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Samstag, T. Feber 1931.
Sette 5.
^Mitteilung aus le» PudMm». Das Rezept des Augenarztes kann nur dann seinen Zweit erfüllen, wenn das Augenglas fachmännisch angepaßi wird Lassen' Sie Ihr Rezept bei Optiker Deutsch, Prag  , Grüben 2, ValaiS Koruna", ausführen.
Sowohl auf dem Laude, als auch in der Stadt ist man bei finsteren Nächten Gefahren ausgesetzt. Jeder kluge und vorsichtige Mensch schützt sich vor dies«», indem er sich ein« verläßliche Taschenlampe mit einer Palab a-Batt«rie verschafft.. 988 Wie Lakerol wirkt. Die Wirkung des LakerolS beruht aus seiner genau berechneten Zusammen­setzung, den ersülassigen Bestandteilen und dem sorgfältigen Herstellungsverfahren. Nimmt man «ine Lakerol-Tablett« in den Mund, so lösen sich sofort gewisse ihrer Ingredienzen, die sich als lin­derndes und schützendes Häutchen über alle gereiz­ten und entzündeten Punkt« legen. Andere: Be­standteil« lösen sich in Form antiseptisch wirkender Dämpfe und dringen in all« V«rzw«igungen der Luftwege hinein. 997
Hinrichtung durch Giftgas. Das Parlament des amerikanischen   Staates Colorado   trägt sich mit der Erwägung, die bisherige Art der Vollstreckung von Todesurteilen durch den Strang oder den elektrischen Stuhl durch em  «huma­ner"«" HinrichtungSart zu ersetzen. Der zum Tode Verurteilte soll in eine luftdichte Kammer geführt und dort durch giftiges Gas getötet werden... Sportsonderzug«ach dem Böhmerwald  . Die Staatsbahndirektion Prag  -Süd fertigt am 21. dS. einen zweiten Sportsonderzug nach dem Böhmer­ wald   ab. Fahrpreis 115 K. Der Zug verläßt am 21. Fsber um 14 Uhr 05 Min. den Prager   Wilfon- bahnhof und kehrt am 22. Feber um 22 Uhr 42 Min. nach Prag   zurück. Im Preis« von 115 K. ist das Reisegeld, das Abendessen, Nachtlager mit Be­heizung, Frühstück, Mittagessen, die Unfallversiche­rung und Mihrung«ingeschlossen. Vormerke bet Entrichtung einer Angabe von 20 X und einer Einschreibgebühr von 2 K nimmt die ganztägig geöffnet« Kaffa Nr 13 auf dem Prager   Wilson- bahnhof« entgegen. Die Staatsbahndirektion Prag  - SW» teilt mit, daß der in den Tagen vom 14, bis 15. ds. fällig« Sportsonderzug vollkommen auSverkauft ist. Es wird ein zweiter SonderauS- flwgSzug nach Rokitnitz   im Mlergebirg« projektiert, der am 28. Feber Prag   verlassen und am 1. März nach Prag   zuvückkchren würde.
