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11. Jahrgang.

Stimmen erhielt.

Soumer.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Während Des Strieges tent

Donnerstag, 14. mai 1931

Ein folgenschwerer Tag.

Briand   unterlegen.- Genatspräsident Doumer im zweiten Wahlgang gewählt. Briand   zieht sich auch von der Außenpolitik zurüd?

Paris  , 13. Mai. Die heutige Wahl in Versailles   hat mit einer großen Ueber­raschung geendet. Der erste Wahlgang brachte keinem der beiden Hauptkandidaten, Briand  und Doumer, die erforderliche absolute Mehrheit, doch erhielt Briand   nur 401 Stimmen, während Doumer mit 442 Stimmen nur noch sieben Stimmen zu dieser Mehrheit fehlten.

Briand   zog aus diesem Ergebnis die Konsequenzen und widerries seine Kandi­datur für das nunmehr notwendig werdende zweite Strutinium. Die Linksparteien stellten Doumer daraufhin einen anderen Gegenkandidaten in der Person des radikalsozialistischen ehemaligen Unterrichtsministers Marraud entgegen, doch erhielt dieser im 2. Wahigang nur 334 Stimmen, während Senatspräsident Doumer  , der Kandidat der Rechten, mit 504 Stimmen zum Präsidenten der Republik gewählt wurde.

Nach dem Bekanntwerden des Resultates des ersten Wahlganges hatten sich führende Mitglieder der Linken wiederholt bemüht, Briand   von der Zurücknahme seiner Kandidatur abzuhalten. Nach ganz kurzer Zeit war es aber bereits klar, daß Briand   fest bleiben werde. Die Versuche, an Stelle Briands den Ministerpräsidenten Laval   zur lebernahme einer Kandidatur für die Linke zu bestimmen, schlugen gleichfalls fehl.

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Nr. 113.

Notizen aus Deutschland  .

Von Heinz Fischer, Berlin  ,

Das Haushaltjahr 1930-31 ist am 31. März zu Ende gegangen, num steht endgültig fest, daß es mit einem Fehl betrage von 1241 Millionen Mark abschließt. Das ist sehr viel, wenn man bedenkt, wie vorsichtig die er­warteten Steuereingänge abgeschätzt worden sind. Die Wirtschaftskrise hat eben auch die vorsichtigste Schäßung über den Haufen ge­worfen; anstatt der veranschlagten 10.265 Millionen Mark sind bloß 9024 Millionen Mark in die Staatsfajje geflossen. Besonders schlimm ist das Defizit im Hinblick auf das neue, seit 1. April laufende Haushaltjahr. In ihm sind die Gesamteinnahmen zwar nur mit 9123 Millionen Mark veranschlagt, bleiben die Steuereingänge aber weiterhin so niedrig wie sie im ersten Viertel des Kalenderjahres 1931 waren, dann entsteht in dem kaum be­gonnenen Haushaltjahr ein Fehlbetrag von wenigstens 1300 Millionen Mark. Sollten die Steuererträge noch niedriger werden als bisher, dann wird das Defizit noch größer. Aber auch von der Ausgabenseite ber ist das Budget für 1931-32 bedroht. Niemand hatte mit einem so langsamen Rückgange der Ar­gegeben wäre, würde er unter diesen Bedingun- beitslosigkeit in diesem Frühjahr gerechnet. gen nicht die moralische Autorität Die Ausgaben für Unterstüßungen werden finden, die notwendig ist, um die hohen Funktio- weit höher sein als veranschlagt und so fann nen des Präsidenten der Republik zu erfüllen. fich das Defizit noch in einem unabschätzbaren Die Zurückziehung der Kandidatur Briands Maße vergrößern. Aus dieser traurigen

Für das Kabinett Laval  , dessen Chei sich offen für seinen Außenminister eingesetzt hatte, bedeutet das Abstimmungsergebnis eine schwere Beeinträchtigung seines politischen und parlamentarischen Prestiges und es ist einstweilen nicht abzusehen, welche Folgen dies nach sich ziehen wird. Wer unter diesen Umständen Frankreich   in der beginnen­den Ratstagung in   Genf vertreten wird, ist mehr als fraglich. Briand   wird es kaum mehr sein, denn er ließ erklären, daß er in dem Wahlergebnis eine Abjage nicht nur an seine Person, sondern auch an die von ihm vertretene Politik erblicke, und daß er sich des­halb von der Leitung der französischen   Außenpolitik zurüd ziehen werde.

*

der neue Präsident von Frankreich  . Paul Doumer   wurde am 22. März 1857 in   Aurillac( Cantal  ) geboren. Er war ursprüng lich Professor und Publizist, wandte sich dann aber der Politik zu und war seit 1888 Deputierter für das Aisne  - Departement. Seit 1912 ist er Senator für Korsika. Im Kabinette Bourgeois hatte er in Versailles  , 13. Mai. Bei der Wahl des den Jahren 1895 96 das Portefeuille der Finanzen Präsidenten der Republik begann die Abstim inne. 1896 bis 1905 war er Generalgouverneur mung um 2 Uhr 10 Minuten. Vorher war es zu von Indochina  . Schon im Jahre 1906 fandidierte fommunistischen Kundgebungen gelommen, weil er auf das Amt des Präsidenten, doch unterlag der Vorsitzende Doumer   die Bitte des Nom­er mit 371 Stimmen gegen Fallières, der 419 munisten Duclos ums Wort, ignoriert hatte. wurde in den Kreisen der Rechten mit großer Finanzlage schlagen die Rechtsparteien auf Um 4 Uhr 55 Minuten wurde das Ergebnis des Befriedigung aufgenommen. Der persönliche Geg- ihre Weise pelitischen Profit, indem sie jam­Toumer nicht allzusehr hervor und war bloß in ersten Wahlgangs verkündet. Es erhielten: Donner Briands Franklin Bouillon fom­dem furzlebigen Bainlevé- Kabinett( September- mer 442, Briand 401, Hennessy 15. mentierte diese Tatsache durch den Ausruf: Es mern, als würden nur sie allein von der Steuerlast erdrückt. Abbau der Soziallasten Im 7. Kabinett Briand  ( Jänner 1921 bis Jänner Abg. Ridlin 6, Senator Lebrun 4, Abg. tail zum ersten Wahlgang ist anzuführen, daß hie- heißt seit drei Jahren ihre Patentlösung für 1922) war er Jilanzminister. Er ist Fachmann Painlevé 2, Senator Steeg 1, Abg. Re- bei auch nitric eine Stimme erhal- alles und nun halten sie ihre Zeit für gefom­nandel( Sozialdemokrat) 1, Kriegsminister für militärische und Finanzkragen und war and waginot 1 Stimme. Im ganzen nahmen 902 men. Aber die Sozialdemokratie, bekämpft die Berichterstatter der Heeres und der Finansfommi Senatoren und Abgeordnete an der Abstimmung Auch Hennessy   trat nach dem ersten ungerechtfertigten Abbaugelüfte mit aller ion. Im Jahre 1925 war Doumer   im Stabinette teil. Die absolute Mehrheit von 452 war von Wahlgang zurück; er forderte seine Wähler auf, Macht. Den unglücklichen Opfern unseres Briand   Nachfolger Loucheurs, doch konnte auch er feinem Kandidaten erreicht, so daß ein zweite für Doumer zu stimmen. Die Fraktion Maginot, Wirtschaftssystems soll nicht auch noch der den Franc- Stur; nicht aufhalten. Am 14. Jänner die 65 Mitglieder der Linksrepublikaner( Gruppe Staat das Letzte cauben: hunderttausende 1927 wurde Doumer   mit 238 von 273 Stimmen Wahlgang notwendig war. Die Verkündung des Ergebnisses des ersten Tardien), und die radikale Linke beschlossen, für Arbeitsloser haben ohnehin schon weniger zu zum Senatspräsidenten gewählt. Doumer einzutreten. Die radikalsozialistische Bar­Wahlgangs wurde mit großer Bewegung aufgetei stellte den Senator und ehemaligen Minister essen als Strafgefangene. Die Sozialdemo Pierre Marrand zum Kandidaten auf. tratie zeigt den Ausweg aus der Finanznot

Im französischen   Volk genießt Toumer beson ders deshalb große Achtung weil er im Kriege von acht Söhnen vier verloren hat. Zwei seiner Söhne fielen im Zuftkampf.

Nieder mit dem Krieg".

ten hat.

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In der Pause zwischen beiden Wahlgängen An dem zweiten Wahlgang nahmen 893 Se- ohne Abbau der Unterstützungen: Reform des wurde Briands Verzicht mitgeteilt. In einer amt- natoren und Deputierte teil; von der Gesamtzahl Branntweinmonopols und der Tabakbesteue lichen Berlautbarung, die der Außenminister zur der abgegebenen Stimmzettel waren 10 ungültig, rung, Erhöhung der Benzinsteuer, Notopfer Begründung seiner Haltung ausgegeben hat, heißt die absolute Wehrheit betrug jomit 442 Stim der höheren Einkommen, schärfere Besteuerung Stalien und Ungarn   in die Zollunion es: Eine große Anzahl von Mitgliedern der men. Donmer erhielt 504 Stimmen, Senator der Aufsichtsratstantiemen und Beschaffung Nationalversammlung   hat Briand   gebeten, seine Marr and 334, Painlevé 13, Briand   12, eines langfristigen Kredites. Sachlich ist der einbezogen? Kandidatur auch im zweiten Wahlgang aufrecht Deputierter Cachin 11, Deputierter Bra de 2, Plan durchführbar; politisch stößt ſtößt er auf zu erhalten. Er hält jedoch eine derartige Haltung Kriegsminister Maginot 2, Senator Lebrun große Hindernisse, denn das Bürgertum will als mit seiner würde unvereinbar, cine, Senator Berard eine und Senator eben den Abbau der sozialen Lasten" um denn, selbst wenn die Möglichkeit eines Erfolges steeg ebenfalls eine Stimme. jeden Preis. Berlin  

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13. Mai. Der sozialdemokratische Borwärts" bringt eine Weldung über ein österreichisch- italienisch- ungarisches Abkommen be treffend die gegenseitigen Kreditbegünsti gungen in der Waren- Ein- und Ausfuhr. Das Blatt bemerkt hiezu: Es wurde der Versuch unter. Doumer will der Friedenspolitit Auf Anfragen von Journalisten erklärte

handeln.

Beunruhigung in Berlin  

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Die Agrarpofitif des Herrn Schiele wird nommen, die deutsch  - österreichische Zollunion in Briand  , daß bezüglich seiner Abreise zu den immer offenfundiger zu einer ernsten Gefahr der Richtung nach Italien   und nach Ungarn   zu ireu bleiben. Genfer   Verhandlungen offiziell noch keine Ent­erweitern, da die Bestrebungen, die Zollunion in Paris  , 13. Mai. Nach seiner Wahl hat Bräfcheidung getroffen worden sei. Ueber die Anger das deutsche   Volf. Herr Schiele tut jo, als der Richtung auf Rumänien   zu erweitern, fehlsident Doumer die Glückwünsche der Regierungs- legenheit wird der morgige Ministerrat ver- ginge es in Deutschland   nur den Agrariern schlecht. Unter seinem Drud verordnet die geschlagen haben. Die Sache sieht demgemäß jetzt mitglieder und zahlreicher Senatoren und Abge­so aus, als ob in   Genf zwei Blocks einander gegen croneten entgegengenommen. In einer Ansprache Reichsregierung Zollerhöhung über Zoller­über treten wollten: ein französisch- tschechoslo­höhung. Aber wieviel die Großgrundbesitzer wafisch jugoslawisch rumänisch- polnischer und ein gab er seiner Genugtuung darüber Ausdrud, daß auch erreichen, für sie ist alles nur eine ,, Ab­die Wahl ruhig und würdig verlaufen sei. Er deutsch- italienisch- österreichisch- ungarischer Block. Berlin  , 13. Mai. Nach den ersten Berichten schlagszahlung" auf immer unverschämtere Das Blatt jagt weiter: Für die prinzipiellen danke dem Parlament für die große ihm zuten des Endergebnisses der Versailler   Wahl machte Forderungen. Zum 1. Mai hat die Regierung Anhänger der französisch- deutschen Zusammen- gewordene Ehre und glaube ſein Interpret zu sich hier Unruhe und Beunruhigung arbeit sind das sehr wenig erfreuliche Aussichten. fein, wenn er erkläre, daß Frankreich   der Frie bemerkbar. Offensichtlich traten hier die Er- der Arbeiterschaft als Festgeschenk einen Der Anschluß Deutschlands   und Desterreichs an denspolitik treu zu bleiben gedenke, die es wägungen über die Folgen auf, die der heutige Strauß Zollerhöhungen präsentiert. Hier sind das Italien   Mussolinis und an das Ungarn   Sor- bisher befolgt habe, und die vom Parlament stets Tag nicht nur für die französische   Politit, jon- einige Blüten daraus: der Schweinezoll für thys wäre ein außenpolitisches Experiment. dem gebilligt wurde. Er werde sich an seinen Vovgändern auch für die deutsch  - französischen Verhält- 100 Kilogramm wird von 27 auf 40 Mart die Sozialdemokraten nur mit der schärfften gern, namentlich an dem Präsidenten Doumer   niffe und für die internationalen Beziehungen erhöht, der Schweine ich mal zzoll wird von Oppofition begegnen könnten. Inzwischen dürfen gue, ein Beispiel nehmen und sich bemüthen, überhaupt nach sich ziehen könnten. Noch vor 6 auf 12 Mark erhöht, der Haferzoll wird wir vielleicht boffen, daß die politische Gruppie außerhalb und über den Parteien stehend, den Bekanntwerden der ersten Resultate trat Reichs von 12 auf 16 Mart erhöht, so daß er etwa rung Europas   nach den Genfer   Beratungen ein von den Franzosen gewünschten inneren und außenminister Dr. Curtius die Reise nach   Genf von 12 auf 16 Mark erhöht,( so daß er etwa wenig anders ausschauen wird als unmittelbar äußeren Frieden aufrecht zu erhalten. Troßdem die Verbindung mit ihm auch das Doppelte des Weltmarktpreises ausmacht) bor ihnen. während der Reise ermöglicht ist, ist dennoch der und der Linsenzoll wird flugs von 4 auf 8 Kontakt der deutschen   amtlichen Stellen natur- Mark hinaufgesetzt. Nicht viel besser ist es mit gemäß beeinträchtigt. den Zöllen auf andere Produkte und so ver­Beneš nach   Genf abgereist. Deshalb bewahren die hiesigen politischen tenert sich die Lebenshaltung von Woche zu  Prag, 13. Mai. Heute um 11 Uhr 20 ist die sich am zweiten Wahlgang nicht mehr beteiligt. Stellen auch nach Bekanntwerden des Endergeb- Woche. Wie hieß es doch im Herbst so schön? tschechoslowakische Delegation mit dem Minister Vorher hatte er Bersailles verlassen, um in Beniffes der Wahl große Zurückhaltung. gleitung seines Stabinettschefs nach dem Quai Klar ist jedoch, daß die Ueberraschung der Ber- Anfurbelung der Wirtschaft durch Lohnabbau Dr. Beneš an der Spitze nach   Genf abgereist. Orsay zurückzukehren. Als sein Wagen den sailler Wahl für die deutschen   offiziellen Stellen und Preisabbau. Der Lohnabbau freilich, der Mitglieder der Delegation sind der bevollmächtigte Schloßhof von Versailles   verließ, wurde er mit feine angenehme Ueberraschung ist hemmungslos durchgeführt worden, von Minister Dr. Krofta, Seftionschef Dr. Fried den Rufen begrüßt: Es lebe Briand  ! darstellt. Es wäre jedoch vorzeitig, jetzt auf einer nennenswerten Verbilligung der lebens­Briand hat vorher Senatspräsident Dou Grund dieser Anzeichen von einer Aenderung der mann, Direffor Jng. Dvořáček und die Sektionsräte Dr. Kučera und Dr. Heidrich. bent, daß das Ergebnis der Wahl, keineswegs bie fommenden Tage dürften zeigen, welche Im Gegenteil: seit 6 Wochen ist der Brot­mer aufgesucht und ihm die Bersicherung gege- politischen Stimmung in Berlin   zu sprechen. Erst wichtigsten Erzeugnisse ist aber keine Rede. Der juristische Experte, Profeffor Dr. Krem a feine freundschaftlichen Gefühle gegenüber Dou- Konsequenzen die deutsche Politif aus der Nie- preis überall wieder erhöht worden, in Ber tritt morgen die Reise nach   Genf an. lin sogar um 4 Pfennig für ein Stilogramm.

Eine Erklärung Briands. Paris  , 13. Mai. Außenminister Briand   hat

mer irgend wie andere,

ant.

derlage Briands ziehen wird.