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Mittwoch, 94. Dezember 1980.
Sir. 301.
Krise der menschlichen Gesellschaft
Weihnachten, das Fast der Liebe und Freude, trifft 1930 die arbeitenden Menschen aller Erdteile in furchtbar schwerer Zeit./ Eine Wirtschaftskatastrophe ist über die Menschheit hereingebrochen, wie sie kaum vorher erlebt worden ist. In den Vereinigten Staaten   von Nordamerika   fünf Millionen Arbeitslose, in Deutschland   fast vier Millionen, in England nahezu drei Millionen, bei uns über 300.000 Millionen hungernder, verzweifelter Männer und Frauen, Millionen von Kindern, denen eS am Notwendigsten fehlt: das ist die menschliche Weihnacht eintausendneunhundertunddreitzig. Vor zwölf Jahren läuteten die Friedensglocken, läuteten sie die Freude der Menschen in die Welt hinaus, daß das unselige Morden em Ende gefunden habe. Heute ruhen die Waffen, aber es ist ejn Friede ohne Arbeit, ohne Brot, ein Friede der Not und des Elends, des Hun­gers und der Verzweiflung. Die menschliche Gesellschaft leidet an einer schweren Krankheit, der scqiale Körper ist von Fieberschauern geschüttelt, der Mechanismus der kapitalistischen   Weltwirtschaft ist gestört. Es ist eine Tragödie der Menschheit,- der Fort­schritt der Wissenschaft, die bessere Ausnützung der Noturkräfte, die Erfindung immer neuer, immer komplizierterer Maschinen die Masse der Dienstherr in wachsendes Elend treibt. Du staunst die Wunderwerke der Technik an: aber sie treiben die Menschen zum FabrikStor hin­aus und lassen ihn mitleidlos auf der Straße liegen. Du wunderst dich über die Libbey» Owens-Fourcault-Maschine, mit der TabelglaS hergestellt wird, aber der Glasbläser irrt ar­beitslos umher. Du siehst di« kompliziertest« Apparatur in der Metallindustrie,, die zwanzig und dreißig Arbeitsoperationen verrichtet, wber der Metallarbeiter verliert seine Arbeit. Du stehst staunet» vor den Fortschritten der Chemie, aber die Ersetzung von Kohle durch Oel   und Elektrizität, der Dampfmaschine durch den Explosionsmotor raubt dem Bergarbeiter, dessen Arbeitsplatz durch Bohr- und Schrämm- maschinen ohnehin von Tag zu Tag schmäler wird, die Arbeit und er muß Kurzschicht machen. Die Technik tritt ihren Siegeszug durch die Welt an, staunend vernimmst du es, daß in Australien   und Neuseeland  , in Sümarmika und! in Südafrika  , in Indien   und Japan   Fabriken und Bergwerke, Hochöfen und chemische Labora­torien entstehen, Eisenbahnen und Elektrizitäts­werke gebaut werden, aber die indische Textil­industrie raubt dem Textilarbeiter von Larrca- shire, die japanische Glasindustrie dem Glas­arbeiter von Teplitz   und Tannwald, Haida und Steinschönau die Existenz. Wohin soll es mit uns kommen, denken viele, wenn es so weiter­geht, was haben; Wissenschaft unfc Technik für einen Sinn,- wen« sie uns dem Hunger in die Arme^treiben, was hot das laufende Band für einen Sinn, wenm die in rascher Folge und in höchster Teilarbeit erzeugten Waren nicht abge­setzt werden können, was hat das ganze Leben für einen Sinn, wenn der Fort­schritt nur für wenige da ist, wenn die Anwen­dung von Wissenschaft und Technik die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer macht? Berpveifelt ustd ratlos stehen die Menschen vor diesen furchtbaren Erscheinungen, vor die­sen grotesken Folgen menschlicher Denkarbeit, wissenschaftlicher Forschung, kühnen Erfinder­geistes, tapferen Wagemuts des Chemikers und Technikers. Auch wir Sozialisten sind erschüt­tert ob des Zusammenhanges von tieferem Eindringen in die Geheimnisse der Naturkräfte,
