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11. Jahrgang.
Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.
Ueberflüssige Brovokation:
Mittwoch, 20. Mai 1931
Briands Unterläufel in Aktion!
Herr Marinkovič macht sich wichtig. Der Angestellte einer Säbeldittatur als Wächter des Friedens!
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monatlich.... Kě 16.vierteljährlich halbjährig. ganzjährig
48.
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192.
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Nr. 118.
Papst und Sozialismus.
Am 15. Mai waren seit der Veröffent
gelte vor allem von den Großmächten, weil sie den Frieden viel eher bedrohen können als die Fleineren Mächte. Er verstehe, daß es für eine Großmacht vielleicht unangenehm sei, wenn sie vor dent Rate Aufklärung darüber geben jolle, was lichung der Enzyklika Leo XIII ., der sogesie unternommen hat, aber den Weltfrieden ne nannten ,, Rerum novarum ", in der die erstman gerade nur um diesen Preis aufrecht erhalten. malige weitumrissene Stellungnahme der Reichsaußenminister Dr. Curtius fatholischen Kirche zur sozialen Frage erfolgte, erwiderte dann seinen beiden Vorrednern in tnapper vierzig Jahre verflossen. Sie wurde seither. Haben schon die Genfer Meldungen vom Atem fämtliche Großmächte als Friedensstörer Weise. Er betonte, daß die deutsche Regierung nicht vom fierifalen Bürgertum einerseits als Alibi Montag eine Zuspigung der Lage erraten lassen, anstänfert und die kleinen Staaten rühmt, obwohl erwarte, daß eine Frage, in die gewiß Wirtschaft und benützt, das beweisen sollte, daß auch die Kirche die weniger durch steigende fachliche Gegensaße Europa vor 1914 und nach 1919 wahrhaftig von Politit hineinspielten, nur vom Standpunkt des um das Wohl des Arbeiters besorgt ist; anals durch die ganz unnötig scharfe Sprache der niemandem in dem Maße wie von den kleinen" Formaljuristen behandelt werde. Aber man könne dererseits als Köder, um Arbeiter in die kleriEntente- Staatsmänner bedingt war, so zeigen beunruhigt wurde, und obwohl doch gerade Ser- es den Richtern im Haag überlassen! Das Bollab falen politischen Parteien zu loden. Praktisch die Dienstag- Meldungen die Beratungen in einer bien jahrzehntelang für Unruhe gesorgt hat. So tommen sei vor den Völkerbundrat gebracht worden war sie von feiner Bedeutung, sie wurde von üblen Tendenz auf das Kriegerische. Daß aus lange es in Europa Staaten gibt, in denen ein im Sinblick auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen den Klerikalen nur gelegentlich als eine Art gerechnet Herr Marinkovič, der Außenminister absoluter Diktator die Außenpolitik bestimmt, Desterreichs. Beschränkungen der Unabhängigkeit eines absoluten Königs und Militärdittators sich werden gerade diese Staaten die ernsteste Gefähr eines Staates seien immer restriktiv auszulegen. Monstranz hervorgeholt, um gleich darauf berufen fühlte, in Genf als der Wächter des Frie dung des Friedens darstellen. Die provokative was also Desterreich nicht ausdrücklich verboten jei, wieder im Schrein eingeschlossen zu werden. dens aufzutreten, muß den denkbar schlechtesten Rede des Herrn Marinkovič diskredidiert Frank- müsse ihm erlaubt sein. Eindruck machen. Es scheint, daß Briand , ver- reich und den Völkerbund, der am längsten gelebt bittert über seine Niederlage in Versailles , den haben wird, wenn Briand seinen ,, Kleinen" nicht Groll an Deutschland und Oesterreich auslassen den Maulforb anlegt. Denn wenn erst die Balmöchte und daß er darum seine Untergebenen von tankrateeler in Genf das große Wort haben, wird der Koppel läßt. Es wird aber vermutlich weder lein feriöser Staat seine Staatsmänner in diese bei England noch bei Italien besonderes Wohl- Tagungen entfenden! gefallen erregen, wenn Herr Marinkovič in einem
Hendersons Antrag einstimmig angenommen. Genf
, 19. Mai. Der Völferbundrat hat in seiner heutigen Sigung den Antrag Hen dersons, die Frage der juristischen Vereinbarkeit des deutsch österreichischen Protofolls mit dem Genfer Protokoll vom 4. Oftober 1922 und den Bestimmungen des Friedensvertrages von St. Germain dem Haager Gerichtshof zur Begutachtung zu überweisen, einstimmig an genommen.
Der Völkerbundrat beschäftigte sich in seiner heutigen Vormittagsjigung in erster Reihe wie derum mit dem deutsch - österreichischen Zoll unions- Plane. Das Wort erhielt als erster
Dr. Beneš.
Er dankie Henderson, der die Angelegenheit in den Rat getragen hatte, da es sich um eine Frage handelt, die nach ihrem charakteristischen Mertmal zu jenen gehört, die der Rat erledigen foll. Das Problem habe drei Seiten: eine juri
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Staates zu erledigen, hat ihre Ueberzeugung zum Ausdrud gebracht, daß die Aufrechterhaltung der guten Beziehungen, die zwischen den beteiligten Staaten bestehen, möglich ist, und diese guten Beziehungen zwischen den Staaten gestatten es mir so schloß der Minister, Ihnen hier im Rate mit gerader Offenheit alle Zweifel und Sorgen unserer Regierung darzulegen.
Nach Dr. Benes ergriff der jugoslawische Außenminister Dr. Marinkovič
ſtiſche, eine politische und eine wirtschaftliche. Dr. das Wort. Er verwies auf die Ausführungen des Beneš zitiert die Bestimmungen der einschlägigen italienischen Außenministers Grandi, der ange Verträge und schließt eine Interpellation an, daß deutet habe, wie schwer die politische und wirt die Zollunion nicht in Uebereinstimmung mit dem ichaftliche Seite des Planes von einander zu trenbon Desterreich übernommenen Verpflichtungen ſtehe; die Geschichte zeige gang flar, daß eine Zoll- nen jei. Marinkovič behauptet, noch weiter gehen zu können und zu behaupten, daß die wirtschaftliche union geeignet sei, derr Unabhängigkeit der Staat und die politische Seite überhaupt nicht zu ten, welche sie bilden, insbesondere des schwäche unterscheiden seien, da jedes wirtschaftliche Ereignis auch eine politische Bedeutung habe..
ten Staates, Abbruch zu tun.
In dem vorliegenden konkreten Falle sei beson ders die Assimilierung der Gesetzgebung und der Verwaltung, welche in den beiden Staaten bereits seit einigen Jahren verfolgt wird,
ju berücksichtigen.
Wenn sich aber der Haager Gerichtshof auf den Standpunkt stelle, daß Oesterreich sich im Rahmen seiner Verpflichtungen gehalten habe, dann würde es Deutschland für unerträglich halten, wenn man versuchen würde, in der Zoilunion eine Bedrohung des Friedens zu erblicken und die Angelegenheit unter diesem Gesichtspunkte weiter zu erörtern. Bei ihrer Einstellung zu den europäischen Fragen lehne es die deutsche Regierung ab, sich als Störer des Friedens vor das Forum des Völkerbundes ziehen zu lassen. Unter Offenhaltung aller von der französischen Politik in Aussicht genommenen Möglichkeiten ver suchte dann Briand
Von Bedeutung ist sie nur insoferne, als sie eine Anzahl, wenn auch ganz unzulänglicher Vorschläge zur Lösung der sozialen Frage enthält und die Notwendigkeit ihrer Lösung fordert.
Man kann nicht sagen, daß auch nur dieser, auf höchste Mäßigkeit abgestimmte soziale Geist der Enzyklika bisher bei den bürgerlich und kapitalistisch eingestellten Gruppen der Anhängerschaft der katholischen Kirche Anerfennung und Befolgung gefunden hat, der wichtigste und eigentlich einzig beachtete Teil ist ihnen bis zum heutigen Tage jener, der dem gläubigen Katholiken verbietet, Sozialdemokrat zu sein. Daneben ist aber, wenn auch in der Form zu vermitteln und der Debatte einen in sehr geringem Umfange, innerhalb der Beversöhnlichen Ausklang zu geben. Es handle jich um tennerschaft der Kirche eine andere Richtung die größte und schwierigste Angelegenheit, die jemals erstanden vor den Völkerbund gebracht worden sei. Der Aus der politischen Führung der Mayr- Harting von der allerdings bei uns unter gangspunft der ganzen Erörterung jei auf Grund und Hilgenreiner kaum ein Hauch zu spüren des Antrages von Henderson die Rechtsfrage. Aber darüber hinaus müsse daran festgehalten wer- ist die, ausgehend von der Erkenntnis, daß den, daß jedes Völkerbundsratmitglied das Recht das Verdammungsurteil des Papstes den Ste habe, eine Angelegenheit, die den Frieden der Welt geszug des Sozialismus nicht im geringsten oder das gute Einvernehmen störe, vor den Rat zu aufzuhalten vermocht hat und die antisoziali bringen. Dieses Recht werde gewiß nicht leicht stische Parole weniger der Sozialdemokratie fertig(?) ausgeübt werden und es bestehe für kein als der Kirche Schaden zugefügt und ihr and ein Anlaß, darin eine Verlegung seines Seibst immer größer werdende Wassen entfremdet gefühles zu sehen. hat, ein erhöhtes Verständnis für die wirtschaftlichen und sozialen Ziele des Sozialismus erklärte mit Bezug auf die Ausführungen Briands, und eine Abkehr von der Rolle der Kirche als er habe seinen eigenen politischen Darlegungen nichts einer Wächterin bei den Geldsäcken des Kapihinzuzufügen, wolle aber kurz nochmals auf die von talismus fordern. Diese Richtung beschränkt Briand wiederum erwähnten historischen Parallelen sich neben der Anerkennung der Berechtigung eingehen, denn diese Erläuterungen hätten nicht nur des Kampfes um die Befreiung der Arbeitertheoretische Bedeutung. klasse von den Fesseln der fapitalistischen
Dr. Curtius
Jeder Umstand, der die internationalen Be ziehungen tangieren und den Frieden und das gute Einvernehmen zwischen den Völkern bedrohen könnte, gehöre, vor den Völkerbundrat. Nach der Ansicht Verlauf einen immer stärferen theoretischen Rampf von dem Kampfe gegen die Religion In die Auseinandersetzung, die im weiteren Knechtung darauf, zu verlangen, es sei dieser des Ministers Marinkovic wurden der Ständige und historischen Charakter annahm, griff und die Kirche loszulösen. Wiewohl das Wiener Protofoll bon der Unab Internationale Gerichtshof im Haag und der Völzuletzt der britische Außenminister Henderson hängigkeit der beiden Staaten und der Aufrecht terbundrat eben nur darum errichtet, damit teine mit dem von der Versammlung mit großer Rom aus Anlaß der Feier der Enzyklifa Bei den Jubiläumsveranstaltungen in erhaltung aller internationalen Verpflichtungen Dacht behaupten könne, daß gewisse politische Fra Heiterkeit aufgenommenen Vorschlag ein, der spreche, habe dies keine Bedeutung, ebenjo gen nur sie allein betreffen. Dr. Marinkovic er- Saager Gerichtshof möge nun gleichfalls auch Leos XIII. hat nun der Papst Pius XI, eine nicht der Vorbehalt, mit anderen Staaten betreffs innert daran, daß der Weltkrieg eben nur da darüber entscheiden, welche Auffassung der Histo- große Ansprache gehalten und er hat in diesen den Anschluß an die Sollunion in Berdurch hervorgerufen worden sei, daß eine Großriter über den französisch belgischen Zollunions- Aeußerungen auf das bevorstehende Erscheinen handlungen einzutreten. Vor allem werde in dem macht behauptet habe, ein gewisser Fall betreffe plan( vom Jahre 1842!) die genau richtige ge- einer neuen Enzyklika über die sozialen und österreichisch deutschen Protokoll nichts über die nur sie allein, und sie von irgendwelchen interwesen sei. Der belgische Außenminister y mans Arbeiterfragen hingewiesen, doch hat der Papst Bedingungen dieses Eintrittes gesagt. Schließ nationalen Konferenzen und vom Haager Gerichts löfte gleichfalls große Heiterkeit aus, als er fest- jetzt schon deren wesentlichen Inhalt angedeulich trage der geplante Bertrag offensichtlich alle hof nichts habe wissen wollen. Es sei unbedingt stellte, daß man bei der Beschwörung der Toten tet, so daß die Enzyklika keine Ueberraschung Merkmale eines Aftes, welcher durch das Genfer notwendig, daß aus der Frage jetzt vor dem Bölaus jener Zeit an der damaligen Haltung Bel- mehr bringen wird. In der Gesamtheit zeich Brotokoll ausdrücklich verboten sei. Es handle fich ferbund feine Prestigefrage gemacht werde. Dies giens völlig vorübergegangen sei. sicherlich um die Gewährung eines Sonderregi net sich auch diese neueste Stellungnahme zu pribilegierter Vorteile für den mächtigen und entscheidenden Zeiterscheinungen durch Halbheit, Kurzsichtigkeit und
mes und einen Staat.
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Die Unabhängigkeit Desterreichs sei fchwerwiegende Garantie für die Unab der Annahme des Hendersonschen Antrages dern, unhaltbar sind und abgeändert wer- heit aus. Was Leo XIII . vor vierzig Jahren Genf , 19. Mai. Das Wolffbüro meldet zu nationalen Verträge, welche die Zollunion hin- man kann es nicht anders sagen- Bornierthängigkeit und die ruhige Entwicklung der kleineren unter anderem: Die Ratsmächte fönnen sich nach den müssen, Sollte aber das Gutachten der Haa- festgestellt hat, das Vorhandensein einer soziaStaaten Mitteleuropas . Die Zollunion und deren den heutigen Ausführungen des deutschen Verger Juristen zugunsten Deutschlands und len Frage, das kann Pius XI., da seither die Folgen, d. i. die politische Vereinigung treters nicht im Unklaren sein, daß, wenn das Desterreichs ausfallen, dann bliebe noch übrig, Verelendungstendenzen des Kapitalismus in der beiden Staaten, würde zur Bildung neuer Gutachten des Haager Gerichtshofes zu dem Er- die politische und die wirtschaftliche Seite des rasender Weise Fortschritte gemacht haben, der wirtschaftlicher und politischer Blocks in Europa gebnis fommt, daß Oesterreich gegen seine inter- 3ollunionsplanes zu verhandeln, denn Deutsch Selassentamps sich ungeheuerlich verschärft hat führen und uns von den Bestrebungen, eine wirt nationalen Verpflichtungen nicht verstoßen hat, land dürfte mit seinem Widerstand gegen die und da eben eine furchtbare Wirtschaftskrise liche europäische Vereinigung zu schaffen, entfernen. Deutschland eine weitere Prüfung der Angelegen- Behandlung der politischen und wirtschaftlichen die Grundlagen der kapitalistischen WirtschaftsBeneš betone bereits hier, daß die Tschecho heit über die juristische Seite hinaus durch den Seite des Blanes gegenüber dem Artikel 11 des ordnung aufs schwerste erschüttert, nicht lengSlowakei durch die Union erhebliche wir Völkerbundsrat nicht zulassen wird. Das gilt Völkerbundpattes fa um durchdringen. schaftliche Schäden erleiden würde. Wir auch insbesondere für eventuelle Absichten, mit nen. Er läßt sich sogar herbei, an dieser WirtFür diesen Fall aber kündet die deutsche würden in Deutschland und in Desterreich einerseits dem Artikel 11 der Völkerbundssaßung dann Völkerbunddelegation durch den Mund des schafts- und Gesellschaftsordnung scharfe Kridurch die deutsche, andererseits durch die österrei eine weitere Prüfung herbeizuführen und vorzu- Genfer Berichterstatters des„ Borwärts" an, tif zu üben, obwohl noch lange nicht so scharfe, chische Konkurrenz von den Märkten empfindlich daß die deutsche Regierung dann auf Grund wie sie seinerzeit in dem bekannten Interview berdrängt werden. Da unser Export in die übrige des Artikels 11 der Völkerbundsaßung dem des Prager Erzbischofs Dr. Kordač zum AusWelt durch das Gebiet der Zollunion erfolgen Bölferbundrat eine ganze Reihe von Pro- druck fam. Der vollen Anerkennung der Notwürde, wäre es möglich, im Wege der Tarifpolitif blemen vorlegen werde, durch welche Deutschwendigkeit der Aenderung dieser Gesellschaftsdiesem Export einen schweren Schlag zu ber land beunruhigt werde und die der Entente feßen. ordnung glaubt der Papst noch immer aussehr peinlich sein würden. Unter diesen weichen zu können. Immerhin beklagt er die Problemen nennt das Blatt die französischZusammenballung wirtschaftlicher Macht" in polnische Militär- Allianz, die Militärfonvention zwischen Frankreich und Belgien den Händen der kapitalistischen Mächte und sowie die Abmachungen der Staaten der die große Not der besitzlosen Arbeitermassen, Aleinen Entente. welche Erscheinungen ihn eine Neuordnung
nehmen.
, 19. Mai. Die deutschen Blätterstim men sprechen übereinstimmend davon, daß der durch den österreichisch- deutschen Zollunionsplan hervorgerufene Konflikt in Genf weder ausge Die tschechoslowakische Regierung, die betont, glichen noch beseitigt wurde, sondern sich im Ge daß sie in den Bemühungen, den tschechoslowakischen genteil noch verschärft hat. Sollte der Befund Staat bor Schäden zu schüßen, fest ist und der Juristen für Desterreich und Deutschland daß es notwendig ist, die Angelegenheit ohne ungünstig ausfallen, dann merde dadurch nur Schädigung des tschechoslowakischen der Beweis geliefert, daß die betreffenden inter