Seite 2 Freitag, 8. M8rz 1931. Nr. 56. zu sein. Macdonalds erste Regierungshandlung war die Beilegung des britisch-amerikanischen Konfliktes. Unmittelbar nach ihrem Machtantritt hat die Labour-Regierung das Flottenbudget gekürzt und Streichungen im Bauprogramm der Flotte vorgenommen. Sie hat dann die große S e e- A b- rüstungs- Konferenz nach London einberuf^n, die aber trotz aller Bemühungen Macdonalds, Hendersons und des Marineministers Alexander nur mit einem halben Erfolg endete. Zwar kamen die WeltfSee- mächte England, Amerika und.Japan zu bindenden Uebereinkommen, die Frage der europäischen See-Abrüstung aber blieb offen, weil Italien und Frankreich sich nicht einigen konnten. Ihr Beitritt zu dem Londoner Abkommen sollte später erfolgen. Der Flottenstreit zwischen den beiden lateinischen Großmächten verschärfte sich aber seither und drohte in ein hemmungsloses Wettrüsten überzugehen. Nun tritt im Frühjahr 1932 die große Abrüstungskonferenz in Genf zusammen, für die das Wettrüsten zwischen Frankreich und Italien ein schweres Hindernis bedeuten würde. Henderson entschloß sich, um dieses Hindernis zu beseitigen, zu einem radikalen Schritt. Er fuhr selbst nach Paris und von dort nach Rom , um die beiden Mächte zur Raison zu bringen. Man darf wohl anneh- men, daß es in Rom nicht ohne einen gelinden Druck gegangen ist. Der persönliche Besuch des englischen Außenministers, dem es als Sozialisten keine geringe Ueberwindung kosten mutz, mit Mussolini in Berührung zu kommen, war wohl für das jederzeit von England abhängige Italien ein Wink mit dem Zaunpfahl. Tatsächlich hat die Reise zu einem vrlllen Erfolg geführt. Der Flottenfrieden zwischen Italien und Frankreich ist bis 1936 gesichert, die Abrüstungskonferenz wird' nicht im Bann der kriegerischen Spannung zwischen den lateinischen Mächten stehen. Bedenkt man, was wir sonst der Labour- Regierung danken— die Haager Abkommen, die Rheinlandräumung, das Einschreiten des Völkerbundes gegen Polen — so ergibt sich eine geradezu glänzende, beispiellos erfolgreiche außenpolitische Bilanz für Henderson und Macdonald. Aber zur gleichen Zeit, da die Labour-Regierung solche Erfolge erzielt, steht sie innenpolitisch vor den grötzten Schwierigknien. Auf der einen Seite rührt sich in den eigenen Reihen eine Opposition, die mit den Erfolgen der bisherigen Politik nicht zufrieden ist. Der ehrgeizige Aristokrat Mosley hat mit drei Anhängern die Fraktion verlassen, einige Abgeordnete der Partei haben ihr bei der Schulbill Schwierigkeiten wegen der konfessionellen Schulen gemacht; der Unterrichtsminister Trevelyan mutzte zurück- tvetcn. Auf der andern Seite setzt die Bourgeoisie im Unterhaus die Liberalen gegen die Arbeiterpartei ein und, wenn das nicht verfängt, so opponiert das Oberhaus, die Kammer der Lords, gegen die Gesetzesanträge der Regierung. Ueber die Lords ist die Schulbill (Verlängerung der Schulpflicht bis zum 15. Lebensjahr), über die Liberalen und dre Lords Die goldene Galeere •in'Momaw mm Oer 3ilmtn0ufirU. »»»» MV ttz U. vmtlchi t«K Man hatte seinen Namen zwar noch nie gehört, doch sollt« er in Amerika bereits Geltung haben. Der Ungar hatte angeblich drei Jahre in Hollywood gearbeitet und nicht nur Gesellschaftskomödien, sondern auch große Ausstattungsfilme gedreht.- Mes Welterfolge. Ein ganz großes Talent. Deutschland werde staunen. Der Mann, den die deutsche Filmindustrie braucht. Sagte Mandelberg.