteiligen. Die Konferenz ist auf zwei   Wien noch nicht bekannt gewesen sei. Dr. Beneš jensleute der dem Kommunismus übrig Tage veranschlagt und wird die Möglichkeiten, fönne nur auf diesen Wortlaut seines Ervosés hin flasse. Die Stadt, die Seligers Wirken geblieben, der 1920 sich vermaß, die Führung wie die auf der Warschauer Konferenz angenom weisen. Der österreichische Gesandte nahm diese und Aufstieg sah, die sein Grab birgt, soli des Proletariats zu übernehmen?! Die Füh- menen Refolutionen praktisch verwirklicht werden Erklärung zur Kenntnis, sowie die nach der Debatte über die

rer von damals, Wortführer und Verführer, Agrarfragen im Völkerbunde in   Genf geschaffene verbannt, abgesägt, verschwunden, verfemt Situation prüfen.

oder reuig zurückgekehrt; die Massen" von damals

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Maffenberhaftung von Indern.

auch die Stätte sein, an der sein Geist fort lebt und sich kundgibt im lebendigen Wirken der unsterblichen Idee, der er gedient hat. Seine Disziplin und sein Feuer, sein flares heute in alle Winde zersplittert, Gesandter Maret beim Außenminifter den 250 Perfonen verhaftet. Der alinationale interne sein. Sein Geiſt möge über dieſer Ta­Bombay, 16. Oftober.( Reuter.) Heute wur- Urteil und sein fester Willen sollen uns Leit­leider zum Teil nur im Schoße der alten  Prag, 16. Oktober. Heute abends wurde in dische Stongrek, in dessen Büroräumlichkeiten in Partei vereinigt, zum größeren Teil Hafen- Wien folgendes Kommuniqué ausgegeben: Der den vergangenen Tagen eine Saussuchung vorge- gung walten und in seinem Geiste grüßen wir freuzler u. Christlichsoziale geworden; die Pro- österreichische Gesandte in Brag hat heute vor- nommen und zahlreiches Material beschlagnahmt den Parteitag, mwünschen wir ihm einen wür­gramme und Parolen von 1920 ein dußend mittags beim tschechoslowakischen Außenminister wurde, ist heute früh ins mohammedanische dig ernsten Verlauf und seiner Arbeit reichen mal gewechselt und verschachert, verraten und Dr. Beneš vorgesprochen und mit ihm den auf Viertel übersiedelt. Erfolg!