Nr. 76 Sonntag, 29. Mörz 1981 PRAG  KLEIDER-COMPLETS KOSTÜME-MEIN TEL (Mitte des Grabens) i nur I. Stock um Eingang lm Hause PßlKOPY jy Hause Besuchet alle den Künstlerischen Abend am 1. April! Am kommenden Mittwoch findet, wie wiederholt angekündigt wurde, im Gewerkschafts  - baus am Perstyn(Prag I) ein künstlerischer Abend nnt vorwiegend heiterem Programm statt. Dieser Abend, der vom Bezirksbildungsausschuß veranstaltet wird, hebt sich aus der Reihe der vielen Veranstaltungen heraus, die die Prager  Bezirksorganisation in der letzten Zeit veran­staltet hat. An diesem Abend soll den Prager  Genossen Gelegenheit gegeben werden, wieder einmal im Rahmen der Partei eine ganz aufs künstlerische gerichtete Stunde zu verleben. Die Prager   Bezirksorganisation hatte es sich angele­gen sein lassen, für diesen Abend das beste bereit zu stellen,»nb hat dafür unter ziemlichem materiellen Aufgebot eine Anzahl ausgezeichneter Kräfte gesichert. Die Kunst des Herrn B a n d- l e r, der vor seinem Prager   Engagement als Baß-Buffo eine erste Rolle an der Wiener   Bolks- oper gespielt hat, ist fa dem großen Teil unse­rer Genossen ebenso bekannt, wie das vorzüg­liche schauspielerische Talent der Frau Halo- v a n i c z. Walter Taub   und Hans L i ch t w i tz, nicht zu vergessen den Chordirektor des Prager Deutschen Theaters, Herrn Schick, werden ein Uebriges tun, um diesen Abend so wertvoll und unterhaltend, wie nur möglich, zu gestalten. Wir halten es darum für selbstverständlich, daß die Parteigenossen, die in diesem Falle doch eine sehr angenehme Pflicht zu erfüllen haben, alle dem Abend beiwohnen! Die Unbestechlichen. Bor zwei Tagen erst hat das Ministerium für Nationalverteidigung es für nötig befunden, dem Publikum im Gerichtssaal seine absolute Un­bestechlichkeit vor Augen zu führen. Unbekümmert Um frühere Erfahrungen, die bewiesen haben, daß auch unter der Uniform Menschen mit mensch­lichen Schwächen zu finden sind, hat es die foren­sische Austragung eines Falles erzwungen, der heutzutage und auch hierzulande an sich nicht welt­bewegend wäre. Ein slowakicher Großgrundbe­sitzer, ehemaliger ungarischer Graf, muß dem Militär-Aerar einen tüchtigen Fetzen Boden ver­kaufen. Er bietet ihn mit 48 Millionen an und angeblich ist er das auch wert. Das Aerar bietet 21. Es stellt sich heraus» daß ein Oberstleutnant der Rocher de bronze ist, an dem jedes höhere An­gebot zerschellt. Man rät dem Herrn Ex-Grafen, sich doch persönlich an diesen Herrn zu wenden. Das Ministerium nun tut so, als ob dieses Bor- gchen das Außergewöhnlichste wäre, was sich zu- tragen kann. Der Graf und die Vermittler, die ihm zu dem Vorgehen rieten und es übernahmen, mit dem Oberstleutnant zu unterhandeln, scheinen die Sache nicht für dermaßen ungewöhnlich ge­halten zu haben, sonst hätten sie es nicht erst ver­sucht. W:e dem immer sei, bis hieher ist es der Versuch der Amtsbestechung und der Oberstleut­nant hätte eben abzulehnen und die Anzeige zu erstatten gehabt. Aber von oben kam der Auf­trag, die Sachelaufen zu lassen", das heißt, den Ex-Grafen regelrecht hineinzulogen. ' Dreierlei scheint bei diesem edlen Beginnen Triebkraft gewesen zu sein: der Wunsch, dem »ungarischen" Grafen   einmal zu zeigen, mit wem er cs zu tun hat, und ihm zu beweisen, daß esbei uns" nicht so zugehe wie vielleicht anders­wo...