Seite 8.Sonntag, 5. April 1931.Nr. 82.rosa? Wie viele werden vor Schmerzen schreien?Selten schreit ein Pferd. Hier hört man es".„Das hier ruht wohl gerade aus?"„Weil wir da sind: da ist es zu Boden gesunken. Aber es arbeitet vierundzwanzig Stundenam Tage".„Vierundzwanzig Stunden an einet» Tagvon vierundzwanzig Stunden?"„Mathematisch genau, weil die Arbeiter indrei Schichten dieselben Tiere benutzen. Durchden ersparten Schlaf wird die lebendige Maschinebis zum Tode unablässig ausgenutzt., Das Endekommt freilich schneller, doch verbürgt diesesSystem die rationellste Auswertung."„Wenn keine Pferde da wären, müßte siedann von Menschen ausgeführt werden?"„Die Arbeit darf nicht zur Marter fürjemanden werden."';„Ist das Pferd nicht auch jemand?"„Ja.".„Ich habe mit einem Pferde das gleiche Mitleid wie mit einem Menschen."Bitte seien Sie nicht empört. Was ich ebensagte, war ein instinktiver Aufschrei meines Gefühles. Aber ich kann es bewußt erläutern, dennich bin ein Anhänger jener klaren, kalten Schule,die Schreie ebenso erklärt, wie Träume.Bor längerer Zeit stellte ick fest, daß ich miteinem blinden, halbtoten Hund, den ich sah, ebensostarkes Mitleid empfinde, wie mit einem blindenMenschen. Wenn ich es ganz genau ausdrückenwollte, möchte ich sogar sagen, daß ich für dasTier ein stärkeres Mitleid habe als für denMenschen.Dafür lassen sich Gründe anführen, besonderswenn wir die Frage verstandesgemäß untersuchen.Der Mensch erhält sich aufrecht und läßt sichoft begeistern durch einen frommen Wahn. Wennder Gläubige leiden muß, sagt er:„Um so besser",und wenn er stirbt:„Endlich." Oder er wird, wiewir, aufrechterhalten durch die Zuversicht und dasWissen, daß sein Leiden dazu hilft, die Menschennicht mehr leiden zu lassen.— Das Tier glaubtund weiß nichts. Es kann von sich aus nichthandeln, ist also in Wahrheit unschuldig. Esleidet wegen der Menschen. Es kann für seinLeiden nicht, wohl aber du und ich. Aus diesemGrunde kann ich es nicht ertragen.Die Geschichte der Pferde ist die Geschichteder Menschen; wenn die Pferde nicht in Gewerkschaften zusammengeschloffen sind, wir sind esfür sie.So betrachte ich dieses zermarterte. Fleischwie die rote Fahne.Som Rundfunk.Montag.Prag: 8: Karlsbader Frühkonzert, 18—18.46:Deutsche Sendung.— Brünn: 18.15—18.46:Deutsche Sendung.-— Preßburg: Schallplatten.— Berlin: 19: Berliner Ostern vor hundert Jahren, 20: Flotte Bursche, Operette von Suppe.—— Breslau: 17.1h: Das Buch des Tages: Ar-beiterroman«, E. v. Wiese, A. Schüler: Der späteProlet, U. Sinclair: Jimmy Higgins, 19.15: Dasschlesische Jahrhundert besingt Ostern-— Hamburg: 20: Osterkonzert.— Köln: 13—14.30: Mittagskonzert, 20: Requiem von G. Verdi.— Wien:20: Uebertr. a. d. Strauß-Theater: Das Spitzentuchder Königin, Operette von Joh. Strauß.Dienstag.Prag: 18.30: Deutsche. Sendung, 21: Sinfoniekonzert.— Brünn: 11.15: Schallplatte», 18.25:Deutsche Sendung.— P r eß bürg: 11.30: Schallplatten.—. Berlin: 18.10: Biicherschau, 19.35:Avbeiter-Chorgesänge. Breslau: 0.30: Alteund neue Hausmusik.— Frankfurt: 19.45: Joh.Strauß-Walzer.— Königswusterhausen:12—12.55: Wenig Bekanntes großer Komponisten,18—18.25: Dr. F. Lange: Rechtsgrundlagen desDeutschtums in Oberschlesien.