Sette 2. Samstag, 18. November 1938. Nr. 288. Wirkung der Nationalsozialisten an einer verfassungsmäßig gebildeten Regierung zu verhindern. Eine Rechtsregierung im Reich bedeutet zugleich die Zerschlagung der bisherigen Preußenkoalition. Wenn erst die Nationalsozialisten in der Reichsregierung sitzen, so werden sie sich der Reichswehr , der Polizei und der Justiz bemächtigen» der Weg zur Aufrichtung einer fascistischen Diktatur stände ihnen also offen. Ob aber die Arbeiterklasse die"Demokratie ebenso schnell zurückerobern würde, wie sie sie verloren hätte, ist zum mindesten sehr fraglich. Für die weitere Entwicklung der politischen Verhältnisse ist es sehr wesentlich, wie sich die künftige Stellung der Sozialdemokratie zum Zentrum gestalten wird. Schon jetzt können Sozialdemokratie und Zentrum gewisse Dinge vereinbaren und durchführen, so lange sie nur das Ressort eines einzelnen Ministeriums berühren. Schwieriger wird die Lage, wenn es sich um die Durchsetzung von Forderungen handelt, an. denen die Gesamtregierung beteiligt ist. Sozialdemokratie und Zentrum haben keine Mehrheit im Reichstag. Eine Mehrheitsbildung ist nur zusammen mit der Deutschen Borlkspartei, der Wirtschaftspartei und den kleineren Gruppen möglich, die zwischen Deutschnationalen und Zentrum stehen. Diese Gruppen drängen aber auf die Zusammenarbeit mit Nationalsozialisten und Deutschnationalen und suchen jede auch nur indirekte Unterstützung der Regierung Brüning durch die Sozialdemokratie zu verhindern. Das kompliziert sowohl hie Lage des Zentrums als der führenden Regierungspartei, wie auch die Stellung der Sozialdemokratie zum Zentrum. Nun könnten zwar auch die Sozialdemokraten mit Nationalsozialisten und Kommunisten eine Mehrheit bilden, für die praktische Politik kommt aber diese Konstellation nicht in Betracht. In allen entscheidenden Fragen würden sowohl Konmmnisten wie Nationalsozialisten eine solche Mehrheitsbildung nur dazu benützen, um das demokratisch-parlamentarische System zu zertrümmern, das politische und wirtschaftliche Chaos zu schaffen und dann einen Wettlauf nach der Diktatur zu unternehmen. Bei der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Lage würde dieses Spiel mit der Niederschlagung der Arbeiterklasse und tnit der Aufrichtung einer fascistischen Diktatur enden. Es ist klar, daß die Syzialdemokrafte nur im Interesse der Arbeiterklasse handelt, wenn.sie-es-ablehnt, sich an diesem verbrecherischen Spiel zu beteiligen. Der Kampf der Sozialdemokratie toitb in der nächsten Zeit vorwiegend auf die Abwehr der nationalsozialistischen B e w e g u n g,- der deutschen Form des Fascis- mus, eingestellt sein. Sie wird alle ihre Kräfte anzuspannen haben, um das Eindringen des FascismuS in den Machtapparat des Staates zu verhindern. Die Zwangsläufigkeit dieser Taktik führt dazu, daß die Politik im Reich inr engsten Zusammenhang mit der Frage bleiben muß, wie die gegenwärtige Regierung in Preußen erhalten und befestigt werden kann. Die sozialdemokratische Partei Deutschlands steht zurzeit in einer Situation, die als die schwerste in ihrer bisherigen Geschichte bezeichnet werden muß. Es läßt sich nicht Voraussagen, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse gestalten werden; von ihrer Entwicklung hängt der Ablauf der kommenden politischen