ihrer Zähmung und Bändigung, ihrer Anwen­dung im Produktionsprozeß und gehäuftem Elend, irrer Verzweiflung, stöhnendem Schmerze banger Männer, trauriger Mütter und freud­loser Kinder. Aber wir kennen die Ursache und wissen, wo Abhilfe ist, wir verirren uns nicht in dem Tal der Tränen, durch das wir wan­dern müssen, wir schen den Weg ins Freie, der uns aus der Stickluft der Niwerung in reine Höhen führt. Wir haben längst erkannt, daß das Fieber der Welt seine Ursache in der Krise der kapitalistischen   Wirtschaft hat, daß nicht der Fortschritt von Wissenschaft und Technik mit nnnerer Notwendigkeit zur Verelendung der arbeitenden Massen führt, sondern die Tatsache der Monopolisierung der Technik zugunsten einiger weniger. Die Früchte allen wissenschaft­lichen Fortschrittes fallen einer kleinen Gruppe von Menschen zu, die über Maschinen und Fa­briken, Hochöfen und Bergwerk«, Banken und Industrie verfügen, über die Leiber von Mil­lionen Menschen schreiten die Kapitalsmagnaten erbarmungslos hinweg. Während ihr Mund von öligen Redensarten trieft, treten ihre Füße auf sehnende Herzen und strebende Hirn«, zer­trampeln sie blühendes Loben, ersticken sie den Ruf nach Freiheit und Leben, der aus Mil­lionen von Brüsten sich emporringt. Noch im­mer gilt das Wort von Ettgols, daß die Bour- geoiste Gott sogt und Kattun   meint. Und wenn sie heute weniger Gott sagt als vor neunzig Jahren, so redet sie von Volk und Vaterland und meint Kurse und Aktien. Und wenn daS Kapital, dieser Moloch, der den Arbeitern daS Mut aus den Adern saugt und das Hirn auS den Köpfen Preßt, nicht im Frieden seine Profite in die Höhe zu treiben vermag, dann wird es die Menschheit in ein neues Blutbad jagen, wird wieder die Leiber der Menschen durch Granaten zerfetzen lassen und ihren Atem durch giftige Gase ersticken. So müssen wir gerade an dem Elend der heutigen Welt den Menschen aufzeigen, wohin der Kapitalismus   die Menschheit gebracht hat, welch klaffende Gegensätze zwischen üppigstem Reichtunr und grenzenloser Armut sich aufgetan haben, wie der Protz im Luxuswagen dahin­fährt und der Arbeitslose mit dem Verkauf von ein paar Zeitungen beschäftigt, mit Mühe und Not sein Leben vor dem knatternden, rasenden
Wird die Epistel fruchten? Unter dem TitelDas starre Dogma in der Politik" veröffentlicht der Chefredakteur Max Horner deSNordböhmisches Tagblatt" in Tetschen   in dieser Zeitung und deren Kopf­blättern einen bemerkenswerten Leitartikel... . Ausgehend von dem durch Bismarck   aus- gesprockcnen Gedanken, die Politik sei eine Kunst, unter den gegebenen Umständen d a S Möglichste zu erreichen, wendet sich der Verfasser gegen di« r«in dogmatische Auffassung der sudetendeutschen   Politik. Und zwar in der Form einer Polemik gegen einen Artikel, der das Festhalten am starren Dogma empfahl. Die Opposition soll darnach grundsätzlich immer Opposition bleiben und keinen Schritt von ihren Höchstforderungen ab­gehen. Dagegen wendet sich Herr Horner ganz entschieden. Er schreibt u. a.: Nehmen wir doch einmal an, di« Regie-} rung wäre durch irgend welche Ereignisse ge-1 zwangen, uns ein Autonomiegesetz vorzulegen.|