— Ulfar hatte noch nie so leicht an einem Manuskript gearbeitet, wie an dem der Mond- scheinliebe. Nicht etwa, weil die Arbeit ihm Freude gemacht hatte, sondern weil das Thema so albern, die Fabel so wirklichkeitsfern war, daß ihm vorkam, als schriebe er eine Parodie auf ein Filmmanuskript. Da das Buch fast eine Parodie war, gefiel es Ditter außerordentlich. Er nahm den pseuoo- romantischen, reichlich verzuckerten und gut ge- schmalzenen Unsinn noch ernst und versprach als Dank für diese ausgezeichnete Arbeit große, sei- tcem Ehrgeiz entsprechende, neue Aufgaben. Nach der Ablieferung des Drehbuches kreisten Ulfars Gedanken wieder um Eldrid. Er war bei der Premiere des Afrikafilms gewesen, hatte sich ihr aber nicht genähert. Er war oft an ihrer Wohnung vorübergegangen, er hielt schon die Klinke des Haustores in der Hand, aber er kehrte immer wieder um. Es mußte noch Zeit verstreichen. Wie der Wüstenwind viel Sand über die Knochen verdursteter Tiere wehest muß bis die gelbe Fläche wieder glatt und friedlich unter der Sonne liegt, so mußten noch viele Stunden die eine Stunde des Streites überdecken. Jn- desien wuchs in ihm ein neuer Traum. Er die Gewerkschastsbill(Wiederherstellung des unbeschränkten Streikrechts) zu Fall gekommen. Macdonald hat in der letzten Fraktionssitzung erklärt, daß er die vom Oberhaus abgelehnten Anträge den Parlamentsakten ein- verleibett werde, was ihre automatische Ge- setzweüning nach einer Frist von zwei Jahren bedeutet, und daß er im Unterhaus die Liberalen zum offenen Kampf herausfordern werde. Das kann angesichts der außenpolitischen Erfolge, die eine für Labour günstige Stimmung schaffen, und angesichts der unerledigten Wahlreform, ohne welchen den Liberalen kein großer Erfolg winkt, noch einmal die Kapitulation der Liberalen bedeuten, es kann aber auch, da Lloyd George selbst mit! einer großen Opposition in seiner Partei rechnen muß, zum Bruch führen und Neuwahlen im Mai oder Juni bedeuten. An dem englischen Beispiel zeigen sich die ungeheuren Schwierigkeiten, unter denen eine Minderheits- oder Koalitionsregierung der Arbeiter zu leiden hat, mit besonderer Anschaulichkeit. Die größten Erfolge auf der einen Seite vermögen Mißerfolg auf der andern nicht zu verhindern. Auch das Beste, was da geleistet werden kann, bleibt Stückwerk und die Partei muß jeden Augenblick darauf gefaßt sein, an die Wähler appellieren und zu ! neuem Kampfe antreten zu müssen. Krumpe Kritisiert Es wird ewig das Geheimnis der christlichsozialen Partei bleiben, warum sie zu allen Attacken gegen das Fürsorgeministerium just immer den Herrn Krumpe herausstellt. Denn keiner versteht es so gut wie er, immer so zu schießen, daß der Pfeil auf den Schützen zurückfällt. Diesmal hat er die vom Genossen Czech zunächst für zwei Monate errichteten Tagesheimstätten für jugendliche Arbeitslose zur Zielscheibe seiner Angriffe erwählt. Neun deutsche Städte in Böhmen schalten je 9000 Kronen monatlich, damit den Jugendlichen ein geschützter Aufenthalt, nützliche Beschäftigung und warme Verpflegung geboten werden kann. Herr Krumpe möchte diese neun Städte am lichsten gegen den Fürsorgeminister aufputschen, mit dem gelungenen. Argument, daß sie durch die Aktion mindestens mit dem Doppelten der chnen zugewiesenen Summe belastet werden. Die trockene Wahrheit ist die, daß die Städte für den guten Zweck das Lokal bei st eilen sollen. Deshalb läuft Herr Krumpe gegen eine Aktion Sturm, von der man glauben sollte, daß sie jeder Jugendfreund aus vollem Herzen begrüßen müßte. Aber Herr Krumpe hat es sehr eilig, zu beweisen, daß außerhalb der Reihen der Sozialdemokratie keinerlei Verständnis, auch für die wohltätigste Aktion, zu finden ist. Er schreibt: „Ein neuer Erfolg der Sozialdemokratie und ihres Ministers? Ein Kopfschütkeln bei den ortsvertrauten Personen, energisches Betreiben bei den Sozialdemokraten schließlich halb nicht gewollte Zustimmung." Köstliches Eingeständnis! Nur ungern stimmen die Bürgerliche einer Fürsorgeaktion zu; sie möchten, wie Herr Krumpe weiter verrät, die Jugendlichen sirr das Geld des Minifte- ' riums lieber zu„leichten Arbeiten in Gelände- und Stadtgärtnerei" verwenden. Ein würdiger Prinzenerzieher! Ob er die ihm anvertrauten Habsburgersprößlinge auch zum Umgraben oder Steineklopfen— leichte Geländearbeiten— an» gchalten hat? Besonders schlimm ist Herr Krumpe auf den bösen Dr. Czech zu sprechen, well