Auseinandersetzurtgen ab. Das eine ist sicher, daß die Sozialdemokratie die gegenwärtigen und die künftigen Schwierig keiten um so besser bewältigen wird, je fester die Kaders ihrer Organisationen sind. Im allgemeinen kann man feststellen, daß die Gesamtpartei volles Verständnis für die verantwortungsvolle Lage hat, in der sich die sozialdeuwkratische Reichstagsfraktion nach dem Ausfall der Wahl vom 14. September befindet. war, der SchlußpafluS des zitierten Artikels« geradezu chhMch heiter: „So ist die Situation für die KPOe.1 günstig, und die Avbmisfnmvigkekt der Ge-I nassen läßt hoffen, daß chr die günstig eG .Situation auch zugute kommen wird."G Nicht minder ergötzlich liest sich jetzt die I Voraussage über die Sozialdemokratie,« deren„hohle Phrase" zwei Tag« vor der Wahl I den Berichterstatter der„Internationalen Prefsc-I Korrespondenz", einen kommunistischen Reichs- 1 tagsabgeordneten, nicht mehr darüber täuschen j konnte,„wie stark ihre Front bereits« abbröckelt. Also Meldete der gute Mann I — und in Berlin wird er bann erfahren haben, I daß die abbröckelnde Partei in diesem Wahlkampf| zur stärksten des Landes geworden ist und 1 zu 71 ihren Mandaten noch eine? hinzugewann.| nach der kommunistischen Voraussage hatten eS s paar sozialdemokratischen Abgeordneten nicht I etwa durch die christlichsozialen und Heintwehr- Vertreter im Parlament, mit denen sie natürlich| unter einer Decke stecken— Krieg gegen Sowjet-] rußland!—, sondern durch die k o m m u n i st i- scheu Nationalräte nicht leicht gehabt! Denn i di«.^Internationale Presse-Korrespondenz" war- 4 tet eine Woche vor den Wahlen mit einem auS-*1 jährlichen kommunistischen Aktionsprogramm auf, besten „Forderungen die kommunistischen Vertreter i« kommenden Nationalrat vertreten werden". >Und nun sitzt wieder nicht ei» einziger! darin! Pech gehabt. Var m8hrisch<chlefische Landesbudget für 1981.’ j Brünn , 14. November.(Eigenbericht.) In| der heutigen Sitzung des LaNdesanSichufleS| wurden die Verhandlungen über daS Landes-| budget für 1931, das bereits nach der neuen I Novelle zum Gemeindefinanzgesetz zusammen- j gestellt wurde, abgeschlossen. Der Voranschlag I tveist für das ordentliche Erfordernis 408 Mil- lionen an Ausgaben auf, denen eine Bedeckung'n von 404 Millionen gegenÄbersteht; der Abgang 1 beläuft sich also auf vier Millionen. Das In- I vestitionsbudget beläuft' sich auf 67 Millionen j Erfordernis und 3.6 Millionen Bedeckung, weist I also einen Abgang von 63.4 Millionen aus.?| Weiters wurde vom Vorsitzenden mitgeteilt, daß 1 das Land aus der Umsatz- und LüMssteuer für. 1 1930 60 Millionen zugewiesen erhält. In 1 Finanzangelegenheiten beschloß der LandesauS- schuß, in der Landesvertretung zu beantragen, I oaß eine fundierte Anleihe von 3.7 Millionen zu I Konversionsgwecken ausgenommen werde. Auch für mehrere Bezirke wurde die Ausnahme von- Anleihen beschlossen. Schließlich wurde mit- ,i geteilt, daß durch di« letzten Unwetter ist Mährens > ew Gesamtschaden V0N ünyesähr" 260 Millionttl^ entstanden iei^'»E usat. Die BolkszSstluug in Prag . Protest der Deutsche ». In Groß-Prag wurden zur Durchführung der's bevorsteibenden Volkszählung vom Prager Magistrat 1000 Zählkmnvnssäre und 200 Revisoren ernannt. Nach ihrer zahlenmäßigen Stärke hätten die Prager f Deutschen aus 45 bis 50 