Auto rettet. Wie die Luxusweiber der Bour­geoisie mit brillantenbesetzten fleischigen Händen ihr müßiges Leben spazieren fuhren, dieweil die Textilarbeiterin der doppelte Sklave der Fabrik und des Haushalts ist. Wie die aufgeblasenen Kinder der Reichen die teuersten Spielsachen bekommen, während für das Proletarierkind kaum ein warmer Mantel und ein paar feste. Schuhe übrigbleiben. Die Geschichtsschreiber des Altertums erzählen, daß nach der Niederlage der Pers«r durch die Griechen ein Sklave dem auf Vergeltung sinneirden Perserkönig Darius jeden Tag sagen mußte:Herr, gedenke der Achener!" So muß man den Arbeitern und Arbeiterinnen, den Millionenopfern einer verruchten Gesell­schaftsordnung, immer wieder zurufen:Ver­gesset nicht, daß der Kapitalismus Euch knechtet, vergesset nicht, daß er die Ursache Eueres mate­riellen Elends urw Euerer geistigen Not ist!" Die gegenwärtige Krise der menschlichen Gesellschaft treibt alle Widersprüche der kapita­ listischen   Wirtschaft auf die Spitze. Immer inniger di« Verflechtung der Weltwirtschaft nnd immer heftiger« Gegensätze der Nationalwirt­schaften; gute Ernte uM> großer Hunger; zu viel Waren und zu wenig Waren zugleich; wachsende Produktivität der menschlichen Arbeit und wach­sende Arbeitslosigkeit; immer gewaltigerer Reichtum und immer umfassendere Massen­armut. Immer mehr kracht es im Gebälk der. kapitalistischen Wirtschaft, immer mehr knarren die Räder des kapitalistischen   Poduktionspro- zefles. Die schwere Krise der kapitalistischen  Welt ist die Abenddämmerung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung. Der. Generation des Ueberganges, die wir sind, harren der Opfer viele. Aber wir werden sie bringen, weil die Menschheit daS grausige Schicksal von heute nicht tragen kann. Siegreich dringt die Idee des Sozialismus vor, weit über unser« Reihen breitet die Erkenntnis der Notwendigkeit einer planmäßigen Wirtschaft aller für alle auS. Eine alte Welt zerfällt unter diesem Zer­fall leiden die Menschen unendlich. Aber schon stehen die Baumeister da, eine neue Welt auf- zuoauen. Und während noch viele Menschen am Weihnachtstage ihren Blick zurückschweifeu lassen in die Zeit vor zweitausend Jahren, unser Gedanke gehört der Zukunft, da verwirck- licht sein wird der Friede den Menschen auf Erden und jeder ein Wohlgefallen habe« wird an einem menschenwürdigen Leben. E. St.
3n solchen Fällen müsse di« grundsätzliche Op­position die Forderungen über das Gesetz hinaus steigern und ablehnen. Wir glauben, daß kein« deutsche Opposition, die sich solcher Tat schuldig machte, Ber- stärrdniS finden würde. Wenn wir schon 'bet solche« krassen Beispielen bleiben.wollen, so -wäve es]tr schließlich auch möglich,' daß ein Teil der Tschechen gegen«in solches Gesetz stimmen und es von den Stimmen der deutschen   Oppo­sition abhängen könnt«, das Gesetz zur Annahme oder zu Falle zu bringen. Oder sagen wir, di« Umsatzsteuer soll aufgehoben, territorial« Ab­grenzung soll eingeführt, di« Gelder für den Rüstungsfonds sollen zur Förderung unserer In­dustrie, des Handels und Gewerbes und zur Milderung der Arbeitslosigkeit verwendet wer­den. Könnt« es da ein« deutsche Op­position geben, di« solche Gesetzes­anträge abzulehnen wagen wurde? Wir glauben, diese Frage verneinen zu müssen. Eine solche Handlung Swets« müßt« als unklug bezeichnet werden und jede Partei, die dies täte, würde ihr« Existenzberechtigung verlieren und
Die nächste Ausgabe uujeres Blattes erscheint am Sonntag, den 88. Dezember zur ge­wohnten Stunde.