— Stuttgart:witsch der geschätzteste Gast. Und davon kamalles.Em großes Landgut, das ans Klostergrenzte, sollte verkauft werden. Ein reiches Gut,mit viel Ackerland. Der Prior bekam Appetitauf"das Gut. Und mit ihm auch andre Mönche.Nun begann der Prior darüber nachzugrübeln,wie er Hand an dieses Gut legen könnte. DaSwar nicht so einfach, Geld hatte man zwar genug, aber man hatte kein Recht, das.Gut zukaufen. Nach dem Gesetz konnte ein Kloster nurim Geschenkwege Güter erhalten. Endlich hatteder Prior einen großartigen Einfall. Er berietmit den Mönchen und beschloß, die Sache durchWladimir Iwanowitsch zu regeln. Eip alterMann und alter Stammgast— er wird das Gutangeblich für sich kaufen und es dem Klosterschenken. Ein« reine Formalität. Man redetedem Kaufmann zu, in den Plan einzuwllligen.Man versprach ihm, eine Marmortafel mit keinem Namen im Kloster anzubringen, und übergab ihm siebzigtausend Rubel in Gold. DerKaufmann hat auch das Gut gekauft. Und erschickte einen Träger vom Bahnhof ins Kloster,ihm seine Sachen aus der Zelle zu bringen. DieMönche eilten herbei und verständigte»! denPrior. Wo war Wladimir Iwanowitsch? Aufdem Bahnhof. So fuhr der Prior mit einigenMönchen dort hin.„Grüß Gott!" sagte der Prior zu demKaufmann.„Kommen Sie doch zu stns!"„Grüß Gott!" antwortete der Kaufmann.^Jch kann nicht!"„Warum können Sie nicht? Sind Sie vielleicht krank? Fehlt Ihnen ettvas?"„Rein, danke! Mir fehlt nichts! Mer ichbin in großer Eile und überhaupt."„Jetzt gerade sind Sie in großer Eile,»vo»er VertrauensmannTribüneMonatsschriftfür Arbeiterpolitik und Arbeiterkultur.Die„Tribüne** unterrichtei den sozialistischen Vertrauensmann Ober die aktuellen Probleme des internationalenSozialismus, der Oekonomie und der Kulturpolitik.Jahresbeznj» 40 Kc. vlerjihrlicb 10 KL. Einzelhefte 4 Ke.Bestellungen durch deo Vertrauensmann, die Schriftenabteilu«!-SM. Volksbuchhandlung oder direkt durch die Verwaltung wPräs N.. Nekazanka IS.12.20: Peer-Gynr-Suite von Grieg.— Wien: 11:Arien und Lieder, 19.30: VII. Orchesterkonzeit derGes. d. Musikfreunde.— Kopenhagen: 20—21:Suppe—Millöcker.Mittwoch.Prag: 18.30: Deutsche Sendung, 20: Uebertr.a. d. Smetana-Saal: XI. Sinfoniekonzert d. St.-J.— Brünn: 11.15: Schallplatten, 12.20: Mittags konzert, 18.30: Schallplatten.— Berlin: 14 bis14.55: Aus Meifteroperetten.— Breslau: 11.15:Schallplatten.— Frankfurt: 12: Schallplutten.— Hamburg: 16.15: Russische Musik, 17.55: Dr.Biensfeld: Die produktive Arbeitslosenfürsorge.—München: 19.10: Für di« Mütter: Neuzeit!. Ernährung d. Säuglings.-- Wien: 20: Lieder- undBalladenabend.Per erste„Grubenhund“.Id Wien lobt, von den Zeitungen gefürchtet,der breiteren Oefsentlichkeit 1 wenig bekannt,«inMann, dem einmal in der Geschichte des Journalismus«in Kapitel gehören wird. Er wird unter denGegnern des Journalismus, deren illustre Reihe dieNamen Lassalles und Wilhelm Liebknechts, Kierkegaards, Richard Wagners und Bismarcks enthält, bissie mit Karl Kraus, dem Erzfeind und gigantischen Kämpfer, vorläufig abschließt, als die heitereFigur, als der Protagonist des Satirspiels mach derTragödie zu rühmen sein. Er heißt ArthurSchütz, ist Ingenieur und will nicht mehr sein als.ein Privatmann, der seinen scharfen Blick, seinnüchternes Urteil,, seinen sicheren Instinkt für dieSchwächen des Journalismus, in den Dienst einerernsten Kultnraufgab« stellt. In zwei Jahrzehntenhat er mit seinen treffficheren Schüssen wiederhol!ins Drucker-Schwarze getroffen und mehr als ein«Autorität zerstört. Nun hat er in einem Büchleinvon 76 Seiten(„Der Grubenhund, EineKultursatire', Verlag Jahoda undSiegel, Wien—Leipzig), das zu den amüsantesten gehört, die uns der Büchermarkt seit Jahrenbeschert hat, die Geschichte, und in gewissem Sinneauch die„Theorie", des Grubenhundes ausgezeichnet.Schütz will mit dieser Kultursatir« erziehe-r i sch wirken, sie soll ein Beitrag zur Kritik desJournalismus und zur Entlarvung einer vorgetäuschten Autorität sein. Denn ihm war der Grubenhund niemals«in sinnloser Scherz,«in Ulk zurPrivatbelustigung.„Der Grubenhund" sagt er inseinem Buche,„ist das Symbol der Veraltung vorgetäuschten llniversalwissens, der Protest gegen dieangemaßte Autorität der Druckerschwärze in allen,besonders aber in technischen Dingen." Daß erbesonders die Unwissenheit in technischen Dingen, diesich als Besserwisserei aufspielt, zu entlarven unternahm, hing wohl mit seinem Züchter zusammen, dereben vor allem technische Interessen hat und dendi« technische Klugschmuserei der„Neuen FreienPresse" auf den Plan rief. Schon im Jahre 1908hatte Karl Kraus" als ,Lkng. Berdach" der„N.Fr. Presse' einen Erdbebenbericht«ingesandt, densie bedenkenlos veröffentlichte und der sie arg blamierte. Ungeachtet dieser Erfahrung brachte das„Weltblatt", das damals noch Zehntausenden ein«unbedingte Autorität bedeutete, im Jahre 1911 wieder zahlreiche Berichte über Erdbebenbeobachtungen,in denen die albernsten Nichtigkeiten des langen undbreiten erzählt würden, zu'dem einzigen Zweck, daßder Namen des Einsenders im Weltblatt gedrücktwurde. Das dauerte bis zum 18. November 1911.An diesem Tage wurde der Grubenhund geboren.Auf Grund einer Wette hatte Arthur Schütz der„N. Fr. Press«" folgenden Bericht geschickt, der vondem Weltblatt der„Gebildeten" unverändert abge-'druckt wurde:Die Wirkungen der Erdbebens imSftrauer Kohlenrevier.Bon Herrn Dr. Jrrg. Erich R. v. Winkler, Assistent der Zentralversuchsanstal! derOftrau-Karwiner Kohlenbergwerk«, erhaltenwir folgende Zuschrift:Gestatten Sie, daß ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Beobachturm lenke, die ich, dankeinem glücklichen Zufall, gestern abend zumachen in der Lage war und die durch Veröffentlichung in Ihrem hochangesehenen Blatt«auch außerhalb unseres Vaterlandes hohe Be-Wir die Angelegenheit zu einem guten Ende führen sollten?" fragt« der Prior.„So erzählenSie uns doch von der Sache. Haben Sie dasGut gekauft?"„Ganz gewiß," antwortete Wladimir Iwanowitsch.„Ein so reiches Gut nicht zu kaufen,wäre eine Sünde, Vater Prior!"„Also!" meinte der Prior.„Sollen wir Inun die Geschenkurkunde aufsetzen?"„Ach, das!" meinte Wladimir Iwanowitsch!,Lch habe mir die Sache überlegt. Ich kannIhnen dieses Gut nicht schenken. Nur ein ganzVerrückter könnte ein solches Gut wegwerfen.Nicht auszudeuken!"WaS sich nach diesen Worten abgespielt hat,ist- nicht zu schildern. Der Prior verlor schierden Verstand und konnte sich nicht vom Fleckrühren. Die anderen Mönche fielen über Wladimir Iwanowitsch her und^ hätten ihn beinaheerwürgt, wenn ihn nicht Leute vom BahnhofauS ihren Händen gerettet hätten. WladimirIwanowitsch tat ganz erschrocken. Er sprangauf den gerade heranfahrenden Zug ohne Fahrkarte ausi Man hat nichts mehr von ihm gesehen. Später erzählte man, er hätte sich einemanderen Kloster angeschloffen und brächte dorthin Sühneopfer. Man nannte sogar das Klöster. Wer cS ivär« zwecklos, der Sache nachzugehen.Die Geschichte ist jedoch nicht ohne Folgenabgelaufen. Viele gläubige Mönche verließendas Kloster. Auch die drei Sonderlinge gingenfort. Ms erster ging der Schweiger weg. Manversuchte alles Mögliche, um ihn zurückzuhalten.Aber er spuckte heftig aus und sprach laut:„Wasschert Ihr mich, zu allen Hundsteufeln!" Nachihm ging auch ich tveg. Mich hat man nichtzurückgehalten. zAus dem Russischen von B. H.)achlung aller technischen und speziell montanistischen Kreise finden dürfte.Da ich gestern abend mit dem Nachtzugnach Wien fahren mußt«, so benützte ich die!vorgerückt« Stunde, um noch einige dringendeArbeiten in unserer Versuchsanstalt zu erledigen. Ich faß allein im Kompressorenrau m, als— es war genau 10 Uhr 27 Minuten— der große 400pferdekräf-t i g e Kompressor, der den Elektromotor für die Dampfüberhitzerspeist, eine auffällige Varietät der Spannung aufzuweisen begann. Da diese Erscheinung oft mit seismischen Störungen zusammenhängt, so kuppelte ich sofort den Zentrifugalregulator aus und konnte nebenzwei deutlich wahrnehmbaren Longitudinalstößen einen heftigen Ausschlag(0.4 Prozent) an der rechtenKeilnut konstatieren. Nach zirka 55 Sekunden erfolgte ein weit heftigerer Stoß, der eineVerschiebung des Hochdruckzhlindersan der Dhnamomaschine bedingte,und zwar derart heftig, daß die Spannung im Transformator auf 4.7Atmosphären zurückging, wodurch zweiSchaufeln der Parson-Turbinestarke Deformationen aufwiesen undsofort durch Stellringe ausgewechseltwerden mußten.Da bei uns all« Wetterlutten imReceiver der Motoren zusammenlaufen, so hätte leicht ein unabsehbares Unglück entstehen können, well auf den umliegenden Schächten die Förderpumpen ausgesetzthätten.,Völlig unerklärlich ist jedoch die Erscheinung^ daß mein im Laboratorium schlafenderGrubenhund schon eine halbe Stunde vor Beginn des Bebens auffallende Zeichen größterUnruhe gab. Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit anzuregen, ob es im Jntereffe derSicherheit in Bergwerken nicht doch angezeigtwäre, die schon längst in Bergeffenheit geraten«Verordnung der königlichen BerginspektionKattowitz vom Jahr« 1891 wieder in Erinnerung zu bringen, di« besgat, daß:„.... inFällen von tektonischen Erdbeben di« Auspuff! ei tu»g«n q^ller.Turbinenund Dynamos stets zur Gänze an dieWetterschächte derart anzuschließen sind,daß die explosiblen Grubengase selbst beigrößtem Druck nicht auf die Höhe derLampenkammer gelangen können.Mit der Veröffentlichung des Vorgesagtenglaube ich einen kleinen Beitrag zu den nierastenden Bemühungen unserer Bergbehördenzwecks Sicherung des Lebens der Bergarbeitergeleistet zu haben, und bitt« Sie, hochverehrterHerr Redakteur, den Ausdruck me»ner aufrichtigen Hochschätzung entgegennehmen zu wollen."Schütz schreibt nun in seinem Brief:Der Grubenhund war geboren und mitihm die deutsche Sprache um einen Begriffbereichert!<Um auch dem Laien in technischen Dingenklarzumachen, was da alles mit dem Tonfallesouveräner Wiffenschaftlichkeit veröffentlichtwurde, muß der Ostrauer Erdbebenbericht ineine äquivalente Mitteilung aus dem täglichenLeben umgebaut werden. Es ist dies nichtleicht, aber ich will es versuchen. Der Berichthätte dann etwa so gelautet:„Von Herrn Handelskammerrar IsidorBunzl erhalten wir folgende Zuschrift:Gestatten Sie, daß ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Beobachtung lenke, die ich,-dankeinem glücklichen Zufall, gestern zu machen inder Lage war und die durch Veröffentlichungin Ihrem hochangesehenen Blatte auch außerhalb unseres Vaterlandes hohe Beachtung allerkaufmännischen Kreise finden dürfte.Da ich gestern mit dem Nachtzug nachPrag fahren mußte, so benützte ich die vorgerückte Stunde, um noch einige Zeitungen zulesen. Ich saß im Kaffeehaus als,— es wargenau 10 Uhr 27 Minuten— die Telephonzelle, welche den Gästen die Hühneraugenschneidet, eine starke Blinddarmreizung aufzuweisen begann. Da dies« Erscheinung oft mitErdbeben zusammenhängt, so schneuzte ich michund konnte neben Tristan eine deutlich wahrnehmbare Preissenkung(0.4 Kg.) am Lippenstift ineines rechten Kragenknopfes konstatiere«. Nach zirka 55 Sekunden erfolgte ein nochheftigerer Stoß, der eine merkliche Entbindungdes Oberkellners des Donauhafens und zwarderart heftig bedingt«, daß die Temperatur derKaffierin auf über 20 Kilometer im Schattenstieg, wodurch dreieinhalb Paralytiker elektrisch angekurbelt und sofort durch Modejournale ersetzt werden mußten. Ta in diesemKaffeehaus alle Steckkontakte in den Staubsaugern der Teekannen zufammenlaufen, sohätte leicht ein unabsehbares Unglück entstehenkönnen, weil im Wiener-Wald die Gullasch-Plantagen radioaktive Kaninchen geworfenhätten.Völlig unerklärlich ist jedoch die Erscheinung, daß meine in der Küche schlafende Kühlschlange schon eine halbe Stunde vor Beginndes Bebens auffallende Zeichen größter Unruhe. gab.. Ich erlaube nur vei dieser Gelegenheit,anzuregen, ob es im Jntereffe der Sicherheitans der Straßenbahn nicht doch angezeigt,wäre, die schon längst in Bergeffenheit geratene Beroronung der Polizei-Direktion Wienvom Jahre 1891 wieder in Erinnerung zubringen, die besagt, daß:„In Fällen von tek-aen Erdbeben die Badehosen aller Kir-icken und Automobile stets zur Gänzean öi« Frackschöße der berittenen Hebammenderart anzuschließen sind,.daß die Auspuffgaseselbst zum Fünfuhrtee nicht auf die Höhe derBadezimmer gelangen können."Mit der Veröffentlichung des Vorgesagtenglaube ich einen kleinen Beitrag zu den nierastenden Bemühungen unserer Aufsichtsbehörden zwecks Sicherung des Lebens derPassanten geleistet zu haben, und bitte Sie,hochgeehrter Herr Redakteur, den Ausdruckmeiner aufrichtigen Hochschätzung entgegennehmen zu wollen."Dem ersten Grubenhund folgten aber Dutzendeandere. Oft genug wurde noch die„N. Fr. Presse"gebissen, ehe sie vorsichtiger wurde. Schütz ivandt«sich aber auch anderen Gebieten als der Technik zuuick ließ Zeitungen verschiedenster Tendenz vomGrubenhund verbellen. Ni« war es ihm um dieHetz zu tun. Er schreibt:„Der Grubenhund ist kein. Aprilscherz, keinFaschingsulk kein Jux. Seine kuitursätirücheTendenz verleiht ihm Gepräge und Existenzberechtigung. Si« unterscheidet ihn von platten Aufsitzern ohne geistigen Gehalt... Er will dasSystem treffen, das die Leser durch den Tonfallblufft und irreführt...".In Schütz' Museum des Grubenhundes gckr esdi« absonderlichsten Dinge: ovale Räder und feuerfeist« Kohle,«inen rechteckigen Kreis,«in laufendesKohlenflöz, die berühmte„Laufkatze", die plombierten Zahnräder und ander« Kuriositäten in reicherFüll«. Der Grubenhund soll nicht nur den Redakteur, er soll auch den gedankenlosen, autoritäts-fgläübigen' Leser-treffen, wH ihm zeigen, wes Geistes:die Maschine fft, aus der er sein tägliches Zeitungs-Brot bezieht. Schütz erklärt auch die Technikdes Grubenhundes, er zeigt an zahlreichenBeispielen aus seinem Zwinger, wie jedes ver-schmockte, dünkelhafte Blatt dem Grubenhund zugänglich wird, wenn man nur den„Tonfall" trifft.„Das Wichtigste ist, daß man der auserkorenen Zeitung das sögt, was sie gerne hören will— dannglaubt sic, was man ihr sagt oder aufbindet" undSchütz stellt weiter die These auf:„Jede Zeitungerhält den Grubenhund, den sic verdient." Nachdem Umsturz haben die klerikale„Reichspost" unddie monarchistische„Staatswehr" den PassioniertenZüchter wiederholt herausgefordert. HaarsträubendeDinge wurden gedruckt, weil sie den Tonfall und dieTendenz der beiden würdigen Blätter trafen. Einesder schönsten Exemplare fand Aufnahme bei der„Rrichenberger Zeitung", obwohl derAutor sich ausdrücklich als Dr. Dobermann einführte. Es war ein Sammelsurium der albernstenBehauptungen, das di«„Reichenberger" ihren Lesernam 25. Oktober 1919 vorsetzte. Später widmet«Schütz feine Aufmerksamkeit vor allem der WienerRevolverpresse des Bekeffy, in der er auch den Photo?graphischen Grubenhund zeugte, indem er der„Stunde" sein eigenes Bild als das des KönigsBoris von Bulgarien einsandte. Es erschien nut'cinem sensationellen Text auf der ersten Seite!Bei dcuffchnationalen Blättern kommt die notorische Unbildung ihrer Erzeuger dem Grubenhundnoch weiter entgegen. Ter„kynologische Imperativ", wie Schütz die Provokation zur Erzeugungeines Grubenhunds nennt, ist hier besonders stark.Und das größt« Exemplar, das Schütz je aufgezogenhat, ist wohl der Grubenhund, der im Feber 1924die berüchtigte„Dötz", das Blatt der WienerNationalsozialisten, göbissen hat. In diesem Ungeheuer von cinem Zeitungsartikel kommtder Rittmeister vor, d«r an einem Eierstockgeschwürstirbt, treten als handelnde Personen die bekanntesten Figuren aus„Wallenstein" und aus den„Räubern" auf, hier gibt es den„städtischen Ober! ack> o-meter Tredich', dem das Leben gerettet wird,„weil die Schwägerin seiner verwitwetenGattin" zu Bela Kun vordringt. Die O z o n-behälter, die kupfernen Isolatoren, dieZuchtochsen und gemästeten Jungstiere, dir Wallachen mit ihren Füllen,die Throtolith brüche und«in Dutzend andereähnliche Unsinnigkeiten sind die Raffemerkmale dieses größten Grubenhundes aus Schützens Zwinger-Dem in seiner Art einzigen Büchlein sind zahlreiche Leser zu wünschen. Eigentlich müßten ver-anttvortungsbewußte Regierungen«s in Millionenauslage Herstellen und jedem Zeitungsleser überreichen lassen. Aber dir Regierungen sind vielleichtnicht so sehr an dem Mündigwerden der Untertaneninteressiert. Und daß sie es nicht sind, danken wirwiederum dem gleichen Uebel, das den.„GrubeN-.h»Md" möglich macht... E. F.