Seite 2Freitag, 18. März 1881.Nr. 62.gleichbedeutend damit wäre, eine ausgesprochene Rechtsregierung mit den Hakenkreuzlernund Deutschnationalen ans Ruder zu bringen.Somit gilt es zu entscheiden, ob es vernünftiggehandelt wäre, diesen Ersatzbau für ein altesPanzerschiff zu einer Kabinettsfrage zumachen, wobei zu bedenken ist, daß der Baudes Panzerkreuzers dadurch nicht im geringsten aufgehalten werden könnte, denn eine Regierung, in der die Nationalsozialisten undDeutschnationalen die erste Geige spielten,würde sich bei militärischen Rüstungen gewißnoch wcnlger Beschränkungen auferlegen, alsdie gegenwärtige. Die Nazis, die außerhalbdes Reichstages stehen, lauern natürlich aufeine Gelegenheit, die Regierung Brüning, dieimmerhin einen gewissen Schutz für die denro-kratische Verfassung bildet, zu stürzen und sichaus parlamentarischen! Wege der Staatsmachtzu bemächtigen, um die mit außerparlamentarischen Mitteln zu kämpfen sie nach ihremAuszug aus dem Reichstage vorsichtigerweisenicht gewagt haben, denn sie wußten, daß dasReichsbanner und die Machtmittel vor allemdes preußischen Staatsapparates, der sich inden Händen der Sozialdemokraten Otto Braunund Karl Severing befindet, stark genug«wären,um jeden Putschversuch niederzuschlagen. Nunhat aber die Abstinenz der Nazis ergeben, daßdie Regierung zur Erledigung der Etats keineMehrheit besitzt und wollten die Sozialdemokraten den Sturz der Regierung verhüten, inder sie wohl nicht vertreten sind, deren Beseitigung jedoch die Etablierung einer noch weiter rechtsstehenden Regierung zur Folge hätte,so mußten sie sich bereit erklären, für den Etatzu stimmen. Den Bau des Panzerkreuzer fürden Augenblick— und nur für den Augenblick! zu verhindern und dafür eine Regierungskrise in diesem kritischen Augenblick ün-zutauschen, konnte unsere Partei nicht riskieren. Freilich tritt für sie noch die Schwierigkeit hinzu, daß im Etat des Reichswehrmini-steriums diesmal auch der zweite Panzerkreuzer zur Entscheidung steht und die„Arbeiter-Zeitung" hat recht, wenn sie sagt, daß sich indieser Panzerkreuzerabstimmung die ganzeSchwierigkeit versinnbildlicht, in der sich dieSozialdemokratie rm Rumpfreichstage befindet.Bei ihrem Verhalten muß sich die Sozialdemokratie von der Erwägung leiten lassen, nichts zu tun, was eine Steigerung derfascistischen Gefahr im Gefolge hätte. Die sozialdemokratische Fraktion hat durch ihrenSprecher im Haushaltungsausschuß erklärt,sie verschließe sich nicht der Erkenntnis, daßalle an der Erhaltung des demokratischenRegierungsshstemS interessierten Parteien ausder gegenwärtigen Lage bestimmte politischeFolgerungen zu ziehen haben, aber geradedarum habe sie das Recht, zu verlangen, daßdie von ihr einzubringenden steuerpolitischenAnträge ebenso Berücksichtigung finden, wieihr» Forderungen auf sozialpolitischem Gebiete, damit die finanzielle Belastung, die durchdaS Flottenbauprogramm erwächst, durch eineentsprechende Entlastung der arbeitenden Bevölkerung ausgeglichen werde. Bon demMatze des Entgegenkommens will die Parteierst ihre endgültige Stellungnahme abhängigmachen. Durch das starre Festhalten desReichswehrministeriums an der