Afrika   afs Zoo der Welt? Afrika   hat von jeher Forscher und Aben­teurer gleichermaßen angezogen. Stets war der schwarze Erdteil der Gegenstand leidenschaftlichen Interesses sowohl der Politik, wie der Wissen­schaft und es ist die letzter«, die seit mehreren Jahren«inen herrlichen phantastischen Plan ver­folgt, von dem man im Interesse Afrikas   wün­schen möchte, daß er sich realisiert«. ES handelt sich um nichts mehr und weni­ger, als aus Afrika   einen internationaleli, zoolo­gischen Garten gu machen. Carl Ackeley, namhafter Erforscher deS schwarzen Weltteils, Wiflenschaft- ler, Künstler und Naturforscher, ist der Baier dieser Ide«, von der er in ein paar Dutzend Brie­fen Zeugnis gab. Ackeley selbst starb während seiner letzten Expedition<1925) und legte vor seinem Tode es seiner Frau und Begleiterin be­sonders ans Herz, seine große Idee mir aller Leidenschaftlichkeit zu propagieren. Mrs. Ackeley betrachtet« di« Realisierung dieser Idee als ihre Lebensaufgabe und hat nach dem Tode ihres ManneS kein« Sekunde gezögert, ihre praktische Verwirklichung in-die Wege zu leiten, Llls wert­vollen Mitarbeiter gewann sie dabei den Brüs­ seler   Gelehrten Dr. Jean M. Derscheid, den Direktor deS belgischen KoNgomufeumS. In einem ausführlichen Bericht, den beide der bel­gischen Regierung überreichten, gingen sie im Einzelnen auf, den Plan Ackeleys ein und wiesen darauf hin, daß es gerade für einen Gelehrten, der sich di« Erforschung primitiven Lehens zum Ziel gemacht hat, immer schwerer werde, di« nötigen Vorbedingungen zu finden. Es sei un­umgänglich notivendig, große Wildgebiete unter Schutz zu stellen, Gebiete» die bereits jetzt ernst­lich lmrch Ausrottung bedroht sind. Genau so, wie der amerikanische Bison und ander« wilde Tiere praktisch als ausgerottet gelten können, wird ein« nahe Zukunst den unermeßlichen afri­kanischen Dschungel leeren und radikal veröden lassen, wenn nicht durch energische Maßnahmen dem wilden Jägertum, das die Reihen des afri­kanischen Großwildes so fürchterlich lichtet, ej» Ende gesetzt wird. Noch ein paar Jahre so weiter, sagt MrS. Ackeley und Afrika   wird eine leere Wüstenei sein! Jahr für Jahr wird es mehr Mode, daß Söhn« und Töchter begüterter Familien Expeditionen ins Innere Afrikas  Machen, mit dem einzigen Ziele, so viel Groß­wild wie nur möglich abzuknallen, um mit den Jagdtrophäen^zu Hause protzen zu können. Jahr für Jahr wird«in größeres Gebiet durch Eisen­bahnbauten, Autotnobilstraßen und Cook-Afrika- Cxpeditionen erschlossen und daS Terrain der Freiheit wird für das Großwild immer kleiner, Mrs. Ackeley setzt sich warm dafür ein", daß zunächst einmal recht vielReservationS" geschaf­fen würden. ES sollen.Heimstätten uud Ruhe­stätten für das- gehetzte und schonungslos ver­folgte Wild werden. Im englischen Tangünyka tzum Beispiel muß für das Großwild ein« be­
stimmte und detaillierte Abschußerlaubnis«inge- holt werden. Diese Abschuherlaubnis wird aoer so freigiebig an Inhaber klingender Namen er­teilt, so daß sie praktisch wertlos ist. Lange Zeit hindurch war gerade dieses Gebiet(das früher« Deutsch-Westafrika) das Paradies der Wildjäger. Um den Tangänyika-See herum tummelt sich auch heute noch eine erstaunlich vielfältige Fauna. Antilopen, Elefanten, Flußpferde, Nashörner, Giraffen, Zebras  , Löwen  , Leoparden, Schimpan­sen und Krokodil« geben sich dort ein buntes Stelldichein und Millionen von seltenen Vögeln dazu. Aber auch die wilden Jäger, sogenannt« Sportsleute", geben sich dort«in Stelldichein und setzen ihre Ehre darein, möglichst viel wehr­loses