sich bei jedem vernünftigen Wähler unmöglich machen. ES ist keineswegs«in Abweichen » vom Z i«l, eine Zustimmungs- oder Bertrau- enskundgebung zur Regierung, ebensowenig wie ei» Loyalitätsakt, wenn man irgend ein Gesetz annimmt, das uns Sudetendeutschen   Vorteile bringt." Herr Max Horner bemerkt ferner, er habe hier nur einige kaum mögliche Fälle angeführt um das Fe st halten am st arken Dogma ad absurdum zu führen, womit aber keineswegs gesagt fein soll, daß eine Partei ihre klare Linie verlassen darf, wenn sie Anspruch darauf erhebt, ernst genommen zu werden. Aber auch die Ablehnung müsse ihre Greifen haben, Grenzen, die durch die Tatsachen gezogen wer­den, und die Situation von Grund auf ändern. Festhalten am Endziel und Dogma sind zwei­erlei, denn das Dogma kann zum p o l»t i- schen Fehler werden. Folgerichtigkeit in der Politik sei der wichtigste Punkt für jede Partei, so sie sich nicht lächerlich machen will, aber auch die Folgerichtigkeit kann bestehen bleiben, wenn man das für uns Nützliche herauszuholen bestrebt ist. Es hieße, B e r- w i r rung in die Wählerschaft bringen, wenn man politische Taktik gleichzustellen ver­sucht mit dem Verlassen der geraden Linie. Die Zugkraft rein dogrnatisiereuder Parteien könne über Nacht zu deren vollständigem Ver­schwinden führen. Selbstredend solle keine Partei, wie wir es heute leider täglich sehkn, auf Wählerfang ausgehen und Handlungen setzen, die vom Programm abweichen, nur des­halb, weil man fürchtet, einen Teil der Mähler-- schäft zu verlieren. Der vollständige Untergang, einer Partei ober, deren Ziel das richtige ist» wäre gerade in dcrJetzzeit verhäng-, n i s v o l l. Soweit die gewiß interessanten Ausfüh­rungen des Herrn Max Horner. Gegen w« n richten sich seine Zeilen? Ohne Zweifel gegen seine eigenen Parteigenos- s«n vom Schlage eines Dr. Sch oll ich und K a l l i n a, die durch ihren starren Dogmatis- nms di« Deutsche Rationalpartei immer mehr herunterwrrtschaften. Es steht anscheinend um die Deutsche Nationalpartei recht schlecht, wenn der.Chefredakteur- des- HauptorganS der Partei in bteker bsnErkenewertrn' Weise'eine gewiss^ Umstellung der Parteitaktik erzielen will. Die Abg. Dr. Scbvllich und Kallina haben im Parlament bei feder Passerchen und un­passenden Gelegenheit die taktische Haltung der deutschen  - Sozialdemokraten ge­hässig herabzusetzen versucht. Nun erleben sie, daß ihr eigenes Leibblatt ihnen auseinandersetzt, daß die Zielsetzung durchaus nicht lechet. wenn.. man aus der Politik unter den gegebener! Der- hältnifsen das Möglichste herausholt, wie es eben die deutschen   Sozialdemokraten tun. Die­ser Versuch einer Erziehung zum politischen Denken ist bei den Herren Dr. Schollich und Kallina durchaus angebracht ob er der Deutsch   nationalen Partei einen Erfolg bringt,- ist freilich eine andere Frage.
48 Dino. Sohn von Wotan Von J. O. Curwood. (Copyright by Francksche Berlagshandlung. Stuttgart  .) Billo winselte und bellte wieder. Diesmal klang bange Sorge und ein wimmernder Ton auS Billos Rufen, der besagte, daß er eigentlich keine Antwort mehr erwartete. Fünf Minuten später saß er im Schnee, unbeweglich wie ein Felsen. Was drang aus dem geheimnisvollen, tosenden Wasser an sein Ohr? Was für rin geisterhaftes Flüstern der Natur erzählte ihm die Wahrheit? Die Vernunft vermag cS nicht zu erklären. Billo horchte und spähte und feine Muskeln zuckten, je stärker die ErkennmiS der Wahrheit in ihm wuchs. Langsam eruob «r den Kopf, bis seine schwarze Schnauze zu dem grauen,.stürmischen Himmel wies, und aus seiner Kehle drang das zitternde, langgezogene Heulen des Schlittenhundes, der außerhalb des Zeltes seiner Herrn, der noch nicht lange rot war, trauerte.. Als McTäggart auf dem. Wege nach Lar Dai'n das Heulen Billos hörte, begann er zu zittern..* Brandgeruch, der sich in der Luft verdickte, bis er ihm in die Nase stach, lief Billo endlich von dem Wasser hinweg zur Blockhütte zurück. Es. war nicht mehr viel von ihr stehengeblieben, bis er die Lichtung erreichte. Wo früher die Hütte, gestanden hatte, lag jetzt eine glühende, schwelende Masse. Lange saß Billo neben den Trümmern und wartete, wachte und lauschte. Er spürte nichts mehr von der Kugel, die ihn betäubt, hatte, und seine Sinne machten«ine neue Wandlung durch, die so seltsam und un­wirklich schien wie chr jüngster Kampf gegen di« Finsternis des TodeS. die ihnen in der Blockhütte gedroht hatte. In weniger als einer Stunde hatte sich die Welt für Billo völlig ver­
ändert. Lang schien es her zu sein,-Dre Weide" vor ihrem steinen Spiegel saß, ihre -Haare kämmt« und sorglos mit Billo sprach un­lachte, während er sich rn unendlicher Zufrieden­heit am Böden streckte und dehnte. Und>etzt war kerne Hütte, keine Nepeese und kein Pierror mehr da. In Ruhe suchte er alles das zu fassen. Schon einige Zeit vorher war er unter dem Dickicht hervorgekrochen, denn er hegte einen ernsten und steigenden Verdacht,-er jetzt seine Wege bestimmte. Er ging nicht rveiter aus die schwelenden Reste der abgebrannten Block­hütte zu, sondern schlich in seiner Nieder­geschlagenheit um den offenen kreisförmigen Hundestall herum. So gelangte er ganz von selbst unter die hohe Tanne. Hier blieb er erne Zeitlang stehen und schnüffelte an dem frischen Erdhügcl unter der weißen Schneedecke herum. Dann schlich er wieder weiter, noch viel betrüb, rer als vorher; di« Öhren hatte er flach nach hinten gelegt. Der Hundestall war offen und leer, McTaggart hatte dafür gesorgt. Billo jetzte sich wieder auf die Hinterbeine und heulte fern Totengeheul in die Stille des Waldes hinaus. Diesmal galt es Pierrot, und das war ein ganz anderes Heulen als draußen am Felsrand über -cm tiefen Teich. Jetzt klang es sicher, bestimmt. Draußen beim Felsen war es noch voller Zwei­fel, Fragen und Hoffnung gewesen; ja manch, mal klang es sogar so menschenähnlich,- McTaggatt, der auf dem Heimweg war, zu zittern begann. Billo wußte bestimmt, was unter diesem frischgegrabenen und schneebedeckten Erdhügel lag. Ein knapper halber Meter Erde konnte ihm nichts verheimlichen. Hier hatte der Tod umviederbringlich Menschenleben fort- gcnommen. Auf Nepeese ober hoffte er rwch immer, unermüdlich suchte er weiter nach ihr. Bis gegen Mittag entfernte er sich nicht weit von der Blockhütte und doch ging er wirk­lich nur ein einzrgesmal ganz nahe an die Trümmer heran und beschnüffelte den schwarzen