Zählkomnüssäre und aus 9 bis 10 Revisoren Anspruch. Trotzdem wurde nicht ein> einziger Deutscher als Zählorgan bestellt. Hiedurch hat der Prager Magistrat in offenkundiger.' Weise die Gleichberechtigung der deut schen Minderheit in Prag , die ihr sowohl nach■ dem Grundsätze der Demokratie als auch' auf Grund, des Minderheitenschutzvertrages und der M UMtlWn MM-MMM W M! Die Stadt Bodenbach hat die Ehre, in den nächsten Tagen einen internationalen Kongreß— den der proletarischen Freidenker— in ejnen gastfreundlichen Mauern zu beherbergen. Aus vielen Ländern kommen die Vertreter dieser großen, immer mehr erstarkenden Organisation, die einen Teil des gesamten Klassenkampfs gegen einen Gegner führt, der zu den gefährlichsten und mächtigsten gehört. Immer mehr wird die Religion, wird die Kirche zu einem ganz rücksichtslos angewendeten Macht- mittel des Kapitalismus. Die Kirche ist längst keine harmlose Glaubensgesellschaft mehr, die lediglich den Armen und Bedrängten drüben im besseren Jenseits eine» entsprechenden Ersatz für ihre Leiden auf Erden bieten will, denn sie will die irdische Gewalt an sich reißen und unumschränkt herrschen über die Völker und Staaten. DaS Evangelium der Entsagung, das sie den Enterbte« tagtäglich predigt, entspricht ganz der kapitalisti« chen Ideologie und die Kirche selbst gehört ja zu den größten Kapitalsbesitzern. Mit vollem Bewußtsein und mit allen erdenklichen Methoden wendet sie sich gegen den sozialen Fortschritt, den Aufstieg der Arbeiterklasse. Die österreichischen Erzbischöfe und Bischöfe haben anläßlich der Nationalratswahl in ihrem famosen Wahlhirtenbrief offen— getreu der Tradition der Kirch«— gegen den revolutionären Sozialismus Stellung genommen.„Unsere" heimischen Bischöfe handeln um kein Jota anders. Es sei nur an den seinerzeitigen Hirtenbrief erinnert, der den„christlichen" Arbeitern den Beitritt zu sozialistischen Gewerkschaften aufs strengste verbietet. Die Kirch« hat sich kampfgerüstet ohne Milde gegen den Sozialismus gestellt— d i e Arbeiterklasse hat den Fehdehandschuh aufgenommen. Die proletarischen Freidenker erfüllen mit Eifer und Erfolg ihre Spezialaufgabe, die verderbliche Rolle, welche die Kirche gegenüber der Arbeiterklasse als Verbündeter des Kapitalismus spielt, restlos auf- hettere NatMk Di« Kommunisten und die österreichischen »chlen. Es wirkt belebend auf das Gemüt, wxnn man jetzt nachliest, was die Kommunisten vor den österreichischen Wahlen über dar N a ch h e r zusammengeschrieben haben. Die International« Presie-Korrefpondenz" in Berlin hat sich in ihrer Nummer vom 4. und 7. November in verschiedentlichen Aufsätzen mit der österreichischen Wahlsituation beschäftigt und ein so düsteres Bild von der Lag« der Sozialdemokratie gezeichnet, die Aussichten der Kommunisten dagegen so ausgezeichnet gefunden, daß die Leser jenes Blattes den dort vielleicht beabsichtigte» Bericht über den Wahl a u s f a l l jedenfalls als durch zudecken, und sie dort zu treffen, wo sie am empfindlichsten ist. Wer die Verhandlungen der führenden Kirchengrößen verfolgt, weiß es, welch Entsetzen sie erfaßte angesichts der Größe der Austrittsbewegung, die sie nicht zu bannen vermögen. Besonders in der Tschechoslo- wakei ist der Abfall von der„allein seligmachenden Kirche" überaus stark. Tschechische und deutsch « proletarische Freidenker, welche gerade jetzt eine ümfassende Austrittsbewegung anläßlich der Volkszählung arrangieren, rechnen damit, daß die Zahl der Konfessionslosen bald rung 2 Millionen erreicht. In den anderen Ländern, z. B. Deutschland und Oesterreich, wird der Kampf gegen di« Kirche nicht weniger energisch geführt. Di« Verhandlungen des Kongresses der I. P. F. werden hoffentlich die Schlagkraft der Freidenkerbewegung»och erhöhen. Die werden aber auch dazu beitragen, in den eigenen Reihen Klarheit zu schaffen. Auf dem letzten Kongreß in Köln haben die Kommuni st en versucht, die I. P. F. zu einem Kampfinstrument gegen die Sozialdemokraten umzubiegen. Seither habe« sich die Dinge gewandelt. Auf die kommunisti- schen Provokationen haben die Sozialdemokraten die.deutlichste Antwort gegeben: die Krakehler aus den Verbandsleitungen hinausgelehnt. Die j kommunistische Presie stänkert anläßlich der Bodenbacher Tagung die. Leitung der I. P. F. immer wieder an. Man entblödet sich nicht zu schreiben, daß die Hartwig, Siewers und Keßler spalten wollen, daß der Wille zum Kampfe gegen die Reaktion erstickt werden soll, damit der Weg zu..bürgerlichen, arbeiterfeindlichen Organisationen. zur Vernichtung der proletarisc^n Frei- denker-Jnternationale ftei werde. Wir sind überzeugt, daß auf diese frechen Berleum- düngen die notwendige Antwort, prompt erfolgt. Wir wünschen den Verhandlungen der I. P. F. den besten Erfolg in dem Sinn«, daß sein« Kampflraft gegen die Reaktion getürkt und' die Einheit der Aktton hergestellt wird! Druckfehler entstellt ansehen und überzeugt sein werden, daß die^Ko m m u n i st e n einundeinhalb Millionen, di« Sozialdemokraten dagegen nur 20.000 Stimmen erhalten haben. „Die kommunistisch« Partei Oester- t«’ ch es in einem dieser Artikel,„kann sich in diesem Wahlkampf auf di« Sympathie breiter Massen stützen, di« sie sowohl in der Stadt, wie auf, dem Lande findet.... Di« Zahl der Sympathisierenden... wächst mit jedem Tage stärker." In Ziffern ausgedrückt, ergeben diese„breiten Mass«n", daß ungefähr jeder zweihundertste österreichische Wähler feine Stimme für die K o m m u n i st e n ab- | gab! Nach solchem Fiasko wirkt, um so mehr, als I es für jedermann unzweifelhaft vorauszusehen 10 »UW, Sohn von Wotan Von 1. O. Carwood. Es war der erste schwere Kampf zwischen zwei Naturen, die in ihm lebten,— zwischen dem Wolf und. dem Hund— und der Hund mußt« unterliegen. Hier und da blieb er stehen, um an seiner Wunde zu lecken; dabei knurrte er, wie wenn«r in seiner Verletzung di« Folge einer persönlichen Feindschaft erblickte. Wen« ihn Pierrot hätte sehen und hören können, hätte er sofort begriffen urck gesagt:„Laßt ihn > enden, auch die Keule wird ihm seinen Teufel nicht, austreiben können." In dieser Stimmung kam Billo etwa eine Stunde später aus dem dichten Wald in ein lichteres Gebiet, auf eine kleine Ebene, die sich am Fuße einer Hügelkette hinzog. Hier hauste ein« bestimmte Eule, ein« große Schnee-Eule. Sie war sozusagen der Erzvater der Eulen in Pierrots ganzem Jagdgebiet und fast blind vom Alter.. Deshalb ging sie nicht nach Art der Eulen ihrer, Beute nach.