er es mit seiner Aktion eilig hatte und einzelne Sitzungen zur Vorbereitung gar telephonisch einberufen wurden. Das ist für einen der Väter der BerwaltungSreform freilich eine schreckliche Vorstellung; aber der Schrecken über solche ganz unbürokratische Art eines sozialdemokratischen Ministers rasch zu handeln, damit die geherzten Lokale nicht erst im Hochsommer zur Verfügung stehen, hindert, ihn keineswegs, in demselben Artikel über viel Mrpier, viel Statistik, viel Bürokratie bei den Fürsorgeaktionen zu klagen. Als ob wicht Genosie Dr. Czech die Ernährungsaktion im Vorjahr förmlich aus dem Boden ge-. stampft hätte, ohne einen vermehrten bürokratischen Apparat, mit den einfachsten Mitteln. Milchaktron, Werhnachtsaktion, Ernährungsaktion, Produktive Arbeitslosensürsorge, das sind Herrn Krumpe zu viel Aktionen, aber zu wenig Wirksamkeit. Während die Steigerung der Ernährungsaktion auf zwölf Millionen nn Monat den Kommunisten und Hakenkreuzlern die Rede verschlagen hat, möchte Herr Krumpe wieder einmal Vergleiche mit der Sozialfürsorge des Bürgerblockes herausfordern. Besonders sachkundig kritisiert er die produktive Arbeitslosenfürsorge: „Am wenigsten produktive Arbeitslosenfürsorge, kein Lohn, nur Unterstützung. Ter Zuschuß für Notstandsarbeiten kann von den Gemeinden nicht angefprochen werben, weil die Arbeiten selbst von den Bezirksbehörden nicht bewilligt werden!" Keine dieser Behauptungen ist auch nur halbwegs richtig. Daß die produktive Arbeitslosenfürsorge in Lohnzuschüssen besteht, muß ein Gesetzgeber— der für das Gesetz gestimmt hat— nicht wissen. Aber dessen sollte er sich erinnern, daß, wenn die Bezirksbehörden die Bewilligung nützlicher Arbeiten verweigern können, seine Regierungstätigkeit daran schuld ist. Er sollte aber auch wissen, daß trotzdem, und nicht zrlletzt dank der von den Sozialdemokraten durchgesetzten Novelle zum Gemeindefinanzgesetz, die durch Lohnzuschüsse unterstützten Notstandsarbeiten überall in vollem Gange sind. Bis Ende Februar waren an solchen Unterstützungen schon 36 Millionen bewilligt; das bedeutet die Beschäftigung von 60.000 Arbeitern durch drei Monate! Herr Krumpe soll uns doch eine Tat des Bürgerblocks aufweisen, die sozialpolitisch annähernd so fruchtbar gewesen wäre! Ist es schon an und für sich ein groteskes Bild, Herrn Krumpe in der Pose des Verteidigers der Gemeinden zu sehen, als ob es nie eine Verwaltungsreform und ein Gemeindefinanzge- setz gegeben hätte, so wird die Sache noch komischer, wenn seine Verteidigung auf eine schwere Anschuldigung der Gemeinden und Bezirke hin- ausläust: „Zur selben Zeit werden die Notstandsarbeiten desselben(— deutschen) Gebietes zu 99 Prozent ortsfremden Tschechen vergeben." Das ist schon beinahe die Geschichte vom zerbrochenen Topf, der schon kaputt war als er ausgeborgt wurde, aber ganz zurückgegeben wurde: Erstens gibt es gar keine Rotstandsarbeiten, zweitens werden sie an Tschechen vergeben. Da aber die Notstandsarbeiten nicht vom Staate, sottdern von den Bezirken und Gemeinden vergeben werden, würde sich die Beschuldigung nur gegen die deutschbürgerlichen Gemeinde- und Bezirksmehrheiten richten— wenn wollte mit Eldrid fortfahren, der Frühling kam, er wollte sie ein paar Wochen für sich haben, er gab den Kampf noch nicht auf, Mit dem Geld, für das er sich verkauft hatte, wollte er sic wieder zurückreißen, zu sich, zu seiner Sache. Er rief sie nach einigen Tagen an, fragte, ob er kommen dürfe. Sie mußte die Fingernägel in die Handballen krallen, um nicht vor Freude aufzuschreien, als sie seine Stimme hörte; sie rief ihn, er sollte bald kommen, gleich, sofort, sie liebkoste mit den Augen jeden Gegenstand im Zimmer, den er einmal berührt hatte, sie lebte die halbe Stunde, die er brauchte, um bei ihr zu sein, nur den Dingen, die in seiner Nähe gewesen waren und die er liebte. Es war draußen schon warm, aber sie ließ im Kamin Feuer