Haufen schwelenden Holzes. Der Schnee ver­dampfte, sobald er in die Glut fiel. Immer wieder strich Billo am Rande der Lichtung zwischen Hoch- und Niederwald umher,.schnüf­felte in der Luft und horchte. Noch zweimal ging er zur Felsspalte zurück. Spät am Nach­mittag trieb ihn plötzlich' etwas in raschem Tempo durch den Wald. Aber er trabt« nichr ohne jede Vorsicht dahin. Verdacht und Furcht hatten aufs neue die Wolfsnatur in ihm ge- iveckt. Die neue Art, die Ohren flach noch hinten zu legen, den Schwan  ; so tief zu stellen, bis die Spitze im Schnee schleifte, und den Rückest nach der eigenartigen, fliehenden Gang­art der Wölfe einzubiegen, ließ ihn nur schwer von den Schütten der Tannen und anderer Bäume unterscheiden. Er strauchelte keinerr Augenblick an der Richtung des Weges; kerzen­gerade wie ein gespanntes Seil zog sich feine Spur durch den Wald, bis er bei Einbruch der Dämmerung vor der Lichtung stand, wohin Ne- pees« an dem Tag mit ihm geflohen war, an dem sie McTaggart über den Felsrand gestoßen hatte. An Stelle des damaligen Schutzdachs aus Zweigen, stand jetzt ein wasserdichtes, mit Bir­kenrinde umkleidetes Zelt, daS Nepeese während des Sommers mit Prerrot zusammen errichtet hatte. Billo ging geradeswegs auf dieses Zelt zu und steckte sachte und voller Erwartung ruin- ielnd den Kopf hinein. Doch eS. kam keine Antwort. Es war dun- kel und kalt in dem Zelt. Deutlich konnte Billo die beiden. Decken unterscheiden, die immer» da waren, die ganze Reihe großer Konservenbüch­sen, in denen sich N.'peescs Vorräte befanden und deü Ofen, den Pierrot aus Eisenstücken un­dickem Zinnblech zufammengeschrniedet hatte. Nur Nepeese allein war nicht zu finden» und auch außerhalb des Zeltes war kein Lebenszei­chen von ihr zu entdecken. Außer der Fährte Billos verriet der Schnee ringsum keinen Schritt. Es war dunkel, als er zur abgebrann­
ten Hütte zurückkam. Die ganze Nacht trieb er sich, in dem verlassenen Hundestall herum. Di« ganze Nacht wirbelte der Schnee unablässig zur Erde, daß Billo, als er gegen Morgen auf die Lichtung hinausging, bis um die Schultern m den Schnee sank. Mit Tagesanbruch hatte sich der Himmel wieder geklärt. Die Sonne stieg herauf, die Welt erschien fast in zu glitzerndem Licht., Die Wärme der Sonne nährte Billos Herz mit neuer Hoffnung und steuer Erwartung. Sein Hirn suchte sogar noch angestrengter als gestern, alles Geschehene zu begreifen. Es stand für Billo fest, daßDie Weide" in Bälde zurückkehren wird! Er wird ihre Stimme wieder hören! Mit einemmal wird sie auS dem Wald heraustreten, er wird bestimmt ein Lebenszeichen von ihr er­halten! Eines dieser Ereignisse Muß erntreten, wenn nicht all« drei. Bei dem geringsten Ge­räusch blieb er auf der Stelle stehen und steckte die Nase in alle vier Himmelsgegenden. Er wanderte unermüdlich weiter und hinterließ auf dem Schneehügel, an dessen Stelle früher die Blockhütte gestanden hatte, und in dessen Um­gebung tief« Fährten. Seine Streifzüge führ­ten ihn vom Hundestall zu der hohen Tanne und seine Spuren waren einige hundert Meter weit die Felsspalte entlang so zahlreich wie die Fährte eines ganzen Rudels Wolfe  . Am Nachmittag dieses Tages trieb ihn zum zweiten Mal irgend etwas mächtig fort, und wiederum war eS weder Vernunft, noch Gefühl allein; es war der Kampf beider. Der Äerst des Tiere« kämpfte, so gut, er vermochte, mit einem geheimnisvollen, unkörperlichen und un­faßbaren Etwas, das kein Auge sehen urrd kein Ohr hören könnte. Nepeese war in der Block­hütte nichr zu finden, weil es keine Blockhütte mehr gab.' Sie war auch nicht im Zelt, und es verriet sie keine Spur drunten im Schnee bei dem Felsen. Sie lag auch nicht in der Erde unter der großen Tanne.