- Sie verbarg sich unter den Zweigen auf-em Gipfel einer Tann« und huschte auch durch die Nachtlust, jeden Augenblick bereit, sich auf die Beute zu sttirzen. Sie sah so wenig, daß sie vom Gipfel einer Tanne aus nicht einmal ein Kaninchen gesehen und einen Fuchs gar für eine Maus gehalten hätte. Ja, die Eule war so alt, daß sie(und das hatte sie durch Uebung erlangt) vom Bode« au- auf die Beute losging. Sie kauerte am Boden und verharrte ost mehrere Stunden lautlos an der. selben Stelle, ohne eine Feder zu rühren. Geduldig wartete sie, bis etwas Eßbares des Wegs daherkam. Aber manchmal täuschte sie sich auch. So hatte sie schon zweimal einen Luchs für ein Kaninchen gehalten, und beim zweiten Angriff hatte sie einen Fuß verloren, so daß sie nur noch auf einem Fuß auf dem Gipfel des Baumes saß, wenn sie tagsüber schlummerte. Obwohl verkrüp- relt, fast blind und so alt, daß sie schon längst die ßederbüschel an den Ohren verloren hatte, war te doch immer noch ein starker Riese, und wenn ie in schlechter Laune war, könnt« man sie schon auS zwanzig Meter Entfernung mit dem Schnabel schnappen hören. Drei Nächte hatte sie vergeblich gewartet und auch heute hatte sie nur halbes Glück. Zwei' Kaninchen waren auf sie zugekommen und sie hatte bejde. vom Versteck aus angegriffen. Das erste ist ihren Fängen entgangen, und das zweite hatte chr nichts als Haare zurückgelasien. Sie verspürte aber gewaltigen Hunger und wetzte in ihrer schlechten Laune gerade den Schnabel, als sie Billo kommen hörte. Aber selbst wenn Billo die Eule unter dem dunklen Busch hätte hocken sehen und noch bemerkt hätte, daß sie im gegebene» Augenblick hervorstürzen will, wäre er wohl kaum weit davongesprungen. Er war selbst zum Kampfe aufgelegt. Nur undeutlich sah chn die Eule über die Lichtung daherkommen, die sie bewachte. Sie kauerte sich zusammen und sträubte ihre Federn, bis sie wie eine Kugel aussah. Ihre fast erblindeten Augen glühten wie zwei bläuliche Feuer. In einer Entfernung von etwa drei Metern blieb Billo zufällig stehen und leckte an seiner Wunde. Die Euw verharrte vorsichtig auf ihrem Posten. Dann setzte Billo seinen Weg fort und ging, nichts ahnend, in zwei Meter Entfernung an der Eule vorbei. Aber mit einem raschen bop hop hop und einem plötzlichen dounerähnlich-n FlügelMagen saß die große Eule schon auf Bil- los Rücken. Dieses Mal stieß Billo keinen Schrei des Schmerzes oder gar der Angst aus, der Wolf ist „kipichi-mao", wie der Indianer sagt. Noch kein Jäger hat einen in der Falle gefangenen Wols um Gnade heulen hören. Er st-rot lieber mit verstümmeltem Fuß. Heute war es also ein junger Wolf, den die Eule angriff, und kein junger Hund. Der erste Zusammenprall mit der Eule warf Billo auf die Seite und für einen Augenblick erstickte er fast unter den Riesenflügeln des Vogels; in diesem Augenblick gerade suchte die Eule mit chrem einzigen Fuß eine» guten Stand zu bekommen, wobei sie ganz grimmig mit däm Schnabel um sich hieb. Etn einziger solcher Hieb auf Irgendeine Stelle des Kopfes hätte ein Kaninchen. getötet, so wußte die Eule also schon beim erstenmal, daß sie kein Kaninchen in den Krallen hielt. Ein furchtbares Knurren kam als Antwort aus der Kehle Billos, und da erinnerte sich die Eule sofort an den Luchs, ihren verlorenen Fuß und an die Lebensgefahr, in der sie damals ae- schwebt.' Der alte Räuber hätte zum Rückzug blasen dürfen, denn Billo war nicht mehr bloß jener kleine Hund, der mit der jungen Eule gekämpft' hatte, sondern