Forderungnach dem Bau des neuen Panzerkreuzers ister direkt zu einer Schicksalsfrage der Demokratie geworden und di« Sozialdemokratie kannsich bei ihrer Entscheidung der Einsicht nichtverschließen, welch ein gewagtes Spiel eswäre, im Augenblick den Sturz der Regierungherbeizuführen. Andererseits steht freilich zubedenken, ob die Opfer, welche unserer deut schen Partei zugemutet werden, auf die Dauernicht solche sind, daß es n o ch m e h r riskierenheißt, wenn sich die Partei an ihnen verblutet.Man darf der Klugheit und dem Verantwortungsgefühl der Führung der deutschen Sozialdemokratie voll vertrauen, daß sie in denSchwierigkeiten, die sich für sie aus der gegen-wärtigen Lage ergeben, den richtigen Weg zuschreiten verstehen wird.Das erinnert schon an die Anekdote vontKaiser Franz Josef und dem Grase» Wekerle,der in Hoskreisen dafür bekannt war, immer zulüge». Ernes Tages fragte ihn der Kaiserwahrend einer Audienz nach dem Welter.„Esregnet, Majestät", sagte Wekerle; der Kaiserging an- Fenster, überzeugte sich von demRegenwetter und sagte:„Sie irren, Wekerle,es regnet wirklich". Wekerle wäre der Mannder„Deutschen Presse"! Denn da Dr. Wolfvor gab, für die Abtreibung aus sozialenGründen zu kämpfen, hält sie es für eine Lüge,daß er tatsächlich dafür und nicht dagegen kämpft.Sie hatte geglaubt, er müsse das Gegenteildessen tun, was er predigt.Warum ist sie aber gegen jegliche Abtreibung? Nur aus Menschlichkeit:4... Ein Abgrund menschliche» Jammerswird offenbar. Ist das abschreckende BeispielTowjrtytßlands nicht genug? Dorr hat»ranbitter« Erfahrungen gemacht. Wohl ist in Rußland die Abtreibung freigegeben, aber die Sowjetslassen in allen Kinos einen Lehrfilm laufen, indem di« Schrecken der Abtreibung gezeigt und dieFreude am Kind verkündet wird. Sowjerrußlandwürde das nicht rua, wenn«r nicht aus derPraxis gelernt hätte. Run soll da» deutsche Bolleinem solchen Experiment ausgeliefert und inseiner Lebenswurzel vernichtet werdens"Wir ntöchten di«„Deutsche Presse" aus ihrGewissen fiagen— aber bitt«, sich in der Ant-wort nicht naiv stellenl— ob ihr nicht bekanntist, daß eben trotz des Kerkerparagraphen jährlich viele Tausende Abtreibungen startbaben unddaß der Prozentsatz der Sterblichkeit deshalb sogroß ist, weil die meisten von Kurpfuschern vor-genonimen werde«. Wir möchten sie fragen,ob ihr so ganz unbekannt ist, daß jede Dame,die genügend Geld hat, sich eine fachmännischeund relativ gefahrlose Abtreibung leisten kann,daß aber die Proletarierin immer wieder derKurpfuscherin und damit Siechtum und Tod ,ndie Arme getrieben wird?! Auch in. die Siutl-garter Affäre sind sehr hohe Damen und Herren, sogar Herren der Geistlichkeit, verwickelt!Die sozialen und medizinische» Gründe fürdi« Beseitigung des Kerkerparagraphen seien„nicht zwingend", meint die„Deutsche Presse".Nach der Ansicht jenes Kaplan F a h s e I, der inseinen Borträgen faselt, es mühten soviel Kindergeboren werde», daß sie auf der Straße liegen,dann erst würden die Kapitalisten mildtä. gcrwerde«, nach der Ansicht dieses Schwätzers sinddie Gründe sicher nicht zwingend. Aber emePartei, die„v o r g i b t" sozial zu sei« unddie Nöte der Arbeitenden zu kennen, sollte sichdoch schämen, dieses Geschwätz nachzubete». D e„Deutsche Presse" weiß sehr gur, daß der tz 114unhaltbar, daß«r eine Peitsche für die proletarische Frau, daß er eines der ärgsten K assen-vrivilegien ist, aber sie ist es, die den Wolfim Schafspelz. spielt, die mit christlichenPhrasen hausiert, m Wahrheit aber die Sachedes Geldadels gegen die Arbeiterschaft vertritt!GehaNsafiblm der belgische»Sia-Isbeamie».Brüssel, 12. März. Der von der Regierungmit der beschleunigten Prüfung der Besoldungsfrage betraute Ausschuß hat eine Herabsetzungder Gehälter der Staatsangestellten um 6 Prozent beschlossen.Tiejer Höngen.Ser Deutsche Gewerkschaftsrat sagt:„Die Arbeiterschaft verjubelt ihr Selbiu den Güsthauseru".Die politischen Parteien des deutschen Bürgertums haben sich als Anhängsel zum Stimmenfang und zur Bekämpfung der Sozialdemokratieund der freien Gewerkschaften, unter den Arbeitern Einrichtungen geschaffen, denen sie dieNamen„Gewerkschaft" geben. So finden wir beider Deutschen Nationalpartei die„Gruppe derLohn- und Heimarbeiter", bei der Deutschdemokratischen Freiheitspartei, der jetzigen D. A. u.W. G., den„Deutschen allgewerfichaftlichen Verband". Diese gelbeite der gelben Auchgewerk-schaften gibt monatlich ein Mitteilungsblatt her»aus, daS den stolzen Namen„Der deutsche Arbeiter", Mitteilungsblatt für freiheitliche Weltanschauungen, trägt. In der Nummer 10, vom1. Feber 1931, finden wir nun folgende Notiz,die wohl wert ist, der Arbeiteröffentlichkeit bekanntgegeben zu werden, da sie so richtig dieSorgen dieser„freiheitlichen" Herren aufzeigt.Die Notiz lautet:Für die Lohnauszahlungen am Mittwoch. DerÜKVrrkschastsrat der 6.A.R.(Unter diesem hochtrabenden Namen verbergen sich die vereinigtendeutschen„Gewerkschaften". Di« Red.) hat an all«Abgeordnetenklubs das Ersuchen gerichtet, sich ein.zusetzen, daß die Lohnauszahlungen von Samstagauf Mittwoch»erlegt werden, damit die Arbeiterschaft, die am Samstag und den ganzen Sonntagüber feiert, nicht Gelegenheit gegeben werde, da«Geld in Gasthäusern zu verjubeln und dadurchihre Familien in Not zu bringe«. Auchbi« am Montag häufigen Betriebsunfälle, die nachdurchgezechten Nächten Vorkommen, sollen dadurcheingeschränkt werden.Das also find die Sorgen dieser Herren, diesich den Titel Gewerkschaftsrat beigelegt haben.Klerikale Sympathiekundgebungenlür den 8*44.Der Fall des Stuttgarter Dichters undArztes Friedrich Wolf, der mit einer ganzen Reibe anderer Äerzre angeklagt wurde, gegenden tz 218 des deutschen Strafgesetzes, der dieAbtreibung der Leibesfrucht verbietet, verstoßenzu haben, dieser skandalös« Versuch der reaktionären deutschen Justiz, einen der beredtestenund tapfersten Vorkämpfer eines freieren undmenschenwürdigen Sexualrechts auf Umwegenzu Fall zu bringen, löst bei unseren Klerikalenein« fieberhafte Propaganda für die Beibehaltung des schandbaren Kerkerparagraphen auS.Di«„Deutsche Presse" Mayr-Hartingswidmet dem Fall Wolf sogar einen Leitartikel,den sie mit verhatschtem Witz„Der Wolfim Schafspelz" nennt, was doch nur danneinen Sinn hatte, wenn Dr. Wolf sich öffentlichals Anhänger des§ 218 bekannt und insgeheimSie scheinen nicht zu wissen, daß die Arbeiter in-folge der Wirtschaftskrise, die Kurzarbeit undArbeitslosigkeit zeitigt, heute kaum noch das nackteLeben fristen können. Daß diese Herren von kulturellen Bestrebungen der Arbeiter keine Ahnunghaben, können wir verstehen. Nicht verstehen können wir es, daß sich die paar Anhänger dieserAuchgewerkfchaft diese Beschimpfung bieten lassen.Möglich, daß bei dieser Jammergewerkschaft esnoch einige Leute gibt, bei denen eS zutrifft, daßsie Samstag den Lohn in Schnapsbuden versaufen, denn nach unserer Auffassung können esnur geistig nicht auf der Höhe stehende Arbeitersein, die einen solchen Gewerkschaft»««» anerkennen. Zu dieser Auffassung berechtigt auch folgendes: Auf derselben Seite, auf der sich diefamose Mitteilung des Gewerkschaftsrates befindet, liest man ferner die Aufforderung:„Deckt euern Bedarf bei Firmen, diein unserem Blatt inserieren." Nunwer inseriert ständig im„Deutschen Arbeiter".Wir haben sechs Folgen vor uns liege«. In allensechs Nummern ist daS größte Inserat, eineviertel Seite, von oer Likörfabrik Schönpriesen vormals Gebr. Eckelmann,die ihr„Klostergeheimni8",„alterKorn",„Kleeblatt, Punsche, Rumusw. empfiehlt. DaS zweitgrößte Inseratlautet,„dar Nussiger Bürgerbräuempfiehlt sich von selbst!" Das ist daSGewerkschaftsblatt, daS als Titel„Mitteilung fürfreiheitliche Weltanschauung" trägt. Eine Kulturschande für das deutsche schaffende Volk, daß eSnoch Arbeiter und Angestellte gibt, die der Herausgabe eines solchen Blattes Staffage leisten.ES heißt D. A. W. G., man lese: DeutscherArbeiter wirst zum Gimpel!Abtreibungen vollzogen hätte. Da er in Wortund Schrift für das eintrat, wozu er als Arztseine Hand lieh, ist nicht«inzusehen, warum er«in„Wolf im Schafspelz" sein soll. D.«Klerikalen sind aber so an di« verlogene Hinter-treppenpolitik und Scheinheiligkeit.des JesuitiS-müs gewöhnt, daß ihnen ein ehrliches Handelneinfach unverständlich bleibt. DaS sieht dannin dem Jntelligenzblatt der Pfarrersköchinnen— die dem Thema wohl auch mehr als einbloß theoretisches Interesse entgegenbringendürsten— so auS:„Dr. Wolf wurde stüher schon bekannt durchsein Schauspiel„Eyankali", in dem er in derkrassesten und blutrünstigsten Weis« für die Frei-heil der Fruchtabtreibung«intrat.. Dieses Stückging fast über alle Bühnen. In Berlin erlebt« eseinen triumphalen Erfolg.... Und nun stelltsich heraus, daß dieser Dr. Wolf, der sich so geschickt den literarischen Schafspelz umzuhängenwußte, in Wirklichkeit schon alles das handhabt«,wofür'er mit soviel Pathos zu kämpfen vorgab."50'Bie goldene Galeeretfin Ttoman ano der 9thntn6nftrie.SM1680 dy V. vaublchk etrrkgibuchvmMung. MW.War ntan nicht ein Don Quichotte, wenn mandagegen streit«« wollt«, daß Menschen sich tvarvdein mußten, wie ihre Welt«8 forderte? ESwar beinahe ein Fum, wie dieses kleine, verschüchtert« Mädchen auS der Provinz an seinerSeite zum Leben erwachte, wie eS ernst und ehrgeizig wurde, und wie es sich jetzt wieder gehenließ, den Ernst verlachte, den Ehrgeiz verlor,Herz und Leib einem spielerischen Rhythmusübergab wie ein Kind das kleine, zerbrechlicheHolzschiffchen dem Willen eines