(denn daß man einen tschechischen Bank­direktor etwa auch erst gründlich hineingelegt und nicht einfach abaewinkt hätte, werden wir erst glauben, wenn es uns mit der gleichen Deutlich­keit ad oculos demonstriert wird!); weiter bestand wohl der Wunsch die Affäre aufzuziehen, um der Deffeutlichkeit und derBurg  " zu beweisen, welch Unbestechliches und mustergültiges Institut ein Ministerium unter agrarischer Leitung sei, damit Dar Leben einer LeginnSrr. 'Wenn Sie mir kein Geld geben, so gehe ich einfach zur Fremdenlegion". Schon manch­mal standen junge Menschen mit bittenden Äugen vor mir und stießen diese Drohung aus. Aber soeinfach" ist das doch nicht. Im Inva­lidengebäude zu Paris  , neben dem Grab Napo­ leons  , der im Jnvalidendom ruht, ist die Haupt­werbestelle, aber es ist einfach grotesk, sagen iu müssen, daß auch noch an der Stelle, welche die schlechtesten überhaupt möglichen Löhne zahlt, täglich viele Bewerber als untauglich abge­wiesen werden, was allein schon die dumme «egende widerlegt, Frankreich   habe eS nötig, ein hänzes Retz   von Werbern zu unterhalten. Frank­ reich   hat für bie. Fremdenlegion im Gegenteil überhaupt nichts nötig. Wo stehen die Kredite für die Legion? Im Budget des Kriegsministe­riums würde man sie ebenso vergeblich suchen wie im Budget des Kolonialministeriums. Tat­sächlich untersteht die Legion vor allem dem Kolonialministerium, aber sie erhält sich selbst, Frankreich   verdient sogar noch enorme Summen wt der Legion, sie ist für den Staat ei« produk­tiver Truppenteil. Dies konnte sich auch durch di« jammervoll« Zähnung erreichen lassen. Der Legionär erhält pvar bei der Ankunst in Afrika   50Q Franken, dann aber hat er nur«och euren täglichen Lohn do« 25 Centimes(30 Heller) in den ersten gewisse Voreingenommenhe ten gegen den Dauer­besitz von Portefeuilles zerstreut würden; und endlich wollte man, wie aus der Verhandlung er­sichtlich wurde, die Sacheexploitieren", das heißt den Verkäufer im Preise drücke». Das geschah denn auch und der schließlich hineingelegte Herr mußte aus die Drohung, draußen warteten zwei Detektive, einen Kaufvertrag auf 17 Millionen unterschreiben, den man allerdings später wieder änderte. Es oll für solche Gechaft.bräuche eine gesetzlich festgelegtc Definition geben, durch die sie unter gewisse verpönte Handmngen eingereiht werden; aber fern sei es von schlichten Bürgern, einem hohen Militär-Aerar solches anzusinnen. (Wir vermuten freilich, daß manchen! ein Fall im Kopfe umgehe, bei dem es anders aus­fällt. Ein Kaufmann will einen anderen zu einer strafbaren Handlung verleiten. Der sagt scheinbar zu, droht aber, als er Beweise hat, mit der Klage und bringt ein Geschäft in Vorschlag, bei den« der Kaufmann A. zu Schaden kommt. Akzeptiert er nicht,.so wartet draußen die Polizei. Staatsan­wälte und solche, die es werden wollen, sind wohl nicht im Zweifel, welchen 8 St.-G. das berührt. Aber selbstverständlich ist das ganz etwas anderes.) Die einigermaßen erstaunliche Art, in der das Ministerium die Sache des ungarrchen Grafen aufzog und die Unbestechlichkeit ferner Herrn im Gerichtssaal erwies, wäre vielleicht gerechtfertigt, wenn es nun wirklich in diesem Bereich nie und nimmer vorgekommen wäre, daß... Aber siche da, zwei Tage später wird ein Oberstleutnant wegen Assentschwindeltien verhaftet. Es ist natürlich möglich, daß auch er sich vom Verdacht reinwäscht und daß man wieder eininal eine Reihe lustiger Zufälle, bei denen man sich so trifft, wie schon einmal für Asserttschwindel gehalten hat. Immerhin, das Ministerium selbst dürste doch nicht so sicher sein, daß die Herren Offiziere ganz andere und generaliter ganz unbe­stechliche Menschen seien. Das Ministerium selbst traut einem Oberstleutnant immerhin zu, daß er Geld nehiire. Nur der Graf Palffy   hatte das einem Offizier nicht im entferntesten zutrauen und, als man Geld verlangte, rundweg sagen sollen- Herr, Sie«nachen Witze, ich lege meine Hand ins Fester, daß kein uniformierter Beamter ein Trinkgeld von 600.000 Kronen einsteckt. Die schönsten Prozesse nützen nichts und können durch den Kontrast tatsächlicher Ereignisse nur einen falsche«« Eindruck erwecken. Das Minu- sterium sollte sich doch lieber gesagt sein lassen, daß auch für uniformierte Staatsbürger der schöne Grundsatz gilt: Menschen, Menschen sind wir alle! So erfreulich es ist, daß der Graf Palffy  an den U n r e cht e n gekommen«st, so unerfreulich der Versuch bei dieser Gelegenheit beweisen zu wollen, daß cs denR echte n", an den so einer koinlncn muß, überhaupt nicht gebe. Da und dort gibt es schon eine». Darum wäre es besser, die HerzenSreinhert sterblicher Beamter, die gegen kein Straucheln gefeit sind, auch wenn einmal einer nicht gestrauchelt ist, nicht an die große Glocke zu hängen. Es«nacht keinen guten Ein­druck. Und«n der österreichischen   Armee, di« doch Tradition und Erfahrung hatte, wäre es zwar auch möglich gewesen, daß einer genommen" hätte, und auch, daß einer nichtgenommen" hätte, aber alles andere, was sich da um die Affäre Palffy zutrug, das tväre, unserer beschei- Monaten. Nach 18 Monaten hat er etwa 75 Centimes, und wenn es ganz gut geht, so kann er es im Laufe der 5 Jahre, für die er fest ange­stellt ist, auf höchstens 5.40 Franken pro Tag bringe««. An sich gibt es nach den ersten 4 Mo­naten Dienstzeit noch eininal eine Prämie von 500 Franken. Aber wer erhält diese wirklich? Die»«eisten werde«« schon vorher als untauglich entlasse««. Wie aber dieTauglichen" aussehen, das zu schildern, sträubt sich die Feder. Menschen aller Berufe sind da zusammengewürfelt, und es ist geradezu ein Wunder, wenn man einen Gesunden unter ihnen firrdet. Menschen aller Berufe, die auch auf ihrem Anmeldezettel irgend­einen Namen oder irgerweinen Beruf angegeben haben, aber bestimmt nicht den richtigem Nach 5 Jahren haben sie dann Papiere auf einen neuen Namen und können wieder austreten. Frankreich   erleichtert eS ihnen auch ungeheuer, französische Staatsbürger zu werden. Ueberall in Sudfrankreich   trifft man auf Deutsche  , die in der Fremdenlegion waren. Sie sind nahezu alle krank. Besonders die Geschlechtskrankheiten wüten unter ihnen in furchtbarster Weise. Das Schlimmste ist, daß die Legionäre ihre Krankheit den Eingeborenen übermitteln uttb so die Ansteckung dauernd weitertragen. Besonders die Bevölkerung von Jndochina hatte schwer darunter zu leiden. Darüber, wieviel« Personen seit dem 9. März 1831, den Geburtstag der Fremdenlegion, bereits in dieser Trupp« gedient haben, gibt eS denen Meinung nach, doch