anziinden, heute sollten die schwarzen Schatten mit den roten Rändern wieder an der Decke tanzen, heute sollte ihr Herz chlagen, zittern, mit jenem fernen Takt ahnungsvoller Unheimlichkeit. Als die Glocke anschlug, rannte sie ihm entgegen, Minuten und Minuten hielten sie sich stumm in den Armen, es war, als finge alles von neuem an, und als wäre gestern nichts gewesen. Auch an diesem Abend brannte kein Licht im. Zimmer, aber das Feuer.flackerte seine Schatten über die Wände, vergrößerte die Umriffe der Dinge gespenstig und gab ihnen Leben. Auch an diesem Abend sprach Eldrid nicht, ein großes Schweigen war im Raum, jene Stunde des schicksalhaften Schweigens, die mehr Worte in sich trägt, als Menschen erdenken und aussprechen können; jene Stunde des Schweigens, dje wie der weiche Fittich eines güten Engels ist. * Eine swlze, weiße Rauchwolle schwebte wie eine Fahne über der Lokomotive, die Räder rollten, an. Sonne brqch sich in den Fenstern, Licht- lluten blendeten, als der Zug die Halle verlaffen hatte. Die Vorstadt kam, mit ihr die ersten Gärten, die ersten Bäume, die ersten Blüten. Die Eben« rechts und links atmete Frühling; auf den Seen und Flüssen, auf den leichtgekräuselten Wasserflächen lag Frühling; im Lächeln aller Menschen lag Frühling. Was dumpf und schwer war, vollgesogen mit der Düsterkeit des Winters, blieb hinter ihnen zurück, in der steinernen Stadt. Dort saß irgendwo in einem Granitquader ein Mensch und zerbrach sich den Kopf über ein Filmmanuskript, über eine Rolle für Eldrid Alexa, für eine Frau, die ein Name war, ein Bild auf einem Plakat. Die lebendige Eldrid Alexa aber hatte längst der Frühling gefaßt mit seinen seidenweichen Händen, seine Sonne hatte er um ihre Augen gesponnen und sein Licht in ihr Haar ergoffen. Fern war die steinerne Stadt, lern die entwaffnete Lächerlichkeit, die unbesiegbare Geistesarmut der Menschen, mit denen sie Tag um Tag zu schaffen hatte; und die großen, öden Hallen mit den Wänden aus Holz und Pappe, die heißen Lichtquellen mit ihren grell blendenden Strahlenkegeln, die schrillen Pfiffe und der Lärm der streitenden Menschen ivaren nur ein Alptraum, den die seidenweiche Hand des Frühlings von der Stirn strich. Die Grerrze kam, der Zug kroch durch Tunnels, Dunkelheit fing sie, ließ sie wieder los, fing sie wieder, trieb ein erbarmungsloses Spiel mit ihnen.- Dann standen sie auf fester, frühlingswarmer Erde, irgendwo im Salzburgischen, kamen zu einem kleinen Haus, irgendwo, hoch über einem einsamen, stillen, vergessenen See. Es war wie«in Puppenhaus, die Zimmer waren Puppenzimmer, vom Winter her lag noch ein leiser Moderdust in den Laden, in den Schränken. Man mußte die Fenster weit aufre'.ßcn, dann sah man den See, der unermüdlich sein». Wellen gegen das Ufer warf, dessen Sinn es war, sich im Herrlich-Sinnlosen ewig zu verzehren. an ihr überhaupt ein wahres Wort wäre. Darüber werden sich die deutschen Selbstverwaltungskörper mit Herrn Krumpe schon auseinandersetzen. Herr Krumpe, nur von der Begierde besessen, der Sozialdemokratie eins auszuwischen, hat wieher einmal blindlings um sich geschlagen, wobei aber nur er selbst die Prügel abbekommen hat.„Wirrwarr der Fürsorge" nennt er seinen Artikel und zum Schluffe stellt sich heraus, daß- der Wirrwarr nirgends sonst besteht als— in seinem Kopf! Aendenmg der Lereinsgesetzer. Sozialdemokratischer Antrag im Parlament. Prag , 5. März. Heut« wurde im Parlament der Antrag der Genossin Blatnh aufgelegt, der die Aufhebung der Bestimmungen der 88 29 bis einschließlich 35 des Bcreinsgcsetzes vom Jahr« 1867 fordert. In der ausführlichen Begründung heißt es, daß die Bestimmungen des Bereinsgesetzes über die politffchen Vereine durch di« tatsächliche Entwicklung läng st überholt sind. Schon im alten Oesterreich sind mächtige politische Organisationen entstanden, ide in Zweigorganisationen gegliedert waren, mit anderen Organisationen in Verbindung traten, sogar über die Grenzen des Landes hinaus zusammengeschlossen waren, Frauen zu ihren Mitgliedern zählten, kurz all das taten, was das Vereinsgesetz in seinem zweiten Abschnitte untersagt- In der Republik fft die Entwicklung noch weiter gegangen. Die Politffchen Parteien sind nicht nur de facto zu den eigentlichen Trägern der politischen Macht geworden, sondern sie sind auch de jure durch die verschiedenen Wahlordnungen und das Gesetz über das Wahlgericht als Träger Politischer Rechte anerkannt worden. Zugleich sind aber die Parteien auch quantitativ gelvachse». Sie unterhalten Unternehmungen, wie insbesondere Zeitungen, Druckereien; Verlagsaustaltcn, wobei zu den kompliziertesten juristischen Konstruktionen gegriffen werden muß, um das faktische Eigentum der politischen Partei bei formaler Rechtsunfähigkeit zu sichern. Die Antragsteller sind sich sehr wohl dessen bewußt, daß auch die übrigen Bestimmungen des Vereinsgesetzes reformbedürftig sind. Zur Durchführung einer solchen Gesamtreform wären aber legistischc Vorarbeiten notwendig, währet) die Beseitigung des jetzigen unmöglichen Zustandes auf dem Gebiete der politischer. Vereine durch einfache Aufhebung der im Texte des Antrages zitierten Bestimmungen möglich ist. ' Ganz besonders aber ist die Beseitigung der Ausnahmsbestimmungen notwendig, nach denen Frauen von der Mitgliedschaft Politischer Vereine ausgeschlossen sind. Diese Zurücksetzung der Frauen kann angesichts der steigenden Beteiligung der Frauen am politischen Leben, angesichts der Taffache, daß sie bei uns das Wahlrecht genießen und auch in demselben Maße wie die Männer tatsächlich ausüben, nicht länger bestehen bleiben. Sie widerspricht auch der ausdrücklichen Vorschrift der Verfassung, welche Unterschiede des Geschlechtes nicht anerkennt. Zwar besitzen diese rechtlichen Beschränkungen .angesichts der heutigen Entlvicklung keine übermäßig praktische Bedeutung, um so mehr ist aber die formale Beseitigung dieser Beschränkungen gerechtfertigt.. Ulfar nahm EldridS Hqnd, und ihre Blicke lvareil wie ein Versprechen: für diese Tage mußte alles hinter ihnen bleiben, die Ateliers und Büros, der Streit um Rollen und das Bangen vor Kritiken, der Klaffch und der Neid und die Eifersucht und der Haß, den die große S»adt in den Menschen anhäuste und explodieren ließ. Sie vergrüben sich in diese Einsamkeit, sie war so seltsam weit und offen, sie hatte ein Herz, ein großes, pochendes Herz, sein Schlag bebte:m Boden und die Wildbäche waren sein Blut. Di« Tage waren schon lang, die klingenden Sonnenstrahlen kiesen tausend Blüten aus dem Boden und aus den Bäumen, aber sie lockten noch wenig Menschen aus der Stadt in diese Berge. Stundenlang konnte man durch die Wälder gehen, allein mit sich und seinen Gedanken. Die kleinen Brücken über die Bäche waren noch krank vom Winter» ihr kleiner Körper war noch ausgeriffen, ihre Wunden waren noch nicht geheilt. Man mußte vorsichtig über ihre schmalen Bretter tasten. Die Bauern machten große Augen, als sie die beiden fremden Menschen sähest; es war noch früh für fremde Menschen» sie kamen immer erst, wenn die Saat schon hoch stand und das erste Heu gemäht war. An den ersten Tagen packte sie das Wunder einer Blüte, fing ein Baum sie mit seinen grünen Zweigen wie mit gierigen Fingern und ließ sie nrcht los. Bald aber zerbrach dieses Wunder. Bald aber, sie fühlten es.beide und wagten es nicht auszusprechen, strömte ihnen aus diesem blühenden Leben nichts mehr zu; die Stimme des Wildbachs war stumm für sie, die Berge wurden Kuliffe, die Blüten waren nicht anders, als die Blüten hinter dem Glas einer Blumenhandlung in der steinernen Stadt. Knospen und junge Tiere weckten nichts mehr in ihrer Seel«, sie gingen an ihnen vorüber und dachten an sich. (Fortsetzung folgt.)
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11 (6.3.1931) 56
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