gewaltigenStromeS.Endlüh riß die Musik ab, ein kaltes, nüchternes Schnurren des Apparate-, ein ErstarrendeS Tanzes in einer überraschten Geste des Erwachens. Eldrid setzte sich auf die Armlehne de»Ledersessels, ihre Hand spielte über seinen Kops,sie zitterte nicht mehr unter der Berührung seines Haares, sie ging darüber hin, wie über etwasVergangenes, das keinen Reiz und keine Gefahrmehr in sich barg. Dann sah sie ihn an, freundlich, wie«inen Freund, aber nicht mehr mit dergeheimnisvoll klingenden Stimme in den Augen,mit der sie ihn früher angeblickt hatte. Er standauf, ging zum Kamin, das Pendel einer Uhrfing seine Blicke und hielt sie fest, nahm sie mitauf seinen unermüdlichen einförmigen Weg. Sostirbt alles unter dem Pendel der Zeit, so verweht alles unter dem Hauch der Stunden undJahre.Sie tranken Tee und sprachen von belang-kosen Dingen. Sie umschlänge» sich, sie'spieltendie Komödie einer Liebe, dre nicht mehr in ihrenHerzen brannte, nur noch in ihrem Blut, undsprachen von belanglosen Dingen.^Sie bat ihn, er sollte noch bleiben, es warnicht spät. Aber er ging, er ging ohne Grollund doch so ernüchtert, wie noch nie. Vor zweiJahren hätte dieser Abend im Zeichen einer großen, trauervollen Stummheit gestanden, die demarmen gemordeten Tier gegolten hätte. Borzwei Jahren hätte Eldrid den Körper diesesTieres mit ihrem Körper geschützt. Nun lachtesie, nun gab sie sich der Musik. Das Pendelhatte recht. Die Zeit verwehte, und waS siemitnahni, starb.Er ging zu Fuß nach Hause, obgleich ereinen weiten Weg hatte. Er ging unter einemBaldachin von Licht, der sich von einer Straßenseite zur anderen spannte wie ein großes, weißesSonnensegel über das Deck eines Schiffs. WelcheLüge doch in diesem Licht lag! Es stürzte inleuchtenden Kaskaden niever, es machte Häuserfronten flammen, es ließ große rote und grüneRäder sich vor dem Hintergrund des Himmelsphantastisch drehen, und eS hatte doch nicht dieMacht, auch nur ein kleines, winziges Winkelchen im Herzen eines Menschen zu erhellen. DieSterne waren arm, die Sonne war arm gegendieses Licht, und doch konnte es nicht hindern,daß Menschen sich im undurchdringlichen Dschun,gel dieser Stadt verloren.Bor einem Nachtlokal blendete ihm eineMädchengestalt auS Licht entgegen: kokett da»Hütchen auf den Kopf gestülpt, die Beine imTanzschritt, die Arme erhoben. So war Eldriddurch ihre ersten Filme gegangen, so ging sieheute durch seine Wirklichkeit..Wenn du dichnicht schämtest, Ulfar, sagte er sich, würdest dujetzt losheulen. Aber dieses Weinen wäre Heldentum, wäre namenloses Heldentum der Verzweiflung. Und du b'st kein Held. So verbeißtdu vir die Tränen, so wirst du blind für dieLichter, taub für den Lärm, so findet dein Fußnur mechanisch den Weg, und al» eine Frau dichanspricht, an ein«' Ecke, eine Frau mit Augen Idie dich an Eldrid erinnern, eine Frau mitr.ijr—ummeinem Gang, in dem leis« das Wiegen von El-drids Hüften nachklingt, da nimmst du sie mitnach Hause.Du fuhrst sie in dein Zimmer, du siehst sielange an, sie versucht zu lachen, aber dein Gesichtläßt ihr Gelächter sterben.Sie will ihr« Kiewer ablegen, aber einWink deiner Hand hindert sie. Sie will gehen,aber du rufst sie zurück. Du drängst sie in einenSessel, du kniest vor ihr und legst deinen Kopfin ihren Schoß. Sie versteht dich nicht, ihreAugen fragen ins Leere, aber sie ahnt ganz leise,daß dich em großer Schmerz gefangen hält unddir ihm entfliehen willst. Und da sie ein Menschist, hilft sie dir, legt sie ihre Hand auf deinenKopf, und diese Hand ist anders al» EldridsHand, küßt sie dich auf die Stirn, und dieser Kußist anders als Eldrids Kuß. Dann wollen deineLippen ihren Mund, aber sie hat dich verstanden:du suchst die Mutter, und darum wendet sie deinen Kopf leffe ab, ganz leise, um dir nicht wehzu tun, deinem Leib nicht und nicht deiner Seele.So bleibt sie die ganze Nacht bei dir, undals du am Morgen dr« weißt ja nicht, wie dudich schämst, ihr Geld geben willst, da zittert ihre.Hand, und sie will es nicht nehmen, aber sienimmt es. denn sie ist hungrig.Als sie fort ist, wirfst du dich auf dein Bett,und nun, du Held, findest du endlich das großeHeldentum deiner Verzweiflung: du weinst.*Der letzte Berliner Mißerfolg veranlaßteMandelbera, den Zirkusfilm erst tu HamburgherauSzubrmgen, um der Berliner Premieremit guten Nachrichten von Hanrburger Erfolgenvorzuarbeiten. Eldrid und der Regisseur solltenmitfahren.Mandelbera stand vor dieser Reise wft einSchüler, der nickt» gelernt hat, vor einer Prü».fung: war das Glück ihm gewogen, kam er al»Sieger heim: hatte er Pech, war alles verloren.In dieser Verwirrung seines Herzens klammerteer sich an Eldrid. Er war wie ein Onkel zuihr, der die Welt nicht mehr versteht und beieiner jüngeren, kampfgewohnteren Richte Hilf«erbittet. Er kaufte ihr Blumen und Bonbons,spielte den großen Herrn, der wohl weiß, waSsich einer berühmt«» Schauspielerin gegenübergeziemt, und war dann wieder von einer fastrührenden Hilflosigkeit. Da» hatte er von seinenAhnen geerbt: man trug den Kopf hoch, solangedie Sonne schien, bei der ersten Gewitterwoffeaber zog man ihn ein und floh.Die' andere Stadt mit ihrer anderen Lüfthals ihm ein bißchen, auf die Beine. Sein«Furcht verschwand,«r spielte den Kenner derStadt, der einen Neuling herumführt und'hmdie Seltsamkeiten des Lebens in diesem Steingebilde erklärt. Er führte Edlrid zum Hasen»er führte sie auf die Reeperbahn, er bewundertemit ihr da» Rathaus, das geborene Hamburgergar nicht bewundern, er spendierte ihr im Uhlen-yorster Fährhaus eine fabelhafte Jause. Al»der Abend sank, wurde er unruhiger» das Klin-aelzeichen drohte, auf das der Lehrer durch dieTür tritt.Das Lichtspielhaus war festlich geschmückt,der Film gefiel nicht sonderlich, aber die An-we'enheit des Regisseurs und der Hauptdarstellerin, die sich zum erstenmal in Hamburg zeigte,aestaktete die Premiere zu einem starken, äußerenErfolg.Nun war die verhängnisvolle Stunde vorüber, der Schüler atmete auf, die Prüfung wargeglückt, Telegramme gingen nach Berlin, Mandelberg führte Eldrid in den Alster-Pavillon undnachher in den Alkazar. Soviel Freigebigkeitüberraschte sie, auch am Tag einer erfolgreich««Premier«. Er trank Champagner, er lachte wi«ein Kind, er legte seine Hand auf ihren Arm,und war nicht böse, als Eldrid sie wegschob.(Fortsetzung folg:.)