nicht gut mög ­lich gewesen! P»>« AlMtzIvRt. X Gleich vornctveg soll gesagt werde», was uns in dieser Woche an unserem Prager Rundfunk geärgert hat Aufrichtigkeit erhält gut« Freund schäft, gelt? Da ist erstens die Art, wie die Arbettrrsendung ohne jede Begründung abgesagt wurde wenn eS wahr ist, daß das Manustript des Bortrags von der Film­zensur nicht rechtzeitig beigestellt wurde, trrtzdem eS ihr doch rechtzeitig übergeben worden war, so wär« darin ein drohendes Anzeichen gegeben dafür, daß dieses Amtsschimmelchen altersichwary wird und in Pension zu senden wäre. Unliebsam fxl ferner die chauvinistisch« Ungezogenheit des Raduyournals auf, das bei dem Repräsentationskonzert des Klubs der Orchestralkünstler am Freitag, den Ä). März, abends, zwar tschechisch, französisch, englisch und italienisch, aber nicht deutsch ansagen ließ. Wayrlich viel Rück­sicht auf die Tausend« deutscher   Abonnenten In der Republik  , denen doch, bei der geringen Bemessung der deutschen Sendung, das musikalische Programm des Radiojournals mitgilt. Gespielt wurde übrigens unter der interessante» Leitung von Nikolai Malko  sehr schön. Die deutsche   Sendung arbeiicte wieder noch dem Grundsatz:Wer Vieles oringt, wird jedem etwas bringen." Nur dürft« unter dm» Biels«, in Anbetracht der kurzen Zeit,»ich: ausdrücklich Schwa­ches mitunterlaufen jeder Geschmack mutz wirk­lich nicht berücksichtigt werden. hieher zahle« wir z. B. dieFamiliensatireen". die Freu Gertrud Urzidil vortrug. Es war wohl das Milieu der guten Prager   Familie', dies« unnachahmliche At­mosphäre von Snobismus und Kleinstädlerei, tref­fend bis in die singend« Sprechart Hinern iargestellt. bar« Radrozert wegzunehmen. Auch das, was uns Frau Julia Wagner-Jauregg(Wien  ) über Frauenleben in der Sahara   zu erzählen wußte, er­hob sich nicht über das Anekdotische eurer scharfen, aber beschränkten Betrachtungsweise. Auch das von Red. Fritz Seemann geleitete Akustisch« Schall- plattenlabarett des Sonntags zeig«« nur n» den zwei Stücken von Hans Reimann   wirklichen Humor, daS andere war ttilS spießerisch,:ei»S Limonade alten Stils. ES mutz doch wohl bessere Schallplatte» die­ser Arr geben. Herr Manfred Förste«(Georgs- walde), wohl der berühmten.Klaviers'inta nahe­stehend, pries den Wert der Hausmusik und Fi« über­ragende Bedeutung des Klaviers'n derselben; Dr. Gerhard Hans Schulz(Prag  )'ährte die Stellung von Mann und Frau zum Buch aus de>« altbekann­ten Schulgegensatz: Mann--- Geist, Kampf, Energie, Frau Gefühl, Mitleid, Liebe zurück. Als Buchtag­feier war wohl etwas mehr zu erwarten gewesen. Nun aber genug der Kritik dankbar ver­merken wir wieder den klaren Vortrag des Herr» Leo Schleitzner(Prag  ) über die Instrumente des Orchesters(diesmal Violine und Bratsche) mit den hübsch gespielten Beispielen von Herrn Konzertmeister Josef Frankenbusch. Hier lernt der Lai« wirklich etwas und dabei in immer anregender Form. Fein war auch der Vortrag des Univ.