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11. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowatischen Republit.

Dienstag, 3. Feber 1931

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Nr. 29.

Aufruf an das indische. Volf. Heimtüdischer Ueberfall auf Reichsbannerleute. Der Staat muß eingreifen! London

, 2. Feber. Die indischen Delegier­

tent der Konferenz am Runden Tisch, die am Hakenkreuzler und Stahlhelmer gehen mit Miftgabeln und Beilen los. Die gegenwärtige Regierung, an der Feitag in Bombay cintreffen werden, haben be­beide sozialdemokratischen Parteien beteiligt Berlin , 2. Feber.( Eigenbericht.) In den geschüttet, wodurch ein Mann schwere Brand- find, trat ihr Amt in einer Zeit niedergehen. chloffen, einen Aufruf an das indische leztvergangenen Nächten find in Berlin und im wunden erlitt. Bolt zu erlaffen, in dem die Ergebnisse der Reich wiederum eine Reihe politischer Mord­dargelegt werden. Hervorragende Sonferenz Die Landjägerei war nicht imstande, die der Konjunktur an, die sich seither von Monat indische Geschäftsleute haben mit Gandhi für diese anschläge verübt worden. Angreifer zurüdzudrängen. Erst als Verstar zu Monat verschlechtert hat. Die Bestrebungen Woche eine Zusammenkunft vereinbart, wobei fungen eintrafen, fonnte das Reichsbanner aus der sozialdemokratischen Minister waren daher. seiner gefährlichen Lage befreit werden. fie auf den schweren wirtschaftlichen Schaden von dem ersten Tag, da sie ihre Funktion hinweisen wollen, der bei Fortdauer der jegigen Die Anführer der Nationalsozialisten und übernahmen, darauf gerichtet, den unschul= Bewegung entstehen würde. Stahlhelmer wurden verhaftet. Die Unter- digen Opfern der kapitalistischen suchung hat ergeben, daß der Ueberfall plan- Wirtschaftskatastrophe den Schutz mäßig vorbereitet war. des Staates angedeihen zu lassen. Als der Allahabad

, 2. Feber. Bandhi erklärte Presse­vertretern die Kongreßführer feien einstimmig der Ansicht, daß die Bewegung des bürgerlichen Ungehorsams weder aufhören noch nachlassen dürfe, es wäre denn, es fämte zu einem Waffen­stillstand.

Vor ihrer Abreise von Allahabad erklärten mehrere Führer des allindischen Kongresses, daß fich eine Lösung der schwebenden Fragen viel leicht finden lassen werde.

Blutige Schlägereien zwischen Hindus und Mohammedanern.

Ein besonders feiger Ueberfall wurde auf eine Gruppe des Reichsbanners gemeinsam bon Nationalsoziafiften und Stahlhelmleuten berübt, als das Reichsbanner bei einem Propagandazug einen leinen Ort bei Neu­ wied durchzog. Die Angreifer stürzten aus dem Hinterhalt mit Mistgabeln, Beilen und Rnüppeln auf die ahnungslos marschierenden Reichsbannerleute los, von denen einer tödlich und zwei schwer berlest wurden. Ein Raufmann, der zu vermitteln versuchte, erhielt einen Beilhieb gegen den Ropf und stürzte blutüberströmt zusammen. Ein Reichsbannermann namens Willms wurde durch Beilhiebe so schwer verlegt, daß er ebenfalls zufammenbrach. Die National fozialisten versuchten den Schwerverwundeten

In Charlottenburg wurde ein tom- jezige Minister für soziale Fürsorge sein Amt munistischer Arbeiter erschossen; zwei seiner Ge- antrat, betrug die Unterſtüßungsdauer für sinnungsgenossen erhielten schwere Schuß und einen Arbeitslosen 13 Wochen, heute beträgt Stichverlegungen. Im Berliner Norden wurde sie das dreifache: 39 Wochen. Seither wurden bei einer Schlägerei mit Kommunisten ein Na Die produktive Arbeitslosenunterstüßung ein­tionalsozialist schwer verletzt. In dem bayrischen

Kurort Murnau verübten in einer sozial- geführt, werden Hungernde auf Kosten des demokratischen Versammlung eine Bande von Staates ernährt, hat eine soziale Für­Hakenkreuzlern großen Lärm; dadurch famt es zu sorge eingesetzt, wie sie feine einer Schlägerei, bei der dreißig Personen Krise der früheren Zeit bei uns berlegt wurden. Bei einer sozialdemokratischen gekannt hat. Alle diese Maßnahmen noch in eine Jauchegrube zu werfen Kundgebung im Wuppertal fam es zu einem haben allerdings die aus der Mechanik der und nur durch das Eingreifen eines jungen Zusammenstoß mit Nationalsozialisten, wobei fapitalistischen Wirtschaft hervorgehende Lehrers konnten sie daran gehindert werden. eine Anzahl Leute verletzt wurde. In einer fom schwere ökonomische Krise nicht beseitigt, im Willms wurde in hoffnungslosem Zustand in das munistischen Versammlung in Nagold in Würt- schwere ökonomische Krise nicht beseitigt, im Strankenhaus geliefert. Aus den Häusern wurde temberg wurde geschossen; 20 Personen erhielten Dezember ist bekanntlich die Ziffer der gezähl­ten Arbeitslosen von 150.000 auf 230.000 ge­heißes Wasser auf die Reichsbannerleute Verlegungen, davon drei schwerer Art. stiegen. Es muß also jetzt die erste Sorge einer Regierung sein, in der Vertreter der Arbeiterschaft mitentscheiden, nicht nur die Opfer der Krise vor dem Zugrundegehen zu bewahren, sondern den unfreiwillig Feiern­den Arbeit zu beschaffen. London

, 1. Feber.( Reuter.) Aus Raval­pindi im Pandſa, wird telegraphiert, daß sich in einem etwa 40 Meilen entfernten Dorf ernste Zusammenstöße zwischen Hindus und Moham­mebanern ereigneten. Die Unruhen begannen da mit, daß die Sikhs den Hindus vorwarfen, daß sie Rindfleisch für sich kochen, und ihnen dies unmöglich machen wollten. Die Mohanimedaner riefen jedoch mehrere Hundert ihrer Glaubens­genoffen aus den benachbarten Dörfern zu Hilfe, Die gemeinsame Landeszentrale zur Wirtschaftskrise. unternahmen einen Angriff gegen die Siths, Am 29. Jänner fand eine Sigung des Vor­stedtent 15 Geschäfte in Brand, plünderten sie und warfen größere Mengen von Rindfleisch in den standes der gemeinsamen gewerkschaftlichen Laus Hindutempel. Einen Sikh verbrannten sie bei beszentrale statt. Den Vorsitz führte Abgeord lebani igent Leib. Sierauf fam es zu einem erbit- neter Genosse Brožit, anwesend waren 42 Ver­terten Stampf zwischen den Hindus und den treter von Verbänden. Der Sekretär, Abgeord Mohammedanern. Wie gemeldet wird, wurden hiebei viele Personen getötet oder ver- nete Genosse Tayerle, erstattete den Bericht, wundet. Erst ein größeres Polizeiaufgebot stellte worauf folgende Resolution zur Annahme ge in dem Dorf die Ruhe wieder her. langte:

Forderungen der Gewerkschaften.

*

Cin Tobesurteil. Kalkutta

, 2. Feber. Einer der drei indischen Terroristen, die am 8. Dezember v. J. den Obersten Simpson, der der Generalinspektor des Gefängnisses in Bengalen war, ermordeten und cinen Beamten verlegten, wurde zum Tode ver­urteilt. Die beiden anderen begingen Selbstmord. Lausbübereien an den Wiener Hochschulen.

Unter der Patronanz Seiner Magnifizenz. Wien , 2. Feber. In und vor der Univer­ sität lam es heute zu Prügeleien, als sozialdemo­fratische und nationale Studenten an der Ver­breitung und Platatierung von Aufrufen anläg lich der vont 5. bis 9. Feber stattfindenden Sam­merwahlen der deutschen Studentenschaft gehin­dert wurden. Die Polizei trennte die streitenden Parteien, wobei sie vom Gummifnüppel Ge­brauch machte. Der Reftor ließ an der Univer­jität einen Aufruf anschlagen, in welchem er gegen den Inhalt der sozialdemokratischen Blatate scharf Stellung nimmt und die deutschen Studierenden auffordert,„ sich durch diese Plakate nicht zu unüberlegten Handlungen hinreißen zu lassen." Vor der technischen Hoch­schule nahmen völkische Studenten die dort von den sozialistischen aufgestellten hölzernen An­schlagfäulen auseinander, zerstörten auch einen dort befindlichen Stiost und türmten die Trüm­mer im Hofe der Technik zu einem Scheiter= haufen, den sie anzündeten. Die Feuer­wehr löschte den Brand.

28 Zodesurteile bestätigt. Angora, 2. Feber. Die Kammer hat die Todesurteile des Kriegsgerichtes gegen 28 Ange flagte des Verschwörerprozesses bestätigt. Nur in vier Fällen wurden die Todesstrafen in Ge­fängnis umgewandelt.

In Menemen wurden die Galgen für die Sinrichtung der zum Tode verurteilten Teil­nehmer an der reaktionären Verschwörung er­richtet. Die Egetutionen erfolgen in verschie denen Teilen der Stadt.d

Sinrichtung eines Anarchisten. Buenos Aires , 1. Feber. Der vor einigen gen verhaftete Anarchistenführer de Giovanni, der zum Tode verurteilt worden war, ist heute erfchoffen worden.

Die Sigung der Vertretung der gemeinsamen Landeszentrale„ Tschechoslowakische Gewerkschafts­vereinigung", welche in Prag den 29. Jänner 1931 abgehalten wurde, hat über die wichtigen wirt­schaftlichen Fragen verhandelt und jene Maß­nahmen zur Kenntnis genommen, welche der zen­trale Gewertschaftsrat zum Zwede der Wilderung der Arbeitslosigkeit und ihrer Folgen ergriffen hat. Die Vertretung hat auf die Mittel und Wege hin­gewiesen, die zur Sicherung von Arbeitsgelegen­heiten führen fönnten. Im gegebenen Augenblic sind insbesondere die

diese Aufgabe übernommen hauereinig, daß es-

Die Gewerkschaftsorganisationen erfüllen da sicher. Auch da weisen nun die beiden sozial­lich eine außerordentliche Sendung dadurch, daß sie demokratischen Parteien den Weg. Seit einiger Zeit bereits sind sich die beiden Parteien darin bei der wiri Staates geschehen ist, aber politischen wortung ablehnen, wenn es bei den heute un- schaftlichen und hältnisse der Klassen augenblicklich nur ein Mittel

auch an, was auf diesem Gebiet von

Diese Maßnahmen bestehen nicht nur in der Sicherung der Unterstüßung, sondern besonders in den Mitteln zur Beschaffung von Arbeitsgelegen heiten. Deswegen verlangt auch die Vertretung entschiedene Maßregeln

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zulänglichen Maßnahmen bliebe, und wenn ihre besonders schwere Aufgabe nicht and gibt, um innerhalb kurzer Zeit Abhilfe gegen­durch zeitgerechte außerordentltuje Maßnahmen des über den furchtbaren Folgen der Wirtschafts­Staates gestützt würde. trise zu schaffen: eine große staatliche Investitionsanleihe." Schon vor Wochen wurde von sozialdemokratischer Seite auf diese wirtschaftliche und staatliche Not­wendigkeit hingewiesen, die bürgerlichen Poli­tifer, aber auch sogenannte„ neutrale" Wis­gegen die willkürliche Schließung der Betriebe, senschaftler sträubten sich dagegen. Heute dürfte gegen übereilte und einseitige Rationalisierung, die Einsicht, daß eine solche Anleihe notwen die in erhöhtem Arbeiterschus und dig, aber auch wirtschaftlich möglich öffentlicher Stontrolle der Kartelle ist, größer sein. Bei den Großbanken und bei feststehen müßte. Die Konzentration und technische der Nationalbank haben sich ungewöhnlich Vervollkommnung der Erzeugung muß zu weiterer große Kapitalien angesammelt,( bei der Natio­Verkürzung der Arbeitszeit führen. Gleichzeitig ist nalbank allein zwei Williarden), deren Ver es notwendig, daß

zu den Lasten, welche aus der Arbeitslosene unterstüßung entstehen, auch die Unternehmer beitragen

müßten. Seffentliche Arbeiten dürfen nur jenen Unternehmungen übertragen werden, welche die Stollektivverträge cinhalten, die Arbeiter nicht ent­lassen und die Löhne nicht herabsezen."

zinsung den Banken große Sorgen bereitet. Die Kapitalien, welche sonst für Rohstoffe und Löhne ausgegeben werden, sind frei gewor den und es ist notwendig, dieses Geld wieder der Zirkulation zuzuführen. Dies ist ant besten möglich, wenn sich der Staat dieses Geld ausborgt und es in Form von Material einkauf und Arbeiterlöhnen wieder in die Warenzirkulation einpreßt.