Erfahrung und Entbehrung hatten ihn älter und starker gemacht. Wenn er ftüher Knochen abnagte und ableckte, zernagte er sie jetzt, und bevor noch die Enk entweichen konnte, wenn sie überhaupt daran dachte, schnappte Billo nach ihrem einzigen Fuß. In der Stille der Nacht donnerte die Lust, unter de» gewaltigen Flügelschlägen der Eule und für einen Augenblick mußte Billo die Augen schließen, um nicht durch einen Schnabelhieb ein Auge- zu verlieren. Aber er ließ nicht locker, und während er mit seinen scharfen Zähnen das Misch an ihrem Laus durchbiß, sprach aus seinem Knurren Trotz und Wut. Ein selten günstiger Glücksfall hatte chm diesen Griff ermöglicht, und Billo wußte wohl, daß Sieg oder Niederlage von der Geschicklichkeit abhängt, seinen Vorteil zu behaupten. Die alte Eule hatte keine Kralle« zur Verteidigung.mehr und es war ihr nicht möguch, gefangen wie sie war, ihn mit dem Schnabel anzugreifen. So schlug sie mit ihren über einen halben Meter breiten Schwingen weiter um sich. Das verursachte wohl einen riesigen Lärm tun Billo, verletzte ihn aber nicht. Er grub seine Zähne nur noch tiefer ins Fleisch und sein Knurren wurde nur noch wilder, als er einmal das Blut der Eule gewittert hatte. Es durchschauerte ihn- das heiße Verlangen, dieses nachtlebende Ungeheuer zu töten, wie wenn er durch dessen Tod alle Unbilden und Verletzungen, die er leit Beginn seiner einsamen Wanderungen er- duldet hatte, rächen könnte. Sonderbar war nur, daß'sich die Eule bis jetzt noch gar nicht gefürchtet Hatje.' Der Luchs hatte nach chr geschnappt, jedoch nur ein einziges Mal, dann war er verschwunden. Sie blieb aber verstümmelt zurück.. Der-Luchs hatte üuch nicht geknurrt wie Billo und war auch nicht so zäh dabei geblieben. Unzähligem«! hatte die Eule schon dem Wolfsgeheul zugehört, und immer hatte ihr ein bestimmtes- Gefühl gesagt, was es bedeutet. Sie hatte schon ganze Rudel durch die Nacht jagen sehe», und wenn sie an ihrem Baum vorübertrabten, hatte sie sich im tiefsten Dunkel gehalten,. denn für sie, wie für alle andern Tiere, bedeutete das Geheul der Wölfe soviel wie Tod. Aber bis jetzt hatte sie, obwohl von Billo gefangen, nicht die Ängst vor den Wölfen befallen. Jochre hat es gedauert, bis sie endlich in ihren schwerfälligen, dummen Kopf hineinging und jesft, da sie drin war, nahm sie die Eule gefangen» wie noch nichts in ihrem Leben. Plötzlich hörte sie auf mit dem Flügelschlaoen und begann vom Boden wegzufliegen. Ihre Flügel pemchten die Lnst wie riesige Facher unt Billo bemerkte mit einemmal, daß er sich vom Boden wegoewegte. Er melk sich no chimmer fest und fiel im nächsten Augenblick mtt einem dumpf:n Schlag wieder zur Erde. Die Eule machte denselben Versuch noch einmal, und diesmal hatte sie mehr Glück. Ste erhob sich mit Billo fast zwei Meter hoch in die Lust, beide fielen aber wieder zur Eicke, und das drittemal versuchte die Eule nur, sich von dem Griff Billos zu befreien. Daun lag sie ganz erschöpft, ihre riesigen Schwingen ausgebreitet, zischend und schnappend am Boden. Solange Billo unter diesen Schwingen lag, arbeitete sein Verstand mit der raschen Besonnenheit des Raubtieres. Plötzlich wechselte er den Griff und grub j tieres. I(Fortsetzung folgt.)
Ausgabe
10 (15.11.1930) 268
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten