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11. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Ein Sowjetvertreter in Iofio

niedergeschossen.

Tokio  , 16. März. Der hiesige Handelssach­verständige der Sowjetregierung Paul Anife­jew wurde gestern früh um 9 Uhr beim Berlas­sen seiner Wohnung von einem unbekannten Tä­ter angeschossen und lebensgefährlich verletzt.

Der Attentäter hat sich heute freiwillig auf der Polizei gestellt. Er heißt Nobukaiju Sato und war früher Direktor einer Gesellschaft, die an dem Fischfang in den Nordgewässern überaus interessiert ist. Nobukatsu Sato gibt als Grund seines Anschlages seine Entrüstung über die Art und Weise, die die Sowjets beim Fischereikonflikt auf der Amur an den Tag legten, an.

Die Bombe im Straßenbahn­wagen.

Mikglücktes Attentat auf den Prinzen von Wales  ?

Buenos Aires  , 16. März. Am Tage der Anwesenheit des Prinzen von Wales   explo dierte in einem starf besetzten Straßenbahnwagen eine Bombe in dem Augenblick, als ihr Besiẞer, ein italienischer Anarchist aus Cordoba  , aus­steigen wollte. Der Italiener und zwei Jahr­gäfte wurden getötet, drei Fahrgäste schwer und eine Anzahl leicht verlegt.

Die Explosion erfolgte in einer der belebie­sten Straßen der Hauptstadt und erregte das größte Aufsehen. Bisher konnten noch nicht alle Einzelheiten über das Attentat ausgeforscht wer­den, doch beeilt sich die Polizei mit der Versiche rung, daß die Explosion in feinerlei Zusammen­hang mit dem Besuche des Prinzen von Wales  oder mit der Eröffnung der britischen   Reichs: ausstellung stehe.

Dienstag, 17. März 1931

Sozialdemokratische Mehrheit in Zürich  .

63 sozialdemokratische Mandate von 125.- Gewinn vier Mandate. Zürich  , 16. März.( Eigenbericht.) Die Kommunalwahlen in Zürich   haben der Sozialdemokratie einen glänzenden Sieg gebracht. In den Wahlen, die den Bürgerlichen die Mehrheit in der Stadterekutive bringen sollten, haben die Sozialdemokraten vier neue Mandate erobert und besetzen damit zum erstenmal die absolute Mehrheit mit 63 Mandaten von 125.

Die Kommunisten gewannen ein Bandat; ihre Mandatszahl steigt von fünf auf sechs. Die Bürgerlichen gehen von 61 auf 56 Mandate zurück.

Hakenkreuzlerische Mordtat in Hamburg  .

Ein Kommunist von drei Nazis im Autobus niedergeschossen. Hamburg  , 15. März. Das kommunistische Bürgerschaftsmitglied Henning ist in der letzten Nacht gegen 12 Uhr 40 in einem nach Hamburg   fahrenden Autobus erschossen

worden.

Henning befand sich in Begleitung eines Parteigenossen. In Fünfhausen bestiegen drei Männer den Autobus, die zunächst ruhig Plaz nahmen. Plößlich erhoben sie sich, zogen Pistolen hervor und riefen den Fahrgästen zu: Hände hoch!" Dann fragten sie Henning, ob er das kommunistische Bürgerschaftsmitglied André sei, und forderten ihn auf, seine Papiere zu zeigen. Als Henning hierauf seinen Namen nannte, erwiderten sie: Dich suchen wir gerade."

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Nr. 65.

Wie lange noch?

Von unserem italienischen Berichterstatter. Von Ausländern wird man oft gefragt, wie lange der Fascismus noch dauern werde. Die Lieblingsfrage derer, die an gerichtliche Prophezeiungen glauben, ist die, ob das Re­gime Mussolini   überdauern könne. Schon Matteotti   hat gesagt, daß es unmöglich ist, auf diese Frage eine Antwort zu geben, aber, daß sie gestellt werden, kennzeichnet die italienische Situation. Wem würde es ein­fallen, zu fragen, wie lange die Deutsche   oder die Tschechoslowakische Republif noch dautern werden. Beim Fascismus hat eben jeder die Vorstellung, daß er ein geschichtliches Zwis schenspiel, eine Episode sei. Und daß er selbst, als Regime diese Ueberzeugung hat, daß ihn von Zeit zu Zeit eine Torschlußpanik" über­tommt, beeinflußt in entscheidender Weise die italienische Politik.. Wer in ihr eine prinzi­pielle Richtlinie sucht, kann sie nicht verstehen. Verständlich wird sie erst als sich stets er­neuender, stets andre Formen annehmender Versuch, den fatastrophalen Abschluß der Episode hinauszuschieben. In der italienischen Stammer hat der Unterstaatssekretär des Innern, ein früherer Anarchist mit Nainen Acerbo, unlängst gejagt: Reinerlei Dul­dung, feinerlei Milde werden denen gewährt werden, die dabei beharren, in der fascistischen Revolution eine vorübergehende Episode zu schen". Der Fascismus will bei seinen Wider­fachern mit Gewalt ausrotten, was er in den eignen Reihen nicht beseitigen kann; empfindet es als die größte Bedrohung seiner Macht, daß die Gegner wissen, was er sich alle Tage sagt und was seine ganze Politik leitet. Berlin  , 16. März.( Eigenbericht.) Zu der Wir haben vorläufig die Macht. In der heutigen Reichstagssigung hat die sozialdemo- Folge werden wir die. Zustimmung haben", kratische Fraktion aus Anlaß der neuesten haken hat Mussolini   bald nach seinem Regierungs­freuzlerischen Mordtat in Hamburg   folgenden Antrag eingebracht: nicht eingetroffen. Die Zustimmung ist immer Der Reichstag   spricht seinen Abschen gegen geringer und damit die Anforderung an die die politische Mordhezze aus, die immer wieder zu Macht immer größer geworden. Alles, was politischen Bluttaten führt. Die Reichsregierung als Zwischenspiel, als Uebergang zur Norma­wird ersucht, im Einvernehmen mit den Regierun lität gedacht war, wird heute zur dauernden gen der Länder unverzüglich einen Gefeßentwurf Einrichtung des Regimes. Dieses saugt ge vorzulegen, der die Möglichkeit bietet, die Auf­forderung zum politischen Mord wirksamer zu bewissermaßen das Provisorische in sich hinein fämpfen, und schärfere Bestimmungen über den und wird dadurch selbst provisorisch. Handel mit Waffen und Munition bringt. Man denke an das Spezialgericht.

Im gleichen Augenblick gaben sie eine Anzahl Schüsse auf Henning ab, sprangen als­dann aus dem Wagen und schossen auch von draußen weiter in den Wagen hinein. Henning war sofort tot. Eine im Wagen befindliche Lehrerin erhielt zwei Beinschüsse. Die Täter entfamen im Dunkeln.

Die kriminalpolizeilichen Rachforschungen haben ergeben, daß die drei an der Tat betei­ligten Personen Mitglieder der nationalsozialistischen Partei sind.

Montag früh haben sich zwei der Täter bei der Polizei gemeldet. Der eine ist der frühere Polizeiwachtmeister Jansen, der wegen nationalsozialistischer Betätigung entlassen wurde, der zweite ein Handlungsgehilfe namens Ba mmel. Der dritte Täter namens Hod= maier wurde etwas später auf der Straße festgenommen.

Der Hamburger Senat   hat heute die natio­nalsozialistische und kommunistische Presse und alle ihre Ersazblätter, die beide in der gleichen Weise seit Wochen schon Mordheze betreiben, auf unbestimmte Zeit verboten. Auch die Berhandlungen mit Deutschlandtonalsozialiſtiſchen und foten bis auf weiteres untersagt

*

zur definitiven Regelung sozialpolitischer Fragen. worden. Berlin  , 16. März. Die offizielle tschechoslo­Eine offizielle Erklärung der Gauleitung der wafische Delegation, welche mit der deutschen Re- nationalsozialistischen Partei in Hamburg   gibt gierung die definitive Regelung der gegenseiti zu, daß die drei Täter ihre Mitglieder waren. gen Beziehungen hinsichtlich der Sozialver Sie hätten sich durch ihr Verhalten selbst aus der sicherung auf Grund der Gegenseitigkeit zu Partei ausgeschlossen und deshalb habe die Gau­Erde beraten soll, traf heute in Berlin   ein. Die leitung von sich aus der Polizei die Namen der Verhandlungen betreffen hauptsächlich die defi- Täter genannt. Im übrigen behaupten die Na­nitive Regelung der Verhältnisse in Fragen der tionalsozialisten, daß die Täter durch Lockspitel Stranfen, Unfall- und Invalidenversicherung provoziert worden seien. sowie der Pensionsversicherung der Privatange stellten und der allgemeinen Bergarbeiterversiche rung. Ferner wird über die Neuregehung des Verhältnisses der Schiffsbesatzungen auf der   Elbe und über die Frage der Arbeitslosigkeit in gegen­jcitiger Beziehung verhandelt werden.

Schlechte Aussichten für die Zollfriedenstonvention. Hitler  

hat Mitleid mit den Mordbuben

Rach'piel im Reichstag.

"