Wild abzuschießen. Ich sah, erzählt MrS. Ackeley, das Auto eines amerikanischen   Jagers, garniert mit Antilopengeweihen. Er hatte Hun­derte Antllopen nur ihrer Geweihe wegen ge­tötet. Mit welchem Recht kann man so etwas noch als Sport bezeichnen? Gehört denn Tapfer­keit und Mut dazu? Jeder Dummkops kann mit einer weittragenden Flinte Löwen   schießen. Das ist keine Kunst, kein Beweis für Mut. Für diese wilden und freien Tier« hält Mrs. Ackeley ein '«idenschaftliches Plädoyer. Als das Ideal«ines fairen Jägers gilt ihr der berühmte Löwenjäger Sir Blahney Percidal, der auf di« Frage, wie­viel Löwen   er in seinem Leben schon geschossen, antwortete:Eine Fleischerrechnung interessiert mich nicht." MrS. Ackeley will alle Nationen der Welt, die in Afrika   Besitz haben, für ihren Plan, aus dem schwarzen Kontinent einen riesigen zoolo­gischen Garten zu machen, interesiieren. Das würde keineswegs bedeuten, daß nun etwa drei Viertel des Landes samt und sonders unter den
Begriff Schutzgebiet fallen und man bei Schr und Tritt auf SchilderJagen verboten!" stoßen würde. Der Plan ist vielmehr der, eine gewisse Anzahl vonSchongebieten" zu schaffen, in wel­chen das Wild sich unbedroht weiß und in Ruhe seiner Fortpflanzung und der Erhaltung der Art nachgehen kann. Belgien  , mit seinen riesigen Besitzungen in Asrika, hat bereits seine prinzipielle Bereitwillig­keit zu Mrs. Ackeleys Plänen erklärt, aber auch auf englischem, französischem und portugiesischem Gebiet gibt es noch mächtige Tierreservationen, die mit erfaßt werden müssen, wenn man den afrikanischen Wildreichtum wenigstens auf der jetzigen Stufe erhalten will. Wenn der Plan zur AuSführun«langen sollte, dann hätten auch künftig« Generationen das Glück, die wilden Tiere Afrikas   in aller Na­türlichkeit und ihrer angestammten Lebensweise zu sehen, anstatt sich in künstliche zoologische Gär­ten bemühe» zu müssen, die stets nur«in trau­riger Ersatz für die Wirklichkeit, ein Tiermuseum bleiben werden. Fast alle namhaften Afrikafor­scher haben sich ungeteilt Mrs. AckeleyS Stand­punkt zu eigen gemacht. Wenn, so klingt Mrs. Ackeleys Appell aus, nicht sofort all« notwendigen Maßnahmen ge­troffen werden, dann sind für das afrikanische Wild di« letzten Tage angebrochen. I» fünf Jah­ren schon wird man dort, wo früher Paradiese wären, Wüsteneien antreffen. Dann wird es vielleicht für all« Rettungsversuche zu spät sein und der Konservator, der AuSstopfer und Prä­parat wird das letzt« Wort haben. EL ist ein« schwere Verantwortung, di« man künstioen, hof­fentlich humaneren Generationen gegenüber auf sich nimmt.
Aus Prager   Würmeftüben.
Blick in das blend des An verschiedenen Punkten der Prager   Peri­pherie oder ehemaligen Peripherie stehen son­derbar aus'eh ende Holzbuden. Sie sind mit gclblichbraun gestrichenen Brettern verkleidet, haben zwei graue, ungewaschene Fenster und über der Türe verkündet eine Ausschrift, daß sich hier ein« öffentliche W ä r m e st u b e befindet. Diese Wärmestuben sind eine alte Einrich­tung. aber sie haben heute eine neue schauerliche Aktualität. Wähl waren sie immer Zufluchts­stätten der Rot, Unterschlupf obdachloser Men­schen, also der Allerärmsten. Aber diese Not ist. heut« ins Ungeheuerliche gewachsen, ist zum grauenhaften, nackten Elend geworden, ist in breite Schichten der arbeitenden" Klasse einge­drungen. Die Armee der Verzweifelnden, die Brot und Heim verloren haben, wächst und wächst." Es ist Winter, Frost, Schnee und Kot. Und Tausende sind ohne Obdach, Nahrung und Kleidung. So sind die Wärmestuben zu Sam­melplätzen des ganzen Elends dieser Zeit gewor­den. Bon 8 Uhr früh bis 6 Uhr abends drängt, sich dort die klägliche Schar derer, die nicht wis­sen wohin. Ein Besuch dieser Wärmestuben bedarf kei­ner Vorbereitungen. KeineVerkleidung". ist nötig, kein Apachenschal u>td kein zerrissenes Kleid. Es fällt kaum auf und das ist bezeich­nend genug, wenn einer der Insassen einen Pelz trägt, oder Lackschuhe. Das Elend macht sie alle gleich, mögen sie körperliche oder geistige Arbeiter gewesen sein, kümmerlich oder gut. be­zahlt«... Man öffnet die Türe und muß uNwilKür- lich eine» Moment stehen bleiben. Erstickende Luft schlägt uns entgegen, zunächst unterscheidet man nur wenig. Man sicht nur: eine zusam­mengepfercht« Masse von Menschen> sitzend, stehend, liegend Mann an Mann Kopf an Kopf. Mißtrauische Blicke messen unS.Zu­machen Herrgott!" schreit uns eine Stimme entgegen. Die Kälte sitzt ihnen in den Knochen, sie fürchten sie über alles. Warm ist es hier und allmählich unterschei­den wir Einzelheiten. Durch die ungewaschenen Scheiben fällt graues Licht in den Raum. Der
Grobstadtproletariatr. Fußboden ist schwarz, von zahllosen Schmutzkru­sten bedeckt. Einig« Bänke, ein primitiver Tisch, dicht besetzt und umlagert in der Nähe des Hitze speienden Ofens. Die Mehrzahl hat keinen Platz zum Sitzen mehr gefunden und steht in gedräng­ten Gruppen beisammen. Oder sitzt und kauert auf dem schwarzen Boden, den Rücken an dte Wand gelohnt. Und dort beim Ofen liegt einer lang ausgestreckt und schläft. Er hat sich die aanze, lange, kalt« Nacht in den Straßen der Stadt herumgetrieben er ist ohne Obdach.- Stimmengewirr klingt durch den Raum. Hie und da erhascht man Brocken deS Gesprächs. Resignierte Worte, verzweifelte Worte, ab und zu hoffnungsvolle. Neben der Türe steht ein gut angezogener, etwa 35iähriger Mann. Auch siine Swuhe sind gute Mark«, aber der rechte ist breit aufgeplatzt und nun zieht kein Besitzer aus der Tasche seines Ueberrocks einige Zigaretten- stummeln und dreht fick aus deren Inhalt eine Zigarette. Auf dem Ecksitz der Bank ist einer damit beschäftigt, die losgerissene Schuhsohle mit Svagat wieder am Oberteil des Schuhe- zu be­festigen. Sein Nachbar hat sich seiner Stiefel entledigt und wickelt die nackten, blaurot verfärb­ten Füße in aufgele^eneS Zeitunasvavier. Manche sind von unnatürlicher Gesprächig­keit. Man empfindet: sie wollen sich irgendwie leibst ablenken, irgendwie über ihr Elend weg- täulchen. Wieder andere fragen nur. Cs ist immer und immer wieder die akeiche Frage:Weißt du von nichts? Irgendeine Arbeit?" Arbeit! Arbeit!. ihr einziger Wunsch, ihr ein­ziger Traum. Und wieder andere sind ganz stumm. Sie haben das Fragen verlernt, sie haben alles verlernt: Leid. Groll. Verzweiflung. Gleichgültig und abgestumpft schleppen sie ihr Leben weiter. Man spricht sie an eilte müde, abwehrende Handbewegnna ist ihre Antwort. Aber dort in der Ecke ist es heiter. Dort hat sich eine richtige ,.Paria" zusammengrsun- den. eine Gruppe von Berufsfaulenzern. Größ­stadtauswurf Bettler Zuhälter. Parasiten aller Art, verkommenes Alter und verwahrloste Jugend. Sie sind nur zum Jux da. Mit ossen-
Sorglos beim Sport
ELIDAÄCRtMl
Vor Rauheit und Röte der Haut bewahrt
kundigem Hohn sehbn sie auf die armen Teufel herab, deren einzige Sehnsucht cs ist, Miedet ar­beiten zu können. Wie sind sie denen über! Sie wissen zu betteln, sie stehlen, wissen Bescheid um wohltätige Anstalten und Personen. Ein Großteil der sogenannten privaten Wohltätigkeit, vor allem der hochgerühmte« christlichen Charitas, kommt solchen Subjek­ten zugute aus Kosten der wirklich Bedürftigen. ,Za, schau sie dir nur an", sagt mein Neben­mann.ihr Leven haben sie noch keine Hand zur Arbeit gerührt, aber Hunger haben sie nicht und zum Saufen langt's auch." Dann erzählt er von sich. Er war Meister in einem deutschen Eisenwerk, bis er«Mich auch gehen mußte. Aus Ünterstützung hat er keinen Anspruch. Die Or­ganisation unterstützt ihn unter der Hand, aber viel tu» kann sie nicht. Es sind chrer zu viele. Ach Arbeit! Arbeit!" Die Umstehenden nicken. Andere^ beginnen zu erzählen. Immer neu« Lebenstragödien ent­rollen sich. Eine Parade des Elends. Der Nichtorganisierte, der aus Sparsamkeit oder Interesselosigkeit der Or­ganisation fern blieb und nun ohne Rück, halt und Unterstützung dasteht, der Ar­beitslose, dessen UnterstütznngSzeit abgo- laufen ist, der Gelegenheitsarbei­ter, der kein Brot finden kann, der kleine Handwerker und Grwerbsmamt, der zugrunde gegangen ist, der v e r s i«k«« d e, der in feiner Hoffnungslosigkeit dem Beitel und dem Spiritus zu verfallen beginnt und »um Vagabunden wird; aber auch di« Tap­feren und Zähe«, die sich mit kleinen Gelegenheitsverdienste» über Wasser halte«, auf Bahnhöfe« und Märkte« für einige Kronen ihr letztes bißchen Arbeitskraft her- geben und auf bessere Zeiten hoffen..,. Ein Platz auf brr Bant ist leer geworden, aber man warnt mich vor dem Riedersetzen. D i« Bude i st verlaust. Freilich gibt«S auch saubere Wärmestuben, wo jeder Ankömmling auf Ungeziefer untersucht wird, aber die unsrige ge­hört nicht dazu. Hier also in Schmu«, Gestank und Ungezie- fer vergebt den Opfern der wirtschaftlichen Ka- tastrophe der trostlose Wintertag. Und di« Nacht? Und die täglich« Nahrung? Es gibt Hilfskomi­tees und Ipeiseaktionen und daSInstitut für soziale Fürsorge" gibt Speiseanweisungen. aus. Aber eS ist zu wenig ein Tropfen auf den heißen Stein, umsomehr, als auch hier die gerissenen und flinken Parasiten einen Groß­teil dessen zu ergattern wissen, was den wahrhaft Bedürftigen zugedacht ist. Di« soziale Hilfsstellen geben auch Anweisungen für Nachtlager im Wh- iotschaner Asyl aus. Aber auch hier reichen dl« Mittel nicht aus. Und mancher von denen, die hier den Tag verbringen, kauern nachtS in einem dunkeln HauStor, oder nehmen ihre Zuflucht mm Heuschober oder verkriechen sich in einer Zie­gelei...., Aufatmend treten wir wieder ins Frei«. Und alle die tragischen Einzelschicksale verschmel­zen uns zu einem einzigen Gemeinschicklal: dem Schicksal der arbeitenden Klasse. Nicht Wohltätigkeit nein, sozial« Gerechtigkeit, sozialer Schub, soziale Hilf«! Nicht daS Symmöm allein ist zu bekämpfen, sondern das Grundübel, die Krankheit selbst. Und diese Heilung kältst nur eine- br'vaen: der Aufbau einer neuen, gerechten, sozialen Weltordnung. Geo:
Was Wunderkinder leiden. Heutzutage sind Wunderkinder recht häufig und sie müssen schon sehr bemerkenswerte Leistungen aufweisen können, um einigermaßen Figur, in der Oeffentlichkeit zu machen. Früher war das-anders, waren ja doch auch die Möglichkeiten, sich auf künstlerischem Gebiet hervorzutun, beschränkter als heute. Das Gebiet, auf dem Wunderkinder die erstaunlichsten Leistungen hervorbrachten, war die Musik, die ja auch heute noch die größte Rolle in bezug auf anormal frühe Begabung spielt. Da- bekannteste musikalische Wunderkind ist wohl Wolfgang Amadeus Mozart  , dessen 175. Ge­burtstag wir kürzlich gefeiert haben. Er spielte schon mit vier Jahren vollendet Klavier, mit sechs Jahren beherrschte er Violine und Orgel und be­gann auch um diese Zeit zu komponieren. Mit