öffentlichen Arbeiten bedeutsant, deren Beschleunigung notwendig ist. Auf der Regierung lastet die Verantwortung, wenn durch überflüssige Hinausschiebung schon früher vor bereitete und ausgeschriebene, aber bisher nicht ver­gebene notwendige Arbeiten aufgehalten werden. In gleicher Weise ist es notwendig, daß dic In vestitionsarbeiten, welche von den Selbstvermal­tungskörpern unternommen werden, nicht aufge­halten werden und daß die Landesämter so rasch als möglich die Voranschläge dieser Investitions. Die Vertretung befaßte sich weiter mit dem arbeiten erledigen, falls die Bewilligung der Bud- Vorgehen der Unternehmer, welche die jeßige Zeit Wie groß müßte nun eine gets notwendig ist. Eine durchdachte und syste zur Verschlechterung der Lohn- und Arbeitsbe- solche Anleihe sein, um tatsächlich matische produttive Arbeitslosenfürsorge kann die außerordentliche Arbeitslosigkeit mit Erfolg vermin- dingungen verwenden. Die unternommenen An- den größten Teil der Arbeits­derit. Deswegen ist es notwendig, die entsprechen- griffe müssen entschieden zurückgewiesen werden. liche Statistik gibt die Zahl der Arbeitslosen Los en armee aufzusaugen? Die amt­den Mittel sicherzustellen, nötigenfalls durch be. Die Herabsehung der Preise darf nicht zur Hermit nicht ganz einer Viertelmillion an, aber sondere finanzielle Maßnahmen. Insbesondere ist abfepung der Löhne führen, denn dies würde zur wir müssen aus Gründen, die wir hier schon es erforderlich, eine durchgreifende erweiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage, oft dargelegt haben, annehmen, daß es minde­absehung des Zinsfußes durchzuführen, damit der Kredit für die Entwicklung der Baube- abermaligem Sinken des Verbrauchs und weiterer stens 400.000 arbeitslose Menschen in der wegung verbilligt werde. Arbeitslosigkeit führen. Tschechoslowakei gibt. Gesetzt nuit den Fall, wir wollen diese 400.000 Arbeitslosen durch Die größte tschechische Gewerkschaft, der ein halbes Jahr beschäftigen und ihnen täg­politischen Ursachen hervorgeht und unter der die Prager Weetallarbeiterverband, hat sich in einer lich den bescheidenen Lohn von zwanzig Kro­Arbeitnehmer in Landwirtschaft, Industrie, Han erweiterten Vorstandssigung mit der gegenwärtinen zahlen, dann würde die hiefür erforder­del und Finanzwesen leiden. Deswegen betont die gen Wirtschaftslage befaßt und folgende Forde- en zahlen, dann würde die hiefür erforder= Vertretung, daß es notwendig ist, alle Hindernisse rungen aufgestellt: 1. Rascheste Beschleunigung liche Lohnſumme rund 1.2 Milliarden Kro­aus dem Wege zu räumen, welche die Entwicklung der Investitionsarbeiten und Aufnahme einer nen betragen. Der Betrag, auf den die in 2. Einberufung Rede stehende Anleihe lauten würde, müßte unserer Industrie hindern, oder aufhalten, ohne Investitionsanleihe.

Deffentliche Arbeiten genügen jedoch nich: die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, die aus wirtschafts­

schnelle Vereinbarung von Handelsverträgen

daß dies der Landwirtschaft nügen würde. Nötig einer Enquete, welche sich mit der Rationali naturgemäß größer sein, denn der Lohn ist ist die Erhöhung des inländischen Verbrauches und hierung und ihren Folgen zu befassen hätte. ja nur ein Teil an den Gesamtausgaben, da die Stärkung des ausländischen Absages. Jusbe- 3. Verkürzung der Arbeitszeit bezi. Ver- ja auch an das verwendete Material nicht ver­handlungen über die Einführung der Fünftage gessen werden darf. Wie hoch der Lohnanteil sonders erachten wir eine woche ohne Lohnfürzung. 4. Verlängerung der Schulpflicht bis zum 15. Lebensjahr. 5. Er- an den Gesamtausgaben ist, kann aber nicht mit Jugoslawien , Desterreich, Polen und Wlagy- höhung der Renten und Serabschung der Alters- genau gesagt werden: er ist beispielsweise bei grenze in der Sozialversicherung. 6. No- Straßenbauten weit größer als bei Eisenbahn Ungeachtet aller dieser Maßnahmen gegen die vellierung des Gesetzes über die Arbeitslosen- bauten. Unterstellen wir nun. daß der Lohn Arbeitslosigkeit ist es unausweichlich notwendig, unterstüßung. Durchführung des Gesches über die Hälfte aller Investitionsansgaben beträgt, die Arbeitslosennnterstügung zu sichern. die Arbeitsvermittlung. dann müßte die Anleihe auf ungefähr

arien für eine Notwendigkeit.