er

antritt gefagt. Aber dieje Prophezeiung iſt

Der jozialdemokratische Abgeordnete Soll- Das war aus der Attentatsfurcht entstanden, mann führte dazu aus, daß in feinem Land der das Attentat von Bologna   bot den Anlak zu Welt politische Bluttaten jetzt so häufig sind wie seiner Einsetzung. Es bedeutete die vollständige in Deutschland  ; das sei eine Schmach für Volk Aufhebung der bisherigen Rechtsgarantien und Kultur. Die Sozialdemokratie laffe sich und eine Verletzung der italienischen Ver. zwar durch das Auftreten der Mordbanden nicht fassung, in der es heißt, daß niemand seinen und läßt sie auf eigene Kosten verteidigen. einschüchtern, aber sie verlange, daß Banditen natürlichen Richtern entzogen werden kann. München  , 16. März. Adolf Hitler   veröffent- und Totschläger aus dem politischen Meinungs- Das Gesetz unterstellte gewisse Verbrechen ficht soeben eine Erklärung, in der es heißt: Jch fampf entfernt werden. Es stehe fest, daß an bedauere und verurteile die Tat der Hamburger der deutsch  - belgischen Grenze und in Mittel- so die Attentate gegen den König und gegen Parteigenossen auf das schärffte. Ich sehe aber deutschland   ein schwunghafter Handel mit Waffen den Ministerpräsidenten und die Gefährdung in den Tätern nur die unglüdlichen getrieben wird. Den politischen Mördern und des Regimes, die auch durch die Presse began­Genf, 16. März. Auf der Wirtschaftskont Opfer einer feit Monaten ungestraft betriebe- den intellektuellen Urhebern ihrer Taten müsse gen werden konnte- einem Parteigericht, ferenz des Völkerbundes, die heute vormittags das nicht aus Richtern, sondern aus Offizieren zujanimengetreten ist, hat sich schon in der Eren Blut- und Mordhezze der kommunistischen   endlich das Handwerk gelegt werden. Antifa. So sehr ich daher die Tat verurteile, Schon bei diejen Ausführungen machten die der fascistischen Miliz bestand. Vor diesem öffnungssigung ergeben, daß die Jutraftsegung so groß ist mein Mitleid mit den verirrten Kommunisten ungeheuren Lärm. Sie schickten Gericht fann jeder Verteidiger, der nicht der Genfer   Zollfonvention vont 24. März 1930 unglücklichen Parteigenossen, dann einen Redner vor, der nutr nebenbel gegen Offizier der Miliz ist, beanständet werden; nach wie vor großen Schwierigkeiten begegnet. Präsident Colijn   stellte durch direkte Anfragen die sich durch ihr Handeln selbst aus der Bewe die Nationalsozialisten sprach, in wesentlichen dent Verteidiger kann es verwehrt werden, den Das menschliche aber die Sozialdemokratie auf das wüsteite be- Angeklagten vor der Hauptverhandlung zu bei den eff Staaten, die bereits ratifiziert haben, gung ausgeschlossen haben. Das menschliche aber die Sozialdemokratie auf das wüsteite be­fest, daß feiner diefer Staaten die Intraft Mitleid aber zwingt mich, für ihren Rechtsschut schimpfte. sehen oder auch nur in die Akten der Vor­jetzung der Konvention für möglich hält, solange um so mehr aufzukommen, als dadurch vielleicht Der amtierende Vizepräsident Ejjer mußte die Ratifikation der anderen Staaten noch aus die Möglichkeit geboten wird, das gesamte den Redner dreimal zur Ordnung rufen und ihm untersuchung Einsicht zu nehmen. Die Sigun­ſtehe. Deutschland   auf die Leiden aufmerkjant su schließlich das Wort entziehen. Da er nicht die gen des Spezialgerichts finden tatsächlich unter Der deutsche Vertreter teilte mit, er könne machen, denen Zehntausende von Nationalsozia- Tribüne verließ, wurde er nach einer Sizungs- Ausschluß der Oeffentlichkeit statt, da nur heute schon erklären, daß Deutschland   die In- listen wegen ihrer deutschen   Gesinnung wehrlos unterbrechung auf dreißig Sigungstage aus Geheimpofizisten und Schwarzhemden ihnen beiwohnen. Das Gericht entscheidet ohne Be­fraftjezung der Konvention von dem Beitritt preisgegeben sind. Ich habe daher Rechtsanwalt geschlossen. rufungsinstanz und kann die Todesstrafe ver­Englands und Frankreichs   abhängig macht. Der Dr. Frank in München   beauftragt, die Verteidi­Vertreter Frankreichs   fonnte noch keine beſtimm gung der drei Täter zu übernehmen und werde hängen, die seit dem Jahre 1889 in Italien  ten Angaben über das Datum der Ratifizierung die Kosten hierfür aus Eigenem bestreiten. abgeschafft ist und erst durch das neue fasci­durch Frankreich   machen. Ueber verschiedene stische Strafgesetzbuch wieder in das Straf­Vermittlungsvorschläge dauert die Diskussion an. recht eingeführt werden wird. Bei der Ein­Berschlimmerung im Befinden setzung dieses Spezialgerichts erklärte Musso­Hermann Müllers. Annahme im Reichstag. lini ausdrücklich, er hoffe es vor Ablauf der Berlin  , 16. März. Im Reichstag   wurde das Berlin  , 16. März. Im Laufe des späten in dem Dekret vorgesehenen fünf Jahre wieder Genfer   Handelsabkommen vom 24. März 1930 eine Anfrage erklärte der Staatssekretär für In Nachmittags und abends trat in dem Befinden aufheben zu können. Im November 1931 wären nun die fünf Jahre zu Ende. Anstatt namentlicher Schlußabstimmung mit 232 dien im Unterhause: Seit der Verständigung zwvides früheren Reichskanglers Müller, der vorge- die Abschaffung hat aber der fascistische hohe gegen 106 Stimmen bei drei Stimmenenthal schen dem Vizelönig von Indien   und Ghandi tungen   angenommen. Dafür stimmten die Kom find bereits 14.000 Gefangene freigelassen wor- ſtern operiert wurde, eine Berschlimmerung ein. Nat beschlossen, vom 1. Juli des laufenden munisten, Sozialdemokraten, die Staatspartel, den, die wegen ihrer Betätigung des zivilen Un- Insbesondere machte sich im Laufe des Nachmit Jahres an, alle politischen Verbrechen des ein Teil des Zentrums und ein Teil der deut gehorsams zum Gefängnis verurteilt worden tags eine starke Schwäche bemerkbar. Die Aerzte neuen an diesem Tage in Kraft tretenden fchen Volkspartei. sehen den Zustand des Kvanken als sehr ernst an. Strafgesetzbuches dem Spezialgericht zu über­

14.000 politische Gefangene freigelassen. Die Folgen des Friedensschlusses in   Indien. London  , 16. März. In Erwiderung auf

waren.

Der sozialdemokratische Antrag wurde gegen die Stimmen der Kommunisten und der Land­volkabgeordneten angenommen.