drei­zehn Jahren war er Konzertmeister und schuf im Jahr darauf sein« erste Oper. Er ist 35 Jahre ge­worden, also beträchtlich älter als Wunderkinder im allgemeinen zu werden pflegen, die ja nicht nur ein geistiges, sondern auch ein medizinisches Problem sind. ES ist eine bekannt« Erscheinung, daß alt­werdende Wunderkinder meist ihre Begabung ver­lieren, manche schon bei Eintritt in die PuperttztS- jahre, andere im Mannesalter. Es sei in diesem Zusammenhang nur an den berühmten französischen  Geiger Maurice Dengremont erinnert, der im Jahre 1888 als vierjähriges Kind die schwierigsten Kon ­
zerte spielte, einen Triumphzug durch Europa  machte und als Billardkellner in Paris   starb. Eine Reihe von noch heute lebenden großen Geigern haben als Wunderkinder angefangen, so Branislav Hubermann, Mischa Elman  , Sascha Heifitz. Einer der bedeutensten Geiger unserer Zeit. Jehudi Menuhin   hat mit vier Jahren schon große Konzert- «rfolge gehabt und ist jetzt noch ein Kind. Auch der bekannte Erich Wolfgang Kerngold  , der ebenfalls noch lebt, hat mit zehn Jahren seine erste Oper komponiert. In Philadelphia   lebt das phänomenalste Wunderkind der neuesten Zeit, Josef Hoffmann  , der mit sieben Jahren Beethoven  , Brahms   und ander« Komponisten vollendet spielte. Der Konzertmeister der StaatSoper in Berlin  , Josef DolfSthal, der in diesen Tagen, erst 81 Jahre alt, starb, war schon mit 18 Jahren Konzertmeister an einem großen Stadt­theater, eine Erscheinung, die man im Musikleben überhaupt sehr häufig trifft. Die Wunderkinder, die nichts mit der Musik zu tun haben, sind entweder Gedächtniskünstler,! Rechenkünstler oder Sprachgenies, alles Eigensckaf- ten, di« bei Kindern mit einer an sich krankhaften Ueberentwicklung der Gehirnpartien zusammen- böngen. Der berühmteste dieser Art von Wunder­kindern war der am 6. Februar 1721 in Dänemark  geboren« Christian Heineken  ; er konnte mit siebzehn Monaten schon sämtlich« Zahlen der Weltgeschichte. auswendig, las mit drei Jahren lateinische Bücher und starb im Alter van fünf Jahren. Im gleichen Jahr, nur wenige Wochen früher, wurde in Schwa-I
bach in Franken, ein Kind namen- Bacatiens ge­boren, das mit drei Jahren. lesest konnte, mit fünf Jahren drei Sprachen bcherrschte und sich mit' acht Jahren bereits hebräisch und griechisch unterhalten konnte Der junge Mann studierte dann Mathematik und Jura und starb Wjährig. Das zwanzigste Jahrhundert hat eine neue Kategorie von Wunderkindern. geschaffen: Die Wunderkinder des Films,"als deren Hauptvertreter und ehemals berühmtestes Filmkind, der Partner in Chaplins ,Kid  ", Jackie Coogan   gelten darf. Sein« ungekünstelte Kindlichkeit, sein Lächeln hat ein« ganze Welt bezaubert und chm fit, seitdem er aus dem Schein der Jupiterlampen herausgetreten ist, kein Nachfolger mehr gleichgekommen. Er hat in­sofern ebenfalls die Tragödie aller Wunderkinder erlebt, als di«, di« für seine Handlungen verant­wortlich waren, ihn noch nicht abtreten lasse« woll­ten, als sein Reiz verloren war und ihn weiter in Revuen zeigten, trotzdem er seinen Eltern Hundert­tausend« von Dollars eingebracht hatte. Er ist nug- lich, daß Jackie noch einmal zum Film zurückkchrt. Dazu gehört aber mehr als nur sein früherer Ruhm und der Ehrgeiz, auf der Bildfläche zu bleiben, Daß sein« Eltern den jüngeren Bruder Jackie an seine Stellen die er bisher inne hatte bringen wollen, zeigt zumindest, daß sie sehr geschäftstüchtig sind, da ja absolut kein Anlaß vorliegt anzunehmen, daß die Begabung zum Filmschauspieler in der Familie Coogan   erblich ist.