-Prof. Dr. Max Eisler  (Wen) über den Bildhauer Anton Hanak  . Wie der Werdegang dieses geboren«« Brünners dar­gestellt wurde, sein von frühauf klar erkannter und folgerichtig gegangener Weg in sein« hohe Kunst hin­ein, das war wirklich genuhreich und gewinnend typisches Bild des dornenvollen Aufstiegs des be­gabten Proletariers. Freilich bleibt, was Wer bildende Kunst nur gesprochen wird, immer offiziell keine Statistik. Ich habe mich vor einigen Tagen mit einigen früheren Legionären zusammengesetzt, und w«r berechneten, daß etwa 270.000 Menschen schon in der Legion dienten. Die Hälfte davon waren Deutsche  . Heute stird 80 Prozent Deutsche   in der Legion. Meist ver­krachte Existenzen oder Arbeitslose. Seit Gründung der Legion hat diese schon an etwa 400 Schlachten teilgenommen. Der ge- wöhnliche Legionär kann für gute Bewährung nach 3 Jahren Korporal werden, und er kann es im Kriegsgebiet dann auf den Sergeanten bringen, wosur er etwa 1000 Franken im Monat und freie Verpflegung hat. Jeder Legionär willdÄoriert werden". Dekoriert Weichen" ist überhaupt ein Ausdruck, den die Legionäre dauernd unb für fast iebc Beschäftigung int Munde führen. Ein gewisser Abenteurergefft, der durch die Erzählungen der Vorgesetzten genährt wiich, verschafft manchem Legionär bei einer Schlacht tatsächlich auch die lang ersehnte Dekoratton. Ei« harter Drül herrscht bei der Trupp«, eine eiserne Disziplin. Nur abends nach der Arbeit ist man kameradschaftlich zusammen, da werden in dieser französischen   Truppe auch manche deutschen Lieder gesuNger«. Jedes Lied ist zuaüassen, nur eins nicht: die»^International«". Wehe dem Legionär» der die Internationale" singt! Er erhält sofort acht Tage Arrest! Kurt Lenz. etwas problematisch; ohne das lebendige Beispiel der Anschauung können doch nur vag« Begriff« vermittelt werden. Sehr erfreulich ist die Neuerung, daß nun allwöchentlich eine Einführung in dar musikalische Programm der nächsten Woche gegeben wird; leider konnte Herr Do;. Dr. Paul N e t t l sein« kurzen, aber treffenden Charakteristiken nicht zu End« führen; hiezu müßte unbedingt mehr Zeit«ingeräumt werden. Das ist wohl das Mindeste, was di- oeulschcn Radio­hörer erwarten könne». Der eigentliche Gewinn die­ser Woche war der Vortrag des Herrn Red. Ernst Feig!(Prag  ):Strafentlassene,«ine sozial«. Für­sorge". Das war höchst notwendige Aüshellurtg eines noch sehr dunklen Gebiets in unierem sozialen Leben. In der Art, wie die Gesellschaft den Sünder wider ihre Satzungen zwar straft, wobei sie sich auf ihre Befferungsabsichr ausredet, wie sie sich aber dann nicht darum kümmert, ob es ihm nach Verbüßung der Strafe praktisch möglich wird,«in neues Leben zu beginnen, darin zeigt sich di« ganze Heuchelei, die Verlogenheit unserer gesellschaftlichen Moral. Piel eiugefressenes Vorurteil, viel traurige Gedankenlosig­keit müssen hi«r überwunden werden und den Män­nern, die sich selbstlos dieser undankbaren Aufgabe widmen, dem VereinNeues Leben" gebührt der Dank und di« lebhafteste Unterstützung der Allgemein­heit. Hier gilt«s, eine Stufe zu höherer Menschlich­keit hin zu erklimmen. Fürstenau. Gerichtssaal. Anfall und Schutzgesetz. Ein« slowakisch  « Bäuerin schreibt dem Präsidenten. Prag  , 28. März. Anna M a z a r aus der Tren- tschiner 2upa, Kleinbäuerin, Mutter von 17 Kin­dern, steht heute unter mehrfacher Anklage vor d«m Senat des OGR. M a s 4 k. Sie fühlte sich seinerzeit durch den für sie ungünstigen Ausgang eines Zivil- stritts mit einem Nachbar von der Trentschiner Sedria (Kreisgericht) benachteiligt. Än ihrer Einfalt beschloß sic, sich gleich an höchster Stelle ihr Rech: zu holen und diktierte ihrer Tochter(sie selbst kann nicht schreiben)«inen Brief an den Präsidenren der Republik  , der das höfliche und ergebene Ansuchen enthielt, in Trentschin   nach.dem Rechten zu scheu. Als sie kein« Erledigung bekam, urgierte sie' inchr- mals und ließ, als auch das vergeblich-blieb, am 22. März des Vorjahres«in«» Brief vom Stapel, der gar nicht mchr höflich war, sondern ganz im Gegenteil. Ten Trentschiner Richtern wurden darin unschöne Dinge nachgejagt, so z. B- sie hätten dem Prozeßgegner der Angeklagten deshalb recht gegeben, weil dieser ihnen Butter und Eier geschickt habe. Auch di« Republik   im allgemeinen wurde ge­lästert, alle Maßgebenden seienmamonari"(Mam- monSjünger) und endlich wurden dem Staatsober­haupt« Vorwürfe gemacht, daß«s auf die mehrfachen Brief« der Angeklagten nicht geantwortet hab«. Zuletzt wurde noch di« Gerechtigkeit des Staatspräsidenten in ziemlich grober Art in Zweifel gezogen. Da nun der Präsident sein« Post nicht toi« dies« kindlich« Seele es sich vorstellt selbst öffnet, liest und beantwortet, sondern zu diesem Zivecke ein ganzes Büro besteht, dessen Beamte keinen Spaß ver- stchen, war di« Folge«in« Anklage wogen des Ver­brechens der Verleumdung gegen di« Tren­tschiner Richter und des Vergehens nach 8 11 des Schutzgesetzes, welchesgröblich ver­unglimpfend« Aeußerungrn" und ehren­rührige Behauptungen gegen das Staatscberhaupt unter ein« Straf  « bis zu sechs Monaten stellt. Frauchen', sagt der Berhandlungsleiier,was ist Ihnen denn eingefallen, den Herrn Präsidenten so zu beschimpfen?" Die Slowakin äußert ihre Reue, sie wollte chn nicht beleidigen, sie hat sich nur geärgert, daß er so lange nicht ant- wortet.Bier Briefe habe ich doch dein Herrn Präsidenten geschrieben." Und dann will sie von den bösen Richtern in Trentschin anfangen. Der Vor­sitzende erklärt ihr, mit dieser Sache habe sich das Gericht nicht zu befassen. Wenn ihr Unrecht geschehen ist, so möge sie in Trentschin   die Beschwerde ein­bringen, aber nicht solche Briefe schreiben. Das Urteil: vier Monat« Kerker be­dingt auf drei Jahre. Es kostet noch einige Mühe, Hr das verständlich zu machen. Sie nimmt das Urteil an und wird ihre Beschwerde auf dem' vorgeschriebenen Weg betreiben. tK Leiche«sch8«d»ng. Prag  , 38. März. Ein nicht alltäglicher Fall der Mißhandlung von Leichen"(8 306 St.-G.) wurde heut« vor dem Einzelrichter verhandelt. Am 8. November des Vorjahres hatte Josef Blai«k in Straschitz zuerst seine Frau» dann sich selbst durch Revokvevschüss« getötet. Vermutlich haben ehe­lich« Zerwürfnisse zu der Verzweiflungstat Anlatz gegeben. Di« Nachricht von der Familientragödi« versetzte nun die Tante der erschossenen Frau,«ine gewiss« Anna Hlina, in solche Erregung, daß sie in die Totenkammer des Dorfes, wo die Lerchen auf- gkbahrt war«», eindrang und mit den Wort«»:D u elender Kerl!" di« Leiche des Mörders und Selbstmörders zweimal ins Gesicht schlug. Sie verantwortet« sich mit der furchtbare» Auf­regung, in di« sie durch di« Todeshckkschaft versetzt worden war. Sie sei ihrer Anne kaum mächtig gewesen. Sie bekam drei Wochen sttengeu Arrest, bedingt auf zwei Jahre. rk>. GRAF S RINDSUPPE im WÜRFEL e« würfel spart Ihnen wirklich Geld, kostet nur 30h aber das Ganze ist